Der erste seiner Art? Ein „Faun“ Typ K1 6/22 PS

Wer sich ein wenig auskennt in Sachen Faun, wird meine heutige These einigermaßen steil finden, wonach ich hier den ersten seiner Art präsentiere.

Der erste Faun, dem die meisten Zeitgenossen begegnet sind, die nicht nur alte Autos im Kopf haben, dürfte der in Pompeji als Abguss einer antiken Statue aufgestellte sein. Denkbar aber auch, dass für manchen dieser in München zu bewundernde Vertreter seiner Art der erste ist – nebenbei eines der ganz großen Meisterwerke der Antike.

Keine Sorge, es geht gleich wieder züchtiger zu – sofern Sie gesteigerten Wert darauf legen.

Dabei entwickelte man gerade in der Zeit, in die mein heutiger Blog-Eintrag führt – die frühen 1920er Jahre – erstmals seit dem lebensfrohen Barock wieder ein entspanntes Verhältnis zum menschlichen Körper in seiner natürlichen Form.

Nach dem unfassbaren Desaster des 1. Weltkriegs, den alle beteiligten Staaten bis zum Schluss mit kaum gebremstem Furor unter sinnloser Aufopferung der eigenen männlichen Jugend kämpften, blieb fast nichts, wie es war.

Bei den Damen schrumpften die Rocklängen und die Durchmesser der Hüte rasant, die Herren begannen sich wieder überwiegend zu rasieren oder ließen allenfalls einen Schnauzer stehen und es durfte maßvoll nackte Haut in der Öffentlichkeit gezeigt werden.

Im Automobilsektor gab es ebenfalls bedeutende Zäsuren, wenngleich viele deutsche Hersteller erst einmal die alten Modelle weiterbauten. Doch von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, waren nun elektrische Lichtanlagen und Anlasser der neue Standard.

Damit wurde es für Autobesitzer – speziell Frauen – deutlich attraktiver, den eigenen Wagen auch selbst zu steuern. Der noch vor dem Krieg meist unverzichtbare Chauffeur wurde allmählich zur Seltenheit, fand aber eine Nische zum Überleben noch einige Zeit bei Gutbetuchten, welche es schätzten, sich überhaupt nicht um das Auto mit seinen nach wie vor umfangreichen Wartungsanforderungen kümmern zu müssen.

Dieser Herr im Tourenwagen dürfte noch ein Vertreter der Chauffeur-Spezies gewesen sein – darauf deutet jedenfalls die Fahrermütze mit leider nicht genau erkennbarem Emblem hin:

Faun Tourenwagen, wohl Typ K1 6/22 PS; Originalfoto: Sammlung: Jürgen Klein

Dieses schöne Dokument verdanke ich in digitaler Form meinem Sammlerkollegen Jürgen Klein. Wir waren uns einig, dass es sich bei dem abgebildeten Wagen um einen „Faun“ des gleichnamigen Nürnberger Nutzfahrzeugherstellers handeln muss.

Dass dieser „Faun“ einer der ersten seiner Art gewesen sein muss, das verrät schon der leicht spitz zulaufende Kühler, denn spätere Exemplare besaßen (wohl ab 1925) einen Flachkühler.

Zu Vergleichszwecken darf ich hier auf einen anhand des Kühleremblems eindeutig als Faun 6/24 PS ab 1924 identifizierten Wagen verweisen, wenngleich dieser einen anderen Aufbau besitzt, was uns aber nicht stören soll:

Faun Typ K2 6/24 PS von 1924; Originalfoto: Sammlung Jason Palmer (Australien)

Diese von einem geschätzten Leser aus Australien beigesteuerte Aufnahme habe ich hier ausführlich besprochen. Entscheidend ist die Übereinstimmung der Kühlerpartie mit dem typischen Markenemblem der Faun-Werke (schräg auf der „Nase“ angebracht).

Doch an der Frontpartie zeigt sich eine wesentliche Abweichung von allen mir bisher begegneten „Faun“-Automobilen (ich habe bereits eine kleine Galerie bilden können).

Anstelle der üblichen vier kleinen und eng beieinander liegenden Luftschlitze in der Haube sieht man hier deren fünf mit deutlich größerem Abstand:

Ins Auge fallen hier auch die komplett glänzenden Scheinwerfer – ob noch in Messing oder schon vernickelt, lässt sich nicht sagen. Bei den übrigen mir vorliegenden Faun-Dokumenten ist das Scheinwerfergehäuse lackiert und nur der vordere Ring in blankem Blech ausgeführt.

Da ich an der Identifikation des Wagens als Faun der frühen 1920er Jahre keinen Zweifel hege, ergeben sich aus meiner Sicht zwei Möglichkeiten:

Entweder wir haben es mit einem individuell aufgebauten Exemplar des ab 1924 gebauten Typs K2 6/24 PS zu tun – dann wäre dies das erste seiner Art – oder Jürgen Klein hat eine Aufnahme des sagenumwobenen Vorgängers K1 6/22 PS aufgetan.

Laut Literatur (Werner Oswald: Deutsche Autos 1920-1945) wurde der 1921 vorgestellte Faun K1 6/22 PS nämlich „wenn überhaupt, nur in geringer Stückzahl gebaut“.

Nach meiner Erfahrung verbergen sich hinter solchen Mutmaßungen oft genug schlicht Wissenslücken der Autoren. Inzwischen liegen uns viel mehr zeitgenössische Aufnahmen von Vorkriegswagen deutscher Nischenhersteller vor als noch den Altmeistern W. Oswald, H. von Fersen oder auch H. Schrader.

Angesichts der Fülle von Hinterhoffabrikanten, die Anfang der 1920er Jahre von der Sonderkonjunktur am deutschen Automarkt im Umfeld zunehmender Währungsentwertung profitieren wollten, wäre es verwunderlich, wenn ein etablierter Betrieb wie Faun damals keine nennenswerte Serienfabrikation seines Typs K1 6/22 PS zustandegebracht hätte.

Von daher bin ich geneigt, in dem Faun-Tourer auf dem Foto von Jürgen Klein ein solches frühes Exemplar zu sehen – das dann nach meiner Wahrnehmung das erste seiner Art wäre, das hiermit breit zugänglich gemacht würde.

Wie immer in solchen Fällen, in denen ich mich auf Indizien stütze und solche Hypothesen aufstelle, sind die oft fachlich Versierteren unter meinen Lesern aufgerufen, ihre Meinung kundzutun – auch gerade dann, wenn sie völlig von der meinen abweicht.

Ich fungiere mit meinem Blog ja selbst weniger als Fachmann, denn als Stichwortgeber, Fragensteller und bisweilen auch Provokateur – denn nur im ganz offenen Diskurs kommen wir weiter, was solche Fragen angeht.

Wohliges Konsensgedudel ist nicht, worauf ich abziele. Tatsächlich war auch die altrömische Gottheit Faunus eine durchaus schillernde Figur mit vielen Seiten, die sich zudem im Volksglauben über die Zeit weiterentwickelten.

Eines kann ich aber jetzt schon sagen: Selbst wenn dieser Faun nicht der erste seiner Art gewesen sein sollte, ist er ganz gewiss nicht der letzte dieser Spezies – denn es finden sich doch immer wieder neue Ansichten dieses bemerkenswerten Phänomens…

Michael Schlenger, 2023. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.   

Lehrstück für hoffnungslose Fälle: Faun 6/24 PS Tourer

In der Vorkriegszeit gab es viele tausend Automarken, vor allem in Frankreich, England und den USA – weniger im deutschsprachigen Raum. Doch auch hierzulande existierte eine große Zahl an Nischenherstellern, denen meist ein kurzes Dasein beschieden war.

Diese Kleinserienfahrzeuge haben naturgemäß nicht allzuviele Spuren hinterlassen und leider sind die meisten Marken der dritten und vierten Reihe bis heute nicht aufgearbeitet.

Mangels Literatur ist man als engagierter Laie – als solchen betrachte ich mich in Abgrenzung zu den „echten“ Automobilhistorikern – häufig genug auf die eigene Intuition und vor allem Erfahrung angewiesen, wenn es um die Identifikation eines Exoten geht.

Ein Beispiel dafür möchte ich heute anhand eines Fotos aus meiner Sammlung vorstellen und dabei Hinweise geben, wie man selbst vermeintlich hoffnungslosen Fällen bisweilen auf die Spur kommt.

Als Anschauungsmaterial dient dabei diese Aufnahme eines auf den ersten Blick völlig beliebigen Tourenwagens:

Faun Typ K2 6/24 PS Tourer; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Versetzen wir uns in die Perspektive eines Novizen auf dem Gebiet der Identifikation historischer PKW.

Vermutlich wird jeder noch so unbeleckte Zeitgenosse dieses Gefährt irgendwo in der Vorkriegszeit verorten. Man kennt ja noch die Aufnahmen der ersten Autos von Eltern und ggf. Großeltern – die sahen allesamt anders aus.

Das Hauptmerkmal dieser Andersartigkeit ist die Gestaltung der Kotflügel. Sind sie noch vom eigentlichen Karosseriekörper losgelöst und ist ein belastbares echtes Trittbrett vorhanden, dann hat man es sicher mit einer Vorkriegskonstruktion zu tun.

Einen wichtigen Datierungshinweis liefert dann bei Vorkriegsautos das Vorhandensein von Vorderradbremsen. Natürlich gab es die bei einigen Premiumwagen schon kurz nach dem 1. Weltkrieg, doch allgemein lässt sich sagen, dass sie erst ab 1925 Standard wurden.

Demnach dürfen wir den Tourer auf dem eingangs gezeigten Foto sicher in der Zeit vor Mitte der 1920er Jahre verorten – denn am Vorderrad sind keine Bremstrommeln zu sehen:

Übrigens ist auch der gerade – nicht der Radform folgende Verlauf des Vorderkotflügels typisch für eher frühere Automobile.

Das nächste bei der Datierung hilfreiche Element ist hier leider nicht sichtbar – gemeint sind die Frontscheinwerfer. Allgemein wurden an Neuwagen nach dem 1. Weltkrieg keine Gasscheinwerfer mehr montiert – es gab Ausnahmen nur in der Kleinstwagenklasse.

Zumindest optional finden sich elektrische Scheinwerfer bei deutschen Fabrikaten ab 1913. weshalb dieses Detail oft bei der zeitlichen Einordnung hilft. Doch ersatzweise können wir uns auf ein anderes Element stützen – die Linie von Motorhaube und dem dahinterliegenden Windlauf, also dem Blech direkt vor der Windschutzscheibe.

Ebenfalls erst ab 1913/14 begannen diese beiden Bauteile einen waagerechten Verlauf anzunehmen wie bei dem Wagen auf dem heute vorgestellten Foto.

Damit wären wir bei einer gut 10-jährigen Spanne, innerhalb dieser Wagen aus rein formaler Sicht hätte entstanden sein können. Das ist für damalige Verhältnisse, als eine Autogeneration nur rund fünf Jahre umfasste, natürlich entschieden zuviel.

Bevor wir nach weiteren Hinweisen Ausschau halten, prägen Sie sich bitte ein scheinbar unwesentliches Detail auf dem zuletzt gezeigten Bildausschnitt ein – die vier kleinen Luftschlitze in der Motorhaube und die dahinter im Windlauf etwas höher angebrachte Klappe, welche der Belüftung des Innenraums diente.

Jetzt schauen wir, ob uns das Foto mehr über die Entstehungszeit dieses Tourers verrät. Tatsächlich werden wir fündig, und zwar in Gestalt des Fahrers:

Die sportliche Schiebermütze werte ich als modischen Hinweis auf die 1920er Jahre.

Auch das Fehlen von Schnurrbärten bei Männern jüngeren bis mittleren Alters ist nach meiner Erfahrung ein Indiz dafür, dass man es mit einer Aufnahme aus der Zeit nach dem 1. Weltkrieg zu tun hat.

Somit würde ich die Situation und tendenziell auch das Auto irgendwo in der ersten Hälfte der 1920er Jahre verorten.

Um auf Grundlage dieser These den Wagen genau ansprechen zu können, bedarf es eines großen Fundus an Automobilfotos jener Zeit. Ich empfehle ganz unbescheiden die Markengalerien in meinem Blog – denn mehr solcher Dokumente findet man sinnvoll geordnet schwerlich so einfach und kostenlos.

Warum auf ein solches Online-Museum mit Schwerpunkt auf dem deutschsprachigen Raum sonst keiner gekommen ist, weiß ich nicht. Vielleicht ist es die „German Angst“ vor dem Nicht-Fertig-Werden, welche unser Land auch sonst zunehmend lähmt und international (verdientermaßen) der Lächerlichkeit preisgibt.

Die Mühe der eigenen Recherche in meinem Fundus erspare ich Ihnen diesmal und präsentiere Ihnen die relevanten Vergleichsstücke selbst. Hier haben wir einen sehr ähnlichen Tourer, wie ihn die Nürnberger Faun-Werke um 1925 bauten:

Faun Typ K2 6/24 PS; Originalreklame von 1925 aus Sammlung Michael Schlenger

Von den Drahtspeichenrädern und der anders gestalteten Tür abgesehen ist das doch ein ziemlich ähnliches Fahrzeug, oder?

Vor allem die Motorhaube mit den vier kleinen Luftschlitzen ist ein starkes Indiz, dafür dass wir es mit einem solchen Faun Typ K2 6/24 PS zu tun haben.

Weiteren Auschluss liefert die folgende Aufnahme eines solchen Faun von ca. anno 1925 in Form der ansatzweise erkennbaren Luftklappe hinter der Motorhaube:

Faun 6/24 PS Limousine; Originlfoto: Sammlung Jason Palmer (Australien)

Der leicht spitz zulaufende Kühler ist hier ein Hinweis auf die frühe Ausführung des wohl erst ab 1924 in Serie gebauten Faun 6/24 PS.

Ab 1925 scheint man zu dem dann gängigen Flachkühler übergegangen zu sein.

Diesen sehen wir auf einer weiteren Aufnahme in Kombination mit Stahlspeichenrädern genau in der Gestaltungsweise wie bei dem Wagen auf dem heutigen Rätselfoto:

Faun Typ K2 6/24 PS von 1925; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Hier „passt“ nun auf einmal auch die Form der Tür – die mittig gepfeilte, schrägstehende Frontscheibe scheint ebenfalls identisch zu sein.

Nach Lage der Dinge dürfte es sich beim eingangs gezeigten Tourenwagen um einen Faun des Typs K2 6/24 PS von 1924/25 gehandelt haben. Weiter wird sich die Identität des Autos nicht eingrenzen lassen, doch genauer ist das bei einem „Faun“ auch kaum zu erwarten.

Diese Kleinserienautos konnten sich auch bei gleichem Baujahr im Detail erheblich unterscheiden, da sie in Manufaktur entstanden und der Hersteller selbst selten die komplette Karosserie fertigte.

So erweist sich am Ende ein scheinbar hoffnungsloser Fall von Autofoto doch zumindest als geeignetes Lehrstück für den gelehrigen Schüler im Fach der frühen Fahrzeugkunde.

Damit verknüpfe ich die Hoffnung, dass mancher Sammlerkollege in seinem Fundus doch noch das eine oder andere Faun-Erfolgserlebnis hat und es mit uns teilt…

Michael Schlenger, 2023. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

Jetzt auch als Aufsatz-Limousine: Faun 6/24 PS

Damit wir uns recht verstehen: In meinem automobilen Kosmos haben nicht nur Vorkriegsautos ihren Platz. Gerade für klassische Autos der 1960-80er Wagen konnte ich ich mich schon immer erwärmen, hauptsächlich für Engländer und Italiener. Ein paar Exoten in der Richtung besitze ich auch, wenn auch keine Preziosen.

Deutschen Nachkriegsfabrikaten konnte und kann ich weniger abgewinnen. Porsche-Konstruktionen interessieren mich gar nicht, von meinem einstigen Alltagskäfer abgesehen. Bei BMW lasse ich von jeher nur den 3.0 CS gelten, dem jede teutonische Schwere fehlt, in Sachen Daimler weckte schon zu Schulzeiten nur das W111 Coupé Leidenschaften.

Opel und Ford bauten in den 70ern ganz nette Coupés, aber nichts geht über deren bärenstarke US-Vorbilder, die es nur selten über den großen Teich schafften.

Bei deutschen Vorkriegsfabrikaten sieht die Sache schon anders aus. In meinem geistigen Museum würde es diesbezüglich rasch eng werden: Audi 225 Spezial-Cabrio, BMW 327 Cabriolet, Dürkopp P12 Tourer, Hanomag Sturm Roadster, Hansa 1700 Coupé, Horch 930V Roadster, NAG C4 Monza, Simson Supra, Steiger 12/70 PS, Stoewer D12 Sport-Tourer…

Eine eigene Halle wäre daneben für die echten Exoten vonnöten, die im Deutschland der frühen 1920er Jahre eine Sonderkonjunktur erlebten. Dutzende kurzlebige Fabrikate dürfte es im Kleinwagensektor gegeben haben.

Daneben gab es auch einige Versuche etablierter Maschinen- und Fahrzeugbauer, am Automarkt mitzumischen. Dazu zählten neben den interessanten bis aufregenden Sportwagen von Mannesmann insbesondere die PKWs der Nürnberger Marke Faun.

Ein Exemplar des von 1924-26 gebauten Typs 6/24 PS mit OHC-Ventilsteuerung habe ich hier vor einiger Zeit anhand eines raren Fotos vorgestellt. Dieses Modell hat ansonsten eher in Form von Prospektabbildungen überlebt wie der folgenden:

Faun 6/24 PS Tourenwagen, Prospektabbildung von 1925 (Sammlung Michael Schlenger)

In Sachen „Faun“-Automobile tat sich danach eine ganze Weile nichts in meinem Fundus. Von diesen Wagen sind vermutlich nur wenige hundert Exemplare entstanden, ansonsten hätte mir erfahrungsgemäß irgendwann wieder ein entsprechendes Foto begegnen müssen.

Das Einzige, was ich zwischenzeitlich auftreiben konnte, war die Abbildung des Motors des 6/24 PS Typs im „Handbuch vom Automobil“, verfasst von Joachim Fischer im Jahr 1927. Dort finden sich auffallend viele Abbildungen deutscher Nischenfabrikate, darunter Bilder vom legendären Sportwagen von Vorster & Stolle!

Jedenfalls sehen wir hier den im Faun 6/24 PS verbauten 1,4 Liter-Motor nebst Schaltgetriebe und sonstigen Aggregaten:

Faun 6/24 PS-Motor; Abbildung aus: Handbuch vom Automobil, Joachim Fischer, 1927; Original: Sammlung Michael Schlenger)

Als ich kürzlich darauf stieß, erinnerte ich mich an eine weitere zeitgenössische Prospektabbildung, die einen Faun dieses 6/24 PS-Typs mit sogenannter Aufsatz-Karosserie zeigt.

Dabei handelt es sich um eine Konstruktion, mit der sich aus einem Tourenwagen eine vollwertige Limousine machen ließ – ein Konzept, das Mitte der 1920er Jahre schon einigermaßen exotisch gewesen sein dürfte.

Jedenfalls tragen solche Sachen – neben der überwältigenden Markenvielfalt – für mich ganz wesentlich zum Reiz von Vorkriegsautos bei, denn so etwas gab es später nie wieder:

Faun 6/24 PS Aufsatz-Limousine, Prospektabbildung von 1925 (Sammlung Michael Schlenger)

Stünde es nicht ausdrücklich dabei, würde man hier kaum auf die Idee kommen, dass sich aus dieser Limousine durch Abheben des Oberteils ein offener Tourenwagen zaubern ließ.

Jaja, mag jetzt einer sagen, in Prospekten gab es alles Mögliche. Oft genug wurde dort abgedruckt, was man gern produziert hätte.

In der Tat weiß man von vielen Fabrikaten nur, weil eine Reklame oder eben eine Verkaufsbroschüre die Zeiten überdauert hat. Jedoch findet sich in der Neuauflage von Werner Oswalds Klassiker „Deutsche Autos 1920-1945“ auf S. 160 eine Ausführung des Faun 6/24 PS auch als Aufsatz-Limousine.

Mein Ehrgeiz ist es, solche raren Fahrzeuge anhand weiterer zeitgenössischer Fotografien zu dokumentieren. Dabei hat es sich bewährt, im Netz präsent und aktiv zu sein. So verwalte ich neben diesem Blog ein internationales Vorkriegsforum auf der „Facebook“-Plattform, die über 1.000 Mitglieder aus aller Welt umfasst.

Deutsche sind dort übrigens trotz des Schwerpunkts auf heimischen Fabrikaten bei weitem in der Minderzahl; „German Angst“ scheint auch hier ein Hemmnis zu sein, Technologie einfach intelligent zu nutzen, anstatt endlos über Risiken zu lamentieren.

Ich habe dort schon Problemfälle, die ich seit Jahren mit mir herumschleppe, binnen einer Stunde gelöst bekommen. Außerdem gelange ich über die von mir individuell freigeschalteten Mitglieder immer wieder an außergewöhnliche Dokumente.

IIlustrieren kann ich das heute anhand eines Fotos, das mir Jason Palmer aus Australien in digitaler Kopie zur Verfügung gestellt hat. Wie viele seiner Landsleute begeistert er sich für europäische Vorkriegswagen, fährt selbst welche und sammelt zugehörige Materialien.

Dem Kontakt mit ihm habe ich das hier zu verdanken:

Faun 6/24 PS Aufsatz-Limousine; Originalfoto: Sammlung Jason Palmer (Australien)

Die Übereinstimmung mit der Faun 6/24 PS Aufsatz-Limouisine auf der Prospektabbildung ist auf den ersten Blick fast vollkommen, nur die auf dem Foto abgedeckten Drahtspeichenräder weichen ab, oder?

Nun, bei aller Begeisterung setzt sich rasch wieder eine nüchterne Betrachtungsweise durch. Die Ansprache als Faun 6/24 PS mit Aufsatzkarosserie steht für mich außer Frage.

Doch fällt auf, dass der Wagen auf Jason Palmer Fotos eine deutlich größere Bodenfreiheit aufweist und zugleich der Abstand der Kotflügel zu den Reifen kleiner ist. Das könnte auf eine andere Refendimension hindeuten.

Möglich ist aber auch, dass man bei diesem Exemplar die Schwellerpartie zwischen Rahmen und Trittbrett nicht so hoch ausgeführt hat wie bei dem Wagen im Prospekt.

Dies hatte offenbar zur Folge, dass aus dieser Perspektive auch die rahmenartige Struktur zutagetritt, die sich am Unterboden mittig befand, deren Zweck mir nicht ganz klar ist. Ideen dazu sind willkommen (bitte die Kommentarfunktion nutzen).

Der eigentliche Aufbau stimmt hingegen vollkommen mit der Prospektabbildung überein. Besonders schön ist, dass wir hier die Frontpartie im Detail studieren können:

Dieser Ausschnitt eignet sich dazu, sich die Gestaltung des Kühlers einzuprägen, um eventuell weitere solcher Faun-Automobile identifizieren zu können.

Irgendwann während der kurzen Bauzeit scheint ein Flachkühler eingeführt worden zu sein, wobei der genaue Zeitpunkt noch offen ist. Vielleicht findet sich ja eine weitere Aufnahme, welche diesbezüglich Aufschluss gibt.

Ein solcher Flachkühler-Faun muss übrigens in der Nachkriegszeit noch existiert haben, jedenfalls findet sich im Netz diese Aufnahme:

Faun 6/24 PS (oder früher Typ K3 6/30 PS); Quelle: http://www.autopuzzles.com

Hier sehen wir zudem Stahlspeichenräder mit fünf statt vier Radbolzen, allerdings nach wie vor noch keine Vorderradbremsen, die wohl erst 1926 Standard wurden. Demnach hätte der Übergang zum Flachkühler wohl 1925 stattgefunden.

Wer etwas über dieses spezielle Fahrzeug weiß, dass in den 1960er Jahren aufgenommen wurde, möge das bitte über die Kommentarfunktion kundtun. Unterdessen will ich den bislang noch in der Exoten-Kategorie beheimateten Faun-Automobilen eine eigene Galerie gönnen, es scheint da doch noch einiges mehr zu geben…

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Zufälle gibt’s: „Faun“ Typ K3 6/30 PS Tourer

Nach meiner Erfahrung verdanken wir die besten Dinge im Dasein nicht gezielter Planung des Lebenswegs oder streng systematischem Vorgehen. Sicher, beides kann bei Entscheidungen über Ausbildung, Beruf oder Lebensmittelpunkt helfen.

Doch schon bei der Partnerwahl sind wir von Natur aus dem willkürlichen Walten der Götter unterworfen, die Ergebnisse fallen entsprechend aus: mal so, mal so. Wer beim einem „mal so“ danebengreift, ist gut beraten, sich baldmöglichst wieder dem Glücksspiel auszusetzen, vielleicht gelingt ja dann das andere „mal so“, von dem man nie mehr lassen will.

Ich jedenfalls habe mit Kamerad Zufall gute Erfahrung gemacht – in vielerlei Hinsicht, auch in punkto Berufstätigkeit. Ein weiteres Feld, in denen sich der Zufall als mein bester Freund erwiesen hat, ist die Beschäftigung mit Vorkriegsautos auf alten Fotos.

Die besten Sachen auf diesem Sektor findet man nicht, indem man danach sucht, sondern indem man ihnen Gelegenheit gibt, sich selbst zu offenbaren. Das passiert auf wunderbare Weise immer wieder – heute präsentiere ich ein weiteres Beispiel dafür.

Vor drei Jahren spielte mir der Zufall die Aufnahme eines Wagens zu, der zu den großen Unbekannten der deutschen Automobilproduktion der 1920er Jahre zählt. Groß deshalb, weil die PKW-Produktion der Nürnberger Faun-Werke alles andere als ein Geheimnis ist, unbekannt deshalb, weil es mit entsprechenden Bilddokumenten nicht weit her ist.

Das sieht man schon daran, dass mein folgender Fotofund mit der prominenten Aufnahme in die Neuauflage des „Oswald“ (Deutsche Autos 1920-1945, Motorbuchverlag, 2019) geadelt wurde:

Faun Typ K2 6/24 PS Tourer; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Offenbar hatten auch die weit erfahreneren und viel länger als ich aktiven Vorkriegsspezialisten hierzulande nichts Vergleichbares in petto. Nach drei Jahren kann ich nun nachlegen, und wiederum nur, weil ich mich ganz auf den Zufall verlassen habe.

Dieser spielt einem mitunter merkwürdige Streiche und solche Sachen zählen für mich zu den schönen Seiten am Leben. So kam mir einiges auf dem neu aufgetauchten Foto eines Faun-Tourenwagens ausgesprochen bekannt vor.

Da hatte doch tatsächlich jemand vor über 90 Jahren sein Auto in einer ganz ähnlichen Umgebung abgelichtet wie der, in der seit einigen Jahren mein 1933er LaLicorne L760 einer behutsamen Aufarbeitung entgegenschlummert:

LaLicorne L760 von 1933; Bildrechte: Michael Schlenger

Prägen Sie sich die Deckenkonstruktion ein – flache Ziegelsteingewölbe, die von Doppel-T-Trägern gestützt werden – außerdem den rustikalen weißen Putz sowie ein altes „Presto“-Fahrrad links im Hintergrund.

Das zugemauerte Fenster im Hintergrund ignorieren Sie bitte ebenso wie den Abdruck einer leider unrettbar vom Holzwurm angenagten alten Stiege an der Rückwand, die einer modernen Dachbodentür gewichen ist.

Wer sich für das Auto interessiert: Das ist einer von genau 2.000 gebauten Licorne dieses Typs – die traditionsreiche Marke fiel leider der sozialistisch inspirierten zentralen Planwirtschaft im Frankreich in der frühen Nachkriegszeit zum Opfer.

Der Wagen ist komplett original, besitzt also den Erstlack und die unberührte Innenausstattung, der Holzrahmen ist einwandfrei erhalten und nach einer technischen Überholung könnte das Auto sofort wieder einsatzfähig sein.

Um 1950 landete das Auto in einer französischen Privatsammlung, wo es die Jahrzehnte überdauerte, selbst die Michelin-Reifen aus jener Zeit halten immer noch die Luft.

Zurück zum Thema. Haben Sie noch parat, was Sie sich auf meiner heute abend angefertigten Aufnahme merken sollten? Nun, gleich werden Sie einiges wiedererkennen:

Faun Typ K 6/30 PS Tourenwagen; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Da ist sie wieder – die markante Deckenkonstruktion mit flachem Ziegelgewölbe unterstützt von einem Stahlträger, der ganze Raum weiß verputzt. Auch die Zweiräder am linken Bildrand „passen“.

Dem zugemauerten Fenster in meiner Halle entspricht – großzügig interpretiert – das auf einem Bord abgestellte seitliche Steckfenster, das zu diesem klassischen Tourenwagen mit Zulassung in Mittelfranken gehörte und bei schönem Wetter an seinem Platz blieb.

Ein hübscher Zufall, finden Sie nicht auch? Damit enden aber auch schon die Gemeinsamkeiten, wenngleich uns der Zufall weiterhin hold bleibt, denn der abgebildete Wagen ist eindeutig ein weiteres Exemplar des raren Faun-Tourers der 1920er Jahre.

Werfen wir einen genaueren Blick darauf, denn er weist einige wesentliche Unterschiede zu dem eingangs gezeigten Typ K2 6/24 PS auf, der von 1924-26 gebaut wurde:

Faun Typ K 3 6/30 PS Tourer; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Der Kühler scheint identisch zu sein, auch die Position der Scheinwerfer wirkt ähnlich.

Doch scheinen die Vorderkotflügel nun stärker der Radform zu folgen und die zuvor modische vertikal geteilte und leicht geneigte Frontscheibe ist einer horizontal unterteilten und senkrecht stehenden gewichen.

Auf der Innenseite des in Fahrtrichtung rechten Vorderrads erkennt man eine große Bremstrommel. Das Modell K2 6/24 PS erhielt diese erst ab 1926, als auch bereits der Nachfolgetyp K3 6/30 PS erschien.

Nach der Lage der Dinge sehen wir hier wahrscheinlich ein Exemplar dieser späten Ausführung des Faun-Tourenwagens, dessen Produktion 1928 endete.

Wie die schwächere 6/24 PS-Ausführung besaß dieser eine im Zylinderkopf rotierende Nockenwelle, die über eine Königswelle angetrieben wurde. Diesen bemerkenswerten Aufwand trieb man wohl nur, weil man es konnte.

In der zweiten Hälfte der 1920er Jahre war mit 30 PS – aufwendiger Ventiltrieb hin oder her – kaum noch Staat zu machen, da bot jeder billige US-Importwagen mehr. Umso schöner, dass zumindest ein Exemplar des Faun Typ K 3 6/30 PS zumindest in Bildform überlebt hat – und das noch in so vertraut anmutendem Ambiente.

Jetzt muss ich glatt noch einmal in der Halle nachschauen, ob dort nicht dort plötzlich ein deutscher Faun statt eines französischen LaLicorne steht – denn: Zufälle gibt’s…

Michael Schlenger, 2022. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

Fund des Monats: Ein Faun Typ K2 6/24 PS von 1925

FAUN – das weckt sicher ganz unterschiedliche Assoziationen.

Die einen denken an den altrömischen Hirtengott Faunus (griechisch: Pan) oder das gleichnamige Mischwesen aus Mensch und Ziegenbock (griechisch: Satyr).

Wer weniger in antiker Mythologie, dafür aber im historischen deutschen Fahrzeugbau bewandert ist, wird sich eher an die Nutzfahrzeuge der Fahrzeugfabriken Ansbach und Nürnberg AG – kurz: FAUN – erinnern.

Bloß mit Personenwagen werden wohl die allerwenigsten diesen traditionsreichen Namen verknüpfen. Dabei hat es genau das einst gegeben – angeblich sind unter dem Markenamen Faun rund 1.500 PKW entstanden.

Solche runden Zahlen sind mir bei obskuren Vorkriegsmarken suspekt – meist dürften sie aus der Luft gegriffen sein oder es wird einfach weitererzählt, was irgendwann ein sogenannter Experte in die Welt gesetzt hat.

Die Evidenz für die ab 1921 gebauten Autos der Faun-Werke AG ist äußerst dürftig. Die mir zugängliche Literatur liefert ganze drei Fotos und zwei Prospektabbildungen.

Wie dünn die Überlieferung ist, erkennt man auch daran, dass nicht einmal Einigkeit dahingehend herrscht, wann die Produktion endete:

  • Nick Georganos „Complete Encyclopedia of Motorcars“ schlägt 1927 vor,
  • Werner Oswald plädiert in „Deutsche Autos 1920-45“ für 1928,
  • Hans-Heinrich von Fersen nennt in „Autos in Deutschland 1920-39“ in seinem Beitrag zu Faun-PKW gleich zwei Enddaten: 1927 und 1929

Dieser kuriose Befund ist typisch für die in weiten Teilen veraltete, unvollständige und widersprüchliche markenübergreifende Literatur zu deutschen Herstellern.

Da ich kein Automobilhistoriker mit Zugang zu besonderen Quellen oder Spezialisten bin, sondern mich bestenfalls als Amateurforscher verstehe, kann ich zwar nicht viel mehr bieten.

Doch immerhin kann ich mit dem folgenden Foto ein weiteres Puzzlestück zur Dokumentation der einstigen PKW-Produktion von Faun beitragen:

Faun Typ K2 6/24 PS von 1925; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

So scharf und kontrastreich diese Aufnahme auch ist, lässt sie auf den ersten Blick kaum Spezifisches erkennen.

Der Flachkühler erinnert von der Form zwar an italienische Modelle um die Mitte der 1920er Jahre. Der Aufbau ist jedoch von einer formalen Schlichtheit geprägt, die vielen deutschen Wagen jener Zeit zueigen war – das gilt speziell für den hinteren Teil.

Bei näherem Hinsehen lassen sich dann aber doch einige Details erkennen, die diesem Tourenwagen einen Hauch von Sportlichkeit geben, der ihn von zeitgenössischen Konkurrenten wie dem Adler 6/25 PS abhebt:

Zu nennen wären folgende Eigenheiten:

  • die glattflächige Verkleidung zwischen den beiden vorderen Rahmenauslegern (ähnlich wie beim Presto Typ D 9/30 PS),
  • die schräggestellte, leicht v-förmige Frontscheibe,
  • die weit nach hinten ausschwingenden, nicht der Radform folgenden Vorderschutzbleche

Ein weiteres überraschendes Detail ist die seilzugbetätigte Klappe hinter dem Auspuffkrümmer – damit ließ sich außerhalb von Ortschaften ein kernigerer Auspuffklang gepaart mit mit etwas besserem Durchzug genießen.

Es überrascht ein wenig, so etwas an einem zunächst unauffällig daherkommenden Tourenwagen zu finden. Ich komme noch darauf zurück.

Zunächst noch einige Worte zur Identifikation des Autos als Produkt der Faun-Werke. Diese war nur möglich, da ich im Netz an anderer Stelle auf das Emblem der Marke gestoßen war, das mit dem auf meinem Foto identisch war:

Auf dem Originalabzug erkennt man auf dem Kühleremblem in der oberen Hälfte vier Buchstaben – wenn auch nicht leserlich. Wichtiger war das darunter befindliche grob dreieckige Element.

Dabei handelt es sich um den stilisierten Kopf eines Fauns – des eingangs erwähnten Fabelwesens. Ein Abgleich mit den ganz wenigen im Netz verfügbaren Fotos von Faun-PKWs lieferte dann die Bestätigung.

Doch um welchen Typ und welches Baujahr handelt es sich genau? Nun, hier half die Literatur in Verbindung mit einigen Prospektabbildungen:

Faun Typ K2 6/24 PS; Abbildung aus Faksimile-Prospekt (Archiv-Verlag) aus Sammlung Michael Schlenger

Hier haben wir einen Faun Tourenwagen des ab 1924 gebauten Typs K2 6/24 PS. Nebenbei: Der 1921 vorgestellte Vorgängertyp K1 6/22 PS wurde entweder gar nicht oder nur in sehr geringer Stückzahl gebaut. Auch im Netz ist er bislang nicht greifbar.

Zwar ist obiger Prospekt auf 1925 datiert, doch besitzt der darin abgebildete Wagen noch einen moderaten Spitzkühler. Der Faun auf meinem Foto verfügt jedoch über einen Flachkühler, wie er sich im deutschen Sprachraum allgemein 1925 durchsetzte.

Ich vermute daher, dass der Prospekt noch den Typ K2 6/24 PS mit dem Kühler des Vorjahresmodells zeigt. Denkbar ist auch, dass der Übergang zum Flachkühler im Lauf des Jahres 1925 erfolgte.

Nun mag einer fragen: Wieso sollte der Faun auf meinem Foto nicht erst 1926 oder noch später gebaut worden sein?

Sofern die eingangs erwähnte, grundsätzlich kritisch zu sehende Literatur in diesem Punkt richtig liegt, erhielt der Faun Typ K2 6/24 im Jahr 1926 serienmäßige Vorderradbremsen – diese fehlen aber bei dem Wagen auf meinem Foto.

Übrigens waren Vierradbremsen auf Wunsch schon 1925 erhältlich und das ist angesichts der sportlichen Charakteristik des Faun K2 6/24 PS auch naheliegend.

Wer an dieser Stelle stutzt, weiß vermutlich nicht, dass die Faun-Werke ihrem einzigen PKW im Fahrzeugprogramm einen ganz feinen Motor verpassten, der sich mit ein paar Anpassungen sich zu einem sehr agilen Triebwerk modifizieren ließ.

So unglaublich es auch klingt: Das nur 1,4 Liter messende Vierzylinderaggregat besaß eine obenliegende Nockenwelle zur besonders akkuraten und drehzahlunempfindlichen Steuerung von Ein- und Auslassventilen.

Damit nicht genug – den Antrieb der Nockenwellen besorgte eine Königswelle! Das war an sich Rennsporttechnik und man fragt sich, welcher Techniker sich hier selbstverwirklicht hatte.

Vermutlich dachte man sich auch an der Unternehmensspitze, dass Faun ruhig zeigen kann, wozu man imstande war, da die Nischenproduktion eines solchen PKW von vornherein ein Verlustgeschäft werden musste.

Im Lauf des Jahres 1926 legte Faun nach und stellte den Nachfolgertyp K3 6/30 PS mit auf 1,6 Liter vergrößertem Motor vor:

Faun Typ K3 6/30 PS; Abbildung aus „Die Motorfahrzeuge“ von Paul Wolfram (1928), Originalausgabe aus Sammlung Michael Schlenger

Die hier zu sehende Limousine des Typs kostete unglaubliche 7.300 Reichsmark! Zum Vergleich:

  • gleichstarke Viertürer von Chevrolet und Ford kosteten nur 4.600 bzw. 4.300 Mark,
  • den Opel 7/34 PS mit Sechszylinder gab es als Limousine für 4.900 Mark und
  • selbst der weit stärkere Brennabor Typ AK10/45 PS war mit 6.250 Mark billiger.

Angesichts dieser auf dem Papier aussichtslosen Konkurrenzsituation müssen die  Faun-Personenwagen irgendeine Besonderheit aufgewiesen haben, die sich nur im Betrieb bemerkbar machte.

Dafür kommt eigentlich nur die Motorencharakteristik in Frage, die sportlich veranlagte Fahrer angesprochen haben könnte. Immerhin gab es ja eine Werksportversion.

Es wäre daher interessant zu erfahren, ob das konstruktiv drehfreudig ausgelegte Triebwerk auch private Sportfahrer anzog.

Doch selbst wenn – eine gezielte Ausrichtung auf eine solche Klientel ist bei dem überlieferten Material schwer zu erkennen. Denn was nützt der schönste Sportmotor in Verbindung mit einer ab Werk angebotenen braven Karosserie wie dieser hier?

Faun Typ K2 6/24 PS; Abbildung aus Faksimile-Prospekt (Archiv-Verlag) aus Sammlung Michael Schlenger

Immerhin ließ sich ausweislich dieser Abbildung der Limousinenaufsatz abnehmen und der Wagen so in einen lupenreinen Tourenwagen verwandeln.

So hätte der Besitzer die Familie sonntags im geschlossenen Faun zur Kirche kutschieren können, um anschließend offen und ohne unnötigen Ballast eine Spritztour über Land zu unternehmen.

Doch selbst dann wäre der Preis für diesen Spaß exorbitant hoch gewesen. Mein Eindruck ist der, dass Faun es sich leisten konnte, eine solche PKW-Produktion ohne Strategie und Gewinnabsicht nebenher laufen zu lassen…

Wirtschaftlich war natürlich auch das unsinnig, doch die strenge ökonomische Rationalität der damals so erfolgreichen großen US-Autohersteller war hierzulande kaum bekannt oder wurde sogar geringgeschätzt.

Das deutsche Wesen neigt nun einmal zu einer romantischen Sicht und das erklärt aus meiner Sicht – zumindest zum Teil – die bis heute anhaltende Neigung hierzulande, nüchterne Realitäten des Daseins zu ignorieren.

© Michael Schlenger, 2019. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.