Von Playboys und Playmates: Ein „Jordan“ von 1923

Keine Sorge, auch heute geht es völlig jugendfrei zu (wobei ich meine Zweifel habe, dass dies noch jemanden interessiert). Selbst wenn man das von 1953 bis 2020 erschienene US-Magazin Playboy zugrundelegt, war dort nie etwas zu finden, was „anstößiger“ wäre als der Besuch in einem Museum für antike Kunst mit nackten Helden und Göttinnen.

Sich für den Playboy zu entblättern und sich von Fotografen der obersten Hubraumklasse ablichten zu lassen, galt über Jahrzehnte als Mittel der Wahl für prominente Damen, die sich auf diese Weise für eine maximales Publikum vorteilhaft verewigen lassen wollten und nebenher üppige Gagen einstreichen konnten.

Wie kommt der Blogwart nur auf dieses Thema? Nun, gewiss nicht durch den heute bekannt gewordenen Freitod der deutschen Kessler-Zwillinge, die sich in den 70er Jahren ebenfalls im Playboy herzeigten.

Nein, schuld ist ein Leser meiner Facebook-Gruppe für Vorkriegswagen auf alten Fotos, in der ich nicht nur die Aufnahmen aus diesem Blog spiegele, sondern bisweilen auch Aufnahmen zur Diskussion stelle, die mir Rätsel aufgeben.

Speziell bei US-Fabrikaten liegt die Lösung meist innerhalb weniger Stunden vor, doch bei diesem Beispiel lagen die US-Kommentatoren ausnahmsweise daneben:

Jordan „Playboy“ von 1923 (links); Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Der geduckt dastehende Wagen links mit nach unten breiter werdendem Kühler war weder ein Nash, noch ein Studebaker oder Chrysler, wie einige vorschlugen.

Könnte es sich um einen Jordan handeln?„, fragte indessen Claus Wulff aus Berlin mit schwer überbietbarem Understatement. Denn als „der“ Spezialist für Kühlerembleme hatte er sich nicht von den Herr- und Frauschaften nebst Bierkrügen ablenken lassen, sondern zielsicher das schemenhaft erkennbare Markenemblem anvisiert.

Tatsächlich findet sich in seiner online vorbildlich zugänglichen Sammlung von Kühleremblemen auch eines der erst 1916 von Ned Jordan gegründeten US-Marke.

Durch geschickte Heirat hatte sich Jordan in die komfortable Lage versetzt, Werbechef beim Autohersteller Jefferey zu werden. Dort sammelte er die Erfahrung und Kontakte, die ihm bei der Gründung seiner eigenen Marke zupass werden sollten.

Jordan verfocht die Ansicht, dass der technische „State of the Art“ in den Staaten so hoch war, dass man sich als Hersteller vor allem auf das Styling konzentrieren sollte. So bestanden seine Autos hauptsächlich aus zugekauften Komponenten bewährter Konstruktion und Qualität – verbunden mit sportlicher Anmutung.

Das Rezept brachte ihm schon im ersten Jahr einen Absatz von rund 1800 Wagen ein. Zwar blieb Jordan mit seinen recht teuren Automobilen stets ein Nischenhersteller, doch seine Werbekampagnen sorgten stets für Furore.

Direkt nach dem 1. Weltkrieg brachte Jordan den durchaus passend benamten „Playboy“ heraus. 1923 sah der offene Zweisitzer dann genauso aus wie auf unserem heutigen Foto:

Mit seinem vier Liter großem Sechszylinder (von Continental), der 55 PS leistete und dank des Hubraums einen enorm souveränen Antritt gehabt haben dürfte, machte der „Playboy“ gute Figur, speziell in Verbindung mit dem Aufbau als Roadster.

Sollten Sie Zweifel an diesem Playboy hegen, schauen Sie sich ganz unverklemmt die übrigen „Aktfotos“ auf der verlinkten Seite an – speziell in der Frontansicht erkennt man explizite Details wie die Kühlerform und die Gestaltung des unteren Abschlusses der ab 1923 einteiligen Windschutzscheibe wieder.

Fast 7.000 Exemplare des 1923er Jordan „Playboy“ entstanden, sodass der Typ nicht als wirklich selten anzusehen ist – sonst hätte ich ihn eher als Fund des Monats präsentiert. Ebenfalls nicht in die Kategorie passen würden die ab 1925 gebauten Achtzylinder der Marke, die auch in Deutschland vermarktet wurden.

Nur die 1930 angebotene sportliche Variante Speedway Ace, die selbst mit Limousinenaufbau 150 km/h schnell war, wäre dem wahren Playboy Anlass gewesen, sich damit ausgiebiger zu vergnügen. Dem setzte die Wirtschaftskrise jedoch ein Ende und 1931 war es mit Ned Jordans Firma ebenso vorbei wie 2020 mit dem Playboy-Magazin…

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