Nachdem wir das Fotorätsel des Vormonats nicht lösen konnten, dachte ich mir, dass wir die Chancen auf Erfolg vergrößern, indem wir gleich drei Kandidaten ins Schaufenster stellen.
Nein, das stimmt gar nicht, das habe ich mir bloß so zurechtgelegt, nachdem ich die für heute eigentlich anvisierte Aufnahme nochmals studiert habe und dann binnen weniger Minuten die Lösung fand, nach der ich über die Jahre immer wieder gesucht habe.
Interessant daran ist, dass ich dazu auf gar keine neuen Informationen oder Erfahrungen zugreifen brauchte – die Sache klärte sich mit einem Mal mit erstaunlicher Leichtigkeit. Das Ergebnis folgt schon bald.
Nun bestand die Herausforderung darin, etwas Neues aus dem Hut zu zaubern. Das gelang geschwind mittels einer Technik, die mir in vielen Situationen gute Dienste leistet.
Nicht angestrengt über etwas grübeln, das produziert nur unnütze Stirnfalten. Stattdessen macht man sich noch einmal die Fragestellung bewusst und konfrontiert sich dann direkt und ohne nachzudenken mit dem Material, indem man das Gesuchte vermutet.
Die uns nicht bewusst werdende Arbeitsebene unseres Gehirns erledigt den Job für uns. Das läuft im Fall meiner noch nicht besprochenen Autofotos so: Ich lasse einfach die Augen über die Bildvorschau hunderter Kandidaten sausen, und meist findet sich mit dieser Methode das Gesuchte – oft etwas, das ich längst vergessen hatte.
Im heutigen Fall fanden sich gleich drei perfekt passende Aufnahmen, die genau die gesuchten Eigenschaften haben: Sie lassen etwas ahnen, geben aber nicht genügend preis, um mit Sicherheit sagen zu können, was genau darauf zu sehen ist.
Hier haben wir Nr. 1:

„Ist das denn kein NAG aus der Zeit kurz vor dem 1. Weltkrieg?“ – Ja, das dachte ich beim Erwerb auch zuerst. Denn die Kühlergestaltung mit dem ovalen Innenbereich entspricht durchaus den Verhältnissen bei der bekannten Berliner Marke.
Doch zwei Dinge machen hier stutzig: das eine ist das trapezförmige Emblem oben auf dem Kühlergehäuse – das passt nicht zu NAG. Das andere ist der Schriftzug auf dem Kühlernetz selbst. Man sieht nur ein winziges Stück davon unterhalb des Scheinwerfers – aber ein „N“ ist da nicht zu sehen – eher ein Teil eines „D“, oder?
Jetzt kommt Nr. 2 ins Spiel, trotz ganz anderer Perspektive ein sehr ähnliches Fahrzeug:
Sieht man einmal von dem etwas höheren Kühlwasserstutzen ab, sehe ich hier keine relevanten Unterschiede zu dem ersten Kandidaten.
Dafür meine ich nun auf dem Kühlernetz einen mit „x“ endenden Schriftzug zu erkennen. Der Buchstabe davor zeichnet sich weniger klar ab. Erst dachte ich, dass es ein „y“ sein könnte, dann hätten wir es mit der ebenfalls deutschen Marke Oryx zu tun.
Doch die markante Kühlerform findet sich meines Erachtens so an keinem Oryx (siehe meine Fotogalerie). Auch meine ich, die erwähnte Trapezform des Kühleremblems wiederzuerkennen.
Könnnten wir es mit Exemplaren der deutschen Marke „DUX“ zu tun haben, die von den Leipziger Polyphon-Werken gebaut wurden. Folgendes Dokument deutet daraufhin:
Dieser Dux von ca. 1908 weist die erwähnte NAG-ähnliche Kühlergestaltung auf und lässt keine Zweifel an seiner Identität, wenn auch hier der Markenname nicht kursiv gehalten ist.
Spätere DUX-Wagen (m.E. ab 1913/14) besaßen ein auffallendes Kühleremblem, das sich auf den heute gezeigten Wagen nicht findet (siehe Claus Wulffs fabelhafte Website).
An dieser Stelle hat Kandidat Nr. 3 seinen Auftritt – und zwar in Form dieses Konterfeis von ganz hervorragender Qualität:
Ist dieses Zeitzeugnis nicht großartig? Weit über 100 Jahre trennen uns von der Szene und doch meinen wir, diese gerade selbst zu erleben.
Nach dem Gesagten werden Sie Ihre eigenen Schlüsse ziehen können was die Identität dieses Wagens angeht. Tatsächlich habe ich diese Aufnahme unabhängig von der ersten erworben, obwohl sie ausweislich des Kennzeichens denselben Wagen zeigt.
Dieses Foto könnte für sich selber stehen und eine ganz eigene Betrachtung rechtfertigen, wenn man nur genau wüsste, womit man es zu tun hat.
Ich bin mir in zwei Punkten sicher: Weder NAG noch Oryx kommen hier in Frage und der wahrscheinlichste Kandidat für mich ist auf allen drei heute neu vorgestellten Fotos DUX.
Das wäre doch mal ein hübsches Stück Mathematik: Dreimal X macht keineswegs nix, sondern addiert sich auf wunderbare Weise zu DUX.
So, jetzt sind Sie dran, liebe Leser. Lassen Sie mich wissen, was Sie hier sehen und lassen Sie sich nicht beeinflussen von dem, was ich erzähle, denn ich kann völlig danebenliegen…
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