Oldtimer-Wochenende in Bad Nauheim 27./28.08.2016

In Bad Nauheim – dem Jugendstiljuwel im Herzen der Goldenen Wetterau – gibt es am 27./28. August 2016 gleich zwei Veranstaltungen für Freunde historischer Mobilität .

Am Sonntag wird im Sprudelhof direkt am Kurpark der schon traditionelle Oldtimertag des Lions-Clubs zelebriert. In den Arkaden sind zahlreiche klassische Fahrzeuge aus der Region zu sehen, in denen Besucher gegen eine kleine Spende an den Lions-Club ein Runde durch Bad Nauheim drehen können.

Live-Musik, Essen und Trinken sorgen für zusätzliche Wohlfühlatmosphäre. Hier einige Impressionen vom Oldtimertag 2015:

© Oldtimertag in Bad Nauheim, 2015; Bildrechte: Michael Schlenger

Dieses rollende „Mitfahrmuseum“ ist für Groß und Klein eine Gelegenheit, sich langgehegte Wünsche zu erfüllen, Oldtimer in Aktion zu erleben und gleichzeitig einen guten Zweck zu befördern.

 

Schon am Samstag beginnt außerdem am Flugplatz oberhalb des Johannisbergs der Tag der Offenen Tür des Aero-Clubs Bad Nauheim.

Das zweitägige Programm ist vollgepackt mit Attraktionen in der Luft und am Boden:

14.00 Uhr: Anschleppen eines „“Grunau Baby“ der 1930/40er Jahre

14.20 Uhr: Doppeldecker-Formationsflug

14.35 Uhr: Kunstflugvorführung mit „Boeing Stearman“

14.45 Uhr: Modellhubschrauber in Aktion

15.05 Uhr: Segelflieger-Formationsflug

15.20 Uhr: Kunstflugvorführung mit Motorsegler

15.40 Uhr: Kunstflugvorführung mit „Pitts S1“

16.05 Uhr: Formationsflug und Kunstflugvorführung mit „Yak-52“

16.25 Uhr: Modell-Jets in Aktion

16.50 Uhr: Kunstflugvorführung mit Segelflieger „Habicht“

17.10 Uhr: Formationsflug Messerschmitt „ME-108“ & Focke-Wulff „FW 149“

17.25 Uhr: Einzelvorführung ME-108, Kunstflugvorführung FW 149

17.45 Uhr: Schleppstart Segelflugzeuge

18.00 Uhr: Formationsflug Segelflugzeuge

18.20 Uhr: Kunstflugvorführung mit „Yak 55“

Programm zum Herunterladen und Ausdrucken (Pdf):

Programm_Tag-der-Offenen-Tuer-AEC-BN-2016

Die Flugzeuge von den 1930er Jahren bis heute werden ergänzt durch eine Ausstellung zeitlich passender Fahrzeuge aus sechs Jahrzehnten.

© Tag der Offenen Tür beim AEC Bad Nauheim, 2014; Bildrechte: Michael Schlenger

Hinweis für Besucher mit historischen Fahrzeugen (H-Kennzeichen / rotes Oldtimer-Nummernschild). Sie können auf einer eigens abgesperrten Fläche nahe am Flugplatzgebäude parken. Alle übrigen Autos müssen auf’s Stoppelfeld!

Die Parkplatzeinweiser sind entsprechend instruiert und auch der Verfasser wird ganztägig vor Ort sein (ggf. erreichbar unter: 0177-4066000, Michael Schlenger). Oldie-Besitzer bekommen auf jeden Fall einen schönen Platz zugewiesen, solange Vorrat reicht.

Anfahrt zum Flugplatz Bad Nauheim: Wer über die A5, aus der Taunusregion und der westlichen Wetterau kommt, fährt am besten über Ober-Mörlen (Abfahrt 14) an. Innerorts die Hasselhecker Straße (Nähe Ortsein/ausgang) nehmen und ihr bis zur Autobahnunterführung folgen. Dort scharf links abbiegen durch die Unterführung hindurch und dem Verlauf bis zum Waldrand folgen. Von dort geht es links ab zum Flugplatzgelände (ausgeschildert). Alternativ kann man auch aus Bad Nauheim hoch zum Flugplatz fahren (via Alt-Nauheimer Hauptstraße).

Bentley-Party bei den Classic Days auf Schloss Dyck 2016

Man könnte die folgende Aufnahme glatt für ein altes Werksfoto eines Bentley S2 Continental „Flying Spur“ mit Mulliner-Karosserie halten (zum Vergleich: Bentley S1).

Bentley_Continental_ClassicDays_2016

© Bentley S2 Continental „Flying Spur“ bei den Classic Days auf Schloss Dyck, 2016; Bildrechte: Michael Schlenger

Tatsächlich konnte man diese Situation im Jahr 2016 bei den fabelhaften Classic Days auf Schloss Dyck am Niederrhein genießen. Man musste bloß schon am Freitag anwesend sein, wenn der englische Landschaftspark noch relativ wenig bevölkert ist.

Um ein derartig zeitloses Foto machen zu können, braucht man jedoch etwas Glück. Der Verfasser trieb sich gerade in der Nähe herum, als der Besitzer des Bentley anrauschte, den Wagen zielsicher placierte und dann selbst zum Fotografieren ausstieg.

Ansonsten boten die drei – wie stets beglückenden – Tage auf Schloss Dyck Freunden klassischer Fahrzeuge aller Kategorien reichlich Gelegenheit, sich von Zeugen vergangener Zeiten verzaubern zu lassen.  

Für viele gehört traditionell die Fraktion an Vorkriegs-Bentleys zu den besonderen Attraktionen der Classic Days. Die meisten davon gehören zum Benjafield Racing Club und werden mit britischem Sportgeist auf eigener Achse nach Schloss Dyck gefahren.

Die folgende Galerie zeigt eine Auswahl dieser eindrucksvollen Fahrmaschinen, die mit ihrer Ausstrahlung und unbändigen Kraft zu den Lieblingen des Publikums gehören.

© Bentleys bei den Classic Days auf Schloss Dyck, 2016; Bildrechte: Michael Schlenger

Wie man auf den Bildern sieht, fanden neben britischen Wagen auch etliche Bentleys deutscher Besitzer den Weg nach Schloss Dyck. Einige davon sieht man seit Jahren regelmäßig auf dem Areal vor dem Schlosstor, das den hochkarätigen Vorkriegsrennwagen von Bentley, Bugatti und Mercedes vorbehalten ist.

Und weil es so schön ist, endet dieser Blog-Eintrag, wie er begonnen hat: mit Impressionen klassischer Bentleys auf Schloss-Dyck in Schwarz-Weiß:

© Bentleys bei den Classic Days auf Schloss Dyck, 2016; Bildrechte: Michael Schlenger

Mercedes 320 Cabriolet A bei den Classic Days 2016

Unter den Freunden von Vorkriegs-Mercedes genießen die Kompressor-Modelle die größte Verehrung. Den Gipfelpunkt dieser nach dem 1. Weltkrieg begonnenen Baureihe markieren die Typen 500 und 540K in der Werksausführung als Spezial-Roadster. 

Der Verfasser hatte bereits als Schüler ein großformatiges Poster eines dieser grandiosen Wagen über dem Schreibtisch hängen, ohne damals zu ahnen, dass Vorkriegsautos dereinst zu seiner Passion werden würden.

Diese Kunstwerken gleichenden Schöpfungen von Mercedes-Benz der 1930er Jahre (er)kennt fast jeder Klassiker-Liebhaber, was mit ihrer starken Präsenz auf hochkarätigen Veranstaltungen zu tun hat. Ähnlich wie im Fall des 300 SL der Nachkriegszeit kann man solche Ikonen gemessen an ihrer Produktionszahl heute öfter sehen als je zuvor.

Doch selbst der verwöhnteste Enthusiast macht immer wieder neue Entdeckungen, was zu den wunderbaren Seiten der Oldtimerei gehört, die sich ja eigentlich einem abgeschlossenen Kapitel der Technikgeschichte widmet.

Da geht man anlässlich der Classic Days auf Schloss Dyck im August 2016 dem eigentlichen Geschehen entgegenstrebend über den Besucherparkplatz – und ist plötzlich wie vom Blitz getroffen:

© Mercedes-Benz 320 von 1936/37, Classic Days auf Schloss Dyck 2016; Bildrechte: Michael Schlenger

Dort steht inmitten hunderter, wenn nicht tausender Klassiker ein Mercedes-Benz Cabriolet der Vorkriegszeit, das an die damaligen Kompressormodelle erinnert, aber doch eigenständig wirkt. Was ist das für ein Prachtexemplar?

Vor Ort lässt sich das nicht klären, also wird der herrliche Wagen von allen Seiten fotografiert, um zuhause eingehender studiert zu werden. Dabei hilft dann das Standardwerk „Mercedes-Benz Automobile – Vom Nürburg zum 540K“ von Heribert Hofner (Heel Verlag 1998, ISBN: 3-89365-704-5).

Rasch ist der Typ ermittelt: Es handelt sich um ein Mercedes-Benz 320 Cabriolet A, das nur 1936/37 gebaut wurde. Basis waren Chassis und Fahrwerk des Sechszylindertyps 290. Dessen Motor wurde auf 3,2 Liter aufgebohrt, höher verdichtet und mit einem Aluminium-Zylinderkopf versehen.

Die Leistung von 78 PS genügte für ein solides Autobahntempo von gut 125 km/h. Wichtiger für eine anspruchsvolle Kundschaft waren die komfortable Abstimmung der Federung und die Minimierung des Fahrgeräuschs. 

Der Mercedes 320 wurde in zahlreichen Karosserieversionen mit zwei unterschiedlichen Radständen angeboten. Auf Basis des kurzen Chassis wurde das Cabriolet A gebaut, das sich formal in vielen Details an den Spezial-Roadster 540 K anlehnte.

Zur rassigen Erscheinung trugen die nicht enden wollende Motorhaube, die extrem niedrige Dachlinie, das flach auslaufende Heck und die (aufpreispflichtigen) Speichenräder bei. Diese und andere Details lassen sich in folgender Bilderserie genießen (zum Vergrößern anklicken):

© Mercedes-Benz 320 von 1936/37, Classic Days auf Schloss Dyck 2016; Bildrechte: Michael Schlenger

Vom Mercedes-Benz 320 mit kurzem Radstand, auf dem dieses herrliche Automobil basiert, wurden knapp 1.100 Exemplare gebaut. Man kann sich vorstellen, wie viele – oder besser: wie wenige – davon Krieg und Besatzung überlebt haben.

Heute gehört das Mercedes 320 Cabriolet A zu den ganz großen Raritäten und einem solchen Wagen zu begegnen, ist ein außerordentlicher Glücksfall. Sollte der Eigentümer diesen Artikel lesen, wäre der Verfasser für nähere Angaben zur Historie sehr dankbar.

Wanderer W11 bei den Classic Days 2016

Man kann es nicht oft genug wiederholen: Deutschlands schönste Veranstaltung für historische Fahrzeuge sind zweifellos die Classic Days auf Schloss Dyck am Niederrhein.

Die Kulisse eines majestätischen Wasserschlosses, ein weitläufiger englischer Garten, rare und populäre Klassiker aller Epochen in Aktion, ein vielfältiges Programm – das sind die Zutaten für ein magisches Wochenende, das noch lange nachhallt…

Wie jedes Jahr trieb es den Verfasser und Gleichgesinnte aus der Wetterau gen Norden – je nach Route ist man aus unserer Region in zweieinhalb bis drei Stunden am Ziel.

Schon am Freitag, an dem sich die Veranstaltung noch im Aufbau befindet, stößt man dann auf unerwartete Schätze wie diesen Wanderer W11 von 1929:

© Wanderer W11 von 1929, Classic Days auf Schloss Dyck 2016; Bildrechte: Michael Schlenger

Wer hier zuerst an ein US-Modell von Buick, Chevrolet oder Chrysler denkt, liegt gar nicht so verkehrt. Denn Ende der 1920er Jahre gaben die amerikanischen Großserienhersteller den Ton an – in technischer wie formaler Hinsicht.

Die deutschen Marken brauchten eine Weile, um den gut motorisierten US-Wagen mehr als nur hilflose Werbeparolen entgegenzusetzen. Die Frankfurter Adlerwerke entschlossen sich immerhin schon 1927, das amerikanische Erfolgskonzept zu kopieren, und zwar mit dem Standard 6.

Bei der übrigen inländischen Konkurrenz hielt der Tiefschlaf noch eine Weile an. Die Marke Wanderer aus Chemnitz rang sich schließlich ebenfalls dazu durch, ihre Zurückhaltung aufzugeben und präsentierte 1929 den Typ W11.

Das war endlich ein Wagen, der es von der äußeren Erscheinung und den inneren Werten her mit den amerikanischen Produkten aufnehmen konnte. Hier das großzügige und gefällige Fahrzeug in der Seitenansicht:

© Wanderer W11 von 1929, Classic Days auf Schloss Dyck 2016; Bildrechte: Michael Schlenger

Die Dimensionen dieses wohlproportionierten Automobils erschließen sich erst, wenn man daneben steht: Wer 1,80m groß ist, wird von dem Wanderer immer noch deutlich überragt, und der Radstand von 3 Metern ermöglicht den Insassen im Fonds einen Fußraum, von dem man heute nur träumen kann.

Nicht umsonst sagte man damals, dass man ins Auto „einstieg“, was eine Bewegung nach oben bedeutete – kein demütiges Bücken, wie das heutige Gefährte verlangen. Eine Vorstellung von den Platzverhältnissen gibt der Blog-Artikel „Vier Grazien und sechs Zylinder“, der ein historisches Originalfoto des Wanderer W11 zeigt.

Auch unter der Motorhaube ging es für damalige Verhältnisse großzügig zu: Der Wanderer W11 besaß einen 2,5 Liter-Sechszylinder, der angemessene 50 PS leistete. Unverständlich nur, warum man kein 4-Gang-Getriebe anbot, doch war das beim Adler Standard 6 nicht anders.

Typisch für den Wanderer W11 ist vor allem die geschwungene Kühlermaske mit den in Wagenfarbe lackierten Lamellen. Ab Frühjahr 1929 wurde der Wagen nur noch mit den eleganten Scheibenrädern angeboten. Die markanten Blinker auf den Schutzblechen gab es nur bei Wanderer.

© Wanderer W11 von 1929, Classic Days auf Schloss Dyck 2016; Bildrechte: Michael Schlenger

Die Aufbauten unterschieden sich je nach Karosseriehersteller im Detail. Viertürige Limousinen auf Basis des Wanderer W11 wurden von einem halben Dutzend Firmen gefertigt, darunter Gläser aus Dresden und Baur in Stuttgart. Werkseigene Karosserien spielten bei Wanderer Ende der 1920er Jahre kaum noch eine Rolle, sie waren zu teuer.

Bei dem Wagen, der auf Schloss Dyck zu sehen war, handelte es sich übrigens um eine Landaulet-Ausführung, wie ein genauer Blick auf die hinten unterteilte Dachpartie zeigt:

Wanderer 10/50 PS (W11) Landaulet; Bildrechte: Michael Schlenger

1932 endete die Produktion des Wanderer W11, doch das galt nur für die zivile Variante. Inzwischen hatte die Reichswehr einen Kübelwagen auf Basis des 6-Zylinders in Auftrag gegeben, der bis 1941 produziert werden sollte. Aber das ist eine andere Geschichte, die hier gelegentlich anhand zeitgenössischer Originalfotos erzählt wird.

Rennaktion mit 100 Jahre alten Veteranen in Goodwood

Besucher einschlägiger Messen wie der Retro Classics in Stuttgart berichten von einer zunehmend einseitigen Ausrichtung der hiesigen Szene auf eher junge Großserienwagen schwäbischer Prestigemarken.

Nichts gegen die Fahrzeuge als solche – merkwürdig ist nur das darin zum Ausdruck kommende Desinteresse an den zahllosen anderen Marken und Typen aus über 100 Jahren Automobilgeschichte. Neben schlichter Unkenntnis mag auch der deutsche Hang zum Herdenverhalten eine Rolle dabei spielen.

Was sollen denn die Nachbarn denken, wenn man statt Mercedes SL oder Porsche 911 wirklich exklusive Wagen wie Lancia Flaminia Coupe oder Renault Alpine bevorzugt? Kein Wunder, dass auch die Veteranenfahrzeuge aus der Frühzeit des Automobils hierzulande einen schweren Stand haben.

© Teilnehmer der Kronprinz Wilhelm Rasanz 2015; Bildrechte: Michael Schlenger

In Großbritannien – der Heimat von Individualisten und Exzentrikern – sieht das zum Glück anders aus. Dort gibt es eine quicklebendige Szene von Liebhabern der „Edwardians“, wie die Briten Wagen aus der Zeit bis etwa 1920 bezeichnen.

Im März 2016 trat ein ganzes Starterfeld aus Rennwagen jener Epoche auf der historischen Rennstrecke von Goodwood in der Grafschaft Sussex (Südengland) an und zeigte, was in diesen oft spektakulär motorisierten Fahrzeugen steckt.

Wer schon einmal das jährliche Goodwood Revival Meeting besucht hat, ist danach nicht nur süchtig, sondern weiß auch, dass auf dem Rundkurs scharf gefahren wird. Ob Bugatti Grand Prix-Renner, Ford GT 40 oder Ferrari GTO, selbst teuerste historische Wagen werden dort bestimmungsgemäß eingesetzt.

Das folgende Video vermittelt eine Vorstellung davon, mit welchem Sportsgeist die Briten anlässlich des exklusiven Goodwood Members Meeting die teils über 100 Jahre alten Boliden über die Strecke trieben:

© Videoquelle YouTube; Urheberrecht: Goodwood Road Racing Company (GRRC)

Der älteste der über 30 antretenden Wagen war ein 60 PS-Mercedes von 1903, der jüngste ein V12-Delage von 1923. Wie so oft bei den historischen Motorsportveranstaltungen auf dem Kurs rund um den alten Weltkriegs-Flugplatz bestand der Reiz im Aufeinandertreffen großer hubraumstarker Wagen einerseits und kompakter, wendiger Specials andererseits.

Der Siegerwagen – ein GN mit Curtiss-Motor – ist ein schönes Beispiel dafür, wie ein von der Papierform unterlegener Wagen durch beherzten Einsatz weit stärkeren Konkurrenten Paroli bieten und diese sogar bezwingen kann.

Der siegreiche Fahrer Duncan Pittaway ist ein Tausendsassa der britischen Veteranenszene, der wie einst auch zur Rennmontur stets Krawatte trägt.

Eine schöne Bilderstrecke von der Veranstaltung gibt es hier zu sehen. Wer dann immer noch nicht genug hat, wird vielleicht das folgende Video mögen, in dem einige der teilnehmenden Fahrzeuge von ihren Besitzern präsentiert werden:

© Videoquelle YouTube; Urheberrecht: Goodwood Road Racing Company (GRRC)

Wenn demnächst jeder hierzulande einen Mercedes SL hat, der sich in Erwartung von Wertsteigerungen die Reifen plattsteht, wird der eine oder andere vielleicht feststellen, dass es wahre Exklusivität und maßlosen Fahrspaß woanders gibt.

Es muss ja nicht gleich ein Special mit Flugzeugmotor sein, ein heißgemachter Austin Seven tut es für den Anfang auch…

© Austin Seven Special, Classic Days 2015; Bildrechte: Michael Schlenger

Schloss Dyck 2015: Rückblende in Analogtechnik

Die Classic Days auf Schloss Dyck am Niederrhein müssen nicht mit vielen Worten angepriesen werden. Wer einmal dort war, ist süchtig nach Deutschlands schönster Klassikerparty. Das Warten auf die nächste Ausgabe des Spektakels lässt sich vielleicht mit einigen Bildern aus dem Jahr 2015 erträglicher gestalten.

Der Verfasser hat von dort Aufnahmen mitgebracht, die nach alter Väter Sitte in Analogtechnik entstanden sind. Auf einer Klassikerveranstaltung, bei der historische Technik gefeiert wird, liegt es nahe, auch eine Kamera einzusetzen, an der ebenfalls alles manuell eingestellt werden muss.

Hier ein erster Vorgeschmack, die Brücke über den Wassergraben von Schloss Dyck:

© Schloss Dyck Classic Days 2015; Bildrechte: Michael Schlenger 

Ja, aber gibt es für die alten Kameras überhaupt noch Filme? Sicher, so wie es auch noch Kerzen und handgefertigte Schuhe gibt. Bei allem Fortschritt überleben die meisten alten Handwerke und Technologien in einer Nische – zur Freude von Individualisten. Und so entdecken heute selbst Leute, die mit der Digitaltechnik großgeworden sind, den Reiz der klassischen, auf Chemie basierenden Fotografie wieder.

Die Beschränkung auf 36 Aufnahmen pro Film erzieht dazu, über jedes Bild nachzudenken. Mangels Programmen muss der Fotograf den Prozess der Bildentstehung verstehen – und kann ihn daher auch bewusst steuern. Letztlich liefert die auf Chemie basierende klassische Fotografie andere Ergebnisse als die digitale.

Man sieht das den folgenden Bildern an – auch wenn es sich um datenreduzierte Digitalscans handelt; die Negative liefern natürlich weit mehr Details. Beginnen wir mit Cyclecars und kompakten Sportwagen der 1920/30er Jahre:

© Schloss Dyck Classic Days 2015; Bildrechte: Michael Schlenger 

Zu sehen waren hier ein Cyclecar der französischen Marke Amilcar, ein MG-Roadster und ein Bugatti-Rennwagen – alles feingliedrige Sportfahrzeuge, die einst viele Erfolge feierten.

Eine ganz andere Dimension stellen die Bentleys der Zwischenkriegszeit dar. Sie sind groß, schwer und selten elegant. Doch sind sie so opulent motorisiert, dass sich damit heute noch auf der Autobahn mithalten lässt. Von diesem Potential machen die Mitglieder des Londoner Benjafield’s Racing Club Gebrauch, die jährlich zu den Classic Days auf Schloss Dyck auf eigener Achse anreisen. Hier eine Auswahl dieser mächtigen  Vehikel:

© Schloss Dyck Classic Days 2015; Bildrechte: Michael Schlenger 

In der Bentley-Liga treten stets auch „Specials“ auf, also umgebaute Fahrzeuge auf Basis von Werkschassis. Das können im Idealfall zeitgenössische Wagen sein, aber ebenso Kreationen der Nachkriegszeit, bei der jemand aus einem Wrack etwas Eigenes gezaubert hat. Heute noch dienen kaum restaurierungswürdige Limousinen von Marken wie Alvis oder Riley als Basis für solche Sportgeräte. Das Resultat ist oft sehr ansehnlich – und selbst aus einem braven Austin Seven lässt sich ein Sportwagen machen!

Natürlich ist auch die Klasse der Luxuswagen der Vorkriegszeit auf Schloss Dyck stets mit großartigen Exemplaren vertreten. Hier sind majestätische Limousinen, Roadster und Tourer von Marken wie Mercedes, Lagonda und Rolls-Royce in Bewegung unter freiem Himmel zu sehen. Diese Fahrzeuge muss man außerhalb eines Museums erlebt haben, um ihre phänomenale Präsenz zu begreifen. Eine kleine Auswahl davon:

© Schloss Dyck Classic Days 2015; Bildrechte: Michael Schlenger 

Doch auch Klein- und Mittelklassewagen der 1930er Jahre kommen auf Schloss Dyck zu ihrem Recht. Dabei sind neben Werkskarosserien auch Sonderanfertigungen zu sehen, die etwa aus einem kleinen Tatra ein mondänes Gefährt machen. Zu sehen gibt es auch seltene Transporter-Ausführungen wie im Fall des Lancia Aprilia:

© Schloss Dyck Classic Days 2015; Bildrechte: Michael Schlenger 

Zum Schluss noch einige Leckerbissen für die Freunde klassischer Wagen der 1950er und 60er Jahre. Hier gibt es traumhafte GTs von Marken wie Lancia oder Maserati zu sehen, die einen von der verlorengegangenen Schönheit im Automobilbau träumen lassen. Jedes Jahr wird außerdem ein besonderer Marken- oder Typenakzent gesetzt. 2015 wurden beispielsweise herausragende Exemplare der britischen Marke Bristol präsentiert:

© Schloss Dyck Classic Days 2015; Bildrechte: Michael Schlenger 

Last but not least sei erwähnt, dass man bei den Classic Days stets auch ein glückliches Händchen hat, was die Auswahl des begleitenden Showprogramms angeht. Diese jungen Damen etwa begeisterten mit einem perfekten Auftritt im Stil der 1940er Jahre:

© Schloss Dyck Classic Days 2015; Bildrechte: Michael Schlenger

Vintage Taxi-Service beim Goodwood Revival

Zu den Dingen, die das jährliche Goodwood Revival Meeting in Südengland einzigartig machen, gehört die Konsequenz, mit der dort alles auf „Vintage“ getrimmt wird.

Wer auf eine besondere „Zeitreise“ aus ist, kann sich beispielsweise mit einem historischen Taxi zum Ort des Geschehens kutschieren lassen. Dabei handelt es sich jedoch nicht um den bekannten Austin FX4, der über Jahrzehnte das Londoner Straßenbild geprägt hat.

Stattdessen stellen Enthusiasten der London Vintage Taxi Association seltene Modelle der 1930er bis 50er Jahre zur Verfügung. Zu den besonderen Raritäten dieser Art gehört der nachfolgend abgebildete Beardmore:

© Beardmore Taxi, Goodwood Revival 2015; Bildrechte: Michael Schlenger

Der in Glasgow ansässige Industriekonzern Beardmore begann nach dem Ersten Weltkrieg mit dem Taxibau und hatte bald den Ruf, den Rolls-Royce unter den Taxis zu bauen.

Ab den 1930er Jahren wurden die aufwendig gebauten Beardmores allmählich durch die günstigeren Modelle von Austin verdrängt. Hier ein Austin FX3 der frühen Nachkriegszeit:

© Austin FX3 Taxi, Goodwood Revival 2015; Bildrechte: Michael Schlenger

Dieses gelungene Modell etablierte sich rasch. Konkurrent Beardmore hielt noch bis 1966 eine Kleinserienproduktion aufrecht. Ab dann beherrschte Austin mit dem FX4 den Markt – erst 1997 endete die Produktion des populären Modells.

Beim Goodwood Revival bekommt man am Taxistand auch noch einige andere automobile Schätze der Zeit zu sehen, die der Besucher ebenso mieten kann. Sonst selten zu sehen sind etwa die folgende Modelle der hierzulande kaum bekannten Marke Jowett:

© Jowett-PKW, Goodwood Revival 2015; Bildrechte: Michael Schlenger

Nicht nur wegen der außergewöhnlichen Fahrzeuge lohnt es sich, ein wenig am Taxistand zu verweilen und dem Kommen und Gehen zuzusehen. Immer wieder bieten sich filmreife Szenen, die so nur in England möglich sind – die Briten verstehen sich perfekt auf den echten Retro-Look.

© Taxistand beim Goodwood Revival; Bildrechte: Michael Schlenger

Mehr Bilder vom Goodwood Revival 2015 gibt’s hier!

Vorfreude auf die Classic Days 2016 auf Schloss Dyck

2015 wurden auf dem herrlichen Areal von Schloss Dyck unweit von Düsseldorf zum zehnten Mal die fabelhaften Classic Days zelebriert.

Wenn es sie nicht gäbe, müsste man sie glatt erfinden, denn eine zweite Klassikerveranstaltung dieser Größenordnung, in der das Umfeld sowie die Vielfalt und Qualität des Gebotenen zu einem harmonischen Ganzen verschmelzen, gibt es in Deutschland kein zweites Mal.

© Impressionen von den Classic Days 2015; Bildrechte: Michael Schlenger

Hier kommen nicht nur die Freunde klassischer Fahrzeuge der 1950er bis 60er Jahre auf ihre Kosten – auch die Vorkriegsfraktion ist stets mit einer erlesenen Auswahl an seltenen und eindrucksvollen Gefährten vertreten.

Besonders charmant: Man kann einen Großteil der Autos in Aktion erleben, denn auf einer eigens abgesperrten Rundstrecke treten die ganze Veranstaltung über die unterschiedlichsten Felder an.

Zwar wird überwiegend gemächlich gefahren, doch beim Start der Motoren im Fahrerlager und beim Einnehmen der Startaufstellung kommt durchaus Rennatmosphäre auf. Viele Besucher genießen das Treiben bei einem entspannten Picknick.

© Impressionen von den Classic Days 2015; Bildrechte: Michael Schlenger

Übrigens lohnt es sich, bereits am Freitagnachmittag über das weitläufige Gelände zu flanieren. Ein Großteil der Fahrzeuge steht dann schon an seinem Platz oder trifft nach und nach ein. Gleichzeitig ist die Besucherzahl noch überschaubar und man kann ungestört fotografieren.

Neben den obigen Bildern der Classic Days 2015 soll auch der folgende Film Appetit auf die Neuauflage am 5. bis 7. August 2016 machen. Er nimmt sich viel Zeit für die Veranstaltung und gibt die Atmosphäre in allen ihre Facetten wieder.

© Videoquelle: Vimeo; Urheberrecht: Guido Marx

Mit dem Film lassen sich auch Zeitgenossen für die Classic Days gewinnen, die sich bisher nicht für altes Blech und laute Motoren erwärmen konnten. Der Magie des Ortes und der prachtvollen Vehikel kann man sich jedenfalls kaum entziehen.

Auf ein Wiedersehen im Sommer 2016!

Ein nobler Lanchester von 1926

Wer sich mit der Geschichte des Automobils befasst, stößt immer wieder auf „neues“ altes Anschauungsmaterial.

Speziell die Vorkriegszeit war von einer unerschöpflichen Vielfalt an Herstellern, Marken und Konzepten geprägt, die hartnäckig um den Kunden buhlten. Das Ergebnis: ein Innovationstempo und ein Grad der Individualisierung des Angebots, von dem man heute nur träumen kann.

Eine schöne Gelegenheit, sich gezielt extravaganten Fahrzeugen auszusetzen, ist das jährliche Goodwood Revival Meeting in England. Der dort für Besucher mit klassischen Fahrzeugen reservierte Parkplatz ist ein einziges riesiges Automuseum.

Für Freunde gediegener Vorkriegswagen gab es 2015 neben einem seltenen Crossley einen nicht minder außergewöhnlichen Vertreter der britischen Nobelmarke Lanchester zu bestaunen.

© Lanchester 20 beim Goodwood Revival Meeting 2015; Bildrechte: Michael Schlenger

Lanchester gilt als die Firma, die als erste ein komplett in England entwickeltes Automobil gebaut hat (1895). So unglaublich es klingt: Lanchester stellte bereits 1902 einen Wagen mit mechanisch betätigten Scheibenbremsen vor.

Nach dem Ersten Weltkrieg baute Lanchester mit dem Modell 40 ein Premiumautomobil, das noch teurer war als der Silver Ghost von Rolls-Royce. Ab 1923 bot man daneben den günstigeren, doch ebenfalls hochklassigen Typ 21 vor, der oben abgebildet ist.

Der Lanchester 21 verfügte über einen 6-Zylindermotor mit 2,9 Liter (später 3,3 Liter) Hubraum, dessen Ventile über eine obenliegende Nockenwelle gesteuert wurden. In Verbindung mit einem 4-Gang-Getriebe ermöglichte die Maschine eine anstrengungslose Fortbewegung in einem opulenten Ambiente. Bis 1926 wurden 735 Stück dieses Modells gebaut.

Lanchester wurde später vom BSA-Konzern übernommen und in dessen Tochterunternehmen Daimler eingegliedert. Bis in die 1950er Jahre erschienen von den Daimler-Modellen abgeleitete Qualitätswagen unter der Marke Lanchester.

Wer nach einem bezahlbaren britischen Luxuswagen der 1920/30er Jahre Ausschau hält, kommt an Lanchester kaum vorbei. Die Verarbeitungsqualität ist der von Rolls-Royce vergleichbar, leider ist das Fahrzeugangebot deutlich kleiner.

Dafür bietet ein Lanchester eine unauffällige Exklusivität, die ihren ganz eigenen Wert hat.

Ein rarer 3er BMW aus der Vorkriegszeit

BMW feiert 2015 das 40-jährige Jubiläum des 3er BMW, der das moderne Image der Marke entscheidend geprägt hat.

Der BMW 02 wird zwar auch gern in den Stammbaum einbezogen, doch war der 3er oberhalb des kernigen Vorgängers angesiedelt. Mit mehr Fahrkomfort, hochwertigerem Interieur und 6-Zylinder-Laufkultur kam der 3er deutlich gediegener daher.

Damit stellen die 3er BMWs der Vorkriegszeit frühe Verkörperungen des ab Mitte der 1970er Jahre wiedererwachenden Qualitätsanspruchs von BMW dar. Intuitiv denkt man an hochkarätige Typen wie 327 und 328, deren Konzepte bis in die Nachkriegszeit nachwirkten (Bristol, EMW).

Doch schon die kompakteren BMW 315 und 319 trugen Gene, die den späteren Ruf der Marke prägten. Denn sie verfügten bereits über kultivierte 6-Zylinder-Motoren, die für viele Enthusiasten bis heute einen Großteil der Faszination von BMW ausmachen.

Ein rassiger Vertreter dieser Klasse war der Roadster 319/1, von dem 1935-36 nur 178 Exemplare gebaut wurden. Mit 3-fach-Vergaser leistete sein 1,9 Liter-Sechszylinder standfeste 55 PS.

Das klingt nach nicht viel, doch dank niedrigen Gewichts (unter 800 kg) und geringer Stirnfläche war eine Spitzengeschwindigkeit von bis zu 140km/h möglich. Das reichte seinerzeit, um den meisten größeren Fahrzeugen das Heck zu zeigen.

Man glaubt kaum, dass eines dieser raren Modelle überlebt hat. Doch soll es tatsächlich noch einige Dutzend geben. Ein wunderschönes Exemplar war im Jahr 2014 bei den Classic Days auf Schloss Dyck zu bewundern.

© BMW 319/1 Roadster Classic Days 2014; Bildrechte: Michael Schlenger

Angesichts weit größerer und stärkerer Fahrzeuge werden viele Besucher den kleinen Roadster von BMW allenfalls am Rande registriert haben. Echte Exklusivität und Publikumsgeschmack gehen nun einmal nicht zusammen.