Horror oder Hotrod? Bentley „Turner Supercharged“

Seit Jahrtausenden arbeiten sich Philosophen an der Frage ab, ob es eine objektiv erkennbare Wirklichkeit gibt und – selbst wenn – ob wir unvollkommenen Kreaturen diese erfassen können.

Ich hänge der Auffassung an, dass Zweifel angebracht sind, was die Fähigkeit des Menschen zu objektiver Erkennntis betrifft. Das ist insoweit nicht schlimm, als es viele reizvolle oder bedenkenswerte Perspektiven auf die Dinge gibt.

Die Probleme beginnen dann, wenn eine als die einzig wahre oder zulässige erklärt wird. Mir ist kein menschlicher Erkenntnisfortschritt bekannt, der darauf beruht.

Der Streit, der Widerspruch, der Zweifel – stetige Begleiter in der Auseinandersetzung mit allen Phänomenen. Das gilt für wissenschaftliche Annäherungen an die Wirklichkeit.

Doch auch in ästhetischen Werturteilen kann die andere, die skeptische oder verstiegen wirkende Sicht interessante Facetten beleuchten. Auch in dieser Hinsicht ist alles „erlaubt“ – abgesehen davon, wem die Rolle der Geschmackspolizei obliegen sollte.

So nehme ich mir die Freiheit, die Hervorbringungen der als heilig angesehenen Bauhaus-Bewegung der 1920er Jahre als Verirrung der traumatisierten Kriegsgeneration anzusehen, die mehr Schaden angerichtet hat als dass sie Dinge hervorgebracht hat, deretwegen man auf einen Besuch in Brügge, Bamberg, Lecce oder Ephesos verzichten würde.

Deshalb würde ich aber niemanden verbieten wollen, das genaue Gegenteil zu vertreten. Denn: Im Wettbewerb mit dem anderen Argument schärft sich entweder das eigene oder man muss einsehen, dass man damit auf dem Holzweg ist.

So verhält es sich auch mit vielem in Verbindung mit Vorkriegsautos. Das gilt nicht nur für aus meiner Sicht abwegige Konzepte, die anderen spannend und liebenswert erscheinen. Es gilt auch für das, was mit Vorkriegsautos in späterer Zeit angestellt wurde.

Umlackiert, neu karossiert, anders und weit stärker motorisiert – alles Mögliche wurde mit den nunmehrigen Gebrauchtwagen gemacht.

Die Reaktionen darauf sind so krass unterschiedlich, dass man die Frage stellen darf, wie es zu so divergierenden Ansichten kommen kann. Den Anlass dazu, dem nachzuspüren, lieferte mir diese Aufnahme, die ich kürzlich erworben habe:

Bentley 4¼ Litre „Turner Supercharged“; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Diese hübsche Szene wurde irgendwann in den 1960er Jahren in England aufgenommen. Sie gefiel mir, weil sie mich ein wenig an das „Goodwood Revival“ im südenglischen Sussex erinnert, wo es damals ganz ähnlich aussah (und heute wieder).

Der Roadster mit der markanten Zweifarblackierung und der eigenwillig bauchigen Karosserielinie ist anhand des Kühler schnell als Bentley identifiziert.

Ich habe zwar schon unzählige Bentleys gesehen – sowohl im englischen Goodwood als auch bei den Classic Days am Niederrhein – doch habe ich eigentlich keine Ahnung davon. Das liegt vor allem daran, dass kaum einer dem anderen gleicht, sehr oft wurden die Chassis nach Kundenwunsch mit individuellen Karosserien versehen.

So gab ich mich angesichts des Alters des Abzugs der naiven Hoffnung hin, dass ich eine Vorkriegs-Roadsterversion „geschossen“ hatte.

Aber ach, selten irrte ich so wie hier. Ein Aufruf in meiner internationalen Facebook-Gruppe zu Vorkriegsautos ergab, dass es sich um einen bekannten Nachkriegs-Special auf Basis eines 1937er Bentley handelt – noch dazu um einen heftig leistungsgesteigertes Auto.

„Horror oder Hotrod?“ – vor dieser Frage stand ich nun, etwas enttäuscht. Tatsächlich lassen sich jedoch für beide Sichtweisen treffliche Argumente ins Feld führen.

Für dieses Gefährt wurde nämlich ein 1937er Bentley des Typs 4¼ Litre „überarbeitet“, um es vorsichtig auszudrücken.

Der ursprünglich mit einem geschlossenen Aufbau von Park Ward versehene Wagen geriet nach über 100.000 km Laufleistung anno 1958 in den Besitz von B.M. Russ Turner.

Der ließ die originale Karosserie weitgehend verschrotten, das Chassis kürzen und diesen eigentümlichen Roadsteraufbau von Caffyns & Co. of Kent & Sussex (Worthing) in Aluminium anfertigen. Immerhin wurde das Armaturenbrett mit seiner markentypisch bizarren Instrumentenansammlung beibehalten.

Das ist natürlich der Horror von Bentley-Enthusiasten, die beklagen, dass es heute mehr offene Aufbauten gebe als geschlossene, während das in der Vorkriegszeit umgekehrt war.

Man mag diese Praktik bedauern, vor allem wenn sie bis in unsere Tage anhält. Aber: Was weg ist, ist weg, und Jammern bringt die alte Herrlichkeit nicht zurück.

Schauen wir also aus einer anderen Perspektive darauf. Während eine klassische Bentley-Limousine der 1930er Jahre nach dem Krieg wenig Zukunftschancen hatte, war es genau so ein Horror-Umbau, der dem Wagen überhaupt ein Fortleben ermöglichte.

Damit wären wir bei dem Phänomen „Hotrod“, das wie alle aufregenden Dinge umstritten ist. Denn mit der sportlichen Neukarossierung ging auch eine Leistungssteigerung einher.

Den originalen 4,3 Liter-Motor behielt Mr. Turner bei, ließ ihm aber mit gleich zwei „Arnott“-Kompressoren ordentlich mehr Power verpassen. Weit über 200 PS Spitzenleistung waren das Ergebnis und mit einer Höchstgeschwindigkeit von mehr als 200 km/h war der Bentley „Turner Supercharged“ lange einer der schnellsten Vorkriegs-Bentleys überhaupt.

Nach einigen Besitzerwechseln steht der einsatzfähige Wagen aktuell (Dezember 2025) für 172.500 Pfund zum Verkauf. Das ist aber keineswegs der Grund, weshalb ich ihn vorstelle, es ist reiner Zufall. Kenner und Leser Pál Négyesi brachte mich darauf.

Und jetzt beurteilen Sie hier selbst, ob das ein Horror oder ein Hotrod ist. Für mich ist der Wagen beides – wie gesagt: es sind oft die Widersprüche, die den Reiz einer Sache ausmachen…

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Vorkriegsspaß pur! Bilder von den „Classic Days“ 2025

Heute mute ich Ihnen im Blog eine Abweichung vom üblichen Schema zu – statt Vorkriegsfotos in Schwarzweiß gibt es heute Vorkriegsautos ganz in Farbe!

Denn am letzten Sonntag habe ich die Wiederauflage der seit 2006 abgehaltenen „Classic Days“ besucht, die an einem neuen Ort stattfand.

Wer mit den Classic Days noch die schönen Jahre auf Schloss Dyck bei Düsseldorf verbindet, wurde – was das Atmosphärische betrifft – nicht enttäuscht.

Das unweit gelegene Rittergut Birkhof mit seinem Englischen Garten und dem Charme eines alten Gutshofs mit Herrenhaus bietet wieder ein absolut würdiges Ambiente für edle und eigenwillige Karossen von den Anfängen bis in die Neuzeit:

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Gut zwei Stunden dauerte die Anfahrt aus der heimischen Wetterau, das Alltagsauto wurde auf dem weitläufigen Besucherparkplatz abgestellt und nach nur wenigen Minuten konnte man in eine andere Welt eintauchen – willkommen bei den Classic Days!

Entlang der Allee mit alten Bäumen, die Teil der 2,5 Kilometer langen Rundstrecke um das Rittergut ist, hatten bereits viele Gäste die begehrten Picknickplätze okkupiert und da stand auch schon das erste Vorkriegsauto!

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Ok, das war die Nachkriegsausführung des Citroen Traction Avant, aber das ist nur an kleinen Details zu erkennen – Konstruktion und Karosserie sind lupenreine Vorkriegszeit.

Die berühmte Gangster-Limousine war vielleicht das beste und zugleich eleganteste europäische Auto seiner Klasse der 1930er Jahre – ein vielversprechender Auftakt, fand ich.

Zwischen jeder Menge Wagen aller nur denkbarer Marken ging es schnurstracks und voller Vorfreude Richtung Fahrerlager, wo gerade eine Horde früher Rennsportwagen warmlief.

Auf dem Weg dorthin entdeckte ich das wohl älteste Fahrzeug vor Ort – einen Daimler „Mercedes“ von ca. 1910, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, vielleicht war es auch 1912. Hinter dem Steinschlaggitter sieht man den Mercedes-Stern – noch ohne Lorbeerkranz, denn der kam erst nach der späteren Fusion mit Benz hinzu:

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Von nun an geht es halbwegs chronologisch weiter – irgendeine Struktur braucht der Mensch, an der er sich festhalten kann – gerade wenn man von Sinneseindrücken überflutet wird.

Das gilt speziell, wenn man am Morgen von heißen Abgasen umwabert wird und die Luft vibriert, während einer seinen 1914 Premier-Rennwagen aus der Box holt und mit Bärenkräften am servofreien Lenkrad wuchtet:

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Hier bekommt man einen ersten Eindruck davon, was die Classic Days – neben vielen Attraktionen – so einzigartig macht. Denn hier werden die alten Eisen wirklich gefahren, und man kann das hautnah miterleben, von der Box bis auf die Strecke.

Während die Motoren warmlaufen, stehen die Besitzer gerne Rede und Antwort und man kommt direkt an die Fahrzeuge heran – das kenne ich so nur vom Goodwood Revival in England, wo eine ähnliche hochverdichtete Atmosphäre herrscht:

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Hier haben wir einen als Rennsportversion zurechtgemachten „Elgin“ von 1917 – einer erst im Vorjahr gegründeten US-Automarke.

Solche auf Serienmodellen basierende Fahrzeuge dieses kurzlebigen amerikanischen Herstellers kamen unter anderem in Indianapolis zum Einsatz.

Dieses Exemplar mit Reihensechszylinder und offenem Ventiltrieb repräsentiert das recht eindrucksvoll, wenn auch mit späteren Anbauteilen wie dem wohl britischen SU-Vergaser:

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Von hier aus geht es weiter in den Innenhof des Ritterguts, wo das Herrenhaus noch sehr authentisch mit den früheren Betriebsgebäuden verbunden ist.

Man sieht hier neben der repräsentativen Fassade auch die Nutzbauten und bekommt eine schöne Vorstellung davon, wie sich so ein Gut einst für den Besucher darstellte.

Wäre der Hof kopfsteingepflastert, wäre das Idyll für mich vollkommen, aber man kann nicht alles haben. Jedenfalls ergeben bei den Classic Days auf Gut Birkhof historische Achitektur und klassische Automobile ein gelungenes Gesamtkunstwerk:

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Der Innenhof ist wie einst auf Schloss Dyck für die Sportwagen der Zwischenkriegszeit reserviert – und wieder sind alle Zutaten für eine echte Zeitreise vorhanden, wenn auch noch Platz für weitere Exemplare wäre.

Doch schon diesmal warteten einige Überraschungen auf den Vorkriegsenthusiasten.

Wann bekommt man neben den üblichen britischen Verdächtigen einen französischen „Rally“ in deutschen Landen zu Gesicht? Die Classic Days und langjährige Freunde in der Vorkriegsszene (Gruß an Michael Buller) machen’s möglich:.

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

„Rally, Rally…“, mögen jetzt manche denken – das sagt mir doch etwas. Stimmt, diese feine französische Marke der zweiten Reihe hatte ich bereits in den Anfängen meines Blogs vor rund 10 Jahren besprochen (hier).

So vergeht die Zeit – aber die guten Dinge, sie bleiben (wenn wir auf sie achten und etwas dafür tun).

So können wir auch anno 2025 wieder einen Rally bewundern, der im Stil den Bugattis seiner Zeit nahekam, wenn auch weniger leistungsstark war.

Ich würde trotzdem einen nehmen, denn hier man muss sich damit nicht fragen lassen: „Ist der echt oder ein Nachbau aus Argentinien?“

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Ein tolles Gerät, nicht wahr? Wir begegnen dem Rally noch ein weiteres Mal bei unserem Rundgang – und dann in Fahrt!

Erst schauen wir uns noch eine Weile im Innenhof um, es gibt da einiges zu sehen, was das Herz höherschlagen lässt, wobei sich immer wieder reizvolle Momente ergeben.

Dabei ist es gar nicht immer so wichtig, um was für ein Fahrzeug genau es sich handelt – als unverbesserlicher Ästhet ist mir oft die reine Wirkung wichtiger als das penible Vermerken von Marke, Typ, Baujahr usw. – etwa in diesem Fall:

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Mitunter ist aber auch unübersehbar, womit man es zu tun hat.

Nein, ich meine ausnahmsweise nicht den schönen MG von Michael Buller links im Bild, den viele in der Szene kennen.

Vielmehr gefällt mir hier die stilvolle Begegnung der Zweibeiner am Rande, ebenfalls typisch für die Classic Days, wo auch etliche Teilnehmer selbst Darsteller in der Zeitreise sind:

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Zu einem Retrotrip in die Sportszene der Zwanziger gehört natürlich auch einer der einst allgegenwärtigen Amilcars aus Frankreich – vielleicht das Cyclecar schlechthin und auch bei deutschen Enthusiasten damals sehr beliebt.

Hier haben wir (rechts) ein frühes Exemplar noch mit alter französischer Kennung auf dem Kühler, aber mit neu aufgebauter Karosserie nach eigenem Gusto – erlaubt ist, was gefällt, das war schon vor 100 Jahren nicht anders:

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Daneben sind als Kontrastprogamm natürlich einige großvolumige Bentleys zu besichtigen, die auch regelmäßig zur Ausfahrt auf die Rundstrecke gehen.

Gäste aus Großbritannien sind wie immer ebenso dabei wie eingefleischte Markenfreunde aus deutschen Landen.

Sie vereint die Begeisterung für die „schnellsten Lastwagen der Welt“, ein ironisches Bonmot, das Ettore Bugatti zugeschrieben wird:

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Man bekommt bei den Classic Days immer wieder einen anderen Blickwinkel auf vermeintlich Bekanntes präsentiert – die Vielfalt der Vorkriegsautos ist unermesslich und stellt die Moderne mühelos in den Schatten.

Neben den aufgeladenen PS-Monstern von Bentley, bei denen das Auspuffgrollen von schieren Kraft kündet, findet sich von derselben Marke und aus derselben Zeit auch etwas so Filigranes und kultiviert Laufendes wie dieser originale Tourenwagen:

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Eine klassische Karosserie wie diese ist bei den überlebenden Bentleys seltener anzutreffen als die mit späteren Sportaufbauten versehenen Specials, so faszinierend diese oft sind.

Bei der Gelegenheit meine übliche Behauptung: „Tourer sind langweilig – außer wenn das Verdeck montiert ist“, dann sind sie im wahrsten Sinne des Wortes optisch überaus spannende Exemplare.

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Bevor es bzb gleich zu den Concours-Autos – den „Jewels in the Park“ – geht, schauen wir noch, was unterdessen aus dem Fahrerlager auf die Rundstrecke geht.

Der Kurs rund ums Rittergut und mitten hindurch erlaubt den Zuschauern viele reizvolle Blicke auf die Wagen in Bewegung – beim Start, in voller Fahrt und beim gepflegten Defilee kurz vor der Rückkehr:

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger
Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger
Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger
Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger
Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Die Wirkung dieser Sportwagen in Aktion gehört zu den besonderen Reizen der Classic Days. Dabei wird dem jeweiligen Streckenverlauf angemessen gefahren – aber durchaus engagiert, das ist kein bloßes Rollen knapp über Leerlaufdrehzahl.

Wenig ist so atemberaubend, wie wenn ein mächtiger Kompressor-Mercedes der 1920er Jahre um die Kurve kommt und er für einen Moment direkt auf einen zuhält.

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Nach diesem von Staub und Benzindust geadelten Spektakel, das man den Tag über mehrfach erleben kann – auch mit Nachkriegsautos – begibt man sich zur Einkehr in den Schatten der majestätischen Baumriesen im Englischen Garten, wo zwanglos die schönsten Karossen wie Skulpturen arrangiert sind – ganz ohne Absperrungen.

Was könnte hier stimmiger sein als eine Auswahl herrschaftlicher Rolls-Royce oder Bentleys mit enorm großzügigen Limousinen- oder Cabrio-Aufbauten?

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger
Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger
Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger
Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger
Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

An diesen Zeugen einer untergegangenen Welt kann man sich kaum sattsehen.

Schlicht meisterhaft zu nennen ist die Kunst, diese riesigen Automobile mit ihrem unerreichten Platz im Innenraum so gestalten, dass man ihre Größe nicht als unangenehm wahrnimmt – im Gegenteil hat man den Eindruck, dass die Proportionen perfekt sind.

Gegen diese Giganten wirkt auf einmal sogar ein US-Vertreter der Vorkriegszeit beinahe kompakt – wobei wir es hier auch nicht mit einem Amiwagen der üblichen Verdächtigen zu tun haben. Vielmehr sehen wir hier ein technisch wie ästhetisch außergewöhnliches Fahrzeug – den frontgetriebenen Cord L-29, der von 1929-31 gebaut wurde:

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Leider kam diesem spektakulären Wagen mit modernem Fahrwerk und 125 PS-Achtzylindermotor der Börsencrash und die Weltwirtschaftskrise in die Quere.

Umso eindrucksvoller, dass ein derartiges Juwel bei den Classic Days einfach so am Wegesrand unter freiem Himmel zu finden ist. Das ist auch im Stillstand ein wichtiger Unterschied zur Präsentation bei Kunstlicht in Museen mit bisweilen sich störend aufdrängender moderner Architektur.

Leider nähern wir uns nun schon dem Ende unseres Rundgangs über das Gelände der Classic Days mit der Vorkriegsbrille. Doch einen Höhepunkt kann ich noch bieten und das ist die Rotte von Specials auf Basis von American La France-Chassis.

Diese opulent motorisierten Geräte dienten in ihrem ersten Leben als Feuerwehrautos, bevor sie als ideale Basis für spektakuläre Umbauten im Stil historischer Rennwagen der Zeit vor dem 1. Weltkrieg entdeckt wurden.

Auch in Deutschland finden sich Anhänger dieser keine Furcht kennenden und fantasiebegabten Fraktion. Sie waren mit ihren Fahrzeugen auf eigener Achse aus dem Süden der Republik angereist:

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger
Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger
Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger
Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Kurz vor Ende der Classic Days am Sonntag machte sich die Meute wieder auf den Heimweg, nicht ohne noch drei Ehrerunden auf der Hausstrecke von Rittergut Birkhof zu drehen – zur grenzenlosen Begeisterung des Publikums:

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Damit sagen wir „adieu“ den Classic Days 2025, nicht ohne dem Team von Marcus Herfort für die großartige Veranstaltung zu danken, bei der die Vorkriegsfreunde in einer Weise auf ihre Kosten kommen wie kaum anderswo in Deutschland.

Mein Fazit ist positiv, der Termin im nächsten Jahr ist schon vermerkt – wir kommen wieder in der Hoffnung, dass noch mehr Vorkriegswagen den Weg dorthin finden und die Tradition der Classic Days auf Schloss Dyck fortschreiben!

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Michael Schlenger, 2025. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

Reif für die Insel: Goodwood Revival 2019 (Teil I)

Reif für die Insel – das sind alle die, denen der deutsche Hang zur kollektiven Neurose auf die Nerven geht – aktuell etwa in Form von Dieselverteufelung, Klimapanik und Gender-Gaga.

Reif für die Insel sind auch die, die fassungslos sind, weil in einem Land mit rekordverdächtiger Abgabenhöhe und Vorschriftendichte berufs- und bildungsfernen Politikern nur eines einfällt: noch mehr Verbote und Ablasszahlungen.

Wen außerdem der funktionalistische Furor vieler Landsleute in Form grauer Schutthalden statt Vorgärten, Hochglanzdachziegeln und dezimeterdicker Fassadendämmung an Altbauten abstößt, dem bleibt nur eines: ab auf die Insel!

Auf meinem alljährlichen Trip zum Goodwood Revival im englischen Sussex ist mir diesmal mehr noch als sonst der heilsame Kontrast zu deutschen Gefilden aufgefallen.

Jedem ist zu empfehlen, sich selbst ein Bild des auf dem Lande herrlich historisch gebliebenen Englands zu machen, um festzustellen, welche Verwüstungen bei uns die „Moderne“ angerichtet hat – real und in den Köpfen.

Um zu verdeutlichen, was ich meine, hier einige Schnappschüsse ohne fotografischen Anspruch, die ich auf meiner Reise zu meinem B&B und dortselbst gemacht habe:

Traditionspflege und der Erhalt des Erbes der Altvorderen wird in England ganz großgeschrieben. Man weiß dort: Der sogenannte Fortschritt vollzieht sich ohnehin, da muss man nicht in vorderster Front dabei sein und schon gar nicht in großmäuliger „Wer, nicht wenn wir“-Manier das Vorbild geben wollen.

Gewissermaßen das Hochamt der britischen Traditionspflege ist zweifellos das „Goodwood Revival Meeting“ in der Nähe der altehrwürdigen Römer- und Bischofsstadt Chichester in West Sussex.  

Dort geht es um weit mehr als „nur“ historischen Motorsport mit Wagen der 1930er bis 60er Jahre auf dem legendären Kurs rund um einem einstigen Weltkriegsflugplatz. Es geht um die Wiederauferstehung einer ganzen Epoche, die in vielerlei Hinsicht nicht einfach war, uns heute aber dafür in anderer Hinsicht fast heiter und unkompliziert erscheint.

Das erklärt die Begeisterung, mit der zehntausende Goodwood-Besucher in „period dress“ schlüpfen, oft ganze Familien. Bei keiner Klassikerveranstaltung ist daher auch der Frauenanteil so hoch. Kein Wunder: In der Öffentlichkeit wagt sich in unserer angeblich so liberalen Zeit kaum noch jemand so attraktiv zurechtgemacht auf die Straße oder ins Büro – man könnte ja „Geschlechterstereotype“ bedienen.

Hier eine wiederum subjektive Auswahl entsprechender Beispiele vom ersten Tag der diesjährigen Veranstaltung:

Doch bleiben hier nicht die Vorkriegsautos ein wenig auf der Strecke? Keine Sorge, auch sie kommen ausführlich zu ihrem Recht.

In der ersten Runde zeige ich Aufnahmen, die eine oberflächliche Vorstellung davon vermitteln, welche Unmengen an Prestigeautos der 1920/30er Jahre in Goodwood ihre Aufwartung machen.

So waren dutzende mächtiger Bentleys im Sportdress bei einem Sonderlauf auf der Strecke zu sehen. In ähnlicher Form wird einem das aber auch bei den Classic Days auf Schloss Dyck geboten.

Abwechslungsreicher fand ich daher die zahlreichen „normalen“ Vertreter der britischen Nobelmarke, die man hierzulande fast nie zu sehen bekommt. Viele dieser Prachtexemplare stehen in Goodwood für jedermann zugänglich einfach auf dem Besucherparkplatz herum:

Daneben gibt es noch die beiden Kategorien der Alltagsfahrzeuge und Exoten, die ebenfalls in großer Zahl auf eigener Achse angereist sind, einige sogar vom Kontinent – sie sind im nächsten Teil meines Berichts an der Reihe.

Außerdem will ich nach und nach zu Wagen besonderen Kalibers individuelle Porträts  im Blog bringen. Vielleicht wird durch den Genuss dieser Bilder ja noch der eine oder andere ebenfalls „reif für die Insel“, wenn er es nicht ohnehin schon ist.

Ich bin wahrlich kein Freund von Massenveranstaltungen, aber beim Goodwood Revival Meeting fällt es unendlich leicht, in die Menge einzutauchen. Hier feiert sich das alte Europa, und auch wenn man ein halbes Dutzend Sprachen zu hören bekommt, hat man das Gefühl, unter sich zu sein – wenn der Leser weiß, was ich meine.

Ich wüsste keinen anderem Ort, an dem einem so viele glückliche Menschen begegnen – und das hat nur zu einem Teil mit den herrlichen alten Autos zu tun…

© Michael Schlenger, 2019. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

Vorkriegsschätze bei den Classic Days 2018

Der eine oder andere Leser dieses Blogs für Vorkriegsautos mag sich schon gefragt haben: „Gleich mehrere Tage ohne neuen Eintrag – was ist denn da los?“

Der Verfasser kann zu seiner Entlastung vorbringen, dass er das Wochenende auf Deutschlands wohl schönster Klassikerparty verbracht hat, den Classic Days im Landschaftspark von Schloss Dyck am Niederrhein.

Nach drei Tagen intensiven Kontakts mit Oldtimern von der Pionierzeit bis in die 1970er Jahre – mit begeisternden Vorführungen, angenehmen Gesprächen und im Einklang mit tausenden Enthusiasten – ist man erst einmal sprachlos.

Schöner kann die Pflege unserer automobilen Tradition kaum sein und so fiel es dem Verfasser am Montag nach den Classic Days schwer, die Bilder aus dem Kopf zu bekommen, die ihn immer wieder von der Schreibtischarbeit abhielten.

Nun wird es aber höchste Zeit für ein erstes Resümee, ganz aus Sicht der Freunde von Vorkriegsautos, die auf Schloss Dyck wieder auf ihre Kosten kamen.

Beginnen wir der Einfachheit halber mit der Ankunft der Bentleys des britischen Benjafield’s Racing Club am Freitagnachmittag, die seit Jahren zu den absoluten Publikumslieblingen gehören.

Natürlich reisen die Bentley-Enthusiasten von der Insel auf eigener Achse an – „come rain or come shine“. Neben den üblichen grünen Giganten war dieses Jahr auch dieser hochelegante Zweisitzer mit von der Partie:

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Bentley Zweisitzer; Bildrechte: Michael Schlenger

Ansonsten war wie üblich eine Mischung aus mehr oder weniger verwegenen Bentley-Sportmodellen vertreten – trefflich unterstützt durch eine ganze Reihe von Wagen deutscher Besitzer, die an Einsatzfreude den Briten nicht nachstanden.

Sicher, nicht in allen Fällen handelte es sich um originale Aufbauten, doch entscheidend ist, dass die urige Bentley-Technik immer noch inspiriert und die weit über 80 Jahre alten Fahrzeuge beherzt bewegt werden.

Speziell für die Bentley-Freunde hier eine Reihe von Schnappschüssen anlässlich der Classic Days 2018:

Ein besonderer (geschlossener) Bentley des Typs 2.25 litre von 1937 wird Gegenstand eines eigenen Blogeintrags sein – bis dahin noch etwas Geduld.

Schon traditionell bei den Classic Days ist das „Alte Fahrerlager“ im Schlosshof, wo eine ganze Reihe spektakulärer Sportmodelle den Betrachter in ihren Bann ziehen:

Dieses Jahr war dort außerdem ein auf den ersten Blick unscheinbares Gefährt zu bestaunen, das ebenfalls einen eigenen Blog-Eintrag verdient.

Die im Schlosshof abgestellten Fahrzeuge sind übrigens meist auch auf der Hausstrecke der Classic Days im Einsatz zu sehen.

Hier einige Impressionen von „Prewar Cars in Action“:

Zum Abschluss eine Bilderreihe, die die Bandbreite an Vorkriegsautos illustriert, die bei den Classic Days auf Schloss Dyck zu sehen waren.

Da teilt sich ein braver Hanomag Rekord den Schlosspark mit gleich mehreren Ikonen des deutschen Automobilbaus aus dem sächsischen Hause Horch:

Das, geschätzte Leser, waren bloß einige oberflächliche Eindrücke von den Classic Days 2018 auf Schloss Dyck.

In den nächsten Tagen befassen wir uns mit einigen Preziosen, die anlässlich Deutschlands wohl schönster Klassikerveranstaltung zu sehen waren. Dabei werden wir dann auch wieder historische Originalaufnahmen in Schwarz-Weiß einbeziehen.

© Michael Schlenger, 2018. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

Vorkriegswagen beim Goodwood Revival 2016

In den letzten Tagen wurden auf diesem Oldtimer-Blog einige Raritäten präsentiert, die beim Goodwood Revival Meeting 2016 in England zu sehen waren.

Für die Freunde von Vorkriegsautos hat der Verfasser außerdem eine Reihe von Aufnahmen im Vintage-Stil aufbereitet, der alte Schwarz-Weiß-Fotos so unverwechselbar macht.

Typisch für historische Abzüge ist die selbst bei großer Schärfe „weiche“ Abstufung der Tonwerte. Harte Kontraste findet man nur selten, ebensowenig reines Weiß und tiefes Schwarz. Die alten Fotos strahlen mehr Wärme aus als moderne Aufnahmen.

Zum Gesamteindruck tragen außerdem Unvollkommenheiten der einstigen Objektive bei. Sie bildeten die am Rand befindlichen Partien weniger scharf ab, wodurch das im Mittelpunkt stehende Motiv stärker betont wird. Diese Effekte lassen sich bei digitalen Bilddateien mit wenigen Handgriffen simulieren.

Beginnen wir mit diesem grandiosen Bentley-Tourenwagen, der auf dem Besucherparkplatz abgestellt war und dessen Besitzer die in Deutschland verbreiteten „Nicht anfassen!“-Warnschilder aufzustellen vergessen hatte:

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© Bentley beim Goodwood Revival Meeting 2016; Bildrechte: Michael Schlenger

Auch der Eigentümer eines Bentley-Cabriolets hatte sein prachtvolles Gefährt für jedermann zugänglich auf der Wiese abgestellt, ohne Sicherheitsvorkehrungen gegen Fingerabdrücke auf dem Lack zu treffen – wie leichtsinnig!

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© Bentley beim Goodwood Revival Meeting 2016; Bildrechte: Michael Schlenger

Überhaupt scheint sich die Bentley-Fraktion durch besondere Sorglosigkeit auszuzeichnen. Hier stehen gleich zwei Vorkriegsmodelle unbewacht nebeneinander. Übrigens eine Gelegenheit, über den Reiz eines „zivilen“ Aufbaus im Vergleich zu einer Special-Karosserie nachzusinnen, für die allzuoft originale Fahrzeuge geopfert wurden.

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© Bentleys beim Goodwood Revival Meeting 2016; Bildrechte: Michael Schlenger

Dem Besitzer des folgenden Bentley-Tourers ist anzukreiden, dass er es versäumt hat, seinen Wagen in den Neuzustand zu versetzen, der leider von zu vielen Zeitgenossen als der einzig wahre Originalzustand angesehen wird:

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© Bentley beim Goodwood Revival Meeting 2016; Bildrechte: Michael Schlenger

Dass ein 90 Jahre altes, komplett erhaltenes und fahrbereites Auto in Wahrheit keine „Aufarbeitung“ braucht, wissen die Briten schon etwas länger. So einen Zustand konserviert man mit Bedacht – wer einen Neuwagen will, soll sich halt einen kaufen.

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© Bentley beim Goodwood Revival Meeting 2016; Bildrechte: Michael Schlenger

Auch beim nachfolgend abgebildeten Rolls-Royce 20 HP mit originalem Weymann-Aufbau würde die hierzulande übliche „alles auf neu“-Mentalität sinnlos unwiederbringliche Originalsubstanz zerstören:

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© Rolls-Royce 20 HP beim Goodwood Revival Meeting 2016; Bildrechte: Michael Schlenger

Wenn es sich nicht vermeiden lässt, muss manchmal auch eine Komplettrestaurierung sein, etwa wenn die Basis unvollständig oder bereits verbastelt war. Dann sollte das Ergebnis aber auch handwerklich das Niveau des Originals erreichen.

Bei diesen beiden Rolls-Royce scheint das gelungen zu sein – Hut ab vor dem Lackierer!

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© Rolls-Royce beim Goodwood Revival Meeting 2016; Bildrechte: Michael Schlenger

Keine Mühen und Kosten wurden auch bei diesem extrem seltenen „Peerless“-Taxi in Landaulet-Ausführung gescheut. Der 80 PS starke 6-Zylinderwagen aus den USA dürfte beinahe dem Auslieferungszustand im Jahr 1927 entsprechen:

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© Peerless beim Goodwood Revival Meeting 2016; Bildrechte: Michael Schlenger

Größter Aufwand wurde ebenfalls beim folgenden Rover 14 HP Streamline Coupé betrieben, von dem 1935/36 lediglich einige hundert Exemplare gefertigt wurden. Etwas mehr als eine handvoll haben überlebt – Raritäten wie diese findet man in Goodwood!

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© Rover beim Goodwood Revival Meeting 2016; Bildrechte: Michael Schlenger

Nicht so selten wie der Rover aber dennoch ein grandioses Fahrzeug ist der Jaguar Mk IV, der hier auf dem Picknick-Areal direkt an der Rennstrecke in Goodwood (an der „Lavant Straight“) abgelichtet wurde. Ein Exemplar dieses Wagens wurde auf diesem Blog bereits anhand eines Originalfotos aus dem 2. Weltkrieg präsentiert.

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© Jaguar Mk IV beim Goodwood Revival Meeting 2016; Bildrechte: Michael Schlenger

Eine Rarität ist der auf folgender Aufnahme zu sehende Riley Monaco, die viertürige Variante des Modells Riley 9, zu erkennen am markanten Muster der Luftschlitze in der Motorhaube, das sich an der Aluminium-Karosserie mehrfach wiederholt

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© Riley Monaco beim Goodwood Revival Meeting 2016; Bildrechte: Michael Schlenger

Das avancierteste Automobil der Vorkriegszeit auf dem Besucherparkplatz beim Goodwood Revival 2016 war wohl dieser Lancia Aprilia, der ab 1937 gebaut wurde. Dazu passt das Nummernschild, das ab Juli 1937 in der südenglischen Grafschaft Surrey vergeben wurde.

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© Lancia Aprilia beim Goodwood Revival Meeting 2016; Bildrechte: Michael Schlenger

Man mag beanstanden, dass das ja fast nur britische Automobile waren. Deutschen Vorkriegsenthusiasten scheint der Weg nach Goodwood aber zu weit zu sein, während umgekehrt britische Bentleys jährlich bei den Classic Days auf Schloss Dyck dutzendweise einfallen – auf eigener Achse natürlich.

Vielleicht geben hiesige Klassikerbesitzer schlicht zuviel Geld für Fließbandfabrikate von Mercedes, Porsche und VW aus, sodass für den Weg nach England das Spritgeld fehlt…

Unrestaurierter Bentley beim Goodwood Revival 2016

Bentleys der 1920er/30er Jahre bekommt man auch in Deutschland auf jeder besseren Oldtimer-Veranstaltung zu sehen (Beispiel). Das sind eindrucksvolle Wagen, die so gar nicht dem Klischee vom „langweiligen“ Vorkriegsauto entsprechen wollen, das meist von Leuten verbreitet wird, die selbst noch nie eines gefahren sind.

Leider sind die meisten dieser herrlichen Fahrzeuge schon einmal „restauriert“ worden, was meist darauf hinausläuft, dass der Großteil der erhaltenen Originalsubstanz weggeworfen wurde und einem möglichst prestigeträchtigen Aufbau weichen musste.

In England – wo nicht nur bei historischen Häusern und Eisenbahnen eine hierzulande unvorstellbare Traditionspflege betrieben wird – gibt es zum Glück eine starke Fraktion von Liebhabern des echten Originalzustands. Diese Leute wissen es zu schätzen, wenn ein voll funktionsfähiges altes Auto die Spuren seines langen Lebens erkennen lässt und seine über Jahrzehnte gewachsene Patina mit Würde trägt.

Wie das aussieht, zeigen die folgenden Aufnahmen, die 2016 beim Goodwood Revival Meeting im südenglischen Sussex entstanden – wohl der großartigsten Klassikerveranstaltung überhaupt:

© Bentley beim Goodwood Revival Meeting 2016; Bildrechte: Michael Schlenger

Solch ein Zustand ist original, unverwechselbar und unbedingt erhaltenswert.

Alles auf neu machen, hieße hier blind Unwiederbringliches zu zerstören. Der einstige Auslieferungszustand stellt schon materialtechnisch ein unerreichbares Ideal dar – man denke bloß an Lackierung und Bereifung – und ist zudem für das einstige Erscheinungbild im Alltag keineswegs repräsentativ.

Wie man mit einem vollständigen, einsatzfähigen und gleichmäßig gealterten Objekt angemessen umgeht, lernt man am ehesten, wenn man sich die Maßstäbe und Techniken von Restauratoren zueigen macht, die historische Möbel, Gemälde und Stoffe behutsam und respektvoll aufarbeiten, damit sie kommenden Generationen erhalten bleiben.

Dieser konservatorische Ansatz ist in England viel weiter verbreitet als bei uns, weshalb dort alte Häuser ihre historischen Dachziegel und Fenster behalten dürfen und auf den Friedhöfen schrägstehende Grabsteine keine Sicherheitsbeauftragten auf den Plan rufen.

Übrigens: Der hier vorgestellte Bentley war selbstverständlich auf eigener Achse angereist und stand ohne weitere Vorkehrungen auf dem Besucherparkplatz. Ein Schild wie „Nicht berühren“ suchte man vergebens…

Bentley-Party bei den Classic Days auf Schloss Dyck 2016

Man könnte die folgende Aufnahme glatt für ein altes Werksfoto eines Bentley S2 Continental „Flying Spur“ mit Mulliner-Karosserie halten (zum Vergleich: Bentley S1).

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© Bentley S2 Continental „Flying Spur“ bei den Classic Days auf Schloss Dyck, 2016; Bildrechte: Michael Schlenger

Tatsächlich konnte man diese Situation im Jahr 2016 bei den fabelhaften Classic Days auf Schloss Dyck am Niederrhein genießen. Man musste bloß schon am Freitag anwesend sein, wenn der englische Landschaftspark noch relativ wenig bevölkert ist.

Um ein derartig zeitloses Foto machen zu können, braucht man jedoch etwas Glück. Der Verfasser trieb sich gerade in der Nähe herum, als der Besitzer des Bentley anrauschte, den Wagen zielsicher placierte und dann selbst zum Fotografieren ausstieg.

Ansonsten boten die drei – wie stets beglückenden – Tage auf Schloss Dyck Freunden klassischer Fahrzeuge aller Kategorien reichlich Gelegenheit, sich von Zeugen vergangener Zeiten verzaubern zu lassen.  

Für viele gehört traditionell die Fraktion an Vorkriegs-Bentleys zu den besonderen Attraktionen der Classic Days. Die meisten davon gehören zum Benjafield Racing Club und werden mit britischem Sportgeist auf eigener Achse nach Schloss Dyck gefahren.

Die folgende Galerie zeigt eine Auswahl dieser eindrucksvollen Fahrmaschinen, die mit ihrer Ausstrahlung und unbändigen Kraft zu den Lieblingen des Publikums gehören.

© Bentleys bei den Classic Days auf Schloss Dyck, 2016; Bildrechte: Michael Schlenger

Wie man auf den Bildern sieht, fanden neben britischen Wagen auch etliche Bentleys deutscher Besitzer den Weg nach Schloss Dyck. Einige davon sieht man seit Jahren regelmäßig auf dem Areal vor dem Schlosstor, das den hochkarätigen Vorkriegsrennwagen von Bentley, Bugatti und Mercedes vorbehalten ist.

Und weil es so schön ist, endet dieser Blog-Eintrag, wie er begonnen hat: mit Impressionen klassischer Bentleys auf Schloss-Dyck in Schwarz-Weiß:

© Bentleys bei den Classic Days auf Schloss Dyck, 2016; Bildrechte: Michael Schlenger

Richtig rar: Bentley S1 Continental Cabrio von Park Ward

Betrachtet man Automobile der Zeit kurz vor und kurz nach dem 1. Weltkrieg, wird man in den meisten Fällen kaum wesentliche Unterschiede erkennen.

Sicher, die Erfahrungen mit leistungsfähigen aufgeladenen Motoren im Flugzeugbau flossen in exklusive Wagen wie die frühen Kompressortypen von Mercedes ein. Auch aerodynamische Gesichtspunkte fanden bei einige Nachkriegskonstruktionen Beachtung.

Doch die meisten nach 1918 in Europa gebauten Autos entsprachen zunächst den zu Friedenszeiten entwickelten Modellen – technisch wie formal.

Für eine deutlichere Zäsur im Automobilbau sorgte dagegen der 2. Weltkrieg. Zwei wesentliche Elemente unterschieden die meisten ab 1945 vorgestellten Wagen von ihren Vorgängern: Selbsttragende Karosserien, die ohne separaten Rahmen auskamen, und der Verzicht auf freistehende oder zumindest akzentuierte Kotflügel.

Legt man diese Merkmale zugrunde, lassen sich einige nach dem Krieg neu gebaute Wagen noch der Vorkriegstradition zuordnen. Beispiele sind die Modelle von Rolls-Royce und der sportlichen Schwestermarke Bentley der 1950er Jahre.

Einen der rarsten und attraktivsten Vertreter dieser Gattung zeigt das folgende zeitgenössische Pressefoto:

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© Bentley S1 Continental Drophead, Bj. 1955-59; Pressefoto aus Sammlung Michael Schlenger

Bei diesem herrlichen Wagen handelt es sich um die exklusivste Variante des Bentley S1 Continental – das von Park Ward in Handarbeit gefertigte Cabriolet („Drophead“), von dem weniger als 100 Exemplare entstanden.

Basis des Bentley Continental S1 war der 1955 vorgestellte Rolls-Royce Silver Cloud I, der einen konservativ konstruierten Reihensechszylinder mit 4,9 Liter Hubraum hatte. Für die sportlichere Bentley-Version und speziell die Continental-Version wurde die Leistung des Aggregats auf annähernd 180 PS gesteigert – seinerzeit ein spektakulärer Wert.

Dank der Leiterrahmen-Konstruktion waren bei dem Modell individuelle Karosserieaufbauten nach Vorkriegsmanier möglich. Die meisten Bentley S1 Continental erhielten eine eindrucksvolle Coupé-Karosserie von Mulliner, deren Fließheck noch einmal die Stromlinienentwürfe der 1930er Jahre aufnahm.

Die gewaltigen Ausmaße dieser majestätischen Wagen werden durch die elegante Form geschickt kaschiert. Erst im direkten Vergleich mit anderen Autos jener Zeit werden die außergewöhnlichen Dimensionen des Bentley S-Type deutlich. Die geschlossenen Versionen umfassten auch einen formal weniger überzeugenden 4-Türer:

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© Bentley S2 Limousine, Bj. 1959-62 auf Malta; Bildrechte: Michael Schlenger

Daneben baute die seit 1939 zu Rolls-Royce gehörende Karosseriemanufaktur Park Ward das eingangs gezeigte Cabriolet.

Die Zweifarblackierung nimmt dem massigen Wagen die Schwere und der Hüftschwung vermeidet die langweilig wirkende geradlinige Silhouette des Nachfolgers S2. Insofern vereint dieses Modell formal das beste aus zwei Welten: die spannungsreichen Linien der Vorkriegszeit und das großzügige Platzangebot der Pontonaufbauten der 1950er Jahre.

Mit souveräner Kraftentfaltung, Servolenkung und serienmäßigem Automatikgetriebe bot der Bentley S1 Continental gleichzeitig einen Komfort, der vor dem Krieg allenfalls bei einigen amerikanischen Wagen zu bekommen war.

Schloss Dyck 2015: Rückblende in Analogtechnik

Die Classic Days auf Schloss Dyck am Niederrhein müssen nicht mit vielen Worten angepriesen werden. Wer einmal dort war, ist süchtig nach Deutschlands schönster Klassikerparty. Das Warten auf die nächste Ausgabe des Spektakels lässt sich vielleicht mit einigen Bildern aus dem Jahr 2015 erträglicher gestalten.

Der Verfasser hat von dort Aufnahmen mitgebracht, die nach alter Väter Sitte in Analogtechnik entstanden sind. Auf einer Klassikerveranstaltung, bei der historische Technik gefeiert wird, liegt es nahe, auch eine Kamera einzusetzen, an der ebenfalls alles manuell eingestellt werden muss.

Hier ein erster Vorgeschmack, die Brücke über den Wassergraben von Schloss Dyck:

Schlosspark

© Schloss Dyck Classic Days 2015; Bildrechte: Michael Schlenger 

Ja, aber gibt es für die alten Kameras überhaupt noch Filme? Sicher, so wie es auch noch Kerzen und handgefertigte Schuhe gibt. Bei allem Fortschritt überleben die meisten alten Handwerke und Technologien in einer Nische – zur Freude von Individualisten. Und so entdecken heute selbst Leute, die mit der Digitaltechnik großgeworden sind, den Reiz der klassischen, auf Chemie basierenden Fotografie wieder.

Die Beschränkung auf 36 Aufnahmen pro Film erzieht dazu, über jedes Bild nachzudenken. Mangels Programmen muss der Fotograf den Prozess der Bildentstehung verstehen – und kann ihn daher auch bewusst steuern. Letztlich liefert die auf Chemie basierende klassische Fotografie andere Ergebnisse als die digitale.

Man sieht das den folgenden Bildern an – auch wenn es sich um datenreduzierte Digitalscans handelt; die Negative liefern natürlich weit mehr Details. Beginnen wir mit Cyclecars und kompakten Sportwagen der 1920/30er Jahre:

© Schloss Dyck Classic Days 2015; Bildrechte: Michael Schlenger 

Zu sehen waren hier ein Cyclecar der französischen Marke Amilcar, ein MG-Roadster und ein Bugatti-Rennwagen – alles feingliedrige Sportfahrzeuge, die einst viele Erfolge feierten.

Eine ganz andere Dimension stellen die Bentleys der Zwischenkriegszeit dar. Sie sind groß, schwer und selten elegant. Doch sind sie so opulent motorisiert, dass sich damit heute noch auf der Autobahn mithalten lässt. Von diesem Potential machen die Mitglieder des Londoner Benjafield’s Racing Club Gebrauch, die jährlich zu den Classic Days auf Schloss Dyck auf eigener Achse anreisen. Hier eine Auswahl dieser mächtigen  Vehikel:

© Schloss Dyck Classic Days 2015; Bildrechte: Michael Schlenger 

In der Bentley-Liga treten stets auch „Specials“ auf, also umgebaute Fahrzeuge auf Basis von Werkschassis. Das können im Idealfall zeitgenössische Wagen sein, aber ebenso Kreationen der Nachkriegszeit, bei der jemand aus einem Wrack etwas Eigenes gezaubert hat. Heute noch dienen kaum restaurierungswürdige Limousinen von Marken wie Alvis oder Riley als Basis für solche Sportgeräte. Das Resultat ist oft sehr ansehnlich – und selbst aus einem braven Austin Seven lässt sich ein Sportwagen machen!

Natürlich ist auch die Klasse der Luxuswagen der Vorkriegszeit auf Schloss Dyck stets mit großartigen Exemplaren vertreten. Hier sind majestätische Limousinen, Roadster und Tourer von Marken wie Mercedes, Lagonda und Rolls-Royce in Bewegung unter freiem Himmel zu sehen. Diese Fahrzeuge muss man außerhalb eines Museums erlebt haben, um ihre phänomenale Präsenz zu begreifen. Eine kleine Auswahl davon:

© Schloss Dyck Classic Days 2015; Bildrechte: Michael Schlenger 

Doch auch Klein- und Mittelklassewagen der 1930er Jahre kommen auf Schloss Dyck zu ihrem Recht. Dabei sind neben Werkskarosserien auch Sonderanfertigungen zu sehen, die etwa aus einem kleinen Tatra ein mondänes Gefährt machen. Zu sehen gibt es auch seltene Transporter-Ausführungen wie im Fall des Lancia Aprilia:

© Schloss Dyck Classic Days 2015; Bildrechte: Michael Schlenger 

Zum Schluss noch einige Leckerbissen für die Freunde klassischer Wagen der 1950er und 60er Jahre. Hier gibt es traumhafte GTs von Marken wie Lancia oder Maserati zu sehen, die einen von der verlorengegangenen Schönheit im Automobilbau träumen lassen. Jedes Jahr wird außerdem ein besonderer Marken- oder Typenakzent gesetzt. 2015 wurden beispielsweise herausragende Exemplare der britischen Marke Bristol präsentiert:

© Schloss Dyck Classic Days 2015; Bildrechte: Michael Schlenger 

Last but not least sei erwähnt, dass man bei den Classic Days stets auch ein glückliches Händchen hat, was die Auswahl des begleitenden Showprogramms angeht. Diese jungen Damen etwa begeisterten mit einem perfekten Auftritt im Stil der 1940er Jahre:

© Schloss Dyck Classic Days 2015; Bildrechte: Michael Schlenger

Vorfreude auf die Classic Days 2016 auf Schloss Dyck

2015 wurden auf dem herrlichen Areal von Schloss Dyck unweit von Düsseldorf zum zehnten Mal die fabelhaften Classic Days zelebriert.

Wenn es sie nicht gäbe, müsste man sie glatt erfinden, denn eine zweite Klassikerveranstaltung dieser Größenordnung, in der das Umfeld sowie die Vielfalt und Qualität des Gebotenen zu einem harmonischen Ganzen verschmelzen, gibt es in Deutschland kein zweites Mal.

© Impressionen von den Classic Days 2015; Bildrechte: Michael Schlenger

Hier kommen nicht nur die Freunde klassischer Fahrzeuge der 1950er bis 60er Jahre auf ihre Kosten – auch die Vorkriegsfraktion ist stets mit einer erlesenen Auswahl an seltenen und eindrucksvollen Gefährten vertreten.

Besonders charmant: Man kann einen Großteil der Autos in Aktion erleben, denn auf einer eigens abgesperrten Rundstrecke treten die ganze Veranstaltung über die unterschiedlichsten Felder an.

Zwar wird überwiegend gemächlich gefahren, doch beim Start der Motoren im Fahrerlager und beim Einnehmen der Startaufstellung kommt durchaus Rennatmosphäre auf. Viele Besucher genießen das Treiben bei einem entspannten Picknick.

© Impressionen von den Classic Days 2015; Bildrechte: Michael Schlenger

Übrigens lohnt es sich, bereits am Freitagnachmittag über das weitläufige Gelände zu flanieren. Ein Großteil der Fahrzeuge steht dann schon an seinem Platz oder trifft nach und nach ein. Gleichzeitig ist die Besucherzahl noch überschaubar und man kann ungestört fotografieren.

Neben den obigen Bildern der Classic Days 2015 soll auch der folgende Film Appetit auf die Neuauflage am 5. bis 7. August 2016 machen. Er nimmt sich viel Zeit für die Veranstaltung und gibt die Atmosphäre in allen ihre Facetten wieder.

https://vimeo.com/135595246

© Videoquelle: Vimeo; Urheberrecht: Guido Marx

Mit dem Film lassen sich auch Zeitgenossen für die Classic Days gewinnen, die sich bisher nicht für altes Blech und laute Motoren erwärmen konnten. Der Magie des Ortes und der prachtvollen Vehikel kann man sich jedenfalls kaum entziehen.

Auf ein Wiedersehen im Sommer 2016!

Damenteam beim 24 Std.- Rennen mit Vorkriegs-Bentley

Fahrer von Vorkriegs-Bentleys sind bekannt dafür, dass sie weder ihre Wagen noch sich selbst schonen – speziell, wenn sie aus England kommen. Immerhin geht es darum geht, die Tradition der Bentley-Boys aufrechtzuerhalten, die auch abseits der Rennstrecke einen rasanten Lebensstil pflegten.

Für Besucher der Classic Days auf Schloss Dyck  gehört es zu den schon traditionellen Höhepunkten der Veranstaltung, wenn jährlich die Bentleys des Londoner Benjafield’s Racing Club einfallen. Ehrensache, dass die Herrschaften mit ihren kolossalen Gefährten auf eigener Achse von der Insel anreisen.

© Vorkriegs-Bentleys bei den Classic-Days und beim Goodwood Revival Meeting; Bildrechte: Michael Schlenger

Was die Bentley Boys & Girls von heute sonst noch anstellen, bleibt hierzulande leider unbeachtet. Die einschlägige Presse ist vielleicht zu sehr mit „Youngtimern“ beschäftigt.

Da gab es doch 2014 tatsächlich ein 24-Stunden-Rennen mit Vorkriegs-Bentleys und einigen Wagen anderer Marken auf dem Autodromo Circuit Portimao in Portugal.

Anlass war das 90-jährige Jubiläum des ersten Le-Mans-Siegs von Bentley. In einem sonst von französischen Marken beherrschten Feld setzten sich 1924 John Duff und Frank Clement auf ihrem 3 Litre Sports Bentley eindrucksvoll durch.

Beim Revival 2014 startete man zwar mit massiver Bentley-Übermacht, aber ansonsten blieb das Ganze ähnlich herausfordernd wie einst. Am Anfang stand der klassische Le-Mans-Start, dann folgten 24 Stunden Dauerbetrieb mit zweistündigem Fahrerwechsel. Für die vierköpfigen Teams war da nicht mehr als ein zwischenzeitliches Nickerchen drin.

Der Clou: Eines der Teams bestand nur aus Fahrerinnen, den „Bentley Belles“. Ursprung des Ganzen war eine Idee von Katarina Kyvalova aus Hamburg. Mit Hilfe des britischen Vintage Sports Car Clubs (VSCC) gelang es ihr, drei weitere Rennsport-Enthusiastinnen für die Aktion zu gewinnen.

Die vier Ladies begegneten sich am Vorabend des 24h-Rennens zum ersten Mal und vertrugen sich offenbar bestens. Trotz heftiger Bremsenprobleme ihres Bentley landeten sie am Ende auf einem respektablen Platz im Mittelfeld.

Der folgende Film ist ausschließlich dem Damen-Team gewidmet und verdient zweifellos das Prädikat: well done!

© Videoquelle: Vimeo; Urheberrecht: Racing Eye

Die Arbeit an den Boxen scheinen zwar nur Jungs gemacht zu haben. Aber das zeigt bloß: Auch die Vorkriegsszene kann definitiv noch mehr „Diversity“ vertragen.