Fällt aus dem Rahmen: Dürkopp KD 8/15 PS von 1908

Wer sich für Vorkriegswagen begeistern kann, muss schon zwangsläufig auch ein Liebhaber des Exzentrischen sein – vor allem in der automobilen Frühzeit gab es unzählige Kreationen, die aus dem Rahmen fielen.

Das nehmen aber oft erst wir Nachgeborenen mit dem Abstand von Jahrzehnten wahr.

Denn was sich von den konkurrierenden Antriebskonzepten, Produktionsverfahren und Ausstattungsvarianten durchsetzen würde, war ja damals ebensowenig gewiss wie das heute ist – auch wenn die derzeit mal wieder im Aufwind befindlichen Planwirtschaftler es mit ihrer erträumten Elektro-Monokultur besser zu wissen meinen.

Doch manches fiel schon vor weit über 100 Jahren so aus dem Rahmen, dass es auch den damaligen Zeitgenossen aufgefallen sein und als kaum zukunftsfähig erschienen sein muss.

Ein hübsches Beispiel dafür findet sich auf der Aufnahme, die ich heute vorstellen darf. Ich verdanke sie meinem Leser und Sammlerkollegen Matthias Schmidt aus Dresden:

Dürkopp Coupé, vermutlich Typ KD 8/15 PS ab 1908; Originalfoto: Sammlung Matthias Schmidt (Dresden)

So fremdartig dieses Coupé auf den ersten Blick auch anmuten will, haben wir es doch mit einem vollkommen konventionellen Automobil zu tun – jedenfalls auf den ersten Blick.

In Anlehnung an die bis in die Antike zurückreichende Kutschbautradition saß hier der Wagenlenker noch außen vor dem Passagierabteil, das zwei Personen Platz bot.

Grundsätzlich lässt sich dieser Wagentyp als Coupé ansprechen, aber man könnte ihn aufgrund des am Heck niederlegbaren Verdecks ebenso als Landaulet bezeichnen.

Interessanter als solche Wortklaubereien ist freilich die Frage, um was für einen Wagen es sich überhaupt handelt – also wer der Hersteller war und welcher Typ zu sehen ist.

Ich muss gestehen, dass ich wohl nicht darauf gekommen wäre, fände sich nicht auf der Rückseite des Originalabzugs der Hinweis auf die Bielefelder Marke „Dürkopp“:

Jetzt galt es „nur“ noch Baujahr und Typ in Erfahrung zu bringen. Dem stand freilich die Tatsache entgegen, dass es keine umfassende Literatur zur Automobilfabrikation des für seine Nähmaschinen und Fahrräder bekannten Herstellers gibt.

Das ist schwer zu begreifen, gehörte Dürkopp doch zu den frühesten deutschen Autobauern (ab 1898) und fertigte bis 1927 ausgezeichnete Wagen, auch im gehobenen Segment, von denen sich jede Menge Dokumente erhalten haben.

Bloß bislang fand sich niemand, der eine zumindest vorläufige Dokumentation der Dürkopp-PKWs angehen würde – an mangelndem Material kann es nicht liegen.

So musste ich auf bald 60 Jahre alte Literatur zurückgreifen, um der Sache näherzukommen. Denn die wohl bislang umfassendste Abhandlung über die Dürkopp-Automobile (zumindest bis 1920) findet sich bei Altmeister Heinrich von Fersen in seinem immer noch unverzichtbaren Klassiker „Autos in Deutschland 1885-1920„.

Dort (in der 2. Auflage von 1968) entdeckte ich auf S. 176 einen Dürkopp, der zwar weit stärker motorisiert war – den ab 1908 gebauten Typ 25/50 PS. Doch auf der Abbildung waren Details zu sehen, die sich auch auf dem Foto von Matthias Schmidt finden:

Besonders ins Auge fällt die Inspektions- oder Wartungsklappe auf der Motorhaubenseite. Eine solche in identischer Form und Anordnung besaß auch erwähnter Dürkopp 25/50 PS.

Doch die sehr kurze Motorhaube und das Fehlen von Luftschlitzen in der Haube verraten uns, dass wir es auf keinen Fall mit einem so starken Reisewagen zu tun haben, der bis zum Erscheinen des 85 PS leistenden Typs D von 1910 das Spitzenmodell der Marke war.

Vielmehr gehe ich aufgrund der Proportionen davon aus, dass uns das ab 1908 ins Programm aufgenommene Kleinwagenmodell KD 8/15 PS ins Netz gegangen ist.

Der technischen Spezifikation nach fiel der Typ keineswegs aus dem Rahmen – Opel beispielsweise führte 1909 sein 8/16 PS-Modell ein, das eine ähnliche Klientel ansprach.

Was allerdings den mutmaßlichen Dürkopp 8/15 PS auf dem heute vorgestellten Foto außergewöhnlich macht, das ist auf dem folgenden Bildausschnitt zu sehen:

Hier folgt der Chassisrahmen dem unteren Türabschluss – offenbar um den Einstieg zu erleichtern.

Stolperten die Insassen beim Aussteigen, fielen sie also gewissermaßen „aus dem Rahmen“ und fanden dann hoffentlich wieder Halt auf dem Trittbrett oder spätestens auf dem Boden.

Mir ist eine solche Anpassung der Rahmenkonstruktion an die Bedürfnisse der Passagiere noch bei keinem anderen Wagen begegnet.

Wenn es das auch andernorts gab, werden Sie mir das schon mitteilen. Bloß bin ich sicher, dass es keine Idee war, die dauerhaft verfolgt wurde, denn damit muss ein erheblicher baulicher Zusatzaufwand speziell bei dieser Karosserieversion verbunden gewesen sein.

Bei einem Zweisitzer oder einem Tourer wäre dies verzichtbar gewesen und man fragt sich, ob dieser Wagen vielleicht sogar ein Einzelstück war. Viel mehr aus dem Rahmen fallen konnte man jedenfalls nicht als mit einer derartigen Konstruktion.

Gern lasse ich mich von sachkundiger Seite belehren, womit wir es hier zu tun haben und was dazu aus statischer Sicht zu sagen ist. Sollte ich völlig aus dem Rahmen fallen mit meiner Interpretation, muss ich das verkraften – von daher: keine falsche Rücksichtnahme!

Michael Schlenger, 2023. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

Magie des Augenblicks: Ein Dürkopp P8 8/24 PS

Die Geschichte deutscher Vorkriegswagen ist alles andere als ein abgeschlossenes Kapitel. Eigentlichh sollte man meinen, dass inzwischen längst alle bedeutenden Hersteller eine umfassende Würdigung in der gedruckten Literatur oder im Netz erfahren haben.

Weit gefehlt – die Lücken sind eklatant, und das sogar bei einst international renommierten Makren wie Adler aus Frankfurt am Main. Warum niemand die Herausforderung annimmt, verstehe ich nicht, zumal das Bild bei ausländischen Fabrikaten ganz anders aussieht.

Zudem erweist sich bei näherer Betrachtung, dass angebliche Nischenhersteller einst doch eine weit größere Präsenz entfalteten als gedacht. Die Automobile aus dem Bielefelder Dürkopp-Konzern sind so ein Fall.

Zwar lief die kurz vor 1900 begonnene Wagenproduktion eher nebenher, doch scheinen die Stückzahlen nach dem 1. Weltkrieg doch ein achtbares Niveau erreicht zu haben.

Anders kann ich mir es nicht erklären, dass mir inzwischen jede Menge zeitgenössischer Fotos dieser Autos mit dem markanten Spitzkühler aus der ersten Hälfte der 1920er Jahre vorliegen, nicht zuletzt dank befreundeter Sammler.

Dieses Exemplar kennen regelmäßige Blog-Leser sicher schon:

Dürkopp Typ P8 8/24 PS; aufgenommen 1924; Originalfoto: Sammlung Klaas Dierks

Diese reizvolle und technisch hervorragende Aufnahme aus dem Fundus von Leser Klaas Dierks soll uns heute als Referenz dienen, wenn wir uns anhand eines weiteren Exemplars desselben Typs der „Magie des Augenblicks“ widmen, welche diesen Zeugen innewohnt.

Sehr wahrscheinlich haben wir es mit dem häufig anzutreffenden Vierzylindertyp P8 8/24 PS zu tun, welcher ab 1919 gebaut wurde, bis er 1924 vom Nachfolger P8A 8/32 PS abgelöst wurde, der nicht nur deutlich stärker war, sondern nun auch Vorderradbremsen besaß.

Während der recht langen Produktionsdauer müssen sich einige Änderungen auch optischer Natur ergeben haben – so kann prinzipiell jeder auf solchen alten Fotos festgehaltener Augenblick wertvolle Hinweise liefern.

Halten wir zunächst einige Besonderheiten des oben gezeigten Dürkopp fest: Der Kühler ist in Wagenfarbe lackiert, die Motorhaube weist sieben seitliche Luftschlitze auf und die Gestaltung der Frontscheibe folgt noch Vorbildern aus der Zeit vor dem 1. Weltkrieg.

Ich würde diesen Dürkopp daher als eher frühen Vertreter des Typs P8 8/24 PS ansehen. Die späteren Versionen (hier evtl. schon mit Spezifikation P8A 8/32 PS) wirken weit moderner:

Dürkopp Typ P8A 8/32 PS, Bauzeit: 1924-27; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Auf dieser Aufnahme aus meiner Sammlung bemerkt man vor allem die neu gestalteten schmalen Luftschlitze, die andere Ausführung der Frontscheibe und die äußerst schlichte Ausführung des oberen Karosserieabschlusses, der beinahe unfertig wirkt.

Es liegt nahe, dass es in punkto Gestaltung etwas zwischen diesen beiden Dürkopp-Wagen mit dem 2,1 Liter-Vierzylinder gegeben haben muss. Doch dafür bedarf es der Magie des Augenblicks, in dem einst jemand etwas Derartiges fotografisch festgehalten hat.

Vor kurzem meinte Fortuna es dann gut mit mir dieser Hinsicht. Als ihr Sendbote fungierte Dr. Siegfried Roth aus Rüsselsheim, der mir ein Foto aus Familienbesitz in digitaler Form zusandte, von dem er wusste, dass es einst bei einem Ausflug in den Taunus entstand.

Er hatte auch bereits bemerkt, dass meine Dürkopp-Galerie bislang kein solches Modell enthielt und so bin ich ihm doppelt dankbar.

Und jetzt genießen Sie eine weitere Dürkopp-Spitzenaufnahme aus Idealperspektive in perfekter Belichtung und hervorragender Schärfe:

Dürkopp Typ P8 8/24 PS; Originalfoto: Sammlung Dr. Siegfried Roth (Rüsselsheim)

Großartig, nicht wahr? Fast meint man, der Situation selbst beizuwohnen, es fehlt bloß die Farbe darin.

Tja, das ist die Magie des Augenblicks – festgehalten von Könnerhand, sorgsam aufbewahrt über fast 100 Jahre und in unseren Tagen wieder ans Licht gebracht. Beinahe vergnügungssteuerpflichtig sind solche Sachen, und ich hoffe, Sie wissen es zu schätzen, dass hier kostenlos (für Sie) dergleichen Ausnahmefunde präsentiert werden.

Was ist nun so außergewöhnlich an diesem Dürkopp? Den Proportionen der Frontpartie nach zu urteilen, haben wir es wieder mit einem Vertreter des Vierzylindertyps P8 8/24 PS zu tun.

Aber: Eine solche leicht schrägstehende und leicht gepfeilte Windschutzscheibe habe ich noch nie an einem Dürkopp gesehen.

Kurioserweise finden sich die nur vier Luftschlitze ausgerechnet an deutlich früheren Exemplaren, wie sie in meinem Originalprospekt von Dürkopp von Anfang der 1920er Jahre abgebildet sind, hier aber noch mit der erwähnten archaisch anmutenden Frontscheibe:

Dürkopp Typ P8 8/24 PS, Bauzeit: 1924-27; Originalprospekt aus Sammlung Michael Schlenger

Was ist davon zu halten? Ich meine, dass wir es auf dem Foto, das uns Dr. Roth zur Verfügung gestellt hat, mit einem Dürkopp P8 zu tun haben, der ein Zwischenstadium repräsentiert.

Die am Heck stark nach innen gezogene Karosserie ist typisch für die frühen 20er Jahre, während die sportlicher gestaltete Windschutzscheibe eine Neuerung darstellen könnte, die auf eine schrittweise Weiterentwicklung während der Produktion hindeutet.

Auch die Blechabdeckung der vorderen Rahmenausleger findet sich so nicht bei frühen Exemplaren. Dergleichen Anpassungen ließen sich bei der reinen Manufakturproduktion natürlich leicht vornehmen, welche bei Dürkopp praktiziert wurde.

So sind wir hier wahrscheinlich Zeuge eines Augenblicks in der Evolution des Typs P8 8/24 PS auf dem Weg hin zu seinem Nachfolger P8A 8/32 PS.

Doch die im Titel erwähnte Magie des Augenblicks zeigt sich in einem ganz anderen Detail. Wer meinen Blog schon länger verfolgt, der weiß, dass mich die menschliche Komponente mindestens ebenso fasziniert wie der automobile Aspekt.

Und seien Sie ehrlich: Was könnte uns Menschen mehr fesseln als dieser Augenblick?

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Auf dem Weg ins Kloster: Ein Dürkopp von 1913

Der Gang ins Kloster war und ist für viele eine Entscheidung für’s Leben, eine ernstgemeinte Flucht aus der banalen Alltagswirklichkeit ohne Wiederkehr.

Man braucht kein gläubiger Christ zu sein, um dies zu respektieren. Denn der in einem geistlichen Orden zu findende Seelenfrieden wird durch Verzicht auf das meiste erkauft, was uns das Leben versüßt.

Mein Paderborner Großonkel Ferdinand war ein dem Leben zugewandter, heiterer und großzügiger Mensch. Was ich als Jugendlicher nicht verstand, war seine Leidenschaft für das fromme Leben der Franziskaner und Klarissen. Öfters in den 1960er und 70er Jahren war er ins umbrische Assisi gepilgert, wo beide Orden ihren Ursprung hatten, das wusste ich.

Heute reise ich selbst mehrere Male pro Jahr nach Umbrien, das grüne Herz Italiens, das mir ans Herz gewachsen und zur zweiten Heimat geworden ist. Ein Besuch in Assisi gehört jedesmal dazu und selbst wenn man sie x-mal gesehen hat, sind die Stätten des Wirkens des Heiligen Franz ergreifend, auch wenn man der Amtskirche längst den Rücken gekehrt hat.

Basilica di San Franceso, Assisi (Umbrien), November 2022

Vermutlich ist ein altes Kloster für die meisten mehr als ein bloßer Ausflugsort, auch wenn sie vielleicht „nur“ wegen eines Konzerts oder zur erbaulichen Gestaltung des Wochenendes dorthin fahren.

Man spürt dort etwas vom Sehnen des Menschen nach etwas, das über ihn selbst und seinen Alltag hinausgeht – so unbestimmt es auch sein mag.

Auch unser heutiger Fotoausflug zu einem alten Kloster erschöpft sich nicht in der Bewunderung der meisterhaften und dauerhaften Architektur, der Schönheit der Formen, der oft rätselhaften Bildwelt, der friedvollen Atmosphäre.

Vielmehr offenbart sich uns vor erhabener Kulisse etwas, das zwar nur eitles Menschenwerk ist, aber dennoch auf himmlische Weise geeignet ist, manchen in Verzückung zu versetzen:

Dürkopp von 1913; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Auch der abgeklärteste Kenner von Altautofotos wird hier innerlich niederknien – denn viel perfekter lässt sich so eine Idylle nicht inszenieren.

An einer Kehre vor der Kulisse einer mächtigen Klosteranlage steht mittig platziert und aus idealem Winkel aufgenommen ein Tourenwagen aus der Zeit kurz vor dem 1. Weltkrieg.

Dem Fotografen ist nicht nur der Bildaufbau vollkommen gelungen. Eine glückliche Fügung – oder war es himmlischer Segen? – hat ihm auch noch eine Gruppe Kinder beschert, die am linken Bildrand in vorbildlich frommer Pose ausharren.

Ein Maler hätte sich das nicht besser ausdenken können, bloß dass er statt eines Automobils die Kutsche feiner Herrschaften auf die Leinwand gebannt hätte.

Genug des Schwärmens – im Orden der Vorkriegsauto-Anbeter wird auch strikte Einhaltung der Regel verlangt, wonach ein solches Fahrzeug möglichst genau zu identifizieren ist.

Zum Glück müssen wir dazu nicht lange in alten Folianten wälzen, denn uns ist diese Erscheinung auf vier Rädern wohlvertraut. Vor knapp einem Jahr haben wir uns auf deren Spuren hier schon einmal auf automobile Wallfahrt begeben.

So können wir routiniert herunterbeten, dass dieser Wagen ein Dürkopp sein muss – die Gestaltung des Kühler lässt keinen Zweifel, auch wenn die Herstellerplakette nicht erkennbar ist oder fehlt:

Allerdings bemerken wir kleine Unterschiede zu dem Fahrzeug, das wir einst als Dürkopp um 1912 identifiziert haben. Dazu zählen vor allem die seitlich angebrachten elektrischen Standlichter und die nun stärker abgerundeten Vorderkotflügel.

Rahmen und Vorderachse scheinen dagegen – soweit erkennbar – identisch zu sein. Vermutlich haben wir es daher mit einer äußerlich nur leicht modernisierten Version des Dürkopp zu tun, den wir seinerzeit als Typ NG 10/30 PS angesprochen hatten.

Man ist geneigt, diese Ausführung auf 1913 zu datieren, da ab 1914 eine neue Kühlerform bei Dürkopp Einzug hielt.

Wie im Fall höherer Wesen, die uns beobachten und lenken oder uns vielleicht auch einfach ignorieren, lässt sich nichts davon beweisen. Letztlich bleibt die Ansprache solcher Erscheinungen aus längst vergangenen Zeiten stets auch ein wenig Glaubenssache.

Merkwürdigerweise hat es etwas Kontemplatives, wenn man sich in das Studium dieser historischen Gefährte versenkt. Vermutlich ist es die Mischung aus Geheimnisvollem und dem Alltag Entrückten, welche diese Form der Ikonenanbetung so erbaulich macht.

Bleibt am Ende die weltliche Frage, vor welchem Kloster dieser Dürkopp denn einst auf so erfreuliche Weise für die Nachwelt festgehalten wurde. Der Wagen scheint im Raum Düsseldorf zugelassen gewesen zu sein.

Doch im Rheinland konnte ich kein Kloster ausfindig machen, dessen Kirche genau so aussieht. Kloster Marienstatt kommt dem zwar sehr nahe, aber mehr auch nicht.

Also: Wer hat eine Eingebung oder – noch besser – gefestigtes Wissen, was den Ort dieser Aufnahme angeht? Vielleicht können wir dem einen oder anderen Pilger dann den brennend heißen Wunsch nach Erkenntnis zumindest in dieser Hinsicht erfüllen…

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Fund des Monats: Ein Dürkopp von 1913/14…

Ende Februar, noch eine knappe Stunde bis Mitternacht – höchste Zeit für den Fund des Monats.

Beim Anvisieren und Treffen des Ziels hilft mir diesmal Wilhelm Tell – oder besser: eine Arie aus der gleichnamigen Oper von Rossini – „Selva opaca, deserta brughiera“ – vorgetragen anno 1956 in Turin von der hierzulande kaum bekannten Marcella Pobbe mit ihrem wunderbar warmen und ausgewogenen Sopran.

Das Auto, um das es geht, ist zwar nicht von solch‘ edler Abkunft aus Italien, nach dem gestrigen Lancia Lambda wäre es auch kaum möglich, hier noch einen draufzusetzen.

Höchste Exklusivität ist dennoch gesichert. Dafür sorgt schon die Tatsache, dass die Wagen des Bielefelders Dürkopp-Konzerns zu den am schlechtesten dokumentierten frühen deutschen Automobilen von Rang gehören.

Altmeister Heinrich von Fersen lieferte zwar in seinem immer noch nützlichen Standardwerk „Autos in Deutschland 1885-1920“ (1. Aufl. 1965) einen 9(!)-seitigen Artikel zu der Marke ab, konnte aber kein einziges Foto eines Dürkopp-Wagens beisteuern.

Gut 35 Jahre später kam in Halwart Schraders Aufguss „Deutsche Autos 1885-1920“ auch nicht viel mehr aus dem Auspuff in Sachen Dürkopp. Dabei gab es einst eine Vielzahl von Typen aller Klassen und es sind auch etliche Originalfahrzeuge erhalten:

Dürkopp um 1912; aufgenommen 1963 bei einer Veteranenausfahrt in Dresden; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

So muss man sich einen Dürkopp um das Jahr 1912 vorstellen, wobei die Bandbreite der Motorisierungen enorm war. Wohl am verbreitetsten waren die kleinen und mittleren Modelle mit bis zu 30 PS Leistung.

Sie sind auf historischen Aufnahmen schwer auseinanderzuhalten, da sie allenfalls in den äußeren Abmessungen differierten. Speziell die an Opel erinnernde Kühlerform wie auf obiger Aufnahme begegnet einem bei diesen Typen auf Schritt und Tritt.

Da darf man wohl mit einiger Berechtigung elektrisiert sein, wenn man mal wieder elektronische Post aus dem fernen Australien erhält, wo bemerkenswert viele Vorkriegsenthusisasten sehr gut Bescheid über frühe deutsche Fabrikate wissen.

Einer davon ist Jason Palmer und so ist es nicht das erste Mal, dass er den Fund des Monats beisteuern kann. Was er kürzlich an Land gezogen hat, ist in jeder Hinsicht eine Klasse für sich und macht einen erst einmal sprachlos:

Dürkopp von 1913/14; Originalfoto aus Sammlung Jason Palmer (Australien)

Man mag gar nicht glauben, dass dieses Foto vor weit über 100 Jahren entstanden ist – man meint, den mächtigen Tourenwagen wirklich vor sich zu haben – zum Greifen nah. Sicher tut der Fahrer seinen Teil dazu, dass diese Aufnahme so frisch und lebendig wirkt.

Der professionelle Fotograf war ein Meister seines Fachs – Platzierung, Perspektive und Belichtung lassen sich kaum besser vorstellen. Und dabei sehen wir hier noch nicht einmal die volle Qualität des originalen Plattenabzugs.

Unsere Bewunderung verdient aber natürlich vor allem der vor dem Hintergrund von Bauten des späten Jugendstils abgebildete Wagen.

Dass es sich um einen Dürkopp handelt, daran lässt das geschwungene „D“ auf dem Kühlergehäuse keine Zweifel. Aber ansonsten habe ich so ein Exemplar noch nirgends gesehen.

Das fängt mit der Birnenform des Kühlers an, die wohl wie bei anderen deutschen Marken ab 1913/14 eingeführt wurde. Dazu passen zeitlich gut die elektrischen Parkleuchten im Windlauf vor der Frontscheibe, während die Hauptscheinwerfer noch gasbetrieben sind.

Vergleichen Sie einmal deren Größe mit dem Haupt des Fahrers – man beginnt zu ahnen, dass man es hier mit etwas Spektakulärem zu tun hat. Bestätigt wird das bei einem Blick auf die Räder: sechs Radbolzen mit einem derartig großen Lochkreis sind außergewöhnlich:

Geradezu modern wirkt die Gestaltung der Räder mit den scheibenartigen Abdeckungen der Holzspeichen.

Was soll man mangels Vergleichsexemplaren davon halten? Nun, eine Sache fand sich doch in meinem Fundus, die einen Hinweis geben könnte.

Dabei handelt es sich um eine Dürkopp-Reklame von Januar 1914, auf der ein ganz ähnlich wirkendes Fahrzeug zu sehen ist.

Was würde man vermuten, wenn ein Hersteller auf einer solchen Werbeanzeige keine Angaben zu einem speziellen Typ macht? Nun, er würde gewiss sein bestes Pferd im Stall zeigen, nicht wahr?

Dürkopp-Reklame von Januar 1914; Original: Sammlung Michael Schlenger

Und was meinen Sie, was für eine Spezifikation das Dürkopp-Spitzenmodell damals hatte?

War es der Typ DG 25/60 PS mit seinem 6,3 Liter großen Vierzylindermotor? Das 10,2 Liter-Modell 41/85 PS kann es ja nicht gewesen sein, das wurde 1912 eingestellt.

Es bleibt nur ein letzter Versuch kurz vor Mitternacht und so kurz vor dem Ziel muss der Schuss sitzen. Ich gehe volles Risiko, werfe einen letzten Blick auf die Reifendimension, meine dort 935 x 135 zu lesen und setze alles auf den DG 40/100 PS!

Dieser Gigant mit 13 Litern Hubraum war damals tatsächlich Dürkopps Spitzenmodell und spielte in derselben Liga wie die größten Daimler-Typen. Beweisen kann ich es zwar nicht, aber etwas in der Richtung muss es gewesen sein auf dem Foto.

Und so ein Spitzenprodukt eines bedeutenden Herstellers – immerhin seit 1898 am Markt – hat keinerlei weitere Spuren in der deutschen Automobilliteratur hinterlassen?

Da fehlen einem doch die Worte. Ich überlasse mich jetzt wieder Marcella Pobbe mit „Crudele? Ah no, giammai mio ben! Troppo mi spiace…“ aus Mozarts Don Giovanni.

Vielleicht fällt ja jemand anderem noch etwas ein zu diesem Fund des Monats…

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Polizist müsste man sein: Dürkopp P12 10/45 PS

Hatten Sie schon einmal Besuch von der Polizei? Mir ist das vor einigen Jahren passiert, und ich muss sagen: Es fühlt sich merkwürdig an, wenn ein Polizeiauto direkt vor dem Haus hält und es kurz darauf klingelt.

Zwar „vergesse“ ich es meistens, Parkscheine zu ziehen, und interpretiere Tempolimits außerhalb von Ortschaften gern als Empfehlung, aber ansonsten habe ich nichts auf dem Kerbholz – so dachte ich.

Nun stand eine eindrucksvoll bewaffnete Polizistin in meinem Büro und teilte mir mit, dass auf der Bad Nauheimer Parkstraße mit einem Auto Fahrerflucht begangen worden sei, das eventuell auf mich zugelassen sei – der Zeuge sei sich beim Kennzeichen nicht ganz sicher.

Zum Glück war das fragliche Fahrzeug aus meiner Sammlung – mein heißgeliebter 1974er MGB GT – zu dem Zeitpunkt in einer Scheune im Nachbarort abgestellt und längere Zeit nicht bewegt worden.

Ich war gerade umgezogen und hatte die Fahrzeugpapiere nicht parat – die Ordnungshüterin schenkte meiner Beteuerung, ich könne das nicht gewesen sein, aber Glauben. Offenbar machte ich einen überzeugenden Eindruck auf die Dame in Uniform.

Ich war froh, als sie wieder fort war – auch wenn sie vorbildlich freundlich war. „Polizist müsste man sein“, dachte ich mir, zumindest auf dem Land. Den lieben langen Tag in der Gegend herumfahren und irgendwelchen banalen Blechschäden hinterherforschen…

Mancher wackere Wachtmeister hatte auf dem platten Land aber in den 1920er Jahren noch ganz andere Privilegien – etwa mit einem teuren und raren 6-Zylinder-Auto auszufahren und nach Belieben Weibspersonen in Gewahrsam nehmen.

Wenn Sie jetzt denken: „So ein Unsinn, das denkt er sich nur aus“, dann sind Sie auf dem Holz- oder Radweg. Ich kann das alles belegen!

Für eine wasserdichte Beweisführung hinsichtlich des Tatfahrzeugs ziehe ich erst einmal die zeitgenössische Literatur heran:

Dürkopp P12 12/45 PS; Typentafel aus: Joachim Fischer, Handbuch vom Auto, 1927 (Original: Sammlung Michael Schlenger

Hier haben wir den größeren von zwei Automobiltypen, die von Dürkopp anno 1927 gebaut wurden, bevor man diese zunehmend unrentable Nebenlinie im Konzern wieder einstellte.

Neben dem ab und zu anzutreffenden Vierzylindermodell P8 8/32 PS (siehe meine Dürkopp-Galerie), fertigte man in sehr kleinen Stückzahlen auch ein eindrucksvoll dimensioniertes Sechszylinderfahrzeug – den oben illustrierten Typ P12 12/45 PS.

Im Programm war der technisch konventionelle Wagen mit 3,1 Litern Hubraum bereits seit 1923. Daher kann es gut sein, dass die tatsächliche Leistung zuletzt mehr als die meist angegebenen 45 PS betrug. Gut 50 PS sollten standfest möglich gewesen sein.

Gestalterisch entsprach dieses Dürkopp-Spitzenmodell prinzipiell dem Vierzylindertyp P8 – es besaß also einen Spitzkühler und hohe schmale Luftschlitze ohne jede weitere Eigenheit. Nur die Haube war deutlich länger, der Reihensechser brauchte mehr Platz.

Ein Exemplar dieses eindrucksvollen Modells P12 12/45 PS habe ich bereits hier vorstellen können:

Dürkopp Typ 12 12/45 PS, aufgenommen 1928; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Bemerkenswert ist, dass dieses Auto zur Hälfte aus der Motorhaube zu bestehen scheint. Ich meine, dass hier bewusst ein kurzer Radstand gewählt wurde, um eine gewisse sportliche Charakteristik zu kreieren – und sei es nur optisch.

Das Fehlen von Vorderradbremsen ist ein Hinweis auf eine Entstehung vor 1925. Festzuhalten ist außerdem, dass das Dürkopp-Emblem wie bei den Spitzkühlermodellen üblich beiderseitig angebracht war.

Wie es scheint, erhielten ganz späte Dürkopp-Wagen statt des Spitzkühlers der allgemeinen Tendenz folgend einen Flachkühler, vielleicht war dieser aber auch wahlweise verfügbar.

Jedenfalls findet sich in der fallweise noch hilfreichen älteren Literatur (Hans-Heinrich von Fersen: Autos in Deutschland 1920-1939, 4. Aufl. 1975, S. 131) die Abbildung eines Dürkopp P8 mit Flachkühler, datiert auf 1926.

Was mir indessen noch nirgends begegnet ist, ist ein Dürkopp mit Vorderradbremsen, Spitzkühler und dort mittig angebrachtem Markenemblem. Leser Matthias Schmidt konnte aber genau so etwas aus seinem Fundus hervorzaubern:

Dürkopp Typ 12 12/45 PS; Originalfoto: Sammlung Matthias Schmidt (Dresden)

Von den wohl optionalen Trittschutzblechen am Schweller abgesehen, entspricht dieser mächtige Tourer sehr weitgehend dem auf der eingangs gezeigten Typentafel gezeigten Dürkopp P12 12/45 PS.

Allerdings besitzt dieser keine Vorderradbremsen, weshalb die Abbildung in dem 1927 veröffentlichten Buch damals schon veraltet gewesen sein muss. Denn ab 1925 werden die Dürkopp-Wagen wie praktisch alle deutschen Wagen von Rang auch Vorderradbremsen erhalten haben.

Altmeister von Fersen bestätigt das in seinem Opus, während in der unter anderem auch darauf basierenden Neuauflage von Werner Oswalds Klassiker („Deutsche Autos 1920-1945, 2019) diese Information merkwürdigerweise fehlt.

Und, wie gesagt, ein mittig auf dem Spitzkühler angebrachtes Dürkopp-Emblem findet man andernorts ebenfalls nicht – für mich ein Hinweis auf eine seltene und späte Ausführung:

Leider ist das genaue Reifenformat nicht lesbar, es scheint jedenfalls voluminöser zu sein als beim zuvor gezeigten Dürkopp P12 12/45 PS ohne Vorderradbremsen.

Angesichts dieses Befunds möchte ich nicht ausschließen, dass sich unter der Haube dieses Dürkopps ein noch stärkerer Motor verbarg, als er offiziell zuletzt erhältlich war. Bis 1922 hatte es ja ein 70 PS leistendes weiteres Sechszylindermodell gegeben.

So oder so lässt dieses großartige Automobil die Feststellung zu: „Polizist müsste man sein„, denn wenn ich mich niht irre, waren die beiden lederbejackten Herren Fahrer bei den Ordnungshütern der Weimarer Republik.

Sie waren am Tag dieser Aufnahme ohne den offiziellen Stander unterwegs, der sonst wohl am Vorderkotflügel flatterte. Hatte man sich den Dienstwagen gar für eine Landpartie ausgeliehen und die beiden Damen quasi als Zivilstreife aufgegabelt?

Schwer zu sagen. Die vorne sitzende Beifahrerin schaut mit Pokerface in die Ferne – sie scheint fest entschlossen zu sein, zu schweigen. Ihre Genossin auf der Rückbank hat sich schon gefügt und das Gesicht aufgesetzt, das für das anstehende Polizeifoto gewünscht ist.

Die beiden Ordnungshüter scheinen halbwegs zufrieden zu sein mit dem Ertrag ihrer Fahndungsbemühungen. Ja, so eine Uniform öffnet einem Tür und Tor – einen dicken Dienstwagen darf man fahren, das Benzin blecht der Bürger. Polizist müsste man sein!

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Fuhr auch mit Gas: Dürkopp P 8/24 PS Sport-Zweisitzer

Die deutsche Sprache ist ein merkwürdiges Ding – bisweilen ist sie so verkorkst wie der Gedankenquark mancher ihrer angeblich großen Geister – von Marx über Heidegger bis Habermas. So fällt nicht gleich auf, wenn jemand mit entlegenem Wortschatz und in Schachtelsätzen Banalitäten oder frei erfundene Behauptungen von sich gibt.

Fährt einer mit Vollgas, heißt das noch lange nicht, dass er auch mit Gas fährt – in der Regel dürfte vielmehr Benzin oder Diesel im Tank sein. Mit Gas fährt dagegen, wer seinen Verbrennerwagen auf Betrieb mit Erdgas oder Ähnliches umgebaut hat.

Dass ändert nichts daran, dass ein Verbrennungsmotor in allen Fällen nur mit Gas funktionieren kann – diesmal ist das Kraftstoff-Luft-Gemisch gemeint. Eine weitere Möglichkeit, mit Gas zu fahren und das sogar bei einem Benziner, habe ich jüngst entdeckt.

Ausgangsbasis für dieses Kuriosum war ein Dürkopp des Typs P8 8/24 PS, der von dem Bielefelder Nischenhersteller von 1919 bis 1924 gebaut wurde. Hier haben wir ein eher spätes Exemplar, zu erkennen an der durchgängigen Reihe Luftschlitze:

Dürkopp Typ P8 8/24 PS; Originalfoto aus Sammlung Matthias Schmidt

Als ich diese schöne Aufnahme aus dem Fundus von Leser Matthias Schmidt vorstellte, wies ich unter anderem auf den eigenwilligen Heckabschluss hin und warf die Frage auf, ob dieser auf eine Spezialkarosserie hindeuten könnte.

Heute kann ich zumindest ein Indiz dafür liefern, dass es sich um eine Werksausführung handelte, wenngleich der von mir vorgeladene Zeuge dies nur indirekt bekunden kann.

Es verhält sich nämlich so, dass ich vor einiger Zeit einen originalen Dürkopp-Prospekt erstanden habe, welcher von Anfang der 1920er Jahre stammt.

Dieser beschreibt neben dem von 1919-24 gebauten Modell P8 8/24 PS auch die stärkeren Typen 10/30 PS, 16/45 PS und 24/70 PS, die jedoch nur bis 1922 angeboten wurden.

Hier haben wir das Deckblatt, das noch in einem Stil gestaltet ist, wie er während des 1. Weltkriegs gängig war:

Dürkopp-Prospekt um 1920 – Vorderdeckel; Original aus Sammlung Michael Schlenger

So etwas ist in vollständigem und guten Zustand eine veritable Rarität und nicht billig zu haben – der Prospekt hat mit 64 Seiten zudem außergewöhnlichen Umfang.

Heute werfen wir einen Blick hinein und befassen uns nochmals mit dem Basismodell P8 8/24 PS, das sich auf zeitgenössischen Fotos etwas häufiger findet als die großen Schwestermodelle und erst recht der eindrucksvolle Sechszylindertyp 24/70 PS.

Hier zunächst die Übersicht der wichtigsten Fahrzeugdaten:

Dürkopp-Prospekt um 1920 – Seite 40; Original aus Sammlung Michael Schlenger

Während die rein numerischen Daten mit den Angaben in der heutigen Standardliteratur übereinstimmen – aufgrund allfälliger Übertragungsfehler keineswegs selbstverständlich – finden wir hier zusätzlich Interessantes zu den verfügbaren offenen Versionen.

So gab es neben dem gängigen Tourenwagen mit 4 bis 5 Sitzen auch zwei- und dreisitzige sportlich angehauchte Aufbauten, von denen man in der heutigen Literatur nichts liest.

Diese Varianten sind aber in meinem Exemplar des Dürkopp-Prospekts nicht nur beschrieben, sondern auch abgebildet, wie sich das gehört:

Dürkopp-Prospekt um 1920 – Seite 41; Original aus Sammlung Michael Schlenger

Hier möchte ich die Aufmerksamkeit zunächst auf die mittlere Abbildung lenken: Sie zeigt den erwähnten Sport-Dreisitzer, welche einem zusätzlichen Passagier im offenbar abgerundeten Heck Platz gab.

Um eine solche dreisitzige Version handelt es sich aus meiner Sicht auch bei dem eingangs gezeigten etwas jüngeren Dürkopp P8 8/24 PS.

Wenn Sie jetzt meinen, dass dies nicht sein kann, weil dort inklusive Fotografen vier Personen unterzubringen waren, so kennen Sie den Kontext nicht.

Der war mir ebenfalls unbekannt, bis Matthias Schmidt eine weitere Aufnahme hervorzauberte, auf der rechts derselbe Dürkopp mit zwei bereits bekannten Insassen und eine ganze Menge weiterer Reisebegleiter zu sehen sind, die Fotos machen konnten:

Dürkopp Typ P8 8/24 PS (rechts); Originalfoto aus Sammlung Matthias Schmidt

Den hier links zu sehenden Wagen mit Zweisitzer-Aufbau konnte ich übrigens noch nicht identifizieren – wer weiß etwas dazu zu sagen?

Unterdessen wollen wir aber auch den im Prospekt genannten und abgebildeten Sport-Zweisitzer auf Basis des Dürkopp P8 8/24 PS nicht zu kurz kommen lassen, selbst wenn der mit dem kürzesten Aufbau aufwartete.

Werfen Sie noch einmal einen Blick auf die Prospektabbildung und prägen sich die Details des dort ganz oben wiedergegebenen Wagens ein. Fertig?

Dann bin ich gespannt, was Sie hierzu sagen:

Dürkopp Typ P8 8/24 PS Sport-Zweisitzer; originales Werksfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Ist das nicht eine großartige Aufnahme?

Hier wurde vom Fotografen die außergewöhnliche, tropfenförmig auslaufende Heckpartie ebenso gewürdigt wie der Innenraum mit dem Instrumentenbrett – das Ganze garniert mit dem im Abzug eingeprägten Stempel der Dürkoppwerke.

Das ist genau der Sport-Zweisitzer aus dem Prospekt, sollte man meinen. Ja und nein. Zweifellos ist es dasselbe Modell, aber einen kleinen Unterschied erkennt man doch.

Was fällt Ihnen hier um Unterschied zur Prospektabbildung auf – und damit meine ich jetzt nicht, dass die Tür offensteht oder Ähnliches?

Sicher haben Sie es bemerkt: Dieser Dürkopp Typ P8 8/24 PS fuhr noch mit Gas!

Die entsprechende Anlage dazu sieht man vorne auf dem Trittbrett – das ist der Karbidentwickler, aus welchem das Gas über eine Leitung unten entlang der Motorhaube weitergleitet wurde.

Aber wohin? Zu den Scheinwerfern natürlich, an deren Oberseite die für Gasbetrieb typischen Abzugslöcher für das verbrannte Abgas zu erkennen sind.

Das ist für mich bei aller Freude über die beiden großartigen Funde zur Marke Dürkopp – Prospekt und Werksfoto – die eigentliche Überraschung. Denn bei Wagen, die nach dem 1. Weltkrieg neu entwickelt wurden, war elektrisches Licht eigentlich Standard.

Eigentlich, denn auch meine kleine EHP-Voiturette von 1921 wurde ursprünglich noch mit Gasscheinwerfern ausgeliefert.

Dass aber bei der weit etablierteren Marke Dürkopp der neue Typ P8 8/24 PS ab 1919 anfänglich auch noch „mit Gas“ unterwegs war, das erstaunt mich. Daher würde ich den Wagen auf dem Werksfoto auch als ganz frühes Exemplar ansehen, während der Prospekt dann die Verhältnisse von 1920-22 wiedergab.

Haben Sie es bemerkt? Heute waren wir durchgängig in der Zeit vor rund 100 Jahren unterwegs – und irgendwie kam einem die Thematik merkwürdig bekannt vor: Vollgas, kein Gas, Umstellung auf Elektrizität usw. – aber lassen wir das…

Michael Schlenger, 2022. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

Fund des Monats: Ein Dürkopp Typ P12 12/45 PS

Beinahe hätte ich heute einen Fahrradrahmen der Bielefelder Marke Dürkopp gekauft – neben motorisierten Klassikern kann ich mich auch für historische Drahtesel begeistern.

Meine kleine Fahrrad-Sammlung umfasst nichts Besonderes: Räder der 30er bis 50er Jahre von Adler, Miele, Torpedo, Presto – solide Massenware, meist ziemlich abgerockt, teilweise auf „Halbrenner“ reduziert, also ohne Schutzbleche, Beleuchtung und Gepäckträger, dafür aber mit sportlich umgedrehtem Lenker und schickem Ledersattel.

Das mit dem Dürkopp-Rad scheiterte am Zustand – der Rahmen war zwar solide und das markante Emblem vorhanden, aber mehr Oberflächenrost als Lack, das muss nicht sein.

Zur Kompensation gönne ich mir – und Ihnen, liebe Leser – heute ein Dürkopp-Vergnügen auf vier Rädern, das seinesgleichen suchen dürfte.

Der bekannte Hersteller von Fahrrädern und Nähmaschinen baute nämlich eine ganze Weile auch achtbare Automobile und zwar bereits ab Ende des 19. Jahrhunderts. Bis 1927 hielt man an dem meist verlustträchtigen Geschäft fest – weil man es sich leisten konnte.

Merkwürdigerweise fand sich immer genug Kapital am deutschen Markt für unzählige solcher defizitären Experimente, doch gelang es aus irgendwelchen Gründen hierzulande kaum, das in der Breite erhebliche Investoreninteresse am Automobil nach US-Vorbild zu bündeln, um zu einer betriebswirtschaftlich sinnvollen Großserienproduktion zu gelangen.

Im Fall von Dürkopp konnte man sich den Luxus von Verlusten aus dem Autogeschäft offenbar sehr lange leisten – vermutlich lag es an der Aktionärsstruktur. Immerhin verdanken wir diesem Umstand eine Reihe attraktiver Wagen.

Dem Fotobefund nach zu urteilen, scheint der nach dem 1. Weltkrieg eingeführte Typ P8 mit 8/24 PS-Vierzylinder (ab 1924: 8/32 PS) die größte Verbreitung gefunden zu haben.

Aufnahmen dieses Typs finden sich auch, ohne dass man speziell danach sucht, in erheblicher Zahl – hier haben wir ein hübsches Beispiel dafür:

Dürkopp Typ P8; Originalfoto aus Sammlung Matthias Schmidt (Dresden)

Wie es scheint, fühlt sich im 21. Jahrhundert niemand mehr zuständig für die Dokumentation der technisch wie gestalterisch stets makellosen, wenn auch unauffälligen Automobile aus dem Hause Dürkopp.

Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, ist das Firmenarchiv im 2. Welkrieg verlorengegangen. Vielleicht war es aber auch bloß ein besonders progressiver Geschäftsführer oder ein eifriger Hausmeister, der für Tradition nichts übrig hatte…

Dessen ungeachtet müssen neben den verbreiteten Dürkopp-Reklamen auch noch etliche Originalprospekte der gängigsten Typen in irgendwelchen Sammlungen schlummern. Bloß macht keiner etwas draus.

Also bleiben wir auf die Fotos angewiesen, die man am Wegesrand aufliest – erst jüngst konnte ich dieses hier für kleines Geld erwerben:

Dürkopp-Tourenwagen, wohl Typ P8; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Abgelichtet wurde dieser Dürkopp der 1920er Jahre – zu erkennen vor allem am beiderseits der Kühlerspitze angebrachten Markenemblem – auf dem Gelände der Großgaragen GmbH Chemnitz (Stadestraße 14).

Wenn mitten in Sachsen – damals das Zentrum der deutschen Automobilindustrie – ein westfälischer Dürkoppwagen zugelassen war, kann das entweder ein Kuriosum gewesen sein, welches Anlass zu diesem Foto gegeben hätte, oder es war nicht ungewöhnlich.

Für die letztere These spricht ein zweites Foto vom selben Ort, das einen ganz ähnlichen Dürkopp (am Rande) zeigt, der aber ein anderes Kennzeichen besitzt und auch sonst in einigen Details abweicht:

Dürkopp-Tourenwagen, wohl Typ P8; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Das ist mal wieder ein Foto ganz nach meinem Geschmack – trotz der technischen Mängel. Der Dürkopp spielt hier nur eine Nebenrolle, wie übrigens ein weiterer Tourenwagen am linken Bildrand, den ich bei anderer Gelegenheit vorstellen will.

Doch das eigentlich Faszinierende sind hier die Arbeiter aus der Werkstatt und die Angestellten aus der Verwaltung der Chemnitzer Großgaragen GmbH, die zum Fototermin zusammengekommen sind, sich aber sonst eher selten begegnet sein dürften.

Die Wartung und Reparatur Ihres Wagens wäre bei den Männern auf der linken Seite in besten Händen gewesen, während Sie hinsichtlich der Details einer Inzahlungnahme und des Kauf eines Neufahrzeugs auf der rechten Seite einen Partner gefunden hätten.

Das ist alles sehr schön anzuschauen und gibt Anlass zu vielfältigen Überlegungen.

Doch sind wir dem Fund des Monats auf der Spur, daher können wir nicht länger in der Großgarage Chemnitz verweilen (Kommentare dazu sind natürlich wie immer willkommen).

Auch vom Dürkopp-Vierzylindertyp P nehmen wir Abschied, nicht jedoch ohne an ein schönes Exemplar zu erinnern, das wohl aus der späten Produktion stammte, als die Luftschlitze schmaler und dafür zahlreicher wurden:

Dürkopp-Tourenwagen, wohl Typ P8A 8/32 PS; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Prägen Sie sich bitte die Proportionen dieses Fahrzeugs ein – insbesondere das Verhältnis von Haubenlänge zum Fahrgastraum.

Auch der Platz, den die Luftschlitze in der Motorhaube beanspruchen, die Position des Ersatzrads und der Durchmesser der Bremstrommeln an der Hinterachse sind Anhaltspunkte, der uns bei der Beurteilung des Dürkopp helfen werden, um den es geht.

Dabei handelt es sich trotz der eher nüchternen Umgebung um ein veritables Prachtexemplar, aufgenommen im August 1928:

Dürkopp-Tourer, wohl Typ P12 12/45 PS; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Die enorme Länge des Vorderwagens, die eine Anbringung des Ersatzrads ermöglicht, ohne dass dafür eigens eine Mulde im Vorderkotflügel erforderlich war, spricht aus meiner Sicht stark für einen Reihensechszylinder, der wesentlich mehr Länge beanspruchte.

Dafür kommt nach meinem Kenntnisstand nur das von 1922 bis 1926 gebaute Modell P12 mit 12/45 PS-Motor in Betracht. Dessen Radstand lag mit gut 3,40 Metern deutlich über dem der parallel gebauten Vierzylindertypen P 8 und P10.

Leider ist die Reifengröße auf dieser Aufnahme nicht zu erkennen, sonst ließe sich meine These auch anhand der wesentlich größeren Abmessungen (895 x 135) überprüfen.

Mit seinen 45 PS aus 3,1 Litern Hubraum war der Dürkopp P12 offenbar vor allem auf schaltfaules Fahren in allen Situationen getrimmt, während die Höchstgeschwindigkeit lediglich 80 km/h betrug.

Generell scheint sich Dürkopp antriebstechnisch bewusst auf der konservativen Seite bewegt zu haben. Das wurde zumindest aus Sicht des damaligen Betrachters durch die eindrucksvolle Optik aufgewogen.

Mit einem solchen Dürkopp-Sechszylinderwagen bewegte man sich in ähnlichen Sphären wie mit dem Benz 11/40 PS, der ebenfalls über einen Sechszylindermotor verfügte. Leider konnte ich nicht in Erfahrung bringen, ob der Dürkopp günstiger war.

Ich vermute aufgrund der Benz-ähnlichen Optik, dass die Bielefelder Marke mit diesem Modell bewusst im Revier der Konkurrenz zu wildern gedachte. Da die heute vorgestellte Aufnahme die erste mir bekannte ist, die sehr wahrscheinlich einen Dürkopp-Sechszylinder zeigt, wird sich der Erfolg aber in engen Grenzen gehalten haben…

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Zum 50ten nach Dresden: Ein Dürkopp von ca. 1912

Ein interessanter Nebeneffekt der Beschäftigung mit Vorkriegsautos auf alten Fotos ist der, dass man dabei studieren kann, was der Kopf mitunter für merkwürdige Wege einschlägt, ohne dass wir das so recht steuern können.

Man muss ihm freilich auch die Gelegenheit dazu geben und das heißt nach meiner Erfahrung, ihn mit möglichst viel Material „füttern“ – die Verbindungen stellt er dann schon selbst her. Ein hübsches Ergebnis solcher Assoziationen präsentiere ich heute.

Den Anlass dazu lieferte mir kürzlich mein Sammlerkollege Matthias Schmidt aus Dresden, als er mir mich um meine Meinung zu dem folgenden Wagen auf einem seiner Fotos bat:

Tourenwagen um 1912, Zulassungsbezirk Magdeburg; Originalfoto aus Sammlung Matthias Schmidt

Auf den ersten Blick weist die Kühlerpartie einige Ähnlichkeit mit derjenigen auf, die man an Opel-Wagen kurz vor dem 1. Weltkrieg findet.

Doch beim genauen Vergleich erweist sich der Opel-Kühler als kantiger und weniger hufeisenförmig wie der an obigem Fahrzeug. Auch die nur schemenhaft erkennbare Kühlerplakette „passt“ nicht zu einem Opel jener Zeit.

Ich musste Herrn Schmidt gegenüber eingestehen, dass ich auch ratlos bin, und legte die Aufnahme erst einmal in meinem Dateiordner mit unidentifizierten Fahrzeugen ab.

Doch im Hinterkopf arbeitete es weiter an dem Fall – irgendwie kam mir die Kühlerpartie doch bekannt vor. Heute abend ging ich eher ziellos einen Stapel Fotos auf meinem Schreibtisch durch, die noch einzuscannen sind.

Dabei fiel mein Blick auf eine Aufnahme, die mir mein belgischer Oldtimer-Kamerad und Opel-Spezialist Bart Buts vor einiger Zeit vermacht hatte.

Sie entstand anlässlich eines Veteranen-Treffens in Dresden Anfang der 1960er Jahre – und plötzlich dachte ich: „Könnte das nicht ein Auto derselben Marke sein wie auf dem Foto von Matthias Schmidt?“

Dürkopp um 1912; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger (Schenkung von Bart Buts, Belgien)

In der Tat weisen die beiden Wagen erhebliche Gemeinsamkeiten auf – speziell die Hufeisenform des Kühlers, die großflächige Plakette darauf sowie die mittig stark gekröpfte Vorderachse – hier nachträglich mit einer Abschleppvorrichtung versehen.

Die Ähnlichkeit war also gegeben – dummerweise wusste ich jedoch nicht, was das für ein Fabrikat war, welches Anfang der 1960er Jahre in Dresden abgelichtet worden war. Der Karosseriegestaltung nach zu urteilen muss es damals etwa 50 Jahre alt gewesen sein.

Jedenfalls würde ich das Baujahr auf ca. 1912 ansetzen.

Wer auch immer dieses Automobil zum Fünfzigsten aus der Garage geholt hatte, um es gemeinsam mit etlichen anderen Veteranen im Nachkriegs-Dresden der staunenden Öffentlichkeit vorzuführen, hat damit einen veritablen Schatz ans Licht geholt.

Ich brauchte eine Weile, um es herauszufinden, doch dieser Wagen ist mit größter Wahrscheinlichkeit ein Dürkopp aus Bielefeld. Einen Verdacht in der Richtung hatte ich bereits, doch Bildmaterial zu dieser Marke ist sehr, sehr rar.

Einen ersten Hinweis lieferte mir Altmeister Heinrich von Fersen – dessen Klassiker „Autos in Deutschland 1885-1920“ mir in der Auflage von 1968 immer noch gute Dienste tut.

Dort ist auf S. 177 ein Dürkopp Typ NG 10/30 PS von anno 1912 abgebildet, welcher nicht nur dieselbe Kühlerform besitzt, sondern auch die gleiche Anordnung von Luftschlitzen bis in die „Windkappe“ hinein aufweist.

Jedoch fehlte mir noch eine Abbildung des Kühleremblems, das bei Dürkopp öfters wechselte. Die aus meiner Sicht passende fand ich auf Claus Wulffs einzigartiger Website zu Kühleremblemen.

Dürkopp verwendete demnach zeitweise dieses opulent ausgeführtes Emblem im floralen Jugendstil, welches dem auf dem Kühler des Dürkopp aus Dresden entspricht:

Dürkopp-Jugendstilemblem; Bildquelle: Claus Wulff, Berlin

Auch wenn die Aufnahme des mutmaßlichen Dürkopp von ca. 1912, die Anfang der 1960er Jahre in Dresden entstand, etwas verwackelt und ziemlich körnig ist, kann man darauf die Grundform und einige Details des oben gezeigten Emblems wiedererkennen.

Ich wüsste jedenfalls keinen anderen Hersteller, der seinerzeit ein solches Emblem verwendete (auch das von Stoewer weicht deutlich davon ab).

Hier eine Detailvergrößerung der Kühlerpartie, was meinen Sie dazu, liebe Leser?

Sollte ich mit meiner Zuschreibung richtig liegen, bleiben zwei Fragen:

Was ist aus dem Dürkopp Tourer geworden, der einst in Dresden als immer noch frisch wirkender Fünfziger an einer Veteranenausfahrt teilnahme?

Und wie verhält es sich mit dem recht ähnlichen Wagen aus Magdeburg, der auf dem Foto von Matthias Schmidt für die Nachwelt festgehalten wurde?

War das ebenfalls ein – eventuell etwas älterer – Dürkopp?

Oder kommt eine andere Marke in Betracht, die mein Kopf bei seinen eigenmächtigen Ausflügen in die Wunderwelt des frühen Automobils außer acht gelassen hat?

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Glück – eine Frage des Standpunkts: Dürkopp P8 8/24 PS

Wie erlangt man die Glückseligkeit? An dieser Frage haben sich bereits die Philosophen (m/w/d) im antiken Griechenland abgearbeitet.

Die wohl beste Antwort darauf gab damals ein kluger Kopf, dessen Namen ich vergessen habe, er sagte sinngemäß: „Wenn Du aufhörst, angestrengt der Glückseligkeit nachzusinnen, kann es geschehen, dass sie sich mit einem Mal von alleine einstellt.“

Glück hat man – oder nicht. Man sollte es nicht suchen, aber man kann dafür sorgen, dass es uns besser findet, beispielsweise dadurch, dass man den Standpunkt wechselt.

Das kann ganz praktisch ein Umzug sein, eine berufliche Neuorientierung, aber auch die Beendigung von Beziehungen zu Menschen, die dem eigenen Glück im Wege stehen – das ist für viele wohl der schwerste Standortwechsel, da stets mit Ungemach verbunden.

Heute habe ich das Vergnügen, an einem Objekt auf vier Rädern vorzuführen, dass einem das Glück bereits in den Schoß fallen kann, wenn man einfach nur zur Seite tritt.

Sie erinnern sich vielleicht an diese prachtvolle Aufnahme, die ich vor kurzem hier präsentiert habe:

Dürkopp Typ P8 8/24 PS; Originalfoto aus Sammlung Klaas Dierks

Seinerzeit war ich der Meinung, dass es kaum möglich sei, einen solchen Tourenwagen des Typs P8 8/24 PS von Dürkopp idealer abzulichten – auch die menschliche Komponente erscheint hier vortrefflich ausgeprägt zu sein.

Das Glück war jedoch für mindestens einen Leser nicht vollkommen: Thomas Billicsich aus Österreich – selbst ein großer Kenner und Besitzer von Automobilen der 1920er Jahre – warf die Frage auf, ob sich denn nichts zur hier verdeckten Heckpartie sagen ließe.

Er vermutete, dass das Heck an diesem Auto in Sportwagenmanier spitz ausgelaufen sein könnte, worauf auch das Fehlen eines Verdecks hindeuten würde.

Leider vermochte ich damals nichts Erhellendes als Antwort geben. Ich pflege in solchen Fällen aber gern auf die Zuständigkeit von Fortuna zu verweisen, die uns schon zur rechten Zeit beschenken wird, wenn ihr der Sinn danach steht.

Dabei ließ ich es bewenden, denn die launische Göttin lässt sich auch von Gebeten, Opfern und Gelübden nicht beeindrucken – mir scheint, dass man damit eher ihre Gunst riskiert.

Ich hatte die Sache bereits wieder vergessen, als mir ein anderer Leser und regelmäßiger Bilder“lieferant“ – Matthias Schmidt aus Dresden – eine Aufnahme aus seinem Fundus zusandte, die einen ganz ähnlichen Wagen zu zeigen schien.

Die Frontpartie war jedenfalls die gleiche – mit in Wagenfarbe lackiertem Spitzkühler und beidseitigem Dürkopp-Emblem darauf:

Die Dame im warmen Mantel schaut uns ein wenig fragend an – „Sind wir uns nicht schon einmal begegnet?“ mag sie unter dem Hut mit Fahrerbrille gedacht haben.

Der Bub ganz rechts ist ebenfalls für eine Fahrt im zugigen offenen Wagen ausstaffiert – er hat bloß das Pech, dass er ganz am Bildrand steht, wo die Verzerrungen der damaligen Objektive unvorteilhafte Effekte zeitigen.

Vorne auf der Motorhaube des Dürkopp scheint ein Paar Handschuhe zu liegen. Die dürften dem unbekannten Fotografen gehört haben, dem wir dieses Dokument verdanken.

Er hat an diesem recht kühlen Tag ganze Arbeit geleistet und dem Wagen wie den einstigen Passagieren ein würdiges Denkmal gesetzt. Dies ist umso bemerkenswerter, als ich gern sage, dass von der Seite aufgenommene Automobile meist langweilig wirken.

Hier kommt man nicht ansatzweise auf die Idee:

Wer nun aber glaubt, dass der Wagen ohnehin nur Staffage für diese wunderbar festgehaltenen Persönlichkeiten darstellt, der wird seinen Irrtum noch erkennen.

Ausgerechnet an der Heckpartie des Dürkopp – für gewöhnlich der unerheblichste Teil von Tourenwagen der 1920er Jahre – wird man nämlich dessen ansichtig, wonach sich Leser Thomas Billicsich erkundigt hatte, als ahnte er, dass sich das lohnen würde.

Und tatsächlich: Indem wir den Standpunkt wechseln und zur Seite treten, stellt sich mit einem Mal ein unverhofftes Glück ein – und das entgegen aller Wahrscheinlichkeit ausgerechnet am Hinterteil:

Da staunt der Fachmann und der Laie wundert sich, pflegt man zu sagen, wenn einem erst einmal nichts anderes einfällt.

Ein solches tropfenförmiges Heck sieht man wahrlich nicht alle Tage – und wer handwerkliche Arbeit zu schätzen weiß, staunt ob dieser wohlgerundeten Formen, die keine Stanze der Welt zustandebrächte.

Gern wüsste man, wie lange die Arbeiter seinerzeit brauchten, um erst das Blech über dem Holzrahmen in die Grundform zu bringen, dann solange zu spachteln und zu schleifen, bis das Heck fertig für die tiefglänzenden Lackierung war, die jede Unregelmäßigkeit gnadenlos zutagefördern würde.

„Genug geschwärmt“, mag jetzt mancher denken, „ich will endlich das ganze Auto sehen!“ Wie könnte ich mich diesem nur zu verständlichen Wunsch verschließen – voilá:

Dürkopp P8 8/24 PS; Originalfoto aus Sammlung Matthias Schmidt (Dresden)

Ich habe einen solchen Aufbau noch an keinem Dürkopp gesehen und meine, dass die Kombination aus kantiger Frontpartie und rundlichem Heck auch sonst eher selten war.

Was die Unterbringung des dünnen Tourerverdecks angeht, vermute ich, dass es sich in einem umlaufenden Kasten in der Heckpartie verbarg, wie das in der ersten Hälfte der 1920er Jahre bei einigen deutschen Wagen der Fall war.

Wenn ein Leser Beispiele für eine vergleichbare Lösung wie bei diesem Dürkopp kennt und vielleicht sogar weiß, welcher Karosseriebaufirma diese zuzuordnen ist, bitte ich um entsprechende Hinweise.

Mir bleibt abschließend nur die Feststellung, dass auf beiden Fotos tatsächlich nicht nur der gleiche Dürkopp-Typ zu sehen ist, sondern sogar dasselbe Auto! Drei abgebildete Personen stimmen nämlich überein. Die zwei Aufnahmen sind bloß nach fast 100 Jahren in unterschiedlichen Händen gelandet.

Heute sind sie wieder vereint und für so etwas braucht man unglaublich viel Glück. Genießen wir es, dass solche Geschichten möglich sind und erfreuen uns noch einmal an der Begegnung mit den Menschen, die damals mit dem Dürkopp für die Kamera posierten:

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Perfekte Schwarz-Weiß-Perspektive: Dürkopp P 8/24 PS

Die Bielefelder Marke Dürkopp verbindet man – wenn überhaupt – mit Nähmaschinen, Fahrrädern, vielleicht auch Motorrädern der Vorkriegszeit.

Dass fast 30 Jahre lang auch Automobile unter diesem Namen gefertigt wurden, ist nur noch Spezialisten bekannt – falls es solche für diese Marke geben sollte. In England hätte sich längst ein renommierter Automobilhistoriker der Sache angenommen, doch leider kommt hierzulande kaum etwas aus dem Auspuff, was die zahlreichen interessanten Nischenhersteller angeht – von achtbaren Projekten privater Enthusiasten abgesehen.

Dass es keine Literatur zu einem Hersteller von eindrucksvollen Wagen wie diesem hier geben soll, ist eigentlich unglaublich:

Dürkopp Typ P10 10/30 PS; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Dieses Prachtstück – wohl ein Dürkopp Typ 10/30 PS von Anfang der 1920er Jahre – hatte ich letzten Sommer hier besprochen.

Zeitgenössische Originalfotos wie dieses und etliche weitere in meiner Dürkopp-Galerie versammelte finden Sie woanders vermutlich kaum – dabei habe ich nicht einmal gezielt danach gesucht.

Am Bildmaterial jedenfalls mangelt es nicht, was die Dokumentation der nicht sonderlich zahlreichen Dürkopp-Automodelle angeht.

So kann ich auch mit einigen Bildern des Dürkopp Typ P8A 8/32 PS aufwarten, der von 1924 bis 1927 entstand und in der Linienführung zwar etwas moderner war, aber immer noch einen Spitzkühler besaß:

Dürkopp Typ P8A 8/32 PS; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Leider ist das auf beiden Seiten des Kühlers angebracht Dürkopp-Emblem meist nur schwer zu erkennen, sodass Verwechslungsgefahr mit ähnlich gestalteten Wagen wie etwa von Simson oder Elite besteht.

Wie besagtes Emblem genau aussah und dass es eigentlich unverwechselbar war, das kann ich heute anhand zweier Aufnahmen demonstrieren, die uns einen weiteren Dürkopp-Typ der 1920er Jahre aus perfekter Perspektive zeigen.

Dass ich dabei im Titel des heutigen Blog-Eintrags eigens die „Schwarz-Weiß“-Qualität betone, mag bei Fotos jener Zeit überflüsig erscheinen – denn Farbe kam erst bei Aufnahmen ab den 1930er Jahren allmählich ins Spiel.

Doch ergibt sich der Kontrast heute aus der Farbgebung der Fahrzeuge selbst, wie sich zeigen wird. Hier haben wir den ersten Kandidaten, der stellvertretend für „Schwarz“ steht:

Dürkopp Typ P8 8/24 PS; Originalfoto aus Sammlung Klaas Dierks

Dieses schöne Dokument hat mir Leser Klaas Dierks aus seinem enormen Fundus von Qualitätsbildern der Vorkriegszeit zur Verfügung gestellt.

Dass dieser im Landkreis Duderstadt zugelassene Dürkopp des Typs P8 8/24 PS trotz gleichen Hubraums hier deutlich kompakter wirkt als das zuvor gezeigte Nachfolgemodell P8A 8/32 PS, hat zwei Gründe: Zum einen war sein Radstand um rund 15cm geringer, zum anderen sorgt hier die Perspektive für eine starke optische Verkürzung.

Diesen Blick von schräg vorne und aus der Hocke findet man in den 1920er Jahren fast nur auf Privatfotos – die Hersteller begnügten sich in ihrer Werbung meist mit Seitenansichten. Ich vermute, dass man die Autos möglichst groß wirken lassen und die Platzverhältnisse veranschaulichen wollte.

Ein weiterer Unterschied dieses Dürlopp Typ P8 8/24 PS gegenüber seinem Nachfolger besteht in der geringeren Zahl der Luftschlitze (oder „Kiemen“) in der Motorhaube. Nicht immer, aber in vielen Fällen besteht ein grober Zusammenhang zwischen der Motorleistung (und der damit verbundenen Abwärme) und der Zahl der Haubenschlitze, so auch hier.

Besser als auf den eingangs gezeigten Bildern zu erkennen ist das kursiv gehaltene „D“ – das traditionelle Dürkopp-Emblem, welches sich schon vor dem 1. Weltkrieg findet:

Dürkopp-Reklame um 1912/13; Original aus Sammlung Michael Schlenger

Das Emblem sehen wir gleich auf einer weiteren Aufnahme des Dürkopp Typ P8 8/24 PS, die nach dem zuvor gezeigten schwarzen Exemplar das Kontrastprogramm in Weiß zeigt.

Die Perspektive weicht zwar etwas ab, ist aber auf ihre Weise ebenfalls ideal. Die andere Farbgebung lässt den Wagen weit freundlicher und leichter wirken, obwohl die Übereinstimmung aller wesentlichen Details auf den denselben Typ verweist.

Achten Sie nicht nur auf den Kühler sowie die Zahl und Ausführung der Haubenschlitze, sondern auch auf den umlaufenden Wulst entlang der Gürtellinie – bei den oft sehr nüchtern gestalteten deutschen Tourenwagen der frühen 1920er Jahren eher selten:

Dürkopp Typ P8 8/24 PS; Originalfoto aus Sammlung Klaas Dierks

Ob dieses Exemplar nun tatsächlich ein perfektes weißes Pendant zu dem weiter oben gezeigten schwarzen Fahrzeug war, sei dahingestellt. Der Wagen könnteauch beige oder hellgelb gewesen sein.

Dennoch bleibt er für unsere Zwecke ideal geeignet, denn hier sieht man das Dürkopp-Emblem mit einer Deutlichkeit, wie sie mir noch bei keinem meiner eigenen Fotos begegnet ist.

Vielleicht schärft diese Aufnahme auch Ihren Blick dafür und es lassen sich so noch weitere Dürkoppwagen auf historischen Fotos dingfest machen:

Das Kennzeichen verrät, dass dieser Wagen in Osnabrück zugelassen war (Quelle: A. Herzfeld: Handbuch Deutsche KfZ-Kennzeichen, Band 1). Ob man Dürkoppwagen allgemein eher in Norddeutschland findet, wäre eine eigene Betrachtung wert.

Einen genaueren Blick verdienen allerdings wie so oft auch die auf diesem Dokumetnt verewigten Personen. Gut gefällt mir der Stil des uns ernst musternden Herrn mit Schiebermütze und Nickelbrille.

Die Kombination aus formaler Kleidung – siehe den Vatermörderkragen – und lässigen Elementen – hier dem schon etwas zerknautschten Reisemantel mit „praktischen“ Brusttaschen hat etwas ansprechend Individuelles.

Interessanter ist aber das Erscheinungsbild des älteren, schon weißhaarigen Herrn mit Schnauzbart, dessen aufrechte Haltung an einen ehemaligen Offizier denken lässt:

Zwar ist dieses Foto erst im Jahr 1928 entstanden, doch entspricht das Erscheinungsbild dieses Mannes noch weitgehend den Verhältnissen der Zeit kurz vor dem 1. Weltkrieg.

Damals hatte der jüngere Bruder von Kaiser Wilhelm II – ein ernstzunehmender Sportfahrer – die nach ihm benannte Prinz-Heinrich-Mütze unter Automobilisten populär gemacht, welche wir auch hier sehen.

Auch die Trageweise der Krawatte ist noch ganz der Vorkriegstradition verhaftet. Die selbstbewusste Haltung mit Stand- und Spielbein findet sich so bereits auf Porträts des 19. Jahrhunderts, in dem dieser Mann noch vor Erfindung des Automobils geboren worden war.

Neben diesem Blick weit zurück eröffnet sich zum Abschluss noch eine überraschende Perspektive:

Dürkopp Typ P8 8/24 PS; Originalfoto aus Sammlung Matthias Schmidt

Wer auch immer diese gekonnte Aufnahme angefertigt hatte, legte offenbar Wert auf eine malerische Bildgestaltung. Im vorliegenden Fall rahmt die Holzbrücke am oberen Bildrand die Situation auf reizvolle Weise ein.

Hier wird das Automobil quasi zum Teil der Kulturlandschaft und wirkt auf einmal viel kleiner.

Gleichzeitig geht der Blick nach oben auf die beiden Personen, die sich zum Aufnahmezeitpunkt wie bestellt auf der Brücke eingefunden haben, obwohl sie gewiss nur zufällig zugegen waren:

Dieses nicht mehr ganz junge Paar muss an jenem Tag einen Spaziergang unternommen haben, als die beiden die gewiss nicht alltägliche Situation auf der Straße unter sich bemerkten und sich nicht scheuten, mit abgelichtet zu werden.

Es sind solche kleinen Details, die im Vorübergehen von längst vergangenem Leben künden und für mich den Schwarz-Weiß-Blick auf Vorkriegsautos erst perfekt machen…

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Fund des Monats: Dürkopp Typ P 10/30 PS

Meine Reise zum Fund des Monats führt mich genau 100 Jahre zurück in die Vergangenheit – ins Jahr 1921.

Zwar passt der überlieferte Aufnahmezeitpunkt – September – nicht ganz, aber in der hessischen Wetterau herrschen gerade ebenfalls herbstliche Temperaturen: 15 Grad bei leichtem Regen und das Ende Juni.

Klimawandel? Nein, ebenso wie die hochsommerliche Wärme vor kurzem schlicht im Rahmen üblicher Wetterkapriolen.

Wirklich außergewöhnlich ist dagegen der Wagen, der auf diesem Foto abgebildet ist, das sich schon seit einigen Jahren in meiner Sammlung befindet:

Dürkopp Typ P10 10/30 PS; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Dieses Prachtstück von Tourenwagen könnte kaum wirkungsvoller aufgenommen sein:

Der schnittige Spitzkühler vor der langen Haube kommt voll zur Geltung, gleichzeitig ist die Seitenlinie nur leicht verkürzt wiedergegeben – ein geradezu perfekter Aufnahmewinkel. Gut gefällt mir auch, dass die Vorderräder leicht eingeschlagen sind, so wirkt der Wagen dynamisch, als ob er gerade eine Kurve nimmt.

Formal wie technisch kann es dieses großzügige Automobil ohne weiteres mit Modellen der frühen 1920er Jahren von etablierten Herstellern wie Benz, Opel oder Presto aufnehmen. Dabei handelte es sich jedoch lediglich um ein Nebenprodukt eines Konzerns, der sein Geld hauptsächlich mit Nähmaschinen und Zweirädern verdiente – Dürkopp aus Bielefeld.

Der einzig verlässliche Hinweis darauf ist das geschwungene „D“ auf dem Kühler (mehr zu den wechselnden Dürkopp-Emblemen hier):

Firmengründer Nikolaus Dürkopp hatte bereits Ende des 19. Jahrhunderts erste Versuche mit Automobilen unternommen. Daraus entstand eine Kleinserienproduktion, die Dürkopp quasi als Hobby betrieb – seine Autos mussten gut sein, aber kein Geld einbringen.

In dieser Nische des Dürkopp-Konzerns gediehen einige schöne Gewächse, die bereits vor dem 1. Weltkrieg von der Mittelklasse bis in die Oberklasse reichten. Anfang der 1920er Jahre gab es die breite Palette der P-Typen, die nach den Steuer-PS (grob am Hubraum orientiert) bezeichnet wurden und vom P6/24 PS bis zum P24/70 PS reichte.

Die technischen Daten dieser Typen sind in der Standardliteratur zu deutschen Vorkriegswagen umfassend dokumentiert (vgl. Werner Oswald: Deutsche Autos 1920-45).

Was Abbildungen angeht, sieht es jedoch dort wie auch andernorts dürftig aus. Wie es scheint, gibt es zur Automobilproduktion von Dürkopp weder in der Literatur noch im Netz eine spezielle Quelle, die über solche Standardangaben hinausgeht.

In älteren Ausgaben des „Oswald“ finden sich immerhin einige Prospektabbildungen, die darauf schließen lassen, dass sich die unterschiedlich motorisierten P-Typen der frühen 1920er Jahre tendenziell anhand der Zahl der Luftschlitze unterscheiden lassen.

Vier Luftschlitze fanden sich in der Motorhaube des Typs P8/24 PS, acht beim Spitzenmodell P24/70 PS und offenbar sechs beim Typ P10/30 PS.

Damit ließe sich der heute vorgestellte Dürkopp-Tourer an sich bereits als Typ P10 identifizieren. Doch so ganz trauen kann man den älteren Quellen nicht immer.

Glücklicherweise ist mir vor kurzem ein weiteres Foto desselben Typs „zugelaufen“, das auf der Rückseite von alter Hand mit „Dürkopp 10-30 HP“ beschriftet ist. Es stammt offenbar aus dem Besitz eines englischen Sammlers, der dort außerdem „German“ vermerkt hatte.

Dürkopp Typ P10 10/30 PS; Origiinalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Mit seiner Akribie hat er uns einen großen Gefallen getan, denn dieses Foto zeigt ganz offensichtlich denselben Typ – hier sogar mit „Dürkopp“-Schriftzug auf dem Kühler. Der Aufbau entspricht jedenfalls vollkommen demjenigen auf dem ersten Foto – einschließlich der sechs Luftschlitze in der hinteren Haubenhälfte.

Zwei kleine Unterschiede sind allerdings zu konstatieren: Das Dürkopp-„D“ ist nicht auf dem Kühler zu sehen, aber dafür in etwas anderer Form auf den Radnaben.

Außerdem besitzt dieses Exemplar noch gasbetriebene Beleuchtung – siehe den Karbidentwickler am vorderen Ende des Trittbretts:

Wahrscheinlich haben wir es hier mit der Erstausführung des Dürkopp Typ P10/30 PS zu tun, die bereits 1914 erschien, als bei vielen Herstellern Gasbeleuchtung noch Standard war und elektrische Scheinwerfer nur gegen Aufpreis erhältlich waren.

Gleichwohl können wir davon ausgehen, dass der im Herbst 1921 fotografierte Dürkopp trotz der modernen elektrischen Beleuchtung ansonsten ganz dem Vorkriegstyp entsprach. Jedenfalls liefert dieses zweite Foto ein starkes Indiz dafür, dass der Typ P10/30 PS tatsächlich an den sechs Haubenschlitzen zu erkennen war.

Damit sind in meiner allmählich wachsenden Dürkopp-Fotogalerie mittlerweile vier Wagen dieses eindrucksvollen Typs versammelt. Wieviele davon insgesamt entstanden, scheint nicht bekannt zu sein.

Ganz sicher war es ein exklusives Vergnügen, in einem solchen Fahrzeug unterwegs zu sein, und wir dürfen die kokett dreinschauende Dame darum beneiden, die einst das Privileg genoss:

Mehr als solche Bilder scheinen von den eindrucksvollen Dürkopp-Wagen nach 100 Jahren nicht mehr zu existieren – oder vielleicht doch?

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Stolz wie Oskar – Dürkopp Typ P8 8/32 PS Tourer

Was schreibt man zu einem alten Autofoto, das zwar ein reizvolles Dokument ist, aber es einem sehr schwer macht zu sagen, was darauf abgebildet ist?

Solche Fälle kommen erst einmal ins digitale Archiv und irgendwann „auf Wiedervorlage“ – in der Hoffnung, dass einem in der Zwischenzeit in der Literatur oder anderswo etwas begegnet ist, was den Schlüssel zur Lösung enthält.

So warf ich kürzlich wieder einen Blick auf diese Aufnahme, die einen beliebig wirkenden Tourenwagen der frühen 1920er Jahre mit Spitzkühler zeigt.

Das Foto bezieht seinen Reiz daraus, dass sich hier der in zünftiges Leder gekleidete Fahrer genau im Fokus befindet, während speziell die Vorderpartie des Automobils verschwimmt:

Dürkopp Typ P 8/32 PS; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Vermutlich lag der Film nicht ganz plan in der Kamera und die Lichtverhältnisse erforderten eine große Blende, sodass eine sehr geringe Schärfentiefe zu diesem Ergebnis führte.

Soll man so eine Aufnahme abschreiben? Etwas hielt mich davon ab und das war die ein wenig theatralische Pose des Besitzers in seinem Tourer vor dem Hintergrund einer jahrhundertealten Bruchsteinmauer.

„Stolz wie Oskar“ – das fiel mir spontan zu diesem Automobilisten ein. Wenn schon der Wagen nicht viel herzugeben scheint, geht man ersatzweise dieser Assoziation nach.

Also: Woher kommt diese Redewendung, die wohl jeder kennt und verwendet, ohne groß darüber nachzudenken? Nun, genau hat man das bis heute nicht herausgefunden – „Stolz wie Oskar“ ist erst ab dem 19. Jahrhundert belegt.

Ich vermute, dass jemand bewusst zu einem Namen gegriffen hatte, der ein wenig „exotisch“ klang. Um das zu verstehen, müssen wir uns von neuzeitlichen Assoziationen wie der Sesamstraßen-Figur „Oscar aus der Mülltonne“ losmachen.

Tatsächlich war der Name „Oskar“ einst nicht gerade alltäglich. Zwar hat er altgermanische Wurzeln und hat sich in Nordeuropa vielerorts gehalten. Doch im deutschen Sprachraum war von jeher nur die Variante „Ansgar“ geläufig. Darin sind die Bezeichnung „ans“ / „as“ für Gottheit sowie der Wurfspeer „gair“ oder der eingehegte Platz „gard“ verschmolzen.

Dagegen findet sich im Altenglischen frühzeitig ein „Osgar“, der auf germanische Einflüsse aus nachrömischer Zeit zurückgeführt wird. Doch selbst diese Tradition trat erst im 19. Jh. wieder zutage – schuld war ein Scharlatan: der Schotte James Macpherson.

Er hatte im 18. Jh. ein weitgehend erfundenes keltisches Nationalepos verfasst, das er dem legendären Dichter Ossian zuschrieb. Darin kommt auch dessen Sohn vor – Oscar!

Der Erfolg dieser Fälschung in ganz Europa ließ den Namen „Oscar“ in Mode kommen – daher das gehäufte Auftreten ab dem 19. Jahrhundert. Wer von seinen Eltern mit diesem Namen bedacht wurde, neigte dann vielleicht zu besonders stolzem Gehabe.

Damit wären wir zurück bei dem Auto, das seinen Besitzer „stolz wie Oskar“ machte.

Lässt sich vielleicht doch etwas dazu sagen, nachdem man übliche Verdächtige für solche Spitzkühlermodelle – Benz, Mercedes, Simson, Steyr usw. – ausgeschlossen hat? Ja, tatsächlich – und zwar aufgrund einiger unscheinbarer Details:

Man präge sich ein: Den hochrechteckigen kleinen Deckel im Schwellerblech vor dem hinteren Koflügel, das große Werkzeugfach weiter vorn sowie die schlichte Form der Türen, ihre Position und ihren Abstand zur Schwellerpartie.

Das findet man fast identisch an einem Wagen, den ich vor längerem im Rahmen einer Betrachtung des Typs P des Bielefelder Industriekonzerns Dürkopp (hier) vorgestellt habe.

Nicht ablenken lassen sollte man sich vom Blumenschmuck dieses Hochzeitsautos und den filigranen Drahtspeichenrädern, die optional erhältlich waren:

Dürkopp Typ P 8/32 PS; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Besagte Details erlauben die Identifikation des Wagens unseres stolzen Oskars als ebensolchen Dürkopp des Typs P8 8/32 PS, der von 1924-27 in unbekannter Stückzahl gebaut wurde.

Den ansprechend gezeichneten, jedoch technisch unauffälligen Typ P8 von Dürkopp findet man auf etlichen zeitgenössischen Fotos wieder, auch wenn man nicht gezielt danach sucht – siehe meine Dürkopp-Galerie – ganz selten kann er nicht gewesen sein.

Am Spitzkühler war beidseitig ein markantes Emblem mit geschwungenem „D“ angebracht, hier ist es leider nur schemenhaft zu sehen:

Doch kann ich mit einer weiteren Aufnahme eines solchen Dürkopp-Tourers aufwarten, an dem das Kühleremblem klar zu erkennen ist und sich alle wesentlichen Details wiederfinden – nur die Luftschlitze in der Motorhaube sind hier filigraner ausgeführt.

Hier sieht man übrigens auch den weiter oben erwähnten hochrechteckigen Deckel im Schweller vor dem hinteren Kotflügel wieder – dahinter befand sich der vordere Anlenkpunkt der Blattfeder, der regelmäßig mit Schmierfett versorgt sein wollte:

Dürkopp Typ P 8/32 PS; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Allerdings fällt auf, dass hier die Türen bei identischer Proportion und Position etwas höher auszufallen scheinen als an dem Auto vom stolzen Oskar. Dies lässt sich allerdings mit einer etwas späteren Entstehung dieses Wagens erklären, auf die auch die vernickelte (und nicht lediglich lackierte) Kühlermaske verweist.

Für dieses schöne, technisch ausgezeichnete Foto aus dem Jahr 1928 dürfte jemand verantwortlich gewesen sein, der vielleicht ebenfalls „stolz wie Oskar“ auf seinen feinen Tourenwagen und den hier auf dem Trittbrett balancierenden Nachwuchs war:

Anfänglich war ich geneigt, auch das uns freundlich anlächelnde Kind mit dem Attribut „stolz wie Oskar“ zu versehen – doch scheint es sich wohl um ein Mädchen gehandelt zu haben.

Wenn es auch neuerdings die Namensschöpfung „Oscarina“ gibt – würde ich davon absehen wollen. Der Kleinen auf dem Trittbrett dieses Dürkopp fehlt schlicht die sehr von sich eingenommene Attitüde unseres eingangs präsentierten „Herrenfahrers“.

Doch bin ich selbst ein wenig „stolz wie Oskar“, dass ich das Rätsel dieses Autos lösen konnte, an dem ich immer mal wieder vergeblich abgearbeitet hatte. Damit kann ich die Aufnahme nun endlich zu den Akten nehmen – es gibt ja noch so viel zu tun…

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Fund des Monats: Ein Dürkopp 10 PS-Modell um 1912

Gemessen am Umfang der Literatur über die Automobilproduktion von Dürkopp aus Bielefeld vor dem 1. Weltkrieg mag die Kür eines solchen Wagens für die Rubrik „Fund des Monats“ überraschen.

Altmeister Hans-Heinrich von Fersen widmete in seinem trotz Fehlern und Lücken unverzichtbaren Standardwerk „Autos in Deutschland 1885-1920“ von 1965 den frühen Dürkopp-PKWs beeindruckende neun eng beschriebene und reich bebilderte Seiten.

Er scheint dabei aus Quellen geschöpft zu haben, die möglicherweise in dem halben Jahrhundert, das seither vergangen ist, weitgehend versiegt sind. Womöglich bezog er seine detaillierten Informationen noch von alten Dürkopp-Mitarbeitern.

Allerdings fällt auf, dass er ausschließlich mit historischen Prospektabbildungen aufwarten kann, was die Dokumentation der Autoproduktion von Dürkopp angeht, die kurz vor der Jahrhundertwende ihren Anfang nahm.

Fotos von Dürkoppwagen müssen bereits zu seiner Zeit ebensolche Raritäten gewesen sein wie die Fahrzeuge selbst. Auch Halwart Schrader, der später an von Fersen anknüpfte und Teile seiner Texte und Abbildungen übernahm („Deutsche Autos 1885-1920“), konnte nur zwei Fotografien ergänzen, die Dürkopp-Wagen zeigen.

Da wundert es nicht, dass in meinem Fundus folgende Reklame lange das einzige Dokument blieb, das von der automobilen Vielfalt von Dürkopp vor dem 1. Weltkrieg kündete:

Dürkopp-Reklame von ca. 1903/04; Original aus Sammlung Michael Schlenger

Hier sehen wir einen der frühen kettengetriebenen Dürkopp-Wagen, die bis 1905 entstanden. Damals bot die Marke 4- und 6-Zylindertypen mit Leistungen ab 30 PS an.

Daneben engagierte man sich ab 1908 auch im Kleinwagensegment mit Typen in den Steuerklassen 6 bis 8 PS (ca. 1,6 bis 2 Liter Hubraum). Von allen diesen vor 1910 entstandenen Dürkopp-Wagen finden sich so gut wie keine Fotos.

Die Erklärung dafür dürfte darin liegen, dass Firmengründer Nikolaus Dürkopp – ein „Selfmademan“, der sich vom Schlosser zum Lenker eines bedeutenden Konzerns hochgearbeitet hatte – den Automobilbau eher als private Leidenschaft verfolgte.

Der Schwerpunkt des 1867 in einem Schuppen gegründeten Unternehmens – und damit auch der Gewinne – lag in der Herstellung von Nähmaschinen und Fahrrädern. Mit Autos scheint Dürkopp nie Geld verdient zu haben, die Stückzahlen blieben entsprechend klein.

Es mag der Nimbus des einst so bedeutenden Dürkopp-Werke gewesen sein, der dazu geführt hat, dass auch viele Dokumente des Autoangebots die Zeiten überdauert haben – nur Fotos tatsächlich gebauter Fahrzeuge sind unglaublich selten.

Umso größer war meine Begeisterung, als ich von Leser Hein Brand dieses Foto zugesandt bekam, bei dem man nicht lange sinnieren muss, was es zeigt:

Dürkopp-Tourenwagen um 1912; Originalfoto bereitgestellt von Hein Brand

Gleich zweimal ist der Markenschriftzug auf dem Kühler zu lesen, der ansonsten stark dem zeitgenössischer Opel-Modelle ähnelt.

Allein diese Beobachtung ist bereits Gold wert, denn damit wird man künftig Aufnahmen solcher Wagen nicht ohne genaueres Studium in die Rüsselsheimer Schublade einordnen.

Wie aber lässt sich so ein Dürkopp einordnen, wenn es zwar zahlreiche historische Prospektabbildungen von Wagen der Marke aus der Zeit vor dem 1. Weltkrieg gibt, aber keine davon eine solche Perspektive bietet?

Hier geht man am besten nach Archäologenmanier vor und schaut nach Merkmalen, die eine Einordnung in die Reihe datierter Fahrzeuge aus derselben Epoche erlauben.

Die Karbidgasscheinwerfer sind ein starkes Indiz für eine Entstehung vor dem 1. Weltkrieg, denn nur noch sehr vereinzelt wurde später gasbetriebene Lampen verwendet. Die ansteigende Linie der Motorhaube stößt auf einen etwas steiler verlaufenden Windlauf – das Blech, das zur Frontscheibe überleitet:

Das spricht für eine Datierung auf ca. 1912, denn der Windlauf verschmolz 1913/14 bei vielen deutschen Herstellern optisch mit der Haube, während er 1910/11 noch deutlicher davon abgesetzt war – oft sogar mit einer Kante abgegrenzt.

Nehmen wir 1912 als wahrscheinliches Entstehungsdatum dieses Dürkoppwagens und berücksichtigen seine moderate Größe, so spricht einiges dafür, dass wir hier einen der im selben Jahr neu eingeführten Vierzylindertypen der Baureihe NG vor uns haben.

Dabei handelte es sich um Wagen der Steuerklasse 10 bzw. 13 PS (ca. 2,6 bzw. 3,3 Liter Hubraum) mit äußerlich identischen Abmessungen. Sie boten als Novum im Zylinderkopf hängende Einlassventile, was eine bessere Leistungsausbeute ermöglichte.

Bemerkenswert ist, dass Dürkopp bei den beiden neuen Typen selbstentwickelte Vergaser verbaute – Zeugnis eines außergewöhnlichen Anspruchs bei Kleinserienwagen. Vielleicht hatte man auch eine Produktion in größerem Stil im Sinn.

Die gelang aber nicht einmal mit den kompakte Typen der 6 und 8 PS-Klasse, sonst würde man ihnen öfter begegnen – wie Opel- und Adler-Wagen dieser Größenordnung.

So bleibt es beim Eindruck, dass den vielen Abbildungen von Dürkopp-PKW in Prospekten aus der Zeit vor dem 1. Weltkrieg nur eine sehr geringe Anzahl tatsächlich gebauter Fahrzeuge gegenüberstand.

Einige wenige davon haben überlebt, darunter ein Dürkopp der 10-PS-Klasse mit Karmann-Karosserie, der zwar von 1909 stammen soll, aber mit Sicherheit einige Jahre jünger ist, denn so wie hier sah 1909 garantiert kein deutsches Serienfahrzeug aus.

Wie fast immer in solchen Fällen werden es die Insassen dieses Dürkopp-Tourenwagen genau gewusst haben, doch um sie noch zu befragen, kommen wir zu spät…

© Michael Schlenger, 2020. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

Verschwunden und vergessen? Nicht ganz: Dürkopp P8

Im fünften Jahr schreibe ich nun an diesem Blog für Vorkriegsautos auf alten Fotos. Rund 2.500 Leser nehmen daran im Monatsschnitt Anteil.

Nebenher sind viele wertvolle, oft freundschaftliche Kontakte mit Gleichgesinnten im gesamten deutschsprachigen Raum entstanden, die ohne das Internet kaum – oder zumindest nicht so schnell – zustandegekommen wären.

So erfreulich und ermutigend das ist, so bedauerlich finde ich, dass sich für einige deutsche Marken niemand mehr zuständig fühlt. Natürlich gibt es Kenner für untergegangene Hersteller wie Adler, AGA, Brennabor und Dixi, für Ley, MAF, Steiger und Stoewer – doch schon bei DUX, NAG, Phänomen, Presto und Protos wird es dünn.

Zu den kaum begreiflichen Leerstellen in dieser Hinsicht gehört die Automobilproduktion eines weiteren Herstellers: Dürkopp.

Zwar sind die Hauptprodukte der Traditionsfirma aus Bielefeld – Nähmaschinen und Zweiräder – gut dokumentiert. Doch Dürkopp hat 30 Jahre lang auch Autos gebaut (bis 1927) – in der Literatur ist dennoch fast kein Foto davon zu finden.

Im Netz herrscht ebenfalls weitgehend Fehlanzeige. Verschwunden und vergessen scheint die Automarke Dürkopp zu sein. Doch nicht ganz – in meinem Blog findet sich mittlerweile eine eigene Fotogalerie dazu – die langsam, aber stetig wächst.

Zuletzt hatte ich dieses Prachtexemplar vorgestellt – eine Dürkopp-Limousine Typ P10:

Dürkopp Typ P10 Limousine; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Das ausführliche Porträt dieses mächtigen Wagens ist hier zu finden.

Heute möchte ich gleich zwei Neuzugänge in der Dürkopp-Galerie vorstellen. Der eine mag auf den ersten Blick etwas unscheinbar wirken, was der mäßigen Qualität des Abzugs geschuldet ist. Der zweite wird umso eindrucksvoller ausfallen.

Ihren Reiz als Zeitdokumente haben aber beide Fotos – hier das erste davon:

Dürkopp 8/32 PS Typ P8A; Orignalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Unabhängig davon, was hier für ein Auto zu sehen ist und wo die Aufnahme entstanden ist: Solche Bilder macht heute niemand mehr.

Sich mit Familie und Freunden um das Automobil zu versammeln, sich in Pose zu werfen und sich für die Nachwelt ablichten zu lassen – das ist heutigen Autobesitzern vermutlich so fremd wie die korrekte Einstellung des Zündzeitpunkts.

Fotos wie dieses erzählen davon, welche enorme Errungenschaft das Aufkommen des Automobils für unsere Vorfahren einst bedeutete. Besonders gern hielt man still, wenn man in einem so ausgezeichneten Wagen aufgenommen wurde:

Der Wagen mit der sportlich geneigten, mittig unterteilten Windschutzscheibe und der langen, leicht abfallenden Motorhaube ist eindeutig als Dürkopp zu identifizieren.

Auf beiden Seiten des moderaten Spitzkühlers ist ein verspieltes „D“ zu erahnen, wie es typisch für die Wagen der Bielefelder Dürkopp-Werke war.

Dieses Detail und die 15 Luftschlitze in der Motorhaube finden sich an einem anderen Dürkopp wieder, dessen Konterfei ich vor längerer Zeit hier besprochen habe:

Dürkopp 8/32 PS Typ P8A; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Hier ist das erwähnte Dürkopp-„D“ schon besser zu erkennen. Die Zahl der Luftschlitze lässt sich ohne weiteres auf 15 ergänzen.

Allerdings steht die zweigeteilte Frontscheibe hier noch fast senkrecht – die Drahtspeichenräder scheinen ein nachgerüstetes Zubehör zu sein, zumindest werden sie in der Standardliteratur (Werner Oswald: Deutsche Autos 1920-1945) nicht erwähnt.

Schaut man genau hin, erkennt man hinter dem Ersatzrad genau dieselbe glänzende Lochblende, die auf dem vorherigen Foto vor der A-Säule zu sehen ist. Die meisten übrigen Details stimmen ebenfalls überein.

Wenn wir schon bei der erwähnten Lochblende sind, die der Belüftung des vom Motor aufgeheizten Fußraums diente – auf folgender Aufnahme findet sie sich wieder:

Dürkopp 8/32 PS Typ P8A; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Über den Anlass der Aufnahme – eine Hochzeit – müssen wir nicht viel spekulieren. Leider konnte ich den Aufnahmeort bislang nicht identifizieren.

Offenbar steht der Dürkopp vor dem Seitenportal einer mächtigen gotischen Kirche. Merkwürdig ist die geneigte, schmucklose Mauer aus hellen Kalksteinquadern daneben, die man eher als Teil einer Stadtumwehrung einordnen würde.

Oder stützt sie einen erhalten gebliebenen Teil eines romanischen Vorgängerbaus der Kirche ab? Wer dazu eine Idee hat, nutze bitte die Kommentarfunktion.

Zurück zum Dürkopp:

Auch hier haben wir wieder Drahtspeichenräder, diesmal aber in Kombination mit einer markanten Zentralverschlussmutter, deren Form mir in der Vorkriegszeit bislang andernorts noch nicht begegnet ist – weiß jemand etwas dazu?

Auffallend ist auch der Ersatzreifen, der noch wie ein Überbleibsel aus der automobilen Frühzeit wirkt, als dem Reifengummi noch kein Ruß beigemischt wurde, weshalb die Reifen hellbeige statt schwarz war.

Allerdings kann auch das Reflektionsverhalten des Ersatzreifens ein anderes gewesen sein als das der im Einsatz befindlichen Reifen. Bei einem Schwarz-Weiß-Foto kann dies erhebliche Auswirkungen auf den realisierten Grauwert haben.

Auch hier haben wir übrigens eine Version mit senkrecht stehender Frontscheibe. Ob das ein Kennzeichen früher Ausführungen des ab 1924 gebauten Dürkopp Typ 8/32 PS war oder nicht, muss vorerst offenbleiben.

Und noch etwas ist nicht gesichert: Dass es sich überhaupt um einen Typ P8 8/32 PS von Dürkopp handelt. Die Ausführung mit den (rund) 15 Luftschlitzen ist nämlich in der mir zugänglichen Literatur nirgends abgebildet.

Nur der Vorgänger Dürkopp Typ P 8/24 PS mit vier Luftschlitzen ist dort dokumentiert. Ein mutmaßliches Exemplar davon konnte ich vor längerer Zeit hier unter Vorbehalt dingfest machen.

Zwar heißt es, nur der Typ P8 habe „zahlenmäßig eine gewisse Bedeutung“ erlangt, was die Annahme erlaubt, dass die meisten erhaltenen Fotos von Dürkopp-Wagen der 1920er Jahre dieses Modell zeigen.

Doch gab es daneben bis 1926 auch einen großen Typ P12 mit 12/45 PS-Sechsyzlinder. Davon konnte ich bisher keine Spuren finden, sodass es an Vergleichsmaterial fehlt. Das kann sich aber ändern, wie mich meine Erfahrung lehrt.

Ein abschließendes Urteil „verschwunden und vergessen“ ist jedenfalls unangebracht, das zeigen schon die bisher unpublizierten Fotos, die ich bislang von den einst so wirkungsvollen Dürkopp-Wagen zusammentragen konnte.

Was aber mag vor über 90 Jahren die junge Braut so nachdenklich oder missmutig gestimmt haben, dass sie nicht einmal in die Kamera schauen mochte?

Auch die übrigen Herrschaften zeigen sich eher ernst – nur der Chauffeur lächelt pflichtschuldig ins Objektiv. Ihm konnte ja auch egal sein, was die Atmosphäre auf der Rückbank möglicherweise verdüsterte.

Hauptsache, der Dürkopp verrichtet unauffällig seinen Dienst, mag er sich gedacht haben.

Dafür werden die Techniker und Arbeiter des Bielefelder Maschinenbauers schon gesorgt haben. Vielleicht erfährt deren Leistung im Automobilbau ja irgendwann doch noch eine angemessene Gesamtwürdigung…

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Großraumlimousine der frühen 1920er: Dürkopp P10

Seit 2015 befasst sich der Verfasser dieses Blogs für Vorkriegsautos auf alten Fotos schwerpunktmäßig mit Fabrikaten aus dem deutschen Sprachraum. Vor allem zwei Dinge fallen dabei ins Auge:

Das eine ist die unerhörte Präsenz von US-Fabrikaten in der Zwischenkriegszeit, die in den sogenannten Oldtimermagazinen hierzulande kaum Widerhall findet.

Das andere ist die desolate Literaturlage bei prominenten Herstellern wie Adler, Brennabor, Dixi, Dux, Elite, NAG, Phänomen, Protos, Presto und Simson.

In einigen Fällen liegen die letzten Bemühungen um Aufarbeitung der Automobilhistorie dieser Marken Jahrzehnte zurück, in anderen Fällen gibt es bis heute keine. Ein Beispiel dafür ist die Traditionsmarke Dürkopp.

Schon vor 1900 hatte der Nähmaschinen- und Fahrradhersteller aus Bielefeld die ersten Automobile gebaut, damals noch nach französischem Vorbild. Bereits 1905 bot man eine ganze Reihe unterschiedlicher Typen an:

Dürkopp-Reklame um 1905; Original aus Sammlung Michael Schlenger

Zum damaligen Programm gehörten bereits Sechszylinder, und sogar mit Achtzylindermotoren experimentierte Dürkopp.

Für den Ehrgeiz, den die Bielefelder in automobiler Hinsicht entwickelten, standen auch die beiden größten Modelle vor dem 1. Weltkrieg – die Typen 25/60 und 40/100 PS.

In diesen Sphären bewegten sich zu jener Zeit in Deutschland sonst nur Hersteller vom Kaliber Daimler, Benz und Opel. Die außenliegenden Auspuffrohre an dem Dürkopp der folgenden Reklame von 1912 unterstreichen den Anspruch der Marke:

Dürkopp-Reklame von 1912; Original aus Sammlung Michael Schlenger

Doch auch das Einsteigersegment wusste Dürkopp zu bedienen. Ab 1909 waren unter der kuriosen Bezeichnung „Knipperdolling“ kompakte Vierzylinder erhältlich.

Die beiden in folgender Reklame genannten Motorisierungen lassen sich nur bedingt mit den Angaben der veralteten und fehlerhaften Literatur zur Deckung bringen:

Dürkopp-Reklame, undatiert; Original aus Sammlung Michael Schlenger

Der Typ 5/13 PS tritt in der Literatur nur an einer Stelle in Erscheinung, ansonsten geht es dort mit den Typen 6/14 PS, 8/12 und 8/15 PS ohne zeitliche Einordnung fröhlich durcheinander. Immerhin wird der 6/16 PS aus der Reklame auch einmal genannt.

Man sieht, wie lückenhaft der literarisch dokumentierte Wissenstand war – natürlich ist heute mehr Material vorhanden, es macht nur keiner etwas daraus.

Mit einem Dürkopp-Wagen aus der Zeit vor dem 1. Weltkrieg werden wir uns gelegentlich noch beschäftigen. Heute zieht es uns aber in die Nachkriegszeit und die folgende Reklame mit dem markanten Spitzkühler ist ein Vorbote dafür:

Dürkopp-Reklame ab ca. 1918; Original aus Sammlung Michael Schlenger

Genau datieren ließ sich diese Reklame bislang nicht – vermutlich schloss sich Dürkopp erst nach Ende des 1. Weltkriegs der ab 1914 auftretenden Spitzkühlermode an.

Dass der stilisierte Wagen auf der Reklame noch keine elektrischen Scheinwerfer besitzt, ist allenfalls ein Indiz für eine Entstehung vor 1918.

Nach Kriegsende knüpfte Dürkopp mit den Modellen der P-Reihe an bisherige Traditionen an und bot nun neben Vierzylindern auch wieder Sechszylinder an.

Ein eindrucksvolles Exemplar des mittleren Vierzylindertyps P10 10/30 PS haben wir vor längerer Zeit hier schon einmal vorgestellt:

Dürkopp Typ P10 10/30 PS; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Diese vorzügliche – wohl von einem Berufsfotografen erstellte – Aufnahme entstand 1924 im Tiergarten in Berlin.

Die feinen jungen Damen, die sich dort einst vor dem gediegenenen Wagen mit Chauffeur haben ablichten lassen, stehen in denkbar großem Kontrast zu der Aufnahme eines weiteren Dürkopp P10, die wir heute präsentieren wollen.

Das Foto führt uns nicht nur hinaus auf’s Land, sondern auch in winterliches Schmuddelwetter, das deutliche Spuren auf dem Wagen und seinen Insassen hinterlassen hat:

Dürkopp Typ P10 10/30 PS; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Die Datierung dieses Dürkopp mit ungewöhnlichem Aufbau als sechsfenstriger Chauffeur-Limousine ist nicht ganz einfach.

Der ausgeprägte Spitzkühler und die markante Knickscheibe – letztere bei geschlossenen Aufbauten selten – sprechen für die frühen 1920er Jahre. 

Dass die Kühlermaske im Unterschied zu dem in Berlin aufgenommenen Dürkopp desselben Typs vernickelt und nicht mehr lediglich lackiert ist, könnte auf eine spätere Entstehung hindeuten. Allerdings kann es sich auch um ein Extra handeln.

Ansonsten ist weitgehende Übereinstimmung zu konstatieren: Die (sechs) in der hinteren Hälfte angesiedelten, breiten und weit auseinanderliegenden Luftschlitze in der Haube, die Räder mit abnehmbaren Felgen sowie die Nabenkappe mit querlaufendem Schriftzug und fünf Bolzen sind an beiden Wagen zu sehen.

Das Dürkopp-Emblem – ein geschwungenes D auf einer dreieckigen Plakette –  ist auf dem bereits angegriffenen zweiten Foto nur schemenhaft zu erkennen:

Ein Dürkopp mit einer derartigen Karosserie ist dem Verfasser bisher noch nicht begegnet. Der großzügige Zuschnitt unterstreicht wie bei dem feinen Aufbau des in Berlin 1924 aufgenommenen Typs P10 den gehobenen Anspruch von Dürkopp.

Was aber haben wir von diesmal durchweg männlichen Fahrern und Insassen „unseres“ Dürkopp zu halten?

Aus heutiger Sicht ist das schwer zu beurteilen, da es zumindest auf dem Lande auch für den vermögenden Besitzer normal war, dass man sich bei winterlichen Ausfahrten „richtig dreckig“ machen konnte – nebenbei etwas, das wohl nur Männern liegt.

Hier sehen wir außerdem, dass die trotz des „Sauwetters“ gutgelaunten Herren mit ihrem großzügigen Dürkopp nicht allein unterwegs waren.

Dahinter ist ein Opel geparkt, der offenbar auch nicht geschont wurde – warum auch, dafür wurden diese Wagen einst gemacht. Sein Kennzeichen könnte übrigens auf eine Zulassung in Thüringen hindeuten.

Aufgrund des „uniformen“ Erscheinungsbilds der Männer – speziell der bei Chauffeuren verbreiteten Schirmmützen – ist anzunehmen, dass wir es hier mit einer Art „Betriebsausflug“ von Kraftfahrern zu tun haben.

Offenbar konnten sie sich in ihrer kargen Freizeit – seinerzeit war die Sechstage-Arbeitswoche Standard – eine Spritztour in ihren Wagen leisten.

Das lässt vermuten, dass man als Fahrer eines Chauffeurwagens damals selbst in einer privilegierten Position war, die nichts mit dem (selbstgewählten) prekären Dasein vieler heutiger Taxifahrer zu tun hatte.

Speziell ein in Manufaktur gefertigter Dürkopp war damals dermaßen teuer, dass er einst kaum von seinen Fahrern finanziert werden konnte. Sofern es sich nicht um exklusive Wagen eines einzelnen Besitzers handelte, müssen diese Autos spezialisierten Firmen gehört haben, die solche hochwertigen Fahrzeuge mit Chauffeur anboten.

Wer mehr dazu weiß – natürlich auch zu dem Dürkopp-Typ auf dem Foto – möge dazu die Kommentarfunktion nutzen. Der Verfasser freut sich auf jede neue oder auch korrigierende Erkenntnis!

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Bilderbuch-Tourenwagen: Ein Dürkopp P8 A

Dieser Oldtimerblog stützt sich bei der Besprechung historischer Originalfotos von Vorkriegsautos auf ein ganzes Arsenal einschlägiger Bücher.

Von den brillianten Werken zu den vier einstigen Auto-Union-Marken abgesehen, spiegelt ein Großteil dieser Literatur aber noch den Kenntnisstand und Bildbestand der 1970/80er Jahre wider.

Es gibt immerhin einige Hoffnungsschimmer: Michael Schick wird 2017 sein vergriffenes Buch zur Edelmarke Steiger wieder auflegen – für den Verfasser in automobiler Hinsicht die Nachricht des Jahres. Dann gibt es da ein Werk zu AGA von Kai-Uwe Merz – mit dieser Marke werden wir uns auch noch beschäftigen.

Düster aus sieht es aber bei einst angesehenen deutschen Herstellern wie Brennabor, Dürkopp und Presto. Völlig ohne markenspezifische Literatur ist man auf die wenigen Fotos im „Oswald“ (Deutsche Autos von 1920-45) aus dem Jahr 1977 angewiesen.

Nehmen wir Dürkopp als Beispiel. Die Fotos im Fundus des Verfassers lassen sich den überlieferten Modellen teils nur mit erheblicher Unsicherheit zuordnen. Immerhin konnten hier mit einiger Sicherheit Wagen der Typen P8 und P 10 identifziert werden.

Heute wollen wir uns einen weiteren Dürkopp vornehmen und eine Hypothese zum mutmaßlichen Typ aufstellen. Weiterführende Hinweise sachkundiger Leser sind natürlich willkommen.

Im Hinblick auf das folgende Foto sind zwei Dinge sicher: Es handelt sich um einen Dürkopp-Tourenwagen der 1920er Jahre und es ist eine Bilderbuch-Aufnahme.

© Dürkopp P8 A; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Das ist ein Foto, an dem man sich kaum satt sehen kann. Ein großzügiger Tourenwagen mit Spitzkühler kontrastreich und gestochen scharf aufgenommen, dazu noch vier Insassen, die aufmerksam und freundlich in die Kamera schauen.

Der mutmaßliche Fahrer des Wagens, der diese Situation einst vor rund 90 Jahren für uns einfing, verstand nicht nur etwas von Autos. Hier beherrschte jemand auch den Umgang mit Tiefenschärfe, Licht und Schatten, was die Schwarzweißfotografie bis heute so faszinierend macht.

Genug des Lobes, schauen wir uns den Wagen systematisch an:

Der Spitzkühler entspricht dem von Benz nach dem 1. Weltkrieg verbauten Typ – wäre da nicht das „D“ in einem dreieckigen Emblem, das auf Dürkopp verweist.

Die Verchromung der Kühlermaske und der scharf geschnittene Bug sind Unterscheidungsmerkmale gegenüber dem hier bereits vorgestellten Dürkopp 8/24 PS Typ 8, wie er von 1919-24 gebaut wurde.

Auch die enger beieinanderliegenden Luftschlitze und die Chromeinfassung der Windschutzscheibe verweisen zumindest auf ein höherwertiges, eventuell weiterentwickeltes Modell.

Denkbar ist, dass wir es hier mit einem Dürkopp Typ P8 A zu tun haben, der bei sonst identischer 4-Zylinder-Motorisierung 32 PS aus 2,1 Liter leistete. Der Wagen wurde von 1924-27 gebaut und war etwas länger als der Vorgänger P8.

Leider sind die Reifendimensionen auf dem Foto nicht zu lesen, denn der Typ P8 wich auch hier vom Typ P8 ab, wenn man der Literatur Glauben schenken darf.

Ob sich die Identifikation des Typs bestätigt oder nicht, wird die Zeit zeigen. Im Unterschied zum gedruckten Buch hat ein Internetblog den Vorteil, dass neue Erkenntnisse sofort verarbeitet werden können.

Dürkopp-Freunde dürfen sich übrigens auf das Foto eines 6-Zylindertyps freuen, der hier demnächst präsentiert wird. Für heute lassen wir es dabei bewenden und schauen uns noch einmal die Insassen des eindrucksvollen Dürkopp-Tourenwagen an:

Man geht wohl nicht fehl, wenn man hier drei Generationen einer Familie sieht. Die Bekleidung ist zünftig – alle tragen Lederjacken oder -mäntel, teilweise mit Pelzkragen. Leder ist auch heute immer noch eine gute Wahl, wenn man guten Kälteschutz mit stilvollem, zu historischen Fahrzeugen passenden Auftritt anstrebt.

Das so freundlich und hoffnungsfroh in die Linse blickende kleine Mädchen auf dem Trittbrett erinnert daran, dass auch Kinder nicht unbedingt wie kunterbunte Knallbonbons gekleidet herumlaufen müssen.

Das Foto dürfte Ende der 1920er entstanden sein, also könnte die Kleine auf dem Trittbrett heute als alte Dame noch unter uns weilen. Der Dürkopp dagegen ist mit hoher Wahrscheinlichkeit den Weg vielen alten Blechs gegangen, der hierzulande spätestens nach dem 2. Weltkrieg auf den Schrottplatz führte…

Ein rarer Dürkopp P8 Tourer um 1925

Es soll Leute geben, die sich einen seltenen Vorkriegswagen aus deutscher Produktion zulegen möchten, denen aber Kompressor-Mercedes der Zwischenkriegszeit zu gewöhnlich sind.

Dieser Oldtimerblog bietet anhand historischer Originalfotos reichlich Anregung. Im Angebot wären Tourer von Hansa, NAG, Presto oder Steiger. Aber: Zu diesen Marken gibt es Literatur und Websites von Enthusiasten – das ist nicht exklusiv genug.

Dann sollte man es mit Dürkopp aus Bielefeld versuchen. Moment, waren das nicht Massenfabrikate? Schon, aber das gilt nur für Zweiräder und Nähmaschinen. Die Autos des Bielefelder Konzerns waren dagegen schon immer Raritäten.

Für Liebhaber des Außergewöhnlichen aus deutschen Landen haben wir drei Nachrichten:

Erstens gibt es nach Kenntnis des Verfassers kein Buch über die Dürkopp-Wagen. Man darf also auf keine tiefergehenden Informationen hoffen.

Zweitens zeigt das Standardwerk über deutsche Automobile der Vorkriegszeit (Werner Oswald: „Deutsche Autos 1920-1945“, 1977 ) nur wenige (Prospekt-) Abbildungen von Dürkopp-Wagen und genaue Stückzahlen sind nicht bekannt.

Drittens: Auf diesem Blog gibt es aktuell (Stand: Oktober 2016) ein halbes Dutzend Bilder von Dürkopp-PKW – und zwar aussagefähige originale Fotografien!

Nachdem wir hier zuletzt ein großzügiges Landaulet des Typs Dürkopp P10 vorgestellt haben, ist nun folgende Abbildung an der Reihe:

© Dürkopp Typ P8, um 1925; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Diese Aufnahme wurde vom Verkäufer als „Mercedes“ angepriesen. Man kann es ihm nicht verdenken: Die Kühlermaske der nach dem 1. Weltkrieg gebauten Dürkopp-Wagen glich auffallend derjenigen von Benz und Daimler.

Wo bei den Mercedes-Spitzkühlerautos jener Zeit der dreizackige Stern saß, befand sich bei Dürkopp ein dreieckiges Emblem mit einem geschwungenen „D“. Heute wäre das plagiatsverdächtig, doch damals stieß sich niemand daran.

Die relativ kurze Motorhaube und die Wahrscheinlicheit sprechen dafür, dass der abgebildete Dürkopp ein Wagen des am häufigsten gebauten kleinen Typs P8 ist.

Das Modell mit seinem 2,1 Liter messenden Vierzylindermotor basierte auf einer Vorkriegskonstruktion und wurde von 1919 bis zum Ende der Dürkopp-Autofabrikation  1927 hergestellt.

Dabei gewann der Typ P8 im Lauf der Jahre nicht nur an Motorleistung (von 24 auf 40 PS), sondern wurde auch äußerlich behutsam modernisiert. Mangels Literatur und datierter Abbildungen um Netz sind diesbezüglich nur Vermutungen möglich.

Am Anfang stand wohl eine Karosserie nach Vorkriegsmanier („Tulpenform“) mit wenigen großen Luftschlitzen in der Haube und relativ flachem Kühler, die hier bereits vorgestellt wurde.

Nach dem 1. Weltkrieg scheint dann zunächst ein ausgeprägter Spitzkühler dominiert zu haben (Beispiel folgt). Um die Mitte der 1920er Jahre kam ein nur noch leicht V-förmiger Kühler zum Einsatz, wofür auf 1924 datierte Fotos des Dürkopp P8 auf einer Automobilausstellung in den Niederlanden sprechen.

Diese mittleren bis späteren Ausführungen besaßen eine lange Reihe schmalerer Luftschlitze wie im Fall des Wagens auf unserem Foto. Auch das elektrisch betriebene Horn spricht für eine Entstehung in den fortgeschrittenen 1920er Jahren.

Wo das Bild entstanden ist, bleibt vorerst ungewiss. Der Dürkopp mit dem frohgemuten Fahrer scheint vor einer Werkstatt oder Tankstelle entstanden zu sein:

Leider weist der Abzug starke Beschädigungen auf, die sich nur teilweise retuschieren ließen. Immerhin erkennt man ein Emaille-Schild im Hintergrund mit dem Schriftzug AGRIPPINA.

Dies stellt einen Bezug zu Köln am Rhein her, denn Agrippina war die 15 n. Chr. in Köln geborene Urenkelin des römischen Kaisers Augustus, Ehefrau von Kaiser Claudius und Mutter von Kaiser Nero – viel prominenter geht’s nicht.

Das Kölner Stadtwappen unter der unleserlichen zweiten Zeile auf dem Schild weist ebenfalls auf die alte Römerstadt hin. Eine Werbung für die einstige Agrippina-Versicherung scheint es nicht zu sein, aber was stattdessen?

Der Mann mit Schirmmütze und Uniform im Hintergrund gehörte übrigens zur Wach- und Schließgesellschaft, erkennbar an den gekreuzten Schlüsseln auf dem Kragen. Diesen Hinweis vedanken wir einem sachkundigen Leser dieses Blogs.

1924: Im Dürkopp P10 Landaulet unterwegs in Berlin

Auf diesem Oldtimer-Blog kommen Freunde deutscher Vorkriegswagen auf ihre Kosten. Denn hier werden nicht nur die Großserienhersteller wie Adler, BMW, DKW, Hanomag, Opel und Mercedes-Benz abgehandelt.

Auch vergessene Marken wie AGA, NAG, Hansa, Protos, Stoewer und Wanderer usw. finden angemessene Würdigung.

Heute widmen wir uns dem Bielefelder Hersteller Dürkopp, aus dessen wenig bekannter PKW-Produktion hier bereits der Typ P8 der 1920er Jahre vorgestellt wurde.

Daneben baute Dürkopp in seinem Werk in Berlin in kleinen Stückzahlen Wagen der Luxusklasse, von denen einer auf folgendem hervorragenden Foto zu sehen ist:

© Dürkopp P10 Landaulet; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Die außerordentliche Qualität dieses Abzugs dürfte dem Einsatz einer großen Plattenkamera zu verdanken sein. Das Negativformat machte eine Vergrößerung überflüssig und das Positiv wurde erkennbar von kundiger Hand geschaffen.

Spektakulär ist aber auch der abgebildete Wagen mit Landaulet-Karosserie. In der spärlichen Literatur über die Automobile von Dürkopp findet sich zum Glück eine exakte Entsprechung. So ist auf Seite 104 des Standardwerks „Deutsche Autos 1920-45“ von Werner Oswald dasselbe Modell abgebildet, dort als Typ P10 bezeichnet.

Der 1914 vorgestellte Wagen hatte einen 2,6 Liter Motor mit 30 PS Leistung. In ähnlichem Erscheinungsbild waren daneben stärkere und größere Typen erhältlich, die zwischen 45 und 70 PS leisteten.

Ihnen gemeinsam war der Spitzkühler mit „Dürkopp“-Emblem auf beiden Seiten:

Auf der Nabenkappe ahnt man ebenfalls den Markennamen. Die elektrisch betriebenen Scheinwerfer wie auch die wenig vorteilhafte Kleidung der überrascht schauenden jungen Dame vor dem Wagen verweisen auf die 1920er Jahre.

Fotos jener Zeit zeigen häufig Frauen, die sich zwar aus dem Korsett der Kaiserzeit befreit hatten, nun aber sackartige Kleider überzogen, die ihrer Anatomie wenig schmeichelten. Diese modische Verirrung war zum Glück ein vorübergehendes Phänomen…

Interessant ist allerdings die noch an die Kaiserzeit erinnernde Rocklänge und der breitkrempige Hut. Offenbar war diese junge Dame noch nicht ganz auf der Höhe der Zeit.

Zurück zu dem eindrucksvollen Dürkopp. Zwar verdeckt unser „Fotomodell“ die Motorhaube, doch die Proportionen machen es wahrscheinlich, dass wir es mit einem Wagen des Typs P10 und nicht einer größeren Variante zu tun haben.

Interessanter als die Frage der Motorisierung ist ohnehin der Landaulet-Aufbau:

Hier stellt sich die Frage: Konnte das Verdeck über der Rückbank tatsächlich geöffnet werden, wie es bei einem Landaulet-Aufbau üblich war? Das Fehlen einer Verdeckstange stimmt jedenfalls skeptisch.

Vermutlich wäre zumindest die hintere der beiden Damen dankbar gewesen, in der geschlossenen Kabine unterwegs sein zu können. Die vordere scheint sich mit hohem Kragen, Fuchspelz und Handschuhen eher für kühles Wetter zurechtgemacht zu haben als ihre etwas unglücklich dreinschauende Mitinsassin.

Interessant auch hier der Gegensatz zwischen der mondänen Erscheinung im Vordergrund und der äußerlich noch in der Vorkriegszeit „hängengebliebenen“ Person dahinter.

Einen abschließenden Blick verdienen auch die beiden Herren auf den Vordersitzen:

Wie beim klassischen Landaulet üblich, ist das Personal weniger komfortabel untergebracht. Immerhin sitzt der Fahrer hier nicht mehr ganz im Freien, wie das zu Kutschenzeiten noch üblich war.

Doch außenliegende Handbremse und Hupe stehen einem Seitenfenster entgegen. Wenigstens der Schalthebel ist im Innenraum angebracht. Man mag das belächeln, doch konnte das Auto nicht von Anfang an die Finessen bieten, ohne die sich viele verunsicherte Zeitgenossen heute kaum noch aus der Garage trauen.

Aufmerksame Beobachter werden registrieren, dass der Fahrer seine Anweisungen über ein Rohr aus dem Innenraum erhielt. Das Pendant dazu ist heute die elektronische Stimme des Navigationsgeräts, das mehr oder minder sinnvolle Befehle gibt.

Im Fall unseres Fotos wissen wir sogar, wie die Anweisung an den Chauffeur dieses Dürkopp Typ P10 einst lautete: „Fahren Sie bitte in den Tiergarten.“ Genau dort in Berlin im Jahr 1924 ist diese beeindruckende Aufnahme entstanden.

Die Personen auf dem Foto schauen uns an, als sei es gestern gewesen. Doch von ihnen ist wohl nichts mehr geblieben als diese Momentaufnahme. So mahnen diese alten Bilder stets auch an die Vergänglichkeit – vielleicht eines der Motive, weshalb kluge Menschen alte Autos lieben…

Sensation für Straßenkinder: Ein Dürkopp Typ P8

Vor rund 100 Jahren war ein Automobil in weiten Teilen Deutschlands noch eine Sensation. Im Unterschied zu Frankreich, England und erst recht den USA war der Motorisierungsgrad der deutschen Bevölkerung nur gering.

Der 1. Weltkrieg wirkte zwar wie ein Brandbeschleuniger auf die technische Entwicklung. Die Folgen von vier Jahren Kriegswirtschaft und die erdrückenden Auflagen des Versailler Vertrags standen aber der weiteren Verbreitung des Autos entgegen.

So machte ein Wagen selbst in Städten vielerorts noch mächtig Eindruck, vor allem wenn es so ein großzügiges Fahrzeug wie auf folgendem Originalfoto war:

© Dürkopp Typ P8; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Wenn man sich mit Automobilen der Zeit vor und nach dem 1. Weltkrieg befasst, meint man, einen Tourenwagen dieses Typ schon x-mal gesehen zu haben.

Auf den ersten Blick erscheint alles konventionell: Eckige Haube,  Speichenräder, verstellbare Windschutzscheibe, Reserverad und ein schlichter offener Aufbau für vier bis sechs Personen. So sahen viele Tourenwagen deutscher Hersteller von etwa 1912 bis in die erste Hälfte der 1920er Jahre aus.

Doch beim näheren Hinsehen zeigt sich ein Detail, das die Identifikation der Marke und auch des Typs erlaubt:

Seitlich auf der Motorhaube sieht man das obere Ende von vier Luftschlitzen in der Sonne glänzen. Ihre Zahl und die Anordnung im hinteren Bereich finden sich so nur beim Typ P8 der Marke Dürkopp.

Der Name Dürkopp ist vielen Freunden historischer Technik geläufig – allerdings eher für Nähmaschinen, Fahr- und Motorräder. Dass die Bielefelder Firma von 1902 bis 1927 eigenständige Automobile baute, ist wohl weniger bekannt.

Dabei tat sich Dürkopp bis 1914 mit einer Reihe großvolumiger Vierzylinderwagen hervor, die 45 bis 100 PS leisteten. Kurz vor Kriegausbruch stellte man mit dem P-Typ eine Neukonstruktion vor, die ab 1919 weitergebaut wurde. Mit solch einem Dürkopp Typ P haben wir es wahrscheinlich zu tun.

Wie so oft bei untergegangenen deutschen Marken der Frühzeit gibt es in der Literatur nur wenig brauchbares und verlässliches Material dazu. So wird ein und derselbe Dürkopp auf einem Foto in Halwart Schraders Werk „Deutsche Autos 1885-1920“ als 8/30 PS bezeichnet und in Werner Oswalds Darstellung „Deutsche Autos 1920-45“ als 8/24 PS.

Sei’s drum, die Dürkopp P8-Typen sahen jedenfalls genauso aus wie das Fahrzeug auf unserer Abbildung. Bleibt die Frage nach der Motorisierung. Den Dürkopp Typ P8 gab es zwischen 1919 und 1926 mit 2,1 Liter großen Vierzylindermotoren, die anfänglich 24 und zuletzt 40 PS leisteten.

Für die Straßenkinder auf dem Bild dürfte der Dürkopp so oder so sensationell genug gewesen sein:

Interessant, dass von den Eltern weit und breit nichts zu sehen ist – sie waren mit der Bewältigung eines harten Arbeitsalltags genug beschäftigt.

Einen Gutteil der Erziehung leisteten damals die älteren Geschwister oder die Nachbarskinder. Man mag das bedenklich finden, doch das andere Extrem der „Helikoptereltern“ von heute ist nicht minder schaurig.

Interessant nebenbei ist das Motorrad mit Riemenantrieb, das hinter dem Heck des Dürkopp hervorlugt. Hier dürfte eine Typbestimmung aussichtslos sein.

Für Dürkopp-Freunde hält der Verfasser übrigens noch eine ganze Reihe hervorragender Originalfotos der 1920er Jahre bereit – dazu demnächst mehr…