DKW V1000: Rare Vorkriegs-Limousine mit 4-Zylindern

Die meisten Liebhaber deutscher Vorkriegsautos dürften bei DKW an Zweizylinder-Zweitakter mit Frontantrieb denken. Kein Wunder: Rund 265.000 DKW „Front“ baute der Traditionshersteller aus dem sächsischen Zschopau in der Zeit von 1931-42.

Die entsprechenden Typen F2 bis F8 sind auf diesem Blog umfangreich dokumentiert, auch Raritäten wie das Front-Luxus-Cabriolet (DKW-Bildergalerie).

Doch angefangen hatte der PKW-Bau bei DKW im Jahr 1928 mit Hecktrieblern, anfangs mit 2-Zylinder-Motor (Typ P15 PS). Ab 1930 baute man auch hubraum- und leistungsstärkere Wagen mit Vierzylinder, die richtig erwachsen wirkten.

Ein solchen DKW des 4-Zylindertyps V 1000 zeigt folgende Originalaufnahme, die auf den 11. September 1932 datiert ist:

DKW_V1000_Galerie2

© DKW V1000 von 1931/32; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Der Kühler nach dem Vorbild klassischer Tempelfronten – an Rolls-Royce erinnernd – , die Doppelstoßstangen nach amerikanischer Mode und die imposanten Scheinwerfer signalisieren: das ist kein Kleinwagen! Mit der Leistung von 25 PS bewegte sich DKW mit diesem Modell Anfang der 1930er Jahre in der Mittelklasse und konkurrierte mit Hanomag und Opel. 

Am DKW V1000 wurde übrigens erstmals das neu gestaltete Firmenemblem verwendet, das dem Grundsatz nach bis in die 1950er Jahre überlebte. Der schwächere Vorgänger V800, der von 1930-31 gebaut wurde, trug dieses Logo noch nicht.

Der im Raum Leipzig zugelassene Wagen auf unserem Foto besitzt vor dem Kühler ein verchromtes Schutzgitter, wie es zeitweilig schick war. Teilweise verdeckt wird dadurch das kreisförmige Emblem mit der Gleichung „4=8“.

Das war ein Hinweis darauf, dass ein Zweitakter pro Kurbelwellenumdrehung doppelt so viele Arbeitstakte aufwies wie ein Viertakter gleicher Zylinderzahl. DKW sprach seinen Vierzylindern also eine Eigenschaft von 8-Zylinder-Motoren zu. Diese kühne Werbebotschaft verwendete DKW auch nach dem Krieg bei den Dreiyzlinder-Zweitaktern, die als „3=6“-Typen vermarktet wurden.

Das Publikum dürfte beim DKW V1000 weniger den bauartbedingt tatsächlich wenig laufruhigen Motor, sondern vor allem die Größe geschätzt haben. Auf folgendem Foto eines Wagens mit Berliner Zulassung (Kürzel „IA“) kann man die Abmessungen der Cabrio-Limousine dieses Typs gut erkennen:

© DKW V1000 von 1931/32; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Neben dieser 4-sitzigen Ausführung gab es auch eine 2-sitzige Cabrio-Limousine sowie eine vollwertige Limousine klassischer Machart.

Wie der Vorgänger V800 wurde der DKW V1000 nur rund ein Jahr lang gebaut. Nach knapp 3.000 Exemplaren endete im Dezember 1932 die Produktion. Damit gehört der V1000 zu den selteneren DKW-Typen, von denen nur wenige überlebt haben.

Abgelöst wurde der V1000 durch die technisch ähnlichen, aber noch luxuriöser daherkommenden Wagen des Typs „Sonderklasse“, der hier ebenfalls anhand eines Originalfotos vorgestellt wird.

Seltene Originalaufnahme des ersten DKW-Automobils

Freunde deutscher Vorkriegsautos kennen natürlich die einst beliebten Frontantriebsmodelle der Marke DKW, die zuvor mit Zweitaktmotorrädern Weltruf erlangt hatte. Viele dieser attraktiv gezeichneten Kleinwagen haben die Zeiten überdauert und erlauben heute wohl den günstigsten Einstieg in die Vorkriegsszene.

Das erste von DKW gebaute  Auto – der Typ P 15 PS – ist dagegen nur noch Kennern geläufig. Er wurde 1928/29 in wenigen tausend Exemplaren gebaut und hatte mit seiner wenig dauerhaften Holzkarosserie auch keine guten Überlebenschancen.

Der Typ P 15 PS wurde auf diesem Blog bereits vorgestellt (Bildbericht), daher sollen die technischen Details an dieser Stelle nicht wiederholt werden. Vielmehr soll ein schönes Originalfoto des Wagens präsentiert werden, das selbst als Rarität gelten kann:

© DKW Typ P 15 PS Cabriolet; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Man stößt nicht oft auf eine so gelungene Privataufnahme dieses Wagens. Hier machte einst jemand bei Bildaufbau, Belichtung und Tiefenschärfe alles richtig und drückte in einem reizvollen Moment auf den Auslöser. Das bekommen auch heute nur Wenige hin.

Allerdings hatte der Abzug durch unsachgemäße Lagerung stark gelitten und musste erst aufwendig retuschiert werden. Man kann dies anhand der unbearbeitet gebliebenen Partien im Hintergrund ahnen. Wie bei einem Oldtimer hat aber auch bei einem alten Foto eine gewisse Patina ihren Reiz, daher ist hier nur das Nötigste behoben worden.

Zum Auto ist zu sagen, dass es sich das 2-sitzige Cabriolet handelt. Wie die parallel verfügbare Roadsterversion verfügte es nur über Steckscheiben, wie folgende Originalreklame erkennen lässt:

© DKW-Originalreklame von 1928/1929 aus Sammlung Michael Schlenger

Das auf unserem Foto abgelichtete Auto weist ansonsten keine Auffälligkeiten auf, es dürfte zum Entstehungszeitpunkt der Aufnahme noch recht neu gewesen sein. Deutlich später als 1930 wird das Foto nicht entstanden sein.

Leider wissen wir nichts über den Aufnahmeort und auch das Nummernschild gibt diesbezüglich keinen Hinweis. Doch bleibt es auch so eine sehr schöne Aufnahme, die nicht nur DKW-Anhängern erfreuen sollte.

Wie so oft auf diesen alten Bildern sind es die darauf abgebildeten Menschen, die einen Moment vor langer Zeit lebendig werden lassen. Das kleine Mädchen, das uns so freundlich grüßt, könnte sogar als hochbetagte Dame noch am Leben sein – wer weiß…

DKW F2 Kombi im Berlin der Nachkriegszeit

Zu den in der Papierform schwächsten und doch sehr erfolgreichen deutschen Kleinwagen der 1930er Jahre gehörten die frontgetriebenen Zweitaktmodelle von DKW aus dem sächsischen Zschopau.

Die von 1931 bis Anfang der 1940er Jahre gebauten Modelle der Typen F1 bis F8 (diverse Bildberichte unter „DKW“) unterschieden sich vom äußeren Erscheinungsbild und der Ausstattung, blieben aber technisch im Wesentlichen auf demselben Stand.

Je nach Variante „Reichsklasse“ oder „Meisterklasse“ kam ein Zweizylinder mit 600 oder 700 ccm zum Einsatz, der 15 bzw. 18 PS leistete. Dass damit überhaupt eine akzeptable Fortbewegung möglich war, verdankten die DKWs ihrem leichten Aufbau aus kunstlederbezogenem Sperrholz. Motorhaube und Schutzbleche bestanden aus Blech.

Dieser Konstruktion wird eine nur geringe Dauerhaftigkeit nachgesagt. Die hohe Zahl der Fahrzeuge, die noch in der Nachkriegszeit genutzt wurden, zeigt aber, dass DKWs auch langlebig sein konnten. Ein Beispiel dafür zeigt das folgende Originalfoto der späten 1940er oder frühen 1950er Jahre: 

© DKW F2 Kombi, Baujahr: 1932-35, aufgenommen um 1950; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Das Bild ist insofern interessant, als es einen ab Werk nicht verfügbaren Kombiaufbau zeigt. Nun waren speziell in den kargen Zeiten direkt nach dem Krieg die abenteuerlichsten Konstruktionen auf Deutschlands Straßen unterwegs, die oft aus der Not geboren waren und entsprechend improvisiert wirkten. Ein Beispiel dafür ist der in diesem Blog bereits vorgestellte DKW F1 mit Transporteraufbau aus DDR-Zeiten.

Mitunter wurden Nutzfahrzeugvarianten auf Basis einstiger Wehrmachts-PKW oder anderweitig durch den Krieg gekommener Autos auch von erfahrenen Karosseriefirmen fabriziert, die damals für jeden Auftrag dankbar waren. Dies ist etwa bei dem vor einiger Zeit präsentierten Hanomag Rekord Pickup der Fall.

Der auf unserem Foto zu sehende DKW F2 Kombi macht einen so harmonischen Eindruck, dass er vermutlich von Anfang an von einem versierten Karosseriespezialisten auf Grundlage eines von DKW gelieferten Chassis so gefertigt wurde:

Sollte der F2 Kombi tatsächlich schon vor dem Krieg seinen Sonderaufbau erhalten haben, könnte dies zu seinem Überleben beigetragen haben. Zum einen wurden solche für spezielle Einsatzzwecke benötigten Wagen 1939 meist nicht vom Militär eingezogen (etliche herkömmliche DKWs dagegen schon). Zum anderen dürfte die Sonderkarosserie stabiler als die Werksausführung gewesen sein.

Dennoch sieht man bei genauem Hinsehen, dass auch dieser Wagen zum Zeitpunkt der Aufnahme einige mehr oder weniger freiwillige Änderungen erfahren hatte:

Nachträglich montiert ist die Stoßstange, die wohl einst verchromt war und hier schon sehr mitgenommen aussieht. Stoßstangen waren bei den DKW-Frontantriebsmodellen Sonderausstattung und außerdem zweiteilig.

Nicht zur Originalausstattung gehört der große, auf dem linken Vorderschutzblech angebrachte Außenspiegel. Wie es scheint, sind außerdem zwei unterschiedliche Kotflügel verbaut worden, sofern die unterschiedliche Form nicht Folge eines Unfalls ist.

Das Nummernschild verweist übrigens auf eine Zulassung im Berlin der Nachkriegszeit (KB=Kommandantur Berlin). Die erste Zifferngruppe steht dabei für den Zulassungsbezirk, die zweite ist die fortlaufende Nummer innerhalb des Bezirks.

Auffallend ist nicht zuletzt ein Detail auf folgendem Bildausschnitt:

Links und rechts der A-Säulen erkennt man Fahrtrichtungsanzeiger, die mit recht massiven Haltern und einigem Abstand befestigt zu sein scheinen. Auch die freiliegenden Kabel für die Stromversorgung machen einen improvisierten Eindruck.

Mit seiner Gesamterscheinung fast 20 Jahre nach seiner Produktion vermittelt dieser DKW F2 Kombi ein gutes Bild davon, wie solche Fahrzeuge auf den Straßen damals aussahen. So authentisch sind heutzutage leider nur wenige Klassiker aus jener Zeit erhalten geblieben. Die meisten sind ohnehin verschrottet worden.

Übrigens sieht man auf unserem Foto links hinten sehr wahrscheinlich einen VW Käfer vorbeihuschen, von dem damals viele träumten und dem die Volksmotorisierung gelang, der DKW mit seinen populären Zweitaktern bereits recht nahe gekommen war.

Zur Dokumentation wurde auch dieses historische DKW-Foto in die chronologische DKW-Bildergalerie aufgenommen.

Pseudo-Stromlinie mit 2-Takter: DKW Schwebeklasse

Nach den Bemühungen von Pionieren der 1920er Jahre um die aerodynamische Optimierung des Automobils (Jaray, Claveau, Rumpler, Burney) war die „Stromlinie“ bei Wagen der 30er Jahre oft nur ein modisches Gestaltungselement ohne Funktion.

Meist wurden Teile der Frontpartie scheinbar „windschnittig“ gestaltet, während konventionelle Elemente wie freistehende Scheinwerfer, bauchige Schutzbleche und flache Windschutzscheiben beibehalten wurden.

Bei den Geschwindigkeiten, die in der Vorkriegszeit im Alltagsbetrieb üblich waren, spielte der Luftwiderstand ohnehin kaum eine Rolle. Der hohe Kraftstoffverbrauch vieler Autos jener Zeit war der unvollkommenen Gemischaufbereitung und -verbrennung geschuldet.

Ein Beispiel für die Kombination von Pseudo-Stromlinienkarosserie und wenig effektivem Antrieb ist auf folgendem Originalfoto zu sehen:

© DKW Schwebeklasse Cabriolimousine, Baujahr 1934-37; Fotoquelle: Sammlung Michael Schlenger

Im Unterschied zu vielen Modellen der Vorkriegszeit lässt sich der Typ auf Anhieb identifizieren. Den nach innen gewölbten Kühlergrill mit den Auto-Union-Ringen und dem darüberliegenden DKW-Logo gab es nur beim DKW der „Schwebeklasse“.

Dieser von 1934-37 gebaute Typ verfügte im Unterschied zu den ersten DKW Modellen (P 15 PS und PS 600) über einen Zweitaktmotor mit vier statt zwei Zylindern. Dank Ladepumpe leistete das Aggregat mit 1 Liter Hubraum bis zu 32 PS (ab 1935).

Am maßlosen Verbrauch des Motors (12-13 Liter/100km) konnte die sich windschlüpfrig gebende Karosserie nichts ändern. Dass sich der Wagen überhaupt verkaufte, ist damit zu erklären, dass es auch in der Mittelklasse Käufer gab, denen modische Aspekte wichtiger als wirtschaftliche waren.

Ein DKW-Niederlassung in Frankfurt am Main machte sogar mit der Schwebeklasse gezielt Werbung, wie folgende Originalreklame belegt:

© Reklame von 1936 mit DKW Schwebeklasse; aus Sammlung Michael Schlenger

DKWs großer Erfolg in den 1930er Jahren ist jedoch den schwächeren, aber wirtschaftlicheren Frontantriebsmodellen der Typen F2 bis F8 zu verdanken, die in der Nachkriegszeit nochmals populäre Nachfolger haben sollten.

Apropos Nachkriegszeit: Unser Foto zeigt ein Exemplar der DKW Schwebeklasse, das den 2. Weltkrieg überlebt hat und sich damit als robuster erwiesen hat, als es diesen Wagen in der Literatur nachgesagt wird. Folgender Bildausschnitt verrät mehr:

Das Nummernschild ist ein Besatzungskennzeichen, das in Württemberg in der amerikanisch besetzten Zone 1948 ausgeben wurde. Die übereinander stehenden Buchstaben bezeichneten ab 1948 die jeweilige Besatzungszone und das Land, in dem das Fahrzeug angemeldet war. Unter dem Bindestrich ist eine „48“ zu erahnen. Die zweistellige Zahl steht für den Kreis oder die Stadt (hier: Stuttgart).

Dieser DKW war also noch über 10 Jahre nach Produktionsende einsatzfähig. Er macht dank frischen Lacks einen gepflegten Eindruck. Wer genau hinschaut, sieht dem Wagen sein Alter aber doch an: Die ursprünglich verchromten Stoßstangen und Radkappen sind hier lackiert – offenbar war ihr Zustand zu schlecht.

Nicht original zu sein scheint die Verbindungsstange zwischen den Scheinwerfern. Jedenfalls hat der Verfasser auf zeitgenössischen Bilder von Wagen der DKW Schwebeklasse dieses Detail bislang nicht gesehen. Vielleicht kann ein Leser mehr dazu sagen, möglicherweise gab es ein entsprechendes Zubehörteil.

Dass die Zeit letztlich auch bei diesem Wagen ihren Tribut gefordert hat, sieht man auf folgendem Bildausschnitt:

Die Tür auf der Fahrerseite ist etwas abgesackt, was bei den selbsttragenden Sperrholzkarosserien dieses Modells wohl unausweichlich war. Ähnliche Probleme hatten bereits die allerersten DKWs des Typs P 15 PS und die 4-Zylinder-Vorgängermodelle der Schwebeklasse (DKW 4=8 und Sonderklasse).

Erst das Vierzylinder-Nachfolgemodell „Sonderklasse“ (ab 1937) sollte einen von Wanderer entlehnten soliden Rahmen bekommen. Bei den kleineren 2-Taktern löste schon ab 1935 (DKW F5) ein Kastenrahmen die bisherige Konstruktion ab.

Zum Schluss verdient die junge Dame auf unserem DKW-Foto noch eine Würdigung:

Mit ihrer üppigen Lockenfrisur hätte unsere Beifahrerin schon in den 1930er Jahren eine gute Figur gemacht. Das hochgeschlossene Kleid und die Puffärmel wären allerdings bereits vor dem Krieg als altmodisch empfunden worden. Denkbar ist, dass es sich um eine Tracht handelt, die zu einem besonderen Anlass angelegt wurde.

Leider wissen wir nichts Näheres über Ort und Zeitpunkt dieser reizvollen Aufnahme – doch war für den DKW und seinen einstigen Besitzer diese charmante Begleitung eindeutig ein Gewinn.

Weitere Blog-Einträge zu Pseudo-„Streamlinern“: Röhr 8F , Maybach und Standard 12 Flying.

Winterfoto eines DKW F7 „Spezial“ von 1937

Freunde der frontgetriebenen Zweitaktmodelle von DKW finden auf diesem Blog einiges an Anschauungsmaterial – vom F1 bis zum F8 ist jeder Typ vertreten. Einen Überblick über alle einschlägigen Beiträge findet sich unter dem Begriff „DKW“ in der Schlagwortwolke.

Dennoch gibt es noch immer Varianten, die eine eigene Abhandlung verdienen. Im vorliegenden Fall geht es um den Wagen auf dem folgenden schönen Winterfoto:

© DKW Front F7 Baujahr 1937; Fotoquelle: Sammlung Michael Schlenger

Auf den ersten Blick scheint das Foto wenig Aufregendes zu bieten. Kenner werden zurecht auf ein relativ spätes Modell des Typs F7 tippen. Die Form und Zahl der Kühlluftschlitze in der Haube sowie der gerade verlaufende vordere Türabschluss verraten das.

Manch‘ einer wird aus dem reichen Chromschmuck außerdem ableiten, dass es sich um die gehobene Variante „Meisterklasse“ handeln müsse. Sie unterschied sich bei den DKW-Fronttrieblern seit jeher von der günstigeren „Reichsklasse“ durch den etwas stärkeren Motor (700ccm mit 20 PS statt 600 ccm mit 18 PS), eine attraktivere Karosserie und hochwertigere Innenausstattung.

Doch mit der Vermutung, dass man eine „Meisterklasse“-Ausführung vor sich hat, liegt man falsch. Vielmehr handelt es sich um eine Zwischenvariante mit der Bezeichnung „Reichsklasse Spezial“. Die Besonderheiten dieser erstmals beim Typ F7 angebotenen Version lassen sich auf folgender Ausschnittsvergrößerung unseres Bildes herausarbeiten:

Ein erster Hinweis, dass der Wagen nicht über die „Meisterklasse“-Ausstattung verfügt, sind die lackierten Radkappen – in der gehobenen Variante wären sie verchromt gewesen. Des Weiteren fehlt der Einlass an der Oberseite der Frontscheibe, der beim F7 „Meisterklasse“ eine Belüftung des Innenraums erlaubte. Nicht zuletzt spricht die Farbgebung gegen eine „Meisterklasse“-Ausführung, die eine die Wagenlinie betonende Zweifarblackierung aufwies.

Was unterscheidet die „Reichsklasse Spezial“ von der Basisversion? Nun, da wären zunächst die Chromstoßstangen, die es bei der „Reichsklasse“ nur als Sonderzubehör gab. Vor allem aber kam die „Reichsklasse“ ohne die Chromzierleisten an der Motorhaube und um die Windschutzscheibe daher. Nicht zuletzt gab es die beiden feinen Zierleisten in der Kühlermitte nur bei der Austattung „Reichsklasse Spezial“-

Was wir leider nicht sehen können, ist die gegenüber einer schlichten „Reichsklasse“ etwas großzügigere Innenausstattung des Wagens. So wurde serienmäßig neben dem Tacho eine Benzinuhr verbaut, außerdem gab es eine Innenbeleuchtung und etwas gediegener verarbeitete Sitze.

Die auf dem Foto gut sichtbare, innen montierte Scheibenheizung war ein Zubehör aus dem Handel, dort waren auch die ganze Scheibe abdeckende Versionen erhältlich. Die Zweifach-Scheibenwischer waren auf Bestellung auch bei der Reichsklasse erhältlich, waren also nicht an eine spezielle Ausstattungsvariante gebunden. Die geben uns aber einen Hinweis auf das Baujahr des Wagens. Denn nur 1937 waren die Wischer unten montiert, im Jahr darauf wanderten sie nach oben.

Auch das Aufnahmejahr lässt sich eingrenzen. Der Wagen trägt ein Nummernschild des Deutschen Reichs, wobei das Kürzel „IV B“ eine Zulassung im damaligen Land Baden anzeigt. Der Wagen trägt noch keine Tarnüberzüge auf den Scheinwerfern und auf dem Nummernschild fehlt der markante Haken für Privatwagen, die mit Sondergenehmigung auch nach Kriegsausbruch 1939 weitergenutzt werden durften.

Somit ist das Foto entweder im Winter 1937/38 oder 1938/39 entstanden. Damals stand es um die politische Großwetterlage in Europa bereits denkbar schlecht und der Besitzers des Wagens schaut dazu passend mit gemischten Gefühlen in die Ferne…

Rätselhaft bleibt der in feiner Kursivschrift verfasste Vermerk auf der Rückseite: „Auf einer Fahrt zum Kurs, mein Meister Lutz“.

DKW F5 Luxus-Cabriolet: „Der kleine Horch“

Die populäre Marke DKW aus Zschopau/Sachsen hatte bereits mit dem 1934 vorgestellten Typ F4 gezeigt, wie elegant ein kleiner Wagen aus deutscher Produktion sein kann. Ohnehin fällt auf, dass die Kreationen der sächsischen Hersteller und Karosseriebauer der Vorkriegszeit oft stilsicherer und leichter wirkten als die Konkurrenzprodukte aus dem Westen des Deutschen Reichs.

1935 wagte DKW auf Basis des Typs F5 einen Wurf, der die luxuriöse Optik der grandiosen Horch-Wagen aus dem Auto-Union-Verbund mit der anspruchslosen Zweitaktmotorisierung und dem damals noch exotischen Frontantrieb verband.

Um es vorwegzunehmen: Der Spagat gelang und der Verkaufserfolg übertraf bei weitem die Erwartungen. Eigentlich wollte man nur einige hundert Exemplare eines Luxus-Cabriolets bauen, das eine exklusive Karosserie sowie hochwertige Details wie Lederpolster, gefüttertes Verdeck und Drahtspeichenräder bot.

© DKW F5 Luxus-Cabriolet, Baujahr 1937; Bildrechte: Audi AG

Zwar war der in den Horch-Werken bzw. bei Hornig karossierte Wagen nicht billig, doch am Ende reichte die Nachfrage für gut 3.000 Exemplare des DKW F5 Luxus Cabriolets.

Ein zeitgenössisches Bild eines solchen Wagens aufzutreiben, darf angesichts der Stückzahlen als Glücksfall gelten. Im vorliegenden Fall muss man sich mit einem Originalfoto begnügen, das nur einen Teil des Autos zeigt, aber genügend Details zur Identifikation und näherungsweisen Ermittlung des Baujahrs enthält:

© DKW F5 Luxus-Cabriolet 2-sitzig, Baujahr 1936/37; Fotoquelle: Sammlung Michael Schlenger

Das entscheidende Detail auf dieser reizenden Aufnahme, das den Wagentyp verrät, ist die einzigartige Ausführung der seitlichen Zierleiste in Form eines Kometenschweifs. Die kurzen Speichen und großen Radkappen der Räder sprechen für 1936 als frühestes Baujahr. Gegen eine Entstehung nach 1937 sprechen der unten montierte Winker (danach in der A-Säule) und die niedrige Frontscheibe.

Der DKW sieht karosserieseitig schon etwas mitgenommen aus – wobei einige Kratzer dem Zustand des Fotos geschuldet sind. Das Verdeck dagegen macht noch einen fast neuwertigen Eindruck. Auffallend ist der nicht verchromte Verdeckbügel, den man erst bei späten Modellen sieht. Es bleibt die Frage: Wann und wo ist die Aufnahme entstanden? Der Kleidung, Frisur und schlanken Figur der Damen auf dem Foto nach zu urteilen ist bis in die späten 1940er Jahre alles möglich.

Der Verfasser vertritt folgende These: Der Besitzer des DKW ist auf Besuch bei seiner nicht minder flotten Freundin – die im Auto sitzt und vermutlich in einer öffentlichen Einrichtung arbeitet oder zur Ausbildung ist. Aufgereiht neben dem Auto sind ihre Kolleginnen, die gerade Spaß miteinander haben.

Das Foto wird der DKW-Fahrer selbst geschossen haben. Er hatte ein gutes Auge und auch Glück  – nicht nur hinsichtlich Auto und Freundin –  denn er hat im rechten Moment auf den Auslöser gedrückt. So gelungene Privatfotos von Menschen mit Automobilen sind selten.

Übrigens gab es auch eine von der Karosseriefirma Baur gefertigte viersitzige Ausführung des DKW F5 Front Luxus Cabriolets.

1938: Wintersportfreuden mit einem DKW F7

Die hübschen Fronttriebler der 1930er Jahre von DKW gehörten seinerzeit zu den meistverkauften Autos in Deutschland. Nach den Bildberichten zu den Vorgängern F1, F2 und F4 soll es hier um das Modell F7 gehen, das 1937/38 gebaut wurde.

Technisch bot der Wagen keine Überraschungen: Nach wie vor wurden in den beiden Ausführungen „Reichsklasse“ und „Meisterklasse“ 2-Zylinder-Zweitaktmotoren  mit 600 bzw. 700 ccm verbaut, die 18 bzw. 20 PS leisteten. In Verbindung mit der kunstlederbezogenen, leichten Sperrholzkarosserie reichte das für 80 bzw. 85 km/h Höchstgeschwindigkeit.

Das folgende Originalfoto zeigt einen solchen DKW F7:

© DKW F7, aufgenommen Weihnachten 1938, aus Sammlung Michael Schlenger

Gegenüber dem Vorgänger F5 ( das Modell F6 war nur ein Prototyp) wies die Karosserie eine Reihe von Änderungen auf. Markant war insbesondere die höhere Dachlinie, die eine größere Frontscheibe ermöglicht. In der Vorderansicht ist dieses Detail das einzige, das eine sichere Identifikation des Wagens erlaubt.

Beim näherem Hinsehen sieht man nicht nur die hinter der Frontscheibe verbaute Heizung – ein Nachrüstteil – sondern auch die oben montierten Scheibenwischer. Sie wanderten erst 1938 dorthin, vorher waren sie unterhalb der Scheibe befestigt:

Damit ist das Baujahr des Wagens gesichert, denn auf der Rückseite trägt das Foto den handschriftlichen Vermerk: 25. Dezember 1938. Der DKW war also zum Aufnahmezeitpunkt erst einige Monate alt, was die Besitzer jedoch nicht davon abhielt, ihn zu einem Wintersportausflug zu nutzen.

Die drei Ausflügler tragen zeittypische Wintersportkleidung – über der Brust gedoppelte kurze Jacken, die den Fahrtwind abhalten und zugleich Bewegungsfreiheit in der Hüfte geben. Die Hosen sind aus schwerer Wolle, die dank des materialeigenen Fetts Nässe eine ganze Weile fortzuhalten vermag:

Im Zeitalter kunststoffbasierter „Funktionskleidung“ kann man sich kaum vorstellen, dass unsere Vorfahren so auf die Piste gingen – und das auch noch ohne Sturzhelm. Aber diese Generation war aus einem anderen Holz geschnitzt als unsereins – schließlich fuhren die Leute auch meist ohne Heizung im Winter herum, wenn sie überhaupt Wagenbesitzer waren.

Bedauerlich, dass die Leidensfähigkeit dieser Generation von Politikern zur Durchsetzung ideologischer Zwangsvorstellungen missbraucht wurde. Dass das Volk in elementaren Fragen seiner Existenz nicht gehört wird, zeigt sich leider auch in unseren Tagen wieder. Übrigens trägt der DKW auf unserem Foto ein Nummernschild der Provinz Schlesien (Kürzel IK). Sofern die abgebildeten Personen den 2. Weltkrieg überlebt haben, stand ihnen damals auch noch der Verlust der Heimat bevor.

Eleganz im Kleinformat: DKW F4 von 1934/35

Zu den einst populärsten deutschen Vorkriegsautos – und bis heute zu den verbreitetsten Klassikern jener Zeit – gehören die kleinen Zweitaktmodelle von DKW aus dem sächsischen Zschopau.

Das lag gewiss nicht am mäßigen Temperament und dem wenig stabilen Aufbau der Wagen. Ein Gutteil des Erfolgs lässt sich wohl mit den von Anfang an gelungenen Linien erklären – so attraktiv verpackte sonst kein Hersteller ein Auto dieses Formats.

Nachdem wir uns bereits mit DKWs Erstling, dem Typ P 15 PS,und dem Typ F2 befasst haben, soll nun der DKW F4 den gestalterischen Anspruch der Marke illustrieren. Mit dem 1934 vorgestellten Modell blieb zwar technisch fast alles beim alten – 20 PS aus einem 700ccm-Zweizylinder verbunden mit Frontantrieb –  doch karosserieseitig gab es einen Sprung eine ganze Klasse nach oben.

Anhand des folgenden Originalfoto lässt sich dies nachvollziehen:

© DKW Typ F4 von 1934/35; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Bevor wir uns den Details widmen, sei daran erinnert, dass DKW seit 1932 Teil des Auto-Union-Konzerns war, dem auch die Oberklassemarken Audi, Horch und Wanderer angehörten. Äußerlich erkennbar war die Zugehörigkeit zur Auto-Union am Emblem mit den vier Ringen, das nach der Neugründung von Audi in den 1960er Jahren zum zeitlosen Erkennungszeichen der Marke avancierte.

Ab Mitte der 1930er Jahre sind die Bemühungen unübersehbar, die Wagen von DKW äußerlich den hochwertigen Fahrzeugen der übrigen Auto-Union-Marken anzunähern. Dies ist mit dem DKW F4 uneingeschränkt gelungen. Werfen wir nun einen näheren Blick auf die Feinheiten, die seine Klasse ausmachen:

Am augenfälligsten ist wohl die neu gestaltete Kühlermaske, die nun schnittiger im Wind steht und erstmals eine verchromte Umrandung aufweist. Zu nennen ist des Weiteren die serienmäßige Montage von Stoßstangen – viele ältere DKWs tragen auf historischen Fotos lediglich nachgerüstete Teile, mitunter von ganz anderen Wagen.

Neu sind auch die verchromte Zierleiste an der Motorhaube, die nun bis an die Frontscheibe reicht und deren schräger Abschluss die dynamische Linie der A-Säule betont. Die Vorderkotflügel decken einen größeren Teil des Rades ab und schützen dank der seitlichen Schürzen nun die Karosserie besser vor Straßenschmutz.

Ein kleines, aber wichtiges Detail sind die geprägten Chromradkappen. Sie erlauben die Unterscheidung des Modells vom Nachfolgertyp F5, wo sie größer ausfallen. Erwähnenswert sind außerdem die großzügig dimensionierten Riemann-Scheinwerfer. Der Eindruck einer höheren Wagenklasse setzt sich im Innenraum fort: Das Armaturenbrett bot nun neben Tachometer und Benzinanzeige auch eine Zeituhr und einen Ampèremeter, alle Instrumente waren indirekt beleuchtet.

Angesichts dieser Ausstattungsqualität war es kein Wunder, dass der DKW F4 trotz seiner kurzen Bauzeit (1934/35) ein großer Erfolg wurde. Der Nachfolger, das Modell F5 sollte den Ruf der Marke weiter stärken, dazu gelegentlich mehr.

Leider lässt sich nicht genau sagen, was auf der unterhalb der A-Säule montierten Plakette steht. Mehr als „J.Herold“ ist auf dem Originalfoto nicht zu entziffern – vermutlich war das der Name des Autohauses, das den DKW einst verkaufte. Das Nummernschild mit der Kennung „II H“ verweist auf eine Zulassung in Oberfranken hin. Vielleicht weiß jemand, wo der Wagen damals in der Region erworben wurde.

Rarer DKW „Special“: der Tornax Rex

Die hübschen Zweitakter mit Frontantrieb von DKW kennt noch heute jeder, der sich für alte deutsche Automarken interessiert. Viele dieser Wagen haben die Zeiten überdauert und ermöglichen auch bei kleinem Geldbeutel den Einstieg in die Vorkriegsszene.

Kürzlich wurde hier ein DKW F2 vorgestellt, der typisch für den Stil der Marke in den 1930er Jahren ist (Bildbericht). Dass es von diesem braven 20PS-Vehikel einst auch einen rassigen Roadster gab, den man so nur den Briten zutrauen würde, wissen selbst manche Experten nicht.

Besagter DKW F2 „Special“ war so selten – nur 168 Stück wurden gebaut – dass man eigentlich nicht damit rechnen kann, auch nur ein zeitgenössisches Foto davon aufzutreiben, geschweige denn ein Originalfahrzeug.

Doch Sammler halten sich oft an die Devise des Universalgenies Karl Lagerfeld: „Ich suche auch, was ich nicht suche“ und lassen sich vom Angebot überraschen. Dass einem so der Zufall die schönsten Funde in die Hände spielt, beweist folgendes Foto:

© Tornax „Rex“ auf DKW-Basis, Baujahr: 1934-36; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Dies ist übrigens kein Bildausschnitt, sondern bereits die ganze Aufnahme. Und doch sieht der Kenner genug, um sicher zu sein: Die Frontpartie des Wagens, der hier gerade auf einer Fähre den Rhein überquert, gehört zu einem „Rex“ Roadster!

Es ist keine Bildungslücke, wenn einem das nichts sagt. Dieses Modell wurde von 1934 bis 1936 von der deutschen Motorradfirma Tornax in Manufaktur gebaut. Die technische Basis dafür – also Motor und Fahrwerk – lieferte das Modell F2 von DKW.

Die Motorenspezialisten von Tornax steigerten die Leistung des 700ccm-Motors mal eben um 40 % auf immerhin 28 PS – dafür gab es einst das schöne Wort des „Frisierens“. Kombiniert wurde das Aggregat mit einem selbstentwickelten Rahmen und einer hinreißenden Karosserie der Firma Hebmüller – später bekannt für ihr elegantes Käfer-Zweisitzer-Cabriolet.

Eine näherungsweise Vorstellung vom Aussehen des Wagens gibt folgendes Sammelbild der 1930er Jahre – wie gesagt, ist an andere historische Aufnahmen kaum heranzukommen.

© Tornax „Rex“, originales Sammelbild der 1930er Jahre aus Sammlung Michael Schlenger

Man fühlt sich unwillkürlich an Typen der britischen Marke Morgan erinnert. Deutlich wird auf dem kleinen Sammelbild die breite Spur des Wagens, die vom sportlichen Anspruch des Tornax Rex kündet. Mit der flachen Silhouette und dem niedrigen Gewicht war ein Tempo von über 100km/h möglich, was einem in dieser reduzierten Verpackung vermutlich doppelt so schnell vorkam.

In einem Punkt kann der Tornax seine Herkunft von einem Motorradhersteller nicht verbergen. So verfügen die Vorderräder über mitlenkende Schutzbleche, was man in der folgenden Ausschnittsvergrößerung erahnen kann:

Trotz sensationeller Optik und beachtlicher Fahrleistungen schlief die Produktion des Tornax Rex bald wieder ein. Ob das an mangelndem Kundeninteresse – der Wagen war nicht billig – oder an der Einstellung der Motorenlieferungen durch DKW lag, sei dahingestellt.

Auf jeden Fall gehört dieser DKW „Special“ made by Tornax heute zu den ganz großen Raritäten und hätte ohne Zweitakttechnik vielleicht das Zeug zu einem „der“ deutschen Traumwagen der 1930er Jahre gehabt. Nur ganz wenige dieser Roadster existieren heute noch (hier zwei Beispiele).

DKW „Front“ F1 zum Lieferwagen umgebaut

Die systematische Beschäftigung mit Fahrzeugtypen und -modellen der Vorkriegszeit wird oft durch das Fehlen geeigneter Literatur erschwert. Einer überbordenden Auswahl an Büchern zu populären Herstellern wie Volkswagen oder Mercedes steht ein dünnes Angebot bei weniger gängigen Marken gegenüber.

Zwar bieten die Standardwerke von Schrader (Deutsche Autos 1885-1920) und Oswald Deutsche Autos 1920-45) einen unverzichtbaren Gesamtüberblick zumindest für die wichtigsten Hersteller hierzulande. Doch längst nicht alle Varianten sind dort auch so abgebildet, wie das zu wünschen wäre. Von manchen Fahrzeugen sind nur Seitenansichten oder alte Prospektabbildungen verfügbar.

Ein Lichtblick für den Enthusiasten im wahrsten Sinne des Wortes sind die liebevoll und kompetent gemachten „Fotoalben“ aus dem Verlag Kleine-Vennekate. Wer sich beispielsweise mit der einstigen Automobilproduktion der Firma DKW befassen will, findet in der Reihe eine entsprechende Ausgabe, die systematisch sämtliche Vorkriegsmodelle wiedergibt:

Jörg Lindner: DKW Fotoalbum 1928-42, Verlag Johann Kleine-Vennekate, ISBN: 978-3-935517-56-0, erhältlich im Buchhandel oder bei www.amazon.de

Die ausgewählten Bilder sind meist technisch sehr gut und oft auch vom Motiv her ausgesprochen reizvoll. Kurze, gefällig geschriebene Texte liefern die nötigsten Informationen oder auch Spekulationen über das, was auf den Bildern zu sehen ist.

Dass es immer noch neue DKW-Varianten zu entdecken gibt, sollen die folgenden Originalfotos zeigen:

© DKW Front F1 Lieferwagen; Originalfotos aus Sammlung Michael Schlenger

Auf der Rückseite der Bilder steht der handschriftliche Vermerk „DKW F2, 600ccm, 18 PS“. Kenner der DKW-Typenhistorie werden bemerken, dass das nicht ganz stimmen kann. Denn das von 1932-35 gebaute Modell F2 besaß eine grundlegend anders gestaltete Kühlerpartie.

Tatsächlich zeigen die Fotos den Vorgänger DKW „Front“ (später F1), der 1931 vorgestellt wurde. Er sollte die Palette der DKW-Hecktriebler mit 4-Zylindermotoren nach unten hin ergänzen. Mit Frontantrieb und 600ccm-Zweizylindermotor wies er die wesentlichen Charakteristika auf, die den Erfolg von DKW noch bis in die 1940er Jahre bestimmen sollten. Werfen wir einen näheren Blick auf die Frontpartie des F1:

Auch wenn die Aufnahme etwas unscharf ist, kann man den F1-typischen Kühler in klassischer „Tempel“-Form mit schräggestellten Unterteil erkennen. Die Stoßstange ist nachträglich angebracht worden, vermutlich stammt sie vom Nachfolgemodell F2. Ob der Knick in der Mitte von einem Unfall stammt oder dazu dient, die Stoßstange „passend“ zu machen, muss offen bleiben. Nachträglich angebracht wurde auch die Verbindungsstange zwischen den Scheinwerfern mit der Hupe. Die schlichten Scheibenräder ohne Radkappen dagegen waren so am F1 zu finden.

Während also die Frontpartie noch das ursprüngliche Fahrzeug ahnen lässt, liefern die Heck- und Seitenansicht Überraschendes:

Hier wurde offenbar eine F1-Limousine zum Lieferwagen umgebaut. Einen solchen Aufbau hatte es für den DKW Front ab Werk nicht gegeben. Das Erscheinungsbild deutet auf ein Einzelstück hin, das entweder während des 2. Weltkriegs oder kurz danach entstanden ist. Angesichts der geringen Motorleistung war das eine ausgesprochene Notlösung, doch zivile Transportkapazität war knapp und kostbar. Für den DKW F2 wurde ein ähnlicher Aufbau von der Karosseriefabrik Johannes Kester angeboten (vgl. DKW-Fotoalbum, S. 71).

Der Aufbau an unserem F1 wirkt formal harmonisch, möglicherweise wurde hier ein komplettes Teil eines anderen Fahrzeugs wiederverwendet. Sehr sauber ist der hintere Kotflügel angesetzt und auch die geschwungene Dachlinie macht einen gekonnten Eindruck. Nur die Tür wirkt wenig passend; sie stammt auch nicht von einem DKW F1. Die markante doppelte Zierleiste deutet auf eine Limousine des größeren Typs DKW V1000 als „Spender“ hin. Das hintere Scheibenrad entspricht ebenfalls nicht dem beim F1 verbauten Typ, vielmehr scheint es sich um ein Rad des DKW F2 zu handeln, das stärker profiliert war. Die Radkappe fehlt allerdings.

Insgesamt macht der Wagen einen schon stark mitgenommenen Eindruck. Der Zeitpunkt der Aufnahme dürfte in den späten 1950er Jahren liegen. Das vorne montierte Kennzeichen entspricht nämlich der ab 1954 vorgeschriebenen Systematik mit zwei Buchstaben für den Bezirk und zwei Ziffernpaaren. Der hier abgebildete Wagen scheint demnach aus dem Bezirk Potsdam zu stammen (1. Buchstabe „D“).

In den 1960er Jahren ist dieser wohl einzigartige DKW F1-Lieferwagen vermutlich ausrangiert worden. Es wäre interessant zu erfahren, ob er möglicherweise die Zeiten überdauert hat oder ob noch ähnliche Umbauten existieren. Auf jeden Fall wäre ein solcher Wagen heute eine außerordentliche Rarität!

Zur Dokumentation wurde auch dieses historische Foto in die chronologische DKW-Bildergalerie aufgenommen.

Im DKW F2 auf Verwandtenbesuch in „der Zone“

Der renommierte Motorradhersteller DKW hatte mit seinem ersten PKW-Modell, dem Typ P 15 PS, Ende der 1920er Jahre einen Achtungserfolg errungen (Bildbericht). Ab 1931 tat sich die Marke vor allem mit kompakten, elegant gezeichneten Wagen hervor, die mit Frontantrieb und Zweitaktmotor eigenen Charakter aufwiesen. Die gleichzeitig angebotenen DKW-Hecktriebler errangen keine vergleichbare Bedeutung.

Ab dem 1933 vorgestellten Modell F2 konnte die Motorleistung der frontgetriebenen DKWs als ausreichend gelten, statt anfänglich 15 PS wie beim DKW F1 verfügten die Wagen nun über 20 PS. Die Leistungssteigerung war der Anwendung der „Umkehrspülung“ zu verdanken, die auch bei den DKW-Motorrädern einen verbesserten Gaswechsel bewirkte. Dieser technische Stand blieb bis zum 2. Weltkrieg praktisch unverändert.

Die bis 1939 folgenden DKW-Modelle F4, 5 und 8 sollten sich im Wesentlichen nur durch verfeinerte Karosserieformen und Ausstattungsvarianten unterscheiden. Dank des Aufbaus aus Holz und Kunstleder waren Gewicht (700 bis 750 kg) und Verbrauch (ca. 7 Liter Zweitaktgemisch/100 km) niedrig.

Somit blieb auch ein recht frühes Modell wie der auf folgendem Originalfoto zu sehende DKW F2 von seiner Leistungscharakteristik den Nachfolgern ebenbürtig.

© DKW F2, Baujahr: ab 1934, aufgenommen 1954; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Den 2. Weltkrieg überstanden überdurchschnittlich viele DKWs – aufgrund ihrer geringen Leistung wurden sie kaum von der Wehrmacht eingezogen. Ganz anders sah das bei den Motorrädern der Marke aus. Speziell die DKW 250 und 350 NZ wurden massenhaft requiriert. Die 350er Version wurde sogar bis 1945 weitergebaut, weil sie aufgrund geringen Gewichts und anspruchsloser Technik in vielen Situationen den schweren Maschinen von BMW und Zündapp überlegen waren. Von einer generellen Abneigung des Militärs gegen Zweitakter kann also keine Rede sein.

Nach dem Krieg waren die DKW-Wagen der 1930er Jahre noch lange im Alltag präsent. Der hier gezeigte Wagen ist ein gutes Beispiel dafür. Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man zwar meinen, das Bild sei noch vor dem Krieg entstanden. Doch zwei Dinge verweisen auf die Nachkriegszeit: Der Faltenrock der Dame ganz rechts und vor allem das Nummernschild des DKW:

Bei dem Nummernschild handelt es sich um ein Besatzungskennzeichen der frühen Nachkriegszeit, wie es in unterschiedlichen Varianten von 1948-56 in Westdeutschland vergeben wurde. Der Buchstabe „N“ (anfänglich noch „B N“ steht für „Britische Zone Niedersachsen„, die Ziffernkombination 32 verweist auf den Landkreis Hameln-Pyrmont im Bezirk Hannover.

Interessant ist der Stempel des Fotolabors auf der Rückseite des Abzugs: „Foto-Dienst Wernigerode/Harz“. Der Ort ist zwar nur rund 140 km von Bad Pyrmont entfernt, lag aber damals hinter der Grenze zur „Sowjetisch Besetzten Zone“ (seit 1949 DDR). Die Aufnahme dürfte also beim Besuch von Verwandten aus dem Westen entstanden sein.

Auf der Rückseite des Fotos ist als Datum das Jahr 1954 vermerkt. Zu diesem Zeitpunkt war der abgebildete DKW schon rund 20 Jahre alt. Sieht man von den stark mitgenommenen Chrom-Stoßstangen und dem Unterteil der Kühlermaske ab, steht der F2 recht gut da, speziell der Lack macht einen gepflegten Eindruck. Auch die Auto-Union-Ringe und die DKW-Plakette am Kühler sind noch vorhanden.

Die Hupe mit dem markanten Wirbel auf der Abdeckung ist ein typisches Zubehör der Marke „Hella“ aus den 1930er Jahren, das bei vielen deutschen Wagen verbaut wurde. Bei Defekten hat man es nach dem Krieg oft durch zeitgenössische Teile ersetzt. Dass der Wagen dem Besitzer am Herzen liegt, sieht man an den Aufklebern an der Windschutzscheibe, die von Urlaubsreisen stammen dürften.

Wer nochmals das Ausgangsfoto studiert, wird bemerken, dass die Vorderräder eine unterschiedliche Bereifung tragen, vielleicht wurde auf einer Seite kürzlich ein altes Ersatzrad montiert. Details wie diese künden von den bescheidenen Verhältnissen jener Zeit, in der viele Dinge – so lange es ging – weiterbenutzt wurden.

Gleichzeitig kündet das Erscheinungsbild der Familie rund um den Wagen deutlich davon, dass man sich nicht unterkriegen lassen wollte. Als dieses Foto entstand, wussten unsere Landsleute im Osten nicht, dass ihnen noch 35 Jahre materielle Entbehrungen und Freiheitsentzug bevorstanden.

1928: PKW-Premiere bei DKW: Typ P 15 PS

Für Einsteiger in die Vorkriegsszene gehören die gefälligen und technisch anspruchslosen Wagen von DKW zu den günstigsten Angeboten hierzulande. Während die Modelle der 1930er Jahre in großer Zahl den Krieg überstanden und vergleichsweise oft angeboten werden, sind Exemplare des noch in den 20er Jahren präsentierten allerersten DKW des Typs P 15 PS heute höchst selten.

Mit seinem von 1928 bis 1929 gebauten Erstling, landete DKW auf Anhieb einen Achtungserfolg. Das war wohl nicht nur dem Vertrauen zu verdanken, das die Kunden dem renommierten Motorradhersteller entgegenbrachten. Absatzfördernd dürfte auch die für einen Kleinwagen sehr harmonische Form gewirkt haben. Hier ein Originalfoto des 4-sitzigen Cabriolets:

© DKW Typ P 15 PS, 4-sitziges Cabriolet von 1929; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Der offenbar mit einer Mittelformatkamera und Kartentasche bewaffnete mutmaßliche Besitzer im eleganten Mantel ist sichtlich stolz auf den kleinen DKW. Vielleicht ist es sein erstes Auto überhaupt und das relativiert die aus heutiger Sicht bescheidene Papierform des Typs P 15 PS.

Sein 2-Zylinder-Zweitaktmotor leistete bei einem Hubraum von knapp 600ccm lediglich 15 PS. Damit war ein Spitzentempo von 80 km/h drin, doch die damaligen Straßenverhältnisse und der relativ hohe Kraftstoffverbrauch des Wagens  werden in der Praxis eine gemächlichere Gangart nahegelegt haben. Gleichwohl war ein solches Fahrzeug für einen vom Motorrad kommenden Käufer ein beachtlicher Aufstieg.

Entsprechend selbstbewusst stellten die Werbeleute von DKW damals den PKW-Erstling der Marke dar. Hier eine Originalreklame für das 1928 vorgestellte 2-sitzige Cabriolet:

© DKW Typ P 15 PS, 2-sitziges Cabriolet; Originalreklame aus Sammlung Michael Schlenger

„Bequem wie im Klubsessel… sicher und schnell…“ Gewiss, im Vergleich zu einem Motorrad traf das annähernd zu. Doch Fahrkomfort im heutigen Sinn gab es nicht.

Allein die Vorstellung, dass unsere Ahnen einst mit solchen unbeheizten Gefährten auch im Winter unterwegs waren und sich bei Pannen selbst helfen mussten, erinnert daran, auf welchem Bequemlichkeitsniveau wir uns heutzutage bewegen. Ein Vorkriegsauto ist in vielerlei Hinsicht eine Zeitmaschine und genießt auch bei unbedarftem Publikum einen besonderen Aufmerksamkeitswert.

Nach gut 3.000 Exemplaren lief 1929 die Produktion des DKW Typ P 15 PS aus. Danach erwarb sich die Marke mit laufend verbesserten und stets attraktiven Modellen einen grundsoliden Ruf, der bis heute nachhallt. Man muss freilich schon ein Freund der Zweitakttechnik sein, um sich für DKW zu begeistern. Kenner der ausgereiften Motorräder der Marke werden damit sicher keine Schwierigkeiten haben.

Nicht unerwähnt bleiben soll, dass DKW nach Ende der Bauzeit des Typs P 15 PS noch eine rassig daherkommende Roadsterversion anbot. Hier eine Aufnahme dieses heute extem selten Modells PS 600 Sport:

© DKW PS 600 Sport von 1930/31; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Mehr Informationen zu diesem Typ und Interessantes zum Hintergrund der Aufnahme bietet die ausführliche Besprechung dieses Typs.

 

 

Winterspaß im Osten mit einem DKW F8

Nach mildem Auftakt hat der Winter inzwischen vor allem den Osten Deutschlands fest im Griff. Dazu passt dieses Foto, das ein vergnügtes Paar im Schnee mit seinem Auto zeigt:

© Originalfoto um 1950, aus Sammlung Michael Schlenger

Der Wagen ist schnell identifiziert – die vier Ringe an der mittleren Kühlerstrebe weisen auf ein Modell aus dem 1932 gebildeten Auto-Union-Konzern hin. Dazu gehörten die Marken Audi, DKW, Horch und Wanderer.

Die markant geschwungene, geteilt wirkende Stoßstange gab es nur bei DKW und Wanderer. Die eng beieinanderliegenden Kühlerstreben und die Form der Kühlermaske weisen auf einen DKW F8 hin, der von 1939 bis 1942 gebaut wurde. DKW-typisch verfügte der Wagen über Frontantrieb und einen Zweitaktmotor.

Die beiden Varianten des DKW F8 „Reichsklasse“ und „Meisterklasse“ unterschieden sich nur geringfügig in Motorisierung und Ausstattung. Der Preisunterschied war allerdings drastisch: Für 20 statt 18 PS und 85 statt 80 km/h Höchstgeschwindigkeit war bei der Limousine ein Aufschlag von rund 30 % fällig!

Weil Zweitaktwagen während des Krieges meist nicht von der Wehrmacht eingezogen wurden, haben viele davon überlebt. Ihre gefällige Form trägt zu ihrer bis heute anhaltenden Beliebtheit bei – und für eine Landpartie reicht die Leistung allemal. Günstiger ist Vorkriegseleganz kaum zu bekommen.

Was Ort und Zeitpunkt der Aufnahme angeht, hilft ein Blick auf das amtliche Kennzeichen des DKW:

Links von der Zahlenkombination sind übereinander die Buchstaben „S“ und „B“ zu erkennen. Dieses Kürzel steht für Sowjetische Zone und das Land Brandenburg. Es handelt sich also um ein Besatzungskennzeichen, wie es in der DDR zwischen 1950 und 1953 ausgegeben wurde. Die erste Zifferngruppe weist auf den Landkreis hin, die 30 steht für Kreis Oberbarnim, Bad Freienwalde/Oder an der Grenze zu Polen.

Damit wäre die Herkunft des Wagens geklärt – die Skistöcke weisen jedoch eher auf einen Aufnahmeort im Erzgebirge hin, wo der Wintersport eine lange Tradition hat. Das Gepäck der beiden spricht jedenfalls für eine Urlaubssituation, wenngleich unter den bescheidenen Bedingungen jener Zeit.

Übrigens wurde der DKW F8 im ehemaligen Audi-Werk in Zwickau ab 1949 äußerlich kaum unverändert weitergebaut. Lediglich sein Name wurde in IFA F8 geändert, wobei IFA für Industrieverband Fahrzeugbau stand, in dem die Fahrzeughersteller in der sowjetischen Zone zusammengefasst waren. Das abgebildete Fahrzeug könnte somit prinzipiell auch ein IFA F8 sein. Konstruktiv wäre es dennoch ein DKW gewesen, auch wenn sich der gleichnamige Hersteller mittlerweile im Westen (Ingolstadt) befand. DKW und IFA F8 stehen somit ebenso für die deutsche Teilung wie beispielsweise DKW und IFA RT 125.

In dem Foto ist also nicht nur ein vergnügter Wintertag festgehalten, sondern auch ein Stück deutscher Geschichte.

Ganz schön rar: DKW Bootsheck-Roadster

Es ist schon spannend, was einem bei der „freien Jagd“ nach historischen Automobil-Fotos alles vor die Flinte kommt. Wer nicht auf bestimmte Marken und Typen festgelegt ist, kann echten Raritäten auf die Spur kommen.

Wohl jeder Freund deutscher Automarken erkennt auf Anhieb die gefällig gezeichneten DKW-Modelle der Vorkriegszeit mit markanten Bezeichnungen wie Reichsklasse und Meisterklasse.

© DKW F7 Cabrio-Limousine 1937-38; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Von diesen eleganten Fahrzeugen haben viele Exemplare überlebt, weil sie wegen ihrer Zweitaktmotoren im Krieg nicht von der Wehrmacht eingezogen wurden. Wer einen bezahlbaren deutschen Vorkriegswagen mit Charme sucht und sich an der geringen Leistung nicht stört, kommt an DKW kaum vorbei.

DKW hatte von Anfang an eine glückliche Hand, was das Erscheinungsbild seiner Automobile anging. Das Publikum sah über die Schwächen des Zweitaktantriebs hinweg und erfreute sich an bezahlbarer Mobilität mit Stil. Allein die Cabriolets (gebaut bei Baur und Horch) der Typen F4, 5 und 7 verkauften sich rund 30.000 Mal. 

Selbst Kenner müssen aber erst einmal passen, wenn sie folgendes Fahrzeug zu Gesicht bekommen – ein rassiger Bootsheck-Roadster. Man denkt vielleicht zuerst an ein englisches Modell oder hält einen Special der Nachkriegszeit für möglich.

© Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Markenembleme sind auf dem Foto nicht zu erkennen. Da das Bild in Deutschland aufgenommen wurde, spricht die Wahrscheinlichkeit erst einmal für ein deutsches Fabrikat.

Fündig wird man schließlich beim Durchblättern des „Oswald“ (Deutsche Autos 1920-45): Auch das ist ein DKW! Dazu noch das heute seltenste Modell überhaupt – ein PS 600. Es war die Sportversion des braven DKW P15, des ersten Automobils von DKW. Damit hatte die Firma 1928 auf Anhieb einen Volltreffer gelandet.

Umsteiger vom Motorrad wussten, was sie vom Zweitaktspezialisten DKW erwarten konnten und störten sich weder am trotz Wasserkühlung lauten Motorengeräusch oder an der Karosserie aus kunstlederbezogenem Sperrholz.

Während der P15 mit nur 15 PS auskommen musst, holte das hier gezeigte Sportmodell aus demselben 600ccm-Zweizylindermotor 18 PS. Mit einem Werks-Tuning-Satz waren sogar 20 PS drin. Das entsprach dem Wert beim Motorrad DKW 600 Super Sport, das ebenfalls einen wassergekühlten 600ccm-Motor hatte und damals als Traummaschine galt. Die Motorisierung des DKW PS 600 erscheint heute dürftig, doch bei einem Wagengewicht von 550 kg war damit eine zügige Fortbewegung möglich.

Nicht zu verachten war die Wendigkeit des Wagens, zu der neben dem geringen Gewicht auch die schmale Bereifung im Motorradformat 3,25 x 19 beitrug. Die Bremsleistung war dagegen mäßig. Immerhin gab es Bremstrommeln rundum, die über Seilzüge betätigt wurden, wie auf der Ausschnittsvergrößerung am Hinterrad gut zu erkennen ist:

Dass der Wagen nicht nur rasant aussah, sondern tatsächlich eine gewisse sportliche Charakteristik hatte, belegen zahlreiche Klassensiege zwischen 1929 und 1933, unter anderem am Schauinslandrennen und auf dem Nürburgring. 1930 stellte der DKW PS 600 auf der Steilwandstrecke in Monthléry bei Paris sogar einen Rekord auf, als er bei einer 24h-Fahrt einen Durchschnitt von über 90 km/h erreichte.

Gebaut wurden vom DKW PS 600 bis 1931 nur 500 Exemplare. Dass davon überhaupt einige überlebt haben, dürfte der attraktiven Form und der Tatsache zu verdanken sein, dass in der DDR alles am Laufen gehalten wurde, was den Krieg überstanden hatte. Damit kommen wir zum mutmaßlichen Entstehungsort und dem Zeitpunkt der Aufnahme. Ein erster Hinweis findet sich im Hintergrund:

Der Schriftzug Berliner Bären-Lotterie über dem Schaufenster verweist auf eine 1953 in der DDR geschaffene staatliche Glücksspieleinrichtung. Somit dürfte das Bild in der Nachkriegszeit in Ostberlin oder einer anderen ostdeutschen Großstadt entstanden sein. Für Berlin spricht der rückseitige Stempel „Foto Boss Treptow“.

Die Datierung lässt sich noch etwas präzisieren. Den entscheidenden Hinweis gibt der im Hintergrund vorbeihuschende Lieferwagen.

Das Fahrzeug ist so markant, dass es eindeutig identifiziert werden kann: Es handelt sich um einen Barkas B 1000, der das ostdeutsche Pendant zum VW Transporter darstellte. Er wurde 1961 vorgestellt und war seinerzeit eine durchaus moderne Konstruktion.

Damit rückt der Entstehungszeitpunkt des Fotos in die 1960/70er Jahre. Der Barkas wurde zwar kaum verändert bis 1990 gebaut, doch der gezahnte Rand des Fotos und sein Zustand sprechen für ein erhebliches Alter der Aufnahme. Das Fahrzeug sieht für eine Alltagsnutzung zu gepflegt aus, speziell das Verdeck macht einen sehr guten Eindruck. Vielleicht kam der DKW von einem Veteranentreffen zurück und der Fotograf hat ihn durch Zufall aufgenommen.

Gut stehen jedenfalls die Chancen, dass dieses Exemplar des DKW PS 600 heute noch existiert. In Ostdeutschland sind mindestens zwei dieser attraktiven Wagen mit ihrer markanten Zweifarblackierung erhalten, nämlich im August Horch Museum in Zwickau und im Museum für sächsische Fahrzeuge in Chemnitz.

Beide Sammlungen sind übrigens für Freunde von Vorkriegsfahrzeugen unbedingt empfehlenswert!

Museums-Tipp: PS-Speicher in Einbeck

Oldtimer-Museen gibt es mehr als genug hierzulande, möchte man meinen. Die großen Autohersteller haben sich die Präsentation ihrer Geschichte jedenfalls einiges kosten lassen. Leider wurde dabei oft viel Geld für austauschbare moderne Architektur ausgegeben, während ein den historischen Fahrzeugen angemessenes Ambiente zu kurz kam.

Dass es anders geht, zeigt der PS-Speicher im Fachwerkstädtchen Einbeck bei Kassel. Seit 2014 ist dort in perfekt passender Umgebung die Sammlung des Unternehmers Karl-Heinz Rehkopf zu bestaunen. Auf Michael Helds Website gibt es einen ausführlichen Bild- und Erlebnisbericht dazu.

© DKW F91 im PS-Speicher Einbeck; Bildrechte: Michael Schlenger

Jüngst ist die Sammlung in Einbeck erheblich erweitert worden. Über 100 Nutzfahrzeuge des verstorbenen Enthusiasten Emil Bölling sind dazugekommen. Dazu wiederum ein interessanter Artikel mit Hintergrundinformationen. Aufsehenerregend war die Überführung der Fahrzeuge auf eigener Achse über eine Strecke von mehr als 200km (Bildbericht).