Ich weiß ja nicht, wie das Wetter bei Ihnen gerade ist – jedenfalls in meiner Heimatregion, der hessischen Wetterau, will der Sommer dieses Jahr nicht so recht zünden.
Gewiss: man ist verwöhnt in meiner Gegend mit ihrem ausgeglichenen, tendenziell warmen Mikroklima, das bereits den Römern im 1. Jh. aufgefallen war, weshalb sie diesen Zipfel mit enormem Aufwand bei der Grenzsicherung (Limes) ihrem Imperium einverleibten.
Die letzten Jahre hatten wir herrliche Sommer mit besonders vielen Sonnentagen, gefolgt von harmlosen Wintern, in denen das Regendefizit sich wieder ausglich – ganz gleich, was die Klimapaniker erzählten, blieb alles im Rahmen dessen, was ich seit 50 Jahren kenne.
Doch seit letzten Herbst litt die Psyche unter nicht enden wollenden Niederschlägen – für mich als Sonnenverehrer eine schwere Zeit. Erst in den letzten Wochen gab es eine Reihe prächtiger Sommertage, wenn auch immer wieder unterbrochen von reichlich Regen.
Die Rosen im Garten reagierten auf diese Abfolge nicht erfreut. Die sonst üppige Blüte wollte sich nicht einstellen und die üblichen Rosenkrankheiten waren ausgeprägter als sonst.
Der verstolperte Sommeranfang stand in Gegensatz zu den täglichen Unwetterwarnungen mit groteskem Vokabular. Man lernt bei der Lektüre des einst stocknüchternen Wetterberichts heute ständig dazu: Gewitterzellen, Wasserbomben, Horrorhagel und dergleichen Wortschöpfungen, die auf Spaßvögel oder eher Angstpsychotiker schließen lassen.
Daran anknüpfend will ich heute eine dringende Bitte aussprechen: Nutzen Sie jeden halbwegs passablen Sommertag dazu, sich der Sonne zu exponieren – aber nur mit Maß, denn wie ich kürzlich las, gibt es „keine gesunde Bräune“!
Beeilen Sie sich, schon bald kann das Wetter ins gefährliche Gegenteil umschlagen, dann gilt es, Schutzräume aufzusuchen oder den Aufenthalt im Freien genau zu überlegen bzw. fachkundigen Rat einzuholen. Vermeiden Sie unbedingt jedes eigene Urteil!
Nach dieser politisch korrekten Einleitung kann ich mit dem perfekt passenden Autofoto aufwarten:

„Schnell ins Strandbad, bevor es zu spät ist!„, das möchte man diesem der Kleidung nach zu urteilen aus dem Norden stammenden Herrn mit Knickerbockern zurufen, der gerade dem Taxifahrer noch ein paar Lire extra zugesteckt hat und es offenbar eilig hat.
Warum er sich so hektisch verhält? Hatte er sich vom örtlichen Wetterbericht in Panik versetzen lassen, der nur noch ein paar Sonnenstunden in Aussicht stellte, bevor ein schweres Unwetter den Aufenthalt im Freien lebensgefährlich macht?
Wohl kaum. Auch musste er nicht fürchten, eine Fährabfahrt zu verpassen, wie man hier vielleicht meinen könnte, wenn man historische Hafenansichten etwa aus Neapel kennt.
Nein, er könnte ganz entspannt dem mondänen Gebäude im Jugendstil entgegenschlendern, den man in Italien als „Liberty“-Stil kennt und der dort eher selten anzutreffen ist. Das gilt vor allem für die Region, in welcher dieses Foto einst entstand.
Es bedurfte einiger Recherchen, um die Lokalität herauszufinden. Tatsächlich sind wir hier Zeuge einer Situation auf Sizilien in der Nähe von Palermo. Man möchte nicht meinen, dass dort nach der Barockepoche noch irgendwelche Bauten von Rang entstanden.
Und doch haben wir hier ein rares Beispiel – vielleicht ein Unikum, über dessen genaue Entstehung nicht allzuviel bekannt ist. Inspiriert wurde es ausgerechnet von einem Mailänder namens Luigi Scaglia, der anno 1906 anlässlich des Autorennens „Targa Florio“ die Gegend kennenlernte – Sie sehen, ich verfehle das eigentliche Thema nicht völlig.
Er schlug der Verwaltung von Palermo vor, den nahegelegenen Strand von Mondello mit einer elektrischen Straßenbahn zu erschließen – so geschah es ab 1911 tatsächlich. Ein deutsch-italienischer Architekt namens Rodolfo Stoelcker soll das Gebäude des Strandbads entworfen haben – die Quellen dazu sind indessen spärlich.
Die gute Nachricht ist , dass das „Stabilimento Balneare die Mondello“ die Zeiten äußerlich kaum beeinträchtigt überstanden hat. Nur der Innenaustatttung ist die spätere Anwesenheit erst italienischer, dann deutscher und zuletzt angloamerikanischer Truppen nicht gut bekommen.
Nach einer grundlegenden Sanierung präsentiert sich der Bau heute wieder beinahe in seiner ursprünglichen Pracht.
Die Entdeckung dieses mir bis dato unbekanntem und auf Sizilien schwer vorstellbaren Bauwerks hat mich so begeistert, dass ich fast vergessen hätte, dass ich auch noch etwas zu den Taxis mit Landaulet-Aufbau sagen sollte, die einst davor auf Kundschaft warteten.
Es handelte sich um Fahrzeuge der italienischen Marke Ansaldo aus den späten 1920er Jahre – Sie finden einige Beispiele dafür in der Mitter meiner einschlägigen Galerie.
Mehr fällt mir dazu nicht ein, denn der Star dieses Fotos hat weder vier Räder noch zwei Beine, sondern deren ganz viele und steht bis heute im Wasser am Strand von Mondello.
Und nun verpassen Sie nicht die raren Sommertage – schnell, bald kann alles vorbei sein…
Michael Schlenger, 2024. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog