Ziert den Offizier und Gentleman: Delahaye 135 M

Regelmäßige Leser meines Blogs wissen, dass ich mich dem Zeitgeist zu entziehen pflege. Schon das Thema Vorkriegsauto ist ja alles andere als angesagt – im sich nach außen hin gern besonders progressiv gebenden Deutschland jedenfalls.

Allerdings huldige ich durchaus dem aktuellen Ideal der „Vielfalt“ – das in der teutonischen Praxis bestenfalls auf Beliebigkeit, häufiger aber auf Chaos hinausläuft. Allerdings betrachte ich „Diversity“ strikt aus dem Blickwinkel der Qualität im Besonderen wie im Alltäglichen.

Dass ich neben deutschen Fabrikaten regelmäßig auch ausländischen Marken Raum gebe, entspringt nicht etwa einer Geringschätzung des Eigenen und kritiklosen Verehrung des Exotischen, wie man sie ebenfalls in deutschen Landen beobachtet.

Man sollte jedoch nicht auf die Propaganda von einst hereinfallen und ausgerechnet die auf heimischer Scholle entstandenen Schöpfungen zwangsläufig für die besten halten.

Das stimmt schon nicht für das Selbstbild der „Dichter und Denker“ und erst recht nicht für die noch nie den Tatsachen entsprechende Sicht, deutsche Autos seien die besten überhaupt.

Wer in der Nachkriegszeit bei uns Fiat, Peugeot oder MG fuhr statt Volkswagen, Audi oder BMW, war weder ein vaterlandsloser Geselle noch in automobiler Hinsicht unbedarft. Üble Roster gab es überall, auch notorisch unzuverlässige Konstruktionen.

Doch mit etwas Aufmerksamkeit im Alltag oder auf Fernreisen bewegen ließen sie sich alle – kaputt gingen meist nur Kleinigkeiten an der Zündung oder bei der Kraftstoffzufuhr, das ließ sich unterwegs in Eigenarbeit regeln – man wusste, was man mitzuführen hatte.

In der Zwischenkriegszeit sah es kaum anders aus – wer kein deutsches Auto mochte oder dieses ihm für das Gebotene einfach zu teuer war, kaufte eben ein österreichisches, ein italienisches oder amerikanisches, durchaus auch ein französisches.

Das war gerade im letzteren Fall oft auch ein Stilfrage. Selbst in der Massenfabrikation brachte etwa Citroen mit dem legendären „Traction Avant“ eine Skulptur mit brillianten Fahrleistungen auf die Straße, wie sie nun einmal kein deutscher Hersteller bot.

Ich will die Qualitäten der meisterhaften Karosserien gewiss nicht in Frage stellen, die in den 1930er Jahren auf Chassis von Mercedes-Benz oder Horch entstanden, auch die hinreißend schönen BMWs jener Zeit gelten zurecht bis heute als Stilikonen.

Doch es gab daneben in Italien und Frankreich nun einmal Kreationen, die nur dort entstehen konnten und die über kulturelle (und ideologische) Grenzen hinweg begeisterten. Und genau so etwas darf ich heute präsentieren:

Delahaye 135 M; Originalfoto: Sammlung Jörg Pielmann

Dieser faszinierende Aufnahme verdanken wir Leser Jörg Pielmann.

Das Foto negiert gewissermaßen die Niederlage Frankreichs gegen das Deutsche Reich anno 1940. Denn hier sehen wir einen Offizier der Wehrmacht, der stolz vor einem – ausgerechnet! – französischen Beutefahrzeug posiert.

Militärisch musste man sich zwar den Deutschen geschlagen geben – was nebenbei wenig mit einem etwaigen Mangel an Masse oder Modernität des Materials zu tun hatte – doch triumphierten nach dem Waffenstillstand andere französische Qualitäten.

Was den Soldaten der deutschen Besatzungstruppen im glücklicherweise kampflos geräumten Paris, aber auch auf den unzähligen Schlössern auf dem Land an Kultiviertheit und Lebensart begegnete, war für die meisten ein unerhörtes Erlebnis.

Das hat die späteren Exzesse bei der Verfolgung jüdischer Franzosen (unter Mithilfe eigener Landsleute…) nicht verhindert, aber ich meine, dass man stets den Einzelfall betrachten sollte.

Ich wäre vermutlich anno 1940 ebenfalls ein blutjunger Infanterieoffizier wie mein Onkel Dieter gewesen, der damals mit seinem schlesischen Regiment in Frankreich einrückte – ich meine, es gibt sogar Fotos von ihm auf den Champs-Elysées in Paris.

Und vermutlich hätte ich ebenso wie der Soldat auf dem Foto von Jörg Pielmann jede Gelegenheit genutzt, beschlagnahmte französische Luxuswagen zu fahren oder mich zumindest daneben ablichten zu lassen.

Das lief anno 1945 unter anderen Vorzeichen auf der gegnerischen Seite genauso und vergessen wir nicht: Nicht nur in den besetzten Ländern wurden zivile Autos für den Militärdienst einkassiert – in Deutschland war das ebenso der Fall.

Nun aber zurück zu dem großartigen Coupé aus dem Hause Delahaye, dessen Stil man sofort in Frankreich verorten würde. Der sportlich angehauchte Typ als solcher blieb lange im Programm, er sollte sogar den Krieg überleben.

1935 wurde der Delehaye 135 eingeführt, von Anfang an mit einem kopfgesteuerten Sechszylindermotor, dessen Leistung von 95 auf später 130 PS stieg. Die Karosserien kamen von den feinsten Adressen Frankreichs.

Das Coupé auf dem heute vorgestellten Foto dürfte von ca. 1938 stammen. Wer weiß, von wem der Aufbau stammt, nutze bitte die Kommentarfunktion.

Gern wüsste man, was aus diesem hinreißenden Wagen geworden ist. Zwar ist er mit einem Kennzeichen der Wehrmacht (WH=Wehrmacht Heer) versehen, aber die Originallackierung musste nicht dem üblichen Heeresgrau weichen.

Vermutlich war der Delahaye für ein „hohes Tier“ beim deutschen Militär in Frankreich reserviert. Erkennt jemand anhand der Art Deco-Fassade im Hintergrund den Aufnahmeort?

Delahaye 135 M; Originalfoto: Sammlung Jörg Pielmann

Vermutlich hatte sich der damalige Nutzer des Wagens auf ein bequemes Leben als „Offizier und Gentleman“ westlich des Rheins eingerichtet. Den richtigen Wagen dafür hatte er jedenfalls zur Verfügung.

Kollaborateure beiderlei Geschlechts, die einem das Leben im besetzten Frankreich angenehm gestalten konnten, gab es zuhauf (erst nach dem Krieg waren alle in der Resistance…) und mancher Deutsche ließ sich gern auf Land und Leute ein.

Doch der Krieg nahm 1941 eine neue Dimension an – nun sollte es gegen Russland gehen (schon immer keine gute Idee).

Auch mein Onkel Dieter musste damals Abschied vom französischen Lotterleben nehmen und fand sich mit seinen Grenadieren an der Ostfront wieder. Eine schwere Verwundung ersparte ihm den späteren Untergang seines Regiments 1944 bei Mogilew.

Ob das dem Offizier und Gentleman auch so erging, der einst irgendwo in Frankreich diesen Delahaye als Dienstwagen bewegen durfte? Wurde der Wagen vielleicht ebenso wie er auf Eisenbahnwaggons verladen und ging irgendwo im Osten dem Verderben entgegen?

Michael Schlenger, 2023. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

Winterliche Zeitreise: Delahaye Ende der 1920er Jahre

Manche Automarken der Vorkriegszeit erscheinen schwer zugänglich, obwohl sie einst durchaus einige Präsenz entfalteten. Hat man sich aber einmal mit ihnen angefreundet, gelingen immer wieder Funde entsprechender Dokumente.

So ist das auch beim französischen Hersteller Delahaye, der zwar kein Nischenhersteller war, aber zumindest in deutschen Landen schwer zu fassen ist. Dabei verkauften sich Wagen der Marke zeitweilig auch bei uns, jedoch eher westlich des Rheins – im Saarland.

Bekanntlich gingen dort die Franzosen lange Zeit ein und aus, nicht nur mit Soldatenstiefeln und hoch zu Pferde, sondern auch motorisiert auf vier Rädern. Hier haben wir ein Foto aus Saarbrücken, welches das eindrucksvoll illustriert:

Automobilisten in Saarbrücken Mitte der 1920er Jahre; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Eingeschoben sei hier ein geschichtlicher Exkurs zur Vorgeschichte dieser Aufnahme:

Nach der französischen Revolution besetzte die französische Armee 1792 erstmals die deutschsprachigen Territorien im Saargebiet, revolutionsbewegte Fanatiker wüteten anschließend in den dortigen Kirchen und Schlössern.

Die Besatzungsmacht blieb auch während der Herrschaft des Gernegroß Napoléon, bis die preußische Armee 1814 Frankreich wieder in seine Schranken wies. 1870 standen die Franzosen während ihres Kriegs gegen Deutschland abermals vor der Tür und konnten zeitweilig Saarbrücken einnehmen.

Im Ersten Weltkrieg blieb das Saarland von größeren Kampfhandlungen verschont. Nach Kriegsende rückten im November 1918 erneut französische Truppen ein. Sofort beendeten sie Bestrebungen, im Saarland eine Republik zu errichten. Eine solche Revolution mochte man in Paris nicht, schließlich wollte man sich die Region endlich einverleiben.

Dieser Verstoß gegen das Völkerrecht wurde zwar von den USA verhindert, dennoch wurde das Saarland für 15 Jahre unter französische „Verwaltung“ gestellt. Wirtschaftlich wurde es faktisch Teil Frankreichs, ab 1923 war der Franc alleiniges Zahlungsmittel.

Der damalige Versuch Frankreichs, aus der Beherrschung des Saarlandes möglichst viel Kapital zu schlagen, hinterließ auch in automobiler Hinsicht deutliche Spuren. Diese finden sich unübersehbar auf dem eingangs gezeigten Foto aus Saarbrücken:

Dieser Ausschnitt zeigt eines von mehreren französischen Autos der 1920er Jahre an der Kreuzung Rathausplatz-Stephanstraße mit der evangelischen Johanniskirche in Saarbrücken im Hintergrund. Der zweite Wagen von links ist ein – Delahaye!

Zu erkennen ist die Marke an dem Emblem auf dem Kühler, welches dessen Form aufnimmt und den Schriftzug „Delahaye“ trägt. Man erkennt es hier nur schemenhaft, doch die Identifikation dieses Wagen mit angedeutetem Spitzkühler ist eindeutig.

Nach meinem Eindruck wich der Spitzkühler bei der Marke im Jahr 1927 einem schmaleren und höheren Flachkühler, während das Profil des Kühlergehäuses und das Delahaye-Emblem beibehalten wurden.

Diese Erkenntnis hilft uns bei der Einordnung der folgenden Aufnahme, die anlässlich eines Winterausflugs irgendwo in Frankreich entstand:

Delahaye 10 CV Typ 107, Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Leider gibt die etwas verschwommene Aufnahme nicht mehr Details her, doch mag sie genügen, um das Auge an diesem Modell zu schulen.

Wir haben hier den erwähnten Flachkühler, der im Unterschied zu den ab 1930 gebauten Delahaye-Wagen nach unten breiter und dadurch spannungsreicher wird.

Zusammen mit der Information, dass der Spitzkühler bis 1926 verbaut wurde, ist so eine Einordnung dieses Fahrzeugs in den Zeitraum 1927-29 möglich.

Übrigens scheint auch die markante Kühlerfigur – offenbar ein behelmter Kopf mit hochaufragenden Flügeln – zuletzt bei Delahayes von 1929 aufzutauchen. Hier ist das schöne Stück etwas besser zu erkennen:

Ob diese Figur im Art Déco-Stil – der ein letztes Aufbegehren der ornamentalen Tradition gegen die Ideologie rein funktioneller Gestaltung war – ein optionales Zubehör war oder typabhängig verbaut wurde, ist mir nicht bekannt.

Was nun diese Limousine mit ihrer nachgerüsteten Doppelstoßstange im US-Stil angeht, kommen Ende der 1920er Jahre bei Delahaye mehrere Typen in Betracht, die sich hauptsächlich der Größe nach unterscheiden.

Daher fällt es schwer, sich hier auf ein bestimmtes Modell festzulegen. Rein von der Wahrscheinlichkeit her – und von den Dimensionen her – kommt der Delahaye Typ 107 (10CV) in Betracht, der ab Ende 1926 gebaut wurde.

Es handelte sich dabei um ein solides Mittelklassemodell mit 1,8 Liter-Vierzylinder (Seitenventiler), der 38 PS leistete und eine Höchstgeschwindigkeit von gut 90 km/h ermöglichte. Daneben gab es unter anderem den 6-Zylindertyp 112.

Der Typ 107 steht am Anfang einer Reihe von Modellen, die mit Chenard-Walcker gemeinsam entwickelt wurden, um wirtschaftliche Skalenvorteile zu erlangen. Mangels Literatur oder einschlägiger Netz-Präsenzen kann ich dazu derzeit nicht mehr sagen.

So endet die heutige kleine Zeitreise ungewohnt prosaisch. Doch schon bei der nächsten Gelegenheit setze ich meinen Winterausflug in französische Gefilde fort – diesmal aber mit einem US-Fahrzeug in Südfrankreich.

Hier ein kleiner Vorgeschmack, der nicht gerade den Erwartungen an die französische Mittelmeerküste entspricht. Doch dieses Foto ist tatsächlich Ende Januar 1929 von deutschen Reisenden in Marseille geschossen worden:

US-Tourenwagen unterhalb der Kirche Notre Dame de la Garde in Marseille; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

© Michael Schlenger, 2021. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

Die Schöne und das Biest: Delahaye Type 122

Das Auto, das ich heute präsentiere, kennt hierzulande vermutlich kein Mensch – dennoch war der Hersteller so rasch identifiziert wie selten. Etwas länger dauerte es dann, bis der genaue Typ klar war.

Zeit nahm außerdem die Suche nach einer geeigneten Überschrift in Anspruch. Ich hätte es mir einfach machen und schlicht schreiben können: Ein Delahaye 10CV Type 122 von 1932/33 – denn genau darum handelt es sich bei dem Wagen.

Die späten Exemplare dieser legendären französischen Marke, sind tatsächlich dermaßen spektakulär, dass ihre Opulenz jede Beschreibung überflüssig macht:

Delahaye Cabriolet im Park von Schloss Chantilly, 2015; Bildrechte: Michael Schlenger

Dieser Delahaye der Enddreißiger war 2015 beim Concours d’Elegance auf Schloss Chantilly nördlich von Paris zu bewundern. Er hat außer dem Markennamen nichts mit dem Fahrzeug zu tun, das heute im Mittelpunkt steht.

So wirkt der Delahaye, den ich im Folgenden präsentiere, erschreckend nüchtern. Dennoch lässt die Aufnahme es nicht an Eleganz mangeln, bloß dass diese nicht von dem Wagen herrührt.

Dieser reizvolle Kontrast und die Enttäuschung der Erwartungen, die beim Markennamen Delahaye unweigerlich aufkommen, lieferten letztlich den Schlüssel zum Titel: „Die Schöne und das Biest“.

Nach dieser Vorrede ist es höchste Zeit für den eigentlichen Star des heutigen Blog-Eintrags:

Delahaye 10 CV Type 122 Limousine; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Beim Erwerb des Originalabzugs (wie fast immer bei eBay Deutschland) hatte ich keinen blassen Schimmer, was für ein Auto darauf zu sehen ist. Nur dass es ein französisches Fabrikat um 1930 sein muss, war mir klar.

Schmale hohe und oben abgerundete Kühler wie hier finden sich bei einer Reihe französischer Wagen jener Zeit, darunter Citroen und Chenard-Walcker. Doch der leichte Abwärtsknick der oberen Kühlereinfassung sprach für einen anderen Hersteller.

Ich wäre nicht so bald darauf gekommen, fände sich nicht der Herstellername an prominenter Stelle:

Der an der Windschutzscheibe angebrachte Aufkleber mit dem Markennamen lässt vermuten, dass der Wagen brandneu war – auf die Dauer hätte man ihn wohl als störend empfunden, auch wenn er sich auf der Beifahrerseite befindet.

Stilistisch hätte ich den Wagen noch am Ende der 1920er Jahre angesiedelt, doch tatsächlich erwies er sich als deutlich jünger. Fündig wurde ich nach längerem Durchforsten der Delahaye-Typen beim Modell 10 CV Type 122 von 1932/33.

Dabei handelte es sich um einen technisch unauffälligen Wagen der oberen Mittelklasse mit 1,8 Liter-Vierzylindermotor, der 38 PS leistete – genug für Spitze 90 km/h.

Nur 800 Stück entstanden von dem Modell, das meist als Limousine verkauft wurde, deren Karosserie von SICAL zugeliefert wurde – einem Karosseriebauer, der vorwiegend für Citroen tätig war, aber auch Aufträge anderer Autofirmen annahm.

Kenner des Citroen C6 werden eine beträchtliche Ähnlichkeit mit dem Aufbau dieses Delahaye feststellen. Lediglich die in vier Gruppen angeordneten schrägstehenden Luftschlitze scheinen spezifisch für den Delahaye Typ 122 gewesen zu sein.

Besonders attraktiv wirkt der Wagen damit nicht, jedenfalls nicht auf dieser Aufnahme. Welchen Part er hier im Hinblick auf „Die Schöne und das Biest“ spielt, scheint eine ausgemachte Sache zu sein, nimmt man die junge Dame neben ihm in Augenschein:

Hach, was soll man zu soviel lässiger Eleganz sagen? Die Schöne hat sich in eine perfekt anmutende Pose begeben wie eine Diva, die das täglich macht.

Man beachte die gespreizte Linke, die Hals und Haaransatz berührt – eine raffinierte Geste, die in Vergessenheit geraten ist. Der rechte Arm ist hinter dem Rücken verborgen und gibt den Blick auf die Taille frei. Der lange Rock enthüllt in dieser Haltung mehr als er verbirgt – hier wusste jemand genau, wie man sich vorteilhaft in Szene setzt.

Der in sich ruhende Blick strahlt ein tiefes Selbstbewusstsein aus – das Bewusstsein der gewaltigen Macht, die weibliche Schönheit besitzt und die Männern verwehrt ist. An dieser Magie kann auch die kulturmarxistische Gender-Ideologie nichts ändern.

Offen bleiben muss jedoch die Frage, ob wir „Die Schöne und das Biest“ hier am Ende in Personalunion vereint sehen und der brave Delahaye nur eine Statistenrolle innehat…

© Michael Schlenger, 2020. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

Von Rom nach Monaco im Delahaye 135 MS

Werbung wird von vielen – seien wir ehrlich – als notwendiges Übel empfunden. Es gibt jedoch Ausnahmen, wo den Werbeleuten Sternstunden gelingen, die in Erinnerung bleiben.

Legendär in dieser Hinsicht ist ein Film, in dem einst Volkswagen die Frage beantwortete, wie der Fahrer des Schneepflugs im Winter eigentlich zur Arbeit kommt – genau: im Käfer.

© VW-Werbung 1963; Videoquelle: YouTube; Urheberrecht: Volkswagen AG

Diese Werbung funktionierte deshalb, weil sie nahe an der Wirklichkeit lag. Aus eigener Erfahrung weiß der Verfasser, dass man mit dem Käfer selbst mit Sommerreifen bei Schnee und Eis zurechtkommt, wenn man den Wagen beherrscht (nicht zur Nachahmung empfohlen).

Mitunter kann ein Werbefilm aber auch einen so starken Eindruck hinterlassen, dass man glatt das Produkt vergisst, um das es geht. Genau das ist der Whiskey-Marke Jonny Walker gelungen.

Die Zutaten sind allerdings auch so spektakulär, dass man über das Ergebnis nicht überrascht sein kann. Man nehme eine Villa im Umland von Rom, zwei charismatische Schauspieler und einen Delahaye 135 MS der 1930er Jahre.

Die Wahl des Fahrzeugs lässt vermuten, dass hier Enthusiasten das Filmbudget dazu nutzten, persönlichen Leidenschaften zu frönen. Denn ein Delahaye 135 MS ist so exotisch, dass nur Kenner darauf kommen.

Wer 2013 beim Festival de l’Automobile im elsässischen Mühlhausen war, erinnert sich vielleicht an dieses herrliche Exemplar:

© Delahaye 135 MS, Mulhouse 2013; Bildrechte: Michael Schlenger

Einige Details zu Delahaye: Die traditionsreiche Firma, die bereits 1894 gegründet worden war, wurde in den 1930er Jahren nach langer Unterbrechung wieder im Rennsport aktiv – übrigens auf Initiative der Hauptaktionärin Madame Desmarais.

Mit einem neukonstruierten Reihensechszylinder, der in verschiedenen Spezifikationen gebaut wurde, war Delahaye auf Anhieb erfolgreich. Die Sportversion 135 MS leistete bis zu 160 PS.

© 6-Zylinder Motor des Delahaye 135 MS, Mulhouse 2013; Bildrechte: Michael Schlenger

Vom Renommee dieses Modells profitierte auch die zivile Ausführung, die mit 90 bis 115 PS immer noch großzügig motorisiert war. Auf dieser Basis entstanden bis zum Ende der Marke im Jahr 1954 mondäne Wagen, deren Karosserien zu den extravagantesten überhaupt gehören.

In besagtem Film ist der Delahaye Teil einer Wette, bei dem es darum geht, den seit 40 Jahren nicht bewegten Wagen wieder in Gang zu bekommen und damit bis um 12 Uhr am folgenden Tag von Rom nach Monaco zu fahren.

Spielverderber werden einwenden, dass die fälligen Wartungsarbeiten an einem Nachmittag kaum zu erledigen sind – schon gar nicht von einem Dilettanten. Der Genießer sieht gern darüber hinweg und erfreut sich am operettenhaften Geschehen und den begeisternden Aufnahmen des Delahaye in Aktion.

Wie die Wette ausgeht, und was sich die Filmmacher an Irrungen und Wirrungen auf der Strecke ausgedacht haben, soll nicht verraten werden. Angemerkt sei nur, dass beworbene Produkt angesichts soviel Klasse keine Chance hat.

Liebhaber rarer Vorkriegs-Klassiker kommen dafür voll auf ihre Kosten (Link zum Film auf Michi’s Oldtimer-Blog, nicht ohne Anmeldung bei YouTube verfügbar).

© Delahaye 135 MS, Mulhouse 2013; Bildrechte: Michael Schlenger

P.S.: Ein Fiat Dino Spider mit Pininfarina-Karosserie spielt eine nicht unwichtige Nebenrolle.