DETRA: PKWs mit luftgekühltem Boxer aus Frankfurt

In einer Zeit, in der es gerade ein Dutzend Automobilproduzenten in Deutschland gibt, ist es immer wieder faszinierend zu sehen, welche Hersteller- und Markenvielfalt es hierzulande noch vor dem 2. Weltkrieg gab.

Beim Stichwort Autos aus Hessen etwa fällt den meisten bloß der Rüsselsheimer Hersteller Opel ein. Nur Kenner wissen noch von einst international angesehenen Firmen wie Adler aus Frankfurt, der kleinen Marke Röhr aus Ober-Ramstadt und feinen Karosseriebauern wie Autenrieth (Darmstadt) oder Kruck (Wiesbaden).

Der Erinnerung wert ist aber auch der Hersteller des folgenden Fahrzeugs aus der Äbbelwoi-Metropole am Main:

Detra-Tatra_52

© DETRA-Tatra Typ 52, Baujahr 1931-38; Originalaufnahme aus Dunlop-Zeitung Nr. 10/1931, Sammlung Michael Schlenger

Zu sehen ist hier nicht etwa eine großzügige französische Limousine, sondern ein Anfang der 1930er Jahre in Frankfurt gefertigtes Automobil. Hersteller war die DETRA GmbH mit Sitz in der Frankenallee.

Das Mitte der 1920er Jahre gegründete Unternehmen baute in Lizenz Wagen der renommierten tschechischen Firma Tatra. Die vom Österreicher Hans Ledwinka konstruierten Tatra-Wagen der Zwischenkriegszeit waren technisch wie formal eine Klasse für sich. 

Mit zuverlässigen luftgekühlten Boxer-Motoren, robustem Zentralrohrrahmen, großzügigem Innenraum und komfortablem Fahrwerk gehörten speziell die stärker motorisierten Tatras zu den interessantesten Autos ihrer Klasse vor dem 2. Weltkrieg.

Mit genau einem solchen Wagen haben wir es hier zu tun, einem Tatra Typ 52, der von 1930 bis 1938 gebaut wurde, zeitweise auch in Lizenz von der DETRA in Frankfurt. Das Auto erreichte dank des 1,9 Liter großen und 30 PS starken Vierzylinders ein Höchsttempo von 90 km/h. Vierganggetriebe, hydraulische Stoßdämpfer und 12-Volt-Elektrik waren damals alles andere als selbstverständlich.

Allerdings waren die Tatras konzeptbedingt formal eigenwillig, was sich auf unserem Bild erst auf den zweiten Blick erschließt. Der vorne montierte luftgekühlte Motor kam ohne Wasserkühler aus, weshalb die Frontpartie entsprechend schlicht ausfiel.

Auf folgendem Bildausschnitt ahnt man die vorne schräg abfallende schmucklose Blechhaube, die den Tatras damals ein ganz eigenes Gesicht gab:

Wie das von vorne aussah, kann man auf diesem Bild sehen. Sicher war diese Frontpartie bei allen sonstigen Qualitäten der großen Tatras eine Hürde, die ein Käufer erst einmal nehmen musste. Dass es Gourmets gab, die gerade die Andersartigkeit der Tatras zu schätzen wussten, belegt das eingangs gezeigte Bild.

Denn der dort abgebildete Wagen trägt eine raffiniert geschnittene Sonderkarosserie von Auer aus Stuttgart, die den Wagen besonders elegant erscheinen lässt. Den dafür verantwortlichen Liebhabern des Außergewöhnlichen verdanken wir zahllose großartige Automobilkreationen – und seien sie nur noch auf alten Fotos existent.

Übrigens endete die Geschichte der Frankfurter DETRA im Jahr 1938, als das Deutsche Reich sich die über die mehrheitlich von Deutschen besiedelten Gebiete hinausgehenden Teile der Tschechei mit stiller Duldung Englands und Frankreichs einverleibte.

Nur rund 1.700 Exemplare des Tatra 52 wurden gefertigt. Überlebende dürften heute seltener sein als mancher Luxus- oder Supersportwagen, der selbst als Schrotthaufen noch Preise im sechsstelligen Bereich erzielt. Dagegen sind Tatras der Vorkriegszeit wirklich exklusiv.