Ein Horch 830 BL Cabriolet als Winterauto…

Wie es scheint, neigt sich die kalte Jahreszeit in unseren Breiten dem Ende zu. Die Wintersportfans sind zuletzt noch einmal auf ihre Kosten gekommen, aber wenn es nach uns Oldtimerfreunden ginge, könnte jetzt ruhig die Frühjahrssaison beginnen.

Manch einer bewegt zwar seinen Klassiker ganzjährig, was bei gut vorbereiteter Karosserie vertretbar ist. Doch die meisten schonen ihre vierrädrigen Lieblinge und auch der Verfasser wartet ungeduldig darauf, dass der nächste Regen das Salz von den Straßen spült.

Bei der Gelegenheit sei daran erinnert, dass vielen klassischen Wagen in ihrem früheren Leben solche Schonung kaum gegönnt wurde. Als vor über 70 Jahren in Europa der 2. Weltkrieg tobte, wurden auf alle Seiten massenhaft private Kraftfahrzeuge beschlagnahmt und an der Front und im Hinterland eingesetzt.

Hier ein Originalfoto eines requirierten Adler Trumpf 1,7 Liter auf einer Schlammpiste. Die Kennung WM verweist auf ein Fahrzeug der Kriegsmarine, daher ist das Bild vermutlich eher in Frankreich als in Russland entstanden:

Adler Karmann_Ausschnitt

© Adler Trumpf 1,7 Liter bei der Wehrmacht; Fotoquelle: Sammlung Michael Schlenger

Wie bei allen Kriegsparteien – außer den USA – herrschte auch bei der deutschen Wehrmacht von Anfang an chronischer Mangel an PKW. Während der einfache Landser wie schon im 1. Weltkrieg mit Eisenbahn, LKW, Pferdegespann oder auf Schusters Rappen ins Feuer geschickt wurde, wurden für den Bedarf von Offizieren, Kurieren usw. Personenautos in großer Zahl benötigt.

Von den dafür vorgesehenen militärischen Baumustern (Einheits-Kfz) wurden zu keinem Zeitpunkt genügend gebaut, sodass für den Wehrmachtsbedarf alles beschlagnahmt wurde, was halbwegs robust erschien und nicht zwingend für andere Zwecke daheim gebraucht wurde.

Als typisches Beispiel hier ein Kriegsfoto eines eingezogenen Ford Eifel, vermutlich aufgenommen in Norwegen (Bildbericht):

© Ford Eifel Baujahr 1937-39 bei der Wehrmacht; Fotoquelle: Sammlung Michael Schlenger

Aus heutiger Sicht ist es faszinierend zu sehen, was da alles von Skandinavien bis Afrika und von Frankreich bis Russland unterwegs war. Dabei wurden auch heute begehrte Luxuswagen nicht geschont – im Gegenteil:

Für hohe Offiziere war es eine Prestigeangelegenheit, in einem repräsentativen Wagen unterwegs zu sein. Speziell Typen von Horch oder Mercedes waren begehrt, aber auch erbeutete amerikanische Luxuswagen wurden gern genommen.

Dass diese Autos ungeeignet für den harten militärischen Einsatz waren, viel Kraftstoff verbrauchten und mit Frontmitteln kaum zu reparieren waren, interessierte die Herrschaften nicht. Auch darin kommt der Größenwahn eines Großteils der damaligen Führung zum Ausdruck.

Fronterprobte Generäle wie Guderian und Rommel bevorzugten im Einsatz dagegen bewährte Sonder-Kfz. Ihre Unterführer ließen ohnehin nichts auf den unverwüstlichen „Kübel“ von Volkswagen kommen.

Das folgende Originalfoto aus dem 2. Weltkrieg dokumentiert, in welchen Situationen Luxuswagen beim deutschen Militär entgegen alle Vernunft eingesetzt wurden:

© Horch 830 BL bei der Wehrmacht; Fotoquelle: Sammlung Michael Schlenger

Man glaubt zunächst nicht, dass der Wagen auf diesem etwas unscharfen Bild zu identifizieren ist. Und doch ist es mit etwas detektivischem Spürsinn möglich.

Ausgangspunkt ist der mit schwarzem Überzug versehene quadratische Stander auf dem linken Vorderkotflügel. Er weist darauf hin, dass der Wagen einen Befehlshaber ab Armeekorps aufwärts und höchste Stäbe chauffierte, also den Kommandeur eines Großverbandes (Dank an Klaas Dierks für den sachkundigen Hinweis an dieser Stelle)

Auf dieser Führungsebene wurden außer ausländischen Luxuswagen Erzeugnisse der erwähnten deutschen Marken Horch und Mercedes bevorzugt. Die Neigung der Kühlermaske und der Mittelsteg sprechen für einen Horch, und diese Zuschreibung bestätigt sich bei einem Abgleich der Details (Scheinwerfer, Radkappen, Zierleiste, Trittbrettverlauf usw.) mit entsprechenden Abbildungen.

Übrigens ist auf der Motorhaube eine wohl aus Stroh hergestellte Abdeckung zu sehen, die in Verbindung mit der weitgehend blockierten Kühlluftzufuhr das Erreichen der Betriebstemperatur des Motors bei strengem Frost erleichtern sollte.

Man darf davon ausgehen, dass diese Aufnahme im Winter irgendwo an der Ostfront entstanden ist. Die langen Wintermäntel der beiden Soldaten sind von der Machart, die im ersten russischen Kriegswinter 1941/42 fatalerweise noch kaum verfügbar war.

Hier sehen wir zudem die von der russischen Armee abgeschaute Fellmütze, auf die die deutschen Soldaten anfangs ebenfalls verzichten mussten.Wenn man genau hinschaut, sieht man neben dem linken Ärmel des Soldaten einen Verdeckbügel und einen Türgriff. Diese Details erlauben die Identifikation des Wagentyps!

Offenbar handelt es sich um ein viertüriges Cabriolet. Und das gab es von Horch in Verbindung mit der flachen Frontscheibe nur beim Modell 830 BL (mit längerem Radstand als der 830 BK). Der von 1935 bis April 1940 etwas mehr als 6.000mal gebaute Wagen verfügte je nach Baujahr über einen 75 bis 92 PS starken V8-Motor mit 3,5 Liter Hubraum.

Bei über 2 Tonnen Leergewicht waren damit natürlich keine sportlichen Fahrleistungen möglich, was auch nie Ziel der sächsischen Traditionsmarke war.  Bedenklich war allerdings der Benzinverbrauch von fast 20 Liter auf 100 km.

Doch in diesem Blog geht es ebenso um die Menschen, die in einer Verbindung zu den gezeigten Fahrzeugen standen.  Daher sollen auch die beiden Männer gewürdigt werden, die sich irgendwo an der Ostfront mit dem Horch haben ablichten lassen.

Der Kamerad, der auf Höhe der Motorhaube steht, trägt über der Schulter eine lederne Kartentasche, wie man sie oft auf zeitgenössischen Bildern von Kradmeldern findet. Auf der Brust ist links eine bei Militär und Polizei einst gängige Taschenlampe zu sehen, die über einen Drehknopf auch mit Handschuhen betätigt werden konnte.

Von Dienstgradabzeichen und Auszeichnungen ist nichts zu sehen. Hier stand ganz klar der Kälteschutz im Vordergrund.

Nun könnte man vermuten, dass zwei zufällig anwesende Soldaten die Gelegenheit nutzten, sich vor einem der schon damals legendären Horch-Achtzylinder fotografieren zu lassen. Tatsächlich fällt auf, wie oft auf Kriegsfotos hochkarätige Wagen zu sehen sind, während es von weit öfter gebauten Modellen vergleichsweise wenige Bilder gibt.

Solche Aufnahmen künden vom Bedürfnis, der eigenen Existenz auch unter schlimmsten Bedingungen eine gewisse Qualität abzuringen. Und sei es nur, dass man mit den Negativen die Botschaft nach Hause schickte: „Schaut, ich lebe noch und hatte heute in der Stellung hohen Besuch.“

Doch hier liegt der Fall anders. Denn zu der Aufnahme gehört ein zweites Foto, dass die beiden Soldaten im Horch sitzend zeigt:

Offenbar gehörten die beiden Männer zu dem Wagen. Einer war der Fahrer und der andere möglicherweise der Adjutant des „hohen Tieres“, der in dem Horch auf der Rückbank unterwegs war.

Wer aber das Bild gemacht hat, wann und wo, lässt sich nicht mehr klären. Der Blick des verhalten lächelnden Fahrers berührt auch nach über 70 Jahren noch. Was wohl aus den beiden und dem Horch wohl geworden ist?

Hanomag-PKW der 1930er Jahre im Festtagsornat

Über den ersten „richtigen PKW“ der deutschen Maschinenbaufirma Hanomag – den Typ 3/16 bzw 4/20 PS  – gibt es auf diesem Blog bereits einen ausführlichen Bildbericht.

Daher sollen an dieser Stelle keine technischen Einzelheiten dieses ab 1930 gebauten soliden Wagens wiederholt werden. Vielmehr gilt es, ein kurioses Foto eines solchen Fahrzeugs vorzustellen, das zeigt, welche Rolle Automobile einst im Alltag unserer Vorfahren spielten.

© Hanomag 3/16 oder 4/20 PS, Anfang der 1930er Jahre, aus Sammlung Michael Schlenger

Auf den ersten Blick könnte man meinen, der junge Mann neben dem Hanomag habe eine große Straßenkarte auf der Motorhaube seines Wagens ausgebreitet. Doch dann registriert man den Blütenschmuck an Front und A-Säule.

Die vermeintliche Landkarte entpuppt sich als Stofftuch, das an den Sucherscheinwerfern und den Frontlampen festgebunden ist. Es scheint etwas darauf geschrieben zu stehen, leider kann man nichts davon entziffern.

Doch bietet der Wagen im Detail genügend Interessantes, was eine nähere Betrachtung lohnt. Beginnen wir mit der Frontpartie:

Oben auf der Kühlermaske erkennt man das alte Logo von Hanomag, das die Seitenansicht eines „Kommissbrot“ zeigt. Der eigenwillige Wagen der 1920er Jahre war zwar kommerziell kein sonderlicher Erfolg, hatte aber einen großen Bekanntheitsgrad.

Später kam man von der Bezugnahme auf dieses kuriose Automobil ab und Hanomag-PKWs trugen nur noch ein Flügellogo. Ob man sich diese Idee beim Frankfurter Autobauer Adler abgeschaut hatte, sei dahingestellt. Jedenfalls hilft das markante Kühleremblem bei der Identifikation von Hanomag-Wagen, die häufig mit Standardkarosserien von Ambi-Budd ausgeliefert wurden.

Das Nummernschild verweist auf eine Zulassung in der Kreishauptmannschaft Zwickau/Sachsen, wo seit 1906 die römische Ziffer „V“ als Identifikation der Gebietskörperschaft diente.

Interessant ist nun das vor dem Kühlergrill angebrachte Schild. Es handelt sich um eine Werbung für die Firma Wilhelm Wagner, die seit dem 19. Jh. im Solinger Stadtteil Merscheid eine Messerfertigung betrieb. Wie es scheint, hängt das Schild an Ösen oder Drähten an der Verbindungsstange zwischen den Scheinwerfern. Das weist auf eine nur vorübergehende Montage hin, was mit Blick auf die Kühlluftzufuhr auch ratsam erscheint.

Weitere Hinweise auf die Situation gibt ein Schild, das im Rückfenster befestigt ist. Da es transparent ist, ist die Aufschrift (spiegelverkehrt) sichtbar und kann ohne Weiteres lesbar gemacht werden:

In trockenen Worten steht dort „Stahlwaren-Vertrauenssache. Kaufen Sie im Spezialgeschäft. Reichsverband deutscher Messerschmiede.“

Nun fragt man sich, was diese Werbeschilder in Verbindung mit dem Blumenschmuck und dem Tuch über der Haube zu bedeuten hatten. Da man ausschließen kann, dass ein Vertreter der Messerfirma aus Merscheid mit solchem Ornat im Alltag unterwegs war, bleibt nur ein festlicher Anlass, aber welcher?

Gegen ein Jubiläum der westfälischen Messerfirma Wilhelm Wagner spricht die sächsische Zulassung des Hanomag. Der Blütenschmuck und der elegante Anzug des jungen Mannes lässt an eine Hochzeit denken, doch hätten wir es hier dann nicht mit dem Bräutigam zu tun, da er schon einen Ehering am Finger trägt:

Am plausibelsten ist, dass der Wagen anlässlich einer Ladeneröffnung oder eines lokalen Geschäftsjubiläums eigens hergerichtet wurde und vielleicht in der Stadt auf das Ereignis als Werbeträger aufmerksam machen sollte.

Möglicherweise handelt es sich bei dem Besitzer des Hanomag um den Gesschäftsinhaber. Sein Anzug scheint Frackschöße aufzuweisen, ist aber von leichter, wohl ungefütterte Sommerqualität. Die Kombination mit blütenweißem Hemd und langer Krawatte wirkt sorgfältig gewählt, auch sonst haben wir es mit einer sehr auf ihr Äußeres bedachten Erscheinung zu tun.

Eigenwillig ist der zusätzlich zu den Hosenträgern angelegte Gürtel, der an sich nicht notwendig wäre. Merkwürdig auch die Umhängetasche, die der junge Mann über der rechten Schulter trägt und so gar nicht zu der eleganten Kleidung passen mag. So bleibt ein wenig rätselhaft, zu welchem Anlass genau der Hanomag solchermaßen geschmückt wurde und sich der Besitzer derartig herausgeputzt hat.

Übrigens hat ein Spaßvogel beim Ausstaffieren des Wagens auch den Reservekanister  auf dem Trittbrett bedacht – dort sitzen einige Blüten wie Hühner auf der Stange. Man wüsste nur gern, wie sie dort befestigt wurden…

Ausflug im offenen Adler 6/25 PS

Bereits vor einiger Zeit wurde hier ein schönes Originalfoto eines Adler 6/25 PS mit Tourenwagenkarosserie aus den 1920er Jahren vorgestellt (Bildbericht). Im Unterschied zum bekannteren und moderneren Adler Standard 6 sind Bilder dieses von 1925-28 gebauten Modells selten zu finden.

Nun ist eine weitere zeitgenössische Aufnahme eines Adler 6/25 PS-Tourenwagen aufgetaucht, die von der Bildqualität zwar nicht mit dem ersten Foto mithalten kann, aber dennoch viel Zeitkolorit transportiert und zudem in der Karosserieausführung etwas abweicht:

© Adler 6/25 PS Tourenwagen, späte 1920er Jahre; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Leider hat der Fotograf den Wagen und die Personen auf dem Bild mit voll aufgeblendetem Objektiv fotografiert. Dadurch ist die Schärfentiefe sehr gering, sie reicht nur etwa von den Reserverreifen bis zur rechten Hand des Fahrer. Bei voller Blendenöffnung kam es bei frühen unkorrigierten Kameraobjektiven zusätzlich zu Unschärfen im Randbereich.

Dennoch ist genug zu erkennen, um den Wagen zu identifizieren. Hier Kühler und Motorhaube im Detail:

Die dreieckige Emailplakette an der Kühlermaske erlaubt eine eindeutige Ansprache als Adler der 1920er Jahre. Die senkrechten Luftschlitze in der Motorhaube unterscheiden das 6/25 PS-Modell vom Standard 6. Kenner könnten vielleicht auch die Scheinwerferform als typisch anführen.

Ein weiteres Detail, das für das ältere Adler 6/25-Modell spricht, ist auf dem folgenden Ausschnitt zu sehen:

Die Scheibenfelgen weisen einen recht kleinen Lochkreis für die Radbolzen auf. Beim später gebauten Adler Standard 6 – der nebenbei als erster deutscher Serienwagen hydraulische Bremsen hatte – war der Durchmesser größer.

Interessant im Vergleich zu anderen Aufnahmen von Adler-Tourenwagen desselben Typs ist die weiter nach hinten versetzte Reserveradmulde, die das Trittbrett durchstößt. Diese Lösung wurde gewählt, wenn der Käufer zwei Reservereifen wollte, für die im Vorderschutzblech nicht genug Platz gewesen wäre.

Die Ballhupe dürfte nachgerüstet worden sein. Denn eigentlich verfügte der Wagen bereits über eine elektrisch betrieben Bosch-Hupe. Vielleicht traute der Besitzer ihr nicht.

Zu guter Letzt noch ein Blick auf die Personen im Adler bzw. den Herrn daneben:

Hier sind Vertreter von zwei, wenn nicht drei Generationen zusehen. Der bullige Glatzkopf im weißen Hemd – er ist sicher nur kurz aus dem Haus gekommen – und der Beifahrer mit der Schirmmütze lassen vom Erscheinungsbild her noch etwas vom vergangenen Kaiserreich ahnen, als viele Herren  opulente Schnauzbärte trugen.

Der Fahrer und der hintere Passagier mit dem kecken Hut sind deutlich jünger. Speziell der Wagenlenker mit Schieberkappe und recht kurzem Hemdkragen hat den 1. Weltkrieg gewiss nur als Jugendlicher erlebt. Die Dame mit der Wollmütze im Heck des Adler schließlich dürfte die Jüngste im Bunde sein. 

Man darf annehmen, dass diese Aufnahme Ende der 1920er Jahre entstand. Leider ist über Anlass und Ort des Fotos nichts bekannt. Die Architektur im Hintergrund deutet auf eine großbürgerliche Wohngegend hin. Die schmucklosen Fensterlaibungen sprechen dafür, dass das Haus nach dem 1. Weltkrieg gebaut wurde, offenbar auf einem großen Grundstück mit altem Baumbestand und schmiedeeisernen Gittern des 19. Jahrhunderts.

Auf diesem Bild sind Menschen und Dinge mehrerer Epochen harmonisch vereint. Dieses Foto ist erkennbar vor dem Einbruch der Moderne in eine über Jahrhunderte gewachsene Wirklichkeit entstanden, in der auch das Automobil sich mit seinen Formen und Materialien noch in die Tradition fügte. Nur wenig später war diese Welt in Deutschland untergegangen.

Ein Hanomag-Kübelwagen der 1930er Jahre im Feld

Vermutlich fällt den meisten Liebhabern historischer Automobile beim Stichwort „Kübelwagen“ der legendäre Typ 82 von Volkswagen ein, der im 2. Weltkrieg für seine unübertroffene Zuverlässigkeit und Geländegängigkeit geschätzt wurde.

Doch offene Militär-PKW mit kübelartigen Sitzen gab es seinerzeit von etlichen deutschen Herstellern. Die Modelle von Adler, Horch (Bildbericht) und Mercedes findet man vergleichsweise häufig auf zeitgenössischen Aufnahmen. Rar sind dagegen Bilder des nachfolgend abgebildeten Fahrzeugs:

© Hanomag Kübelwagen, 1940er Jahre; Sammlung Michael Schlenger

Dabei handelt es sich um ein Modell von Hanomag, das die Firma aus Hannover in den 1930er Jahren auf Basis des kompakten Typs 4/23 PS baute. Dieser einfache, aber solide konstruierte PKW wurde auch unter der Bezeichnung „Garant“ verkauft (Bildbericht).

Die Stückzahlen des darauf basierenden Kübelwagens scheinen nicht sehr groß gewesen zu sein. Die Identifikation des Fahrzeugs auf unserem Bild ist einem Detail der Kühlermaske zu verdanken, wo man trotz der Überbelichtung der Frontpartie das stilisierte Emblem von Hanomag zumindest teilweise erkennen kann:

Die gesamte Frontpartie des Hanomag-Kübelwagens scheint vom Zivilmodell übernommen worden zu sein. Der hinter der Windschutzscheibe liegende Teil dagegen ist auf den militärischen Einsatz ausgerichtet, bei dem es im Ernstfall um schnelles Ein- oder Aussteigen und dennoch guten Seitenhalt im Gelände ging.

Die recht große Bodenfreiheit der damaligen PKW-Typen, der stabile Rahmen und die stark profilierten Reifen dürften eine gewisse Geländegängigkeit gewährleistet haben. Allradantrieb oder zumindest eine Differentialsperre hatten diese Fahrzeuge aber nicht. Abseits befestigter Straßen war man damit so lange recht beweglich, wie kein Schlamm das Vorwärtskommen erschwerte.

Während des fatalen Russlandfeldzugs sollten diese nicht dafür konstruierten Fahrzeuge in der Tauperiode regelmäßig an ihre Grenzen geraten. Auf unserem Bild ist von derlei Kalamitäten dagegen nichts zu sehen. Möglicherweise ist die Aufnahme im Frühjahr 1941 während des Feldzugs in Jugoslawien und Griechenland entstanden. Die lichtdurchflutete Vegetation spricht für eine entsprechende Aufnahmesituation.

Leider sind auf dem Hanomag keine Markierungen zu erkennen, die auf die Art der Einheit schließen lassen, der die beiden Wehrmachtssoldaten angehören. Ob die Flagge am Stander Näheres verrät, dürften nur Spezialisten klären können.

Der Soldat, der sich im Rückspiegel betrachtet, ist übrigens dabei sich zu rasieren – in seiner linken Hand hält er den Rasierhobel, mit der rechten trägt er Rasierseife auf. Sein auf dem Wagen herumturnender Kamerad genießt dagegen eine morgendliche Zigarette, die er in der linken Hand hält.

Die Uniformen der beiden wirken sehr hell, doch muss es sich nicht um die Tropenvariante der üblichen Wehrmachtsuniform handeln. Das Foto ist im Original sehr stark ausgeblichen und war wohl von Anfang an überbelichtet.

Das Abzeichen über der linken Brusttasche sagt dem Verfasser nichts, jedenfalls scheint es weniger gängig zu sein. Vielleicht kann ein sachkundiger Leser hierzu etwas sagen, was womöglich doch Rückschlüsse auf Ort und Zeitpunkt dieses Dokuments eines friedlichen Moments aus der Zeit des 2. Weltkriegs erlaubt.

Hansa: Gesichter einer Automarke von 1908-1958

Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts sah zahllose Automobilmarken aufsteigen und wieder untergehen. Über viele gibt es nicht einmal nennenswerte Literatur – oft sind nur historische Fotos und Werbeanzeigen als Dokumente verfügbar.

Zwar bietet das Internet heute die Möglichkeit, Interessenten die verfügbaren Informationen in konzentrierter Form zugänglich zu machen. Davon wird aber zu wenig Gebrauch gemacht. Ausnahmen wie die Online-Präsenz der Marke Steiger bestätigen die Regel.

Zu den deutschen Autonamen jener Zeit, die eine ausführliche Würdigung verdienen, gehört die zwischen 1908 und 1958 existierende Marke Hansa. Hier wird nicht der Versuch einer ausführlichen Schilderung der wechselhaften Markengeschichte unternommen. Doch ein allgemeiner Überblick ist mit „Bordmitteln“ darstellbar:

Der Ursprung der Marke Hansa liegt in einer 1905 im friesischen Städtchen Varel gegründeten Automobilfabrik, die – wie die Stettiner Firma Stoewer – anfänglich Einzylinder-Wagen nach französischem Muster unter der Marke HAG baute.

1908 wurden dann Wagen mit selbstentwickeltem 4-Zylinder-Motor präsentiert, die erstmals den Namen Hansa trugen. Wie sich wenig später zeigte, war der Name passend gewählt, obwohl das kleine Varel nie zum Städtebund der Hanse gehörte. Folgende Abbildung ist eine Wiedergabe eines zeitgenössischen Fotos eines zweisitzigen Hansa Typ A von 1908:

© Hansa Typ A von 1908; Reproduktion eines zeitgenössischen Fotos; Sammlung Michael Schlenger

Zu dem gezeigten Wagen des Typs A sind nur spärliche bzw. widersprüchliche Informationen verfügbar – möglicherweise handelt es sich um ein Fahrzeug, das Sporteinsätze für Hansa absolvierte. Die Leistung des kleinvolumigen Vierzylindermotors  wurde von anfänglich 12 auf später 16 PS gesteigert. Daneben gab es einen Typ B mit 20 PS Leistung. Außer als Zweisitzer waren die ersten Hansa-Wagen auch als großzügige Tourer erhältlich.

Ab 1911 wurde der auf folgendem Originalfoto zu sehende Typ C gebaut, der bis zu 24 PS aus gut 2 Liter Hubraum schöpfte und schon ein 4-Gang-Getriebe besaß:

© Hansa Typ C 8/24 PS; Originalaufnahme aus Sammlung Michael Schlenger

Zu diesem Fahrzeug gibt es ein separates Porträt, da es einige Besonderheiten aufweist und zudem etwas über seine Besitzer verrät. Inzwischen hatte sich Hansa einen soliden Ruf erarbeitet und vertrieb Wagen außer im Deutschen Reich auch in Österreich-Ungarn. 

1914 – kurz vor Ausbruch des 1. Weltkriegs – stand die erste der vielen Wandlungen der Marke Hansa an. Hansa schloss sich mit der Automobilsparte des Norddeutschen Lloyd zusammen, die in der Hansestadt Bremen Wagen unter der Marke Lloyd fertigte. Damit gewann der Markenname Hansa nachträglich seine Berechtigung, änderte sich allerdings in Hansa-Lloyd:

© Hansa-Lloyd-Originalreklame, 1914/15; Sammlung Michael Schlenger

Zwar existieren weitere, grafisch oft reizvolle Reklamebilder von Hansa-Lloyd-Wagen aus der Zeit von 1914-18, doch verlagerte sich die Produktion nach Kriegsausbruch auf Militärlastwagen. Von den beworbenen Zivilfahrzeugen wurden vermutlich nur wenige gebaut und diese landeten dann wohl auch eher als Offizierswagen an der Front:

© Hansa-Lloyd-Originalreklame, 1914-16; Sammlung Michael Schlenger

Nach dem verlorenen Krieg lief die Automobilproduktion nur mühsam wieder an. Die Modelle, die noch vor Kriegsausbruch entwickelt worden waren, stellten formal wie technisch immer noch zeitgemäße Fahrzeuge dar. Für Neukonstruktionen fehlten ohnehin die Mittel und die Nachfrage.

So fällt es bei vielen deutschen Marken schwer, die Modelle der frühen Nachkriegszeit von ihren unmittelbaren Vorgängern zu unterscheiden. Die oft als „typisch deutsch“ bezeichneten Karosserien mit Spitzkühlern, geteilter Frontscheibe und schnittigen Linien waren bereits 1914 in Mode.

So hätte auch Hansa-Lloyd mit den im Krieg beworbenen Modellen weitermachen können. Hier zwei Beispiele aus dem Jahr 1916, die dies veranschaulichen:

© Hansa-Lloyd-Originalreklame, 1916; Sammlung Michael Schlenger

Doch sollte Hansa-Lloyd nach Ende des 1. Weltkriegs bis Mitte der 1920er Jahre weiterhin überwiegend Lastkraftwagen bauen. 1921 trennte sich die Firma Hansa aus Varel wieder von der Bremer Hansa-Lloyd und baute unter der alten Marke ein bewährtes Vorkriegsmodell in geringen Stückzahlen weiter.

Da beide Hersteller wirtschaftliche Schwierigkeiten hatten, schlossen sie sich 1929 erneut unter dem Namen Hansa-Lloyd zusammen. Wie bei anderen Nischenproduzenten war jedoch die Pleite im Umfeld der Weltwirtschaftskrise nicht mehr aufzuhalten.

Im Unterschied zu anderen damals untergegangenen Marken hatte Hansa-Lloyd noch Glück. Denn ein gewisser Carl C.F. Borgward aus Bremen nutzte damals die Gelegenheit, um seine Lieferwagenfertigung durch Übernahme von Hansa-Lloyd zu erweitern und um eine PKW-Produktion zu ergänzen.

Dazu wurde Anfang der 1930er Jahre eine neue Fahrzeugfamilie entwickelt, in der der alte Markenname Hansa weiterleben sollte. Zwar war der Erfolg gering, doch Mitte der 1930er Jahre sollte mit den attraktiv gestalteten und modernen Modellen Hansa 1100 und 1700 ein erneuter Versuch gelingen:

© Hansa-Originalreklame, um 1935; Sammlung Michael Schlenger

Kurz vor Beginn des 2. Weltkriegs endet die Produktion von Borgward-Fahrzeugen unter der Marke Hansa. Den Krieg über war Borgward weitgehend in die Herstellung von Rüstungsgütern eingebunden. Die Produktionsanlagen in Bremen wurden zwar 1944 durch Luftangriffe weitgehend zerstört. Jedoch ging die Fertigung in ausgelagerten Fabriken weiter.

Nach Kriegsende stellte man bei Borgward zunächst LKW her. 1948 kehrte Unternehmenschef Borgward aus amerikanischer Gefangenschaft zurück und gab die Produktion eines von ihm zwischenzeitlich entwickelten Wagen in moderner Pontonform in Auftrag. Das neue Modell erschien 1949 als erste deutsche PKW-Neukonstruktion nach dem Krieg und ließ über Nacht Wagen wie den Mercedes 170V alt aussehen. Hier ein zeitgenössisches Originalfoto:

© Borgward Hansa, um 1950; Sammlung Michael Schlenger

Mit dem Hansa 1500 und dem 1952 präsentierten Hansa 1800 etablierte sich Borgward als ernstzunehmender Anbieter in der Mittelklasse. Die außen wie innen großzügigen Wagen mit modernem Fahrwerk sprachen erfolgreiche jüngere, stilbewusste Käufer an, wie man auf vielen Fotos jener Zeit erkennen kann.

Den traditionsreichen Markennamen Hansa verwendete Borgward nochmals beim bis 1958 gebauten Modell 2400. Dieser Wagen verfügte über 6-Zylinder-Motoren, die bis zu 100 PS leisteten. Mit diesem eindrucksvollen Fahrzeug fand die Geschichte der Marke Hansa nach 50 Jahren ihren Abschluss. 

Drei Jahre später – 1961 – ging Borgward in Konkurs, vielleicht unnötigerweise. Jedenfalls hätte der überschaubaren Markenlandschaft hierzulande ein weiterer Qualitätsanbieter gut getan…

Das Fabrikgebäude in Varel, in dem vor dem 1. Weltkrieg die ersten Autos der Marke Hansa entstanden, existiert übrigens noch. Derzeit wird nach einer Nutzung gesucht, die den Bestand des Bauwerks gewährleistet und auch seiner Historie gerecht wird (Website).