Über Michael Schlenger

Ich bin gelernter Kaufmann und studierter Ökonom (Dipl-Vw.). Nach langen Jahren der Tätigkeit in der Wissenschaft und im Bereich Vermögensverwaltung arbeite ich als freiberuflicher Übersetzer und Texter mit Spezialisierung auf den Finanzsektor. Privat sammle und warte ich historische Automobile und Motorräder - je älter und patinierter, desto besser. Auf bestimmte Marken bin ich nicht festgelegt. Mein Fotoarchiv umfasst mehrere tausend historische Originalaufnahmen und sonstige Dokumente von Vorkriegsfahrzeugen. Am Herzen liegen mir außerdem historische Baudenkmäler, Musik von Renaissance bis Spätromantik sowie klassische Literatur. In allen Lebensbereichen folge ich dem Grundsatz der Aufklärung: Glaube nichts, prüfe alles, denke selbst!

Rast mit Hans… Ein Chevrolet Tourer von 1923/24

Die deutsche Sprache wird allgemein als schwer empfunden, auch von den Eingeborenen selbst – das kann man hierzulande sogar bis in höchste Ämter verfolgen.

Stolpersteine zuhauf liefert nicht nur die Grammatik, der man anmerkt, dass sie nicht von am Lateinischen geschulten Humanisten in eine klare Struktur gezwungen wurde. Nein, auch im Hinblick auf die Aussprache begegnet man irritierenden Eigentümlichkeiten.

Eine davon, die mir gar nicht bewusst war, habe ich heute abend entdeckt. Ob nun jemand mit Hans durch die Gegend „rast“ oder das genaue Gegenteil tut, nämlich eine „Rast mit Hans“ macht, das schreibt sich gleich, spricht sich aber unterschiedlich aus.

Wenn Sie nun vermuten, dass mir die abendliche rasante Runde mit dem „neu“ aufgebauten, 45 Jahre alten Peugeot-Rennrad nicht gut bekommen ist, um auf solche thematischen Abwege zu gelangen, liegen Sie falsch.

Das Zweirad erwies sich als in jeder Hinsicht erfreulich, die Simplex-Schaltung erlaubte präzise, fast lautlose Gangwechsel und der oft nervig-laute Freilauf moderner Rennräder fehlt völlig. Die früh-eisenzeitlichen Mafac-Mittelzugbremsen haben zwar ihre Grenzen, aber bekanntlich gewinnt man Rennen nicht mit der Bremse.

Für den Hausgebrauch genügen die Teile, einmal richtig eingestellt. Gleiches gilt für Seilzug- oder Gestängebremsen an antiken Autos, man fährt vorausschauend mit so etwas.

So kam ich weit schneller als gedacht wohlbehalten heim – das bisher genutzte, ähnlich alte britische Raleigh-Ross geht nun in Rente, kein Vergleich mit dem französischen Renner.

Nach dieser rasanten Hatz liegt es nahe, eine Rast einzulegen – auch in übertragenem Sinne. Die nach einem Tag am Bildschirm ersehnte Erholung für das Auge fand ich hier:

Chevrolet Tourer, Modelljahr 1923/24; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Hier heißt es rasten und nicht rasen, auch wenn letzterer großgeschrieben eine nicht unwesentliches Element in diesem Idyll spielt.

In Raserei kann man hier allenfalls aufgrund der reinen Freude ob eines vollkommen geglückten, rund 100 Jahre alten Autofotos verfallen.

Der Wagen selbst hätte dergleichen auch nach damaligen Maßstäben nicht ermöglicht. Dem Markenlogo begegnet man heute noch öfters selbst in deutschen Landen – erst heute abend blubberte ein mächtiger Chevrolet „Colorado“ vor unserem Hof vorbei.

Sein V8-Motor ist freilich denkbar weit entfernt von dem Aggregat, welches sich einst unter der Haube des abgebildeten Chevy verbarg. Das war nämlich nur ein simpler 4-Zylinder mit gut 20 PS Leistung (immerhin mit hängenden Ventilen).

Das genügte, um in der ersten Hälfte der 1920er Jahre dem am US-Markt (und damit zugleich weltweit) dominierenden Model T von Ford halbwegs Paroli bieten zu können.

Der Chevrolet wirkte moderner, war aber auch etwas teurer. Immerhin an die 300.000 Stück konnten in den Modelljahren 1923/24 jeweils abgesetzt werden, wobei das Erscheinungsbild fast unverändert blieb.

1923 wurden die Trommelscheinwerfer eingeführt, die wir an „unserem“ Exemplar sehen, ab 1925 änderte sich dann die Gestaltung des Kühlergehäuses, was die Datierung dieses Wagens so einfach macht.

Das „Steinschlagschutzgitter“ vor dem Kühler dürfte das Produkt eines lokalen Schlossers gewesen sein – so eine rustikale Ausführung ist mir bis dato nicht begegnet.

Die vertikale Beschiftung des Nummernschilds interpretiere ich als „Michigan 1926“, bin aber offen für andere Interpretationen.

Sicher ist nur, dass der Wagen (noch) deutschsprachigen Zeitgenossen gehörte, denn auf der Rückseite heißt es „Rast mit Hans.nach dreistündiger Autofahrt.“ Außerdem erfahren wir: „Wir haben hier 35 verschiedene große Seen“.

Vielleicht ermöglicht dieses skurrile Detail einem Kenner ja am Ende sogar die Einengung der Region, in der einst „Rast mit Hans“ angesagt war…

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Altes Thema – endlos variiert: NAG Typ C4 10/30 PS

Mitte August und zu meinem Leidwesen macht der Sommer schon wieder Urlaub. Bei der abendlichen Fahrradrunde durch die Wetterau breitete sich angesichts kahler Felder und kühlen Ostwinds eine beinahe herbstliche Stimmung aus.

20 Kilometer scharfe Fahrt und dennoch nicht durchgeschwitzt – so hatte ich mir das abendliche Exerzitium nicht vorgestellt. Wenigstens noch zwei Wochen Hochsommer hätte ich mir gewünscht, nachdem das bisherige Jahr eher durchwachsen war.

Das Nahen des Herbstes – ob bereits tatsächlich oder nur stimmungsmäßig vorweggnommen – veranlasste mich dazu, zu einem alten Thema zurückzukehren, das mich lange nicht mehr beschäftigt hat.

In der CD-Sammlung im Schubladenschrank im englischen Stil fand ich eine Einspielung wieder, die sich ausschließlich dem Lamento Mariens nach dem Tod ihres Sohnes Jesus widmet. Ein und dasselbe Thema bearbeitet von sechs Komponisten der Barockzeit, gespielt vom italienischen Ensemble „Il Giardino Armonico“ und gesungen von der Mezzo-Sopranistin Bernarda Fink (L’Oiseau Lyre, 2009).

Ich hatte vergessen, wie reizvoll diese Variationen über das alte Thema sind.

So hatte ich die perfekte Begleitmusik für den heutigen Blogeintrag gefunden, der sich ebenfalls mit den immer wieder überraschenden Reizen auseinandersetzt, welche sich einem bei der Beschäftigung mit dem NAG Typ C4 10/30 PS aus der ersten Hälfte der 1920er Jahre darbieten.

Der Wagen war damals ein Dauerthema in deutschen Großstädten und zusammen mit ähnlich motorisierten Typen von Presto und Protos das meistgebaute Auto seiner Klasse hierzulande.

Auch in meinem Blog habe ich bereits x Ausführungen anhand historischer Fotos vorgestellt – dennoch finden sich immer wieder neue Interpretationen:

NAG Typ C4 10/30 PS mit Landaulet-Aufbau; Originalfoto: Sammlung Klaas Dierks

Diese Aufnahme aus dem Fundus von Leser Klaas Dierks zeigt eine Taxi-Version mit einem repräsentativen und kostspieligen Landaulet-Aufbau. Typisch für den NAG Typ C4 10/30 PS ist hier nur der (meist) lackierte Spitzkühler mit ovalem Kühlerausschnitt

Dass sich ein dermaßen teures Manufakturfahrzeug im Droschkenbetrieb amortisieren konnte, ist nur damit zu erklären, dass sich die Kundschaft aus der urbanen Oberschicht speiste, welche damals meist noch kein eigenes Auto besaß.

Man kann davon ausgehen, dass ein solcher NAG auf dem Lande praktisch nicht anzutreffen war – es gab dort schlicht keinen Markt dafür. Hauptsächlich Ärzte und Veterinäre besaßen dort überhaupt Automobile und dann Kleinwagen mit unter 20 PS.

In ländlicher Umgebung konnte man einem NAG Typ C4 10/30 PS nur begegnen, wenn sich die Städter vom Trubel und der (damals noch) schlechten Stadtluft erholen wollten.

Dann kam in der Regel eine Variante mit Tourenwagenaufbau zum Einsatz, die außer bei starkem Regen eigentlich immer offen gefahren wurden, denn man wollte ja etwas erleben.

NAG Typ C4 10/30 PS mit klassischem Tourenwagen-Aufbau; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Doch selbst beim Thema des klassischen Tourer gab es offenbar Variationen, die vom Erfindungsreichtum der damaligen Karosserie-Komponisten ebenso zeugen wie die Interpretationen des Marien-Lamento auf der Aufnahme, welche ich gerade höre.

So kann ich Ihnen heute eine Spielart des Tourers präsentieren, welche ich nicht nur beim NAG C4 10/30 PS, sondern auch bei keinem anderen Wagen je gesehen habe.

Woran sich die Erbauer dieses Spezial-Tourers orientiert haben oder welche Assoziation der Aufbau wecken sollte, darüber kann man wohl nur spekulieren. Ich fühle mich hier an Bootsbau erinnert, aber vielleicht hat jemand eine bessere Idee:

NAG Typ C4 10/30 PS mit klassischem Tourenwagen-Aufbau; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Während ich diese Geselllschaft auf mich wirken lasse und mich an den raffinierten Linien der Karosserie im wahrsten Sinne des Wortes erbaue, lausche ich gerade der „Sinfonia in h-moll, RV169, Al Santo Sepolcro“ des zu unrecht geschmähten Vielschreibers und Großmeisters Antonio Vivaldi.

Er überrascht in seinem Riesenwerk immer wieder durch seinen Erfindungsreichtum. Ja man erkennt irgendwann auch bei entlegenen Werken seinen „Sound“, aber was er einem vermeintlich x-fach abgehandelten Thema an Facetten abzuringen vermochte, das überrascht immer wieder auf’s Neue.

So verhält es sich auch bei einer weit bodenständigeren Materie wie dem NAG Typ C4 10/30 PS, der außer auf alten Fotos fast keine Spuren hinterlassen hat. Im großstädtischen Umfeld, wo er einst zuhause war, hatte man meist keinen Platz, um ihn nach Jahren treuen Dienstes einfach in irgendeinem Schuppen abzustellen, wo er bessere Zeiten entgegenschlummern konnte.

Eine Ahnung davon, was in dieser Hinsicht verlorengegangen ist, erhalten Sie in meiner chronologischen NAG-Fotogalerie, wo Sie Dutzende dieser einst so bedeutenden und vielgestaltigen Wagen studieren können. Wenn Sie dabei leise Melancholie anweht, wissen Sie, wie es mir oft geht, wenn ich den späten Abend allein mit diesen Zeugen einer untergegangenen Welt verbringe…

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Auch nach dem Krieg ein Klassiker: Früher Ford „Eifel“

Sie bekommen hier Vorkriegs-Klassiker präsentiert aus einer bisweilen eigenwilligen Perspektive – nicht anhand restaurierter Exemplare der Gegenwart, sondern anhand Fotos originaler Fahrzeuge aus der Zeit, als diese noch in täglichem Einsatz waren.

Dabei wird einem klar, dass das Bestehen auf dem fabrikneuen Zustand, den keiner von uns noch selbst erlebt hat, eine rein willkürliche Einengung des Horizonts darstellt.

Vorkriegswagen waren oft jahrzehntelang im Einsatz, bevor sie Liebhaber- und Sammlerobjekte wurden. Sie wurden in dieser Zeit mit Accessoires ausgestattet, umlackiert, modifiziert, vom Militär genutzt und wieder der zivilen Nutzung zugeführt.

Welches dieser historischen Stadien genau soll nun „original“ sein? Für mich ist die Antwort klar: jedes davon, bevor das Fahrzeug zum überwiegenden Stehzeug wurde in privaten Sammlungen, Museen oder unterwegs auf dem Trailer zur nächsten Ausstellung.

Nachdem wir das geklärt haben – abweichende Sichtweisen dürfen im Kommentarbereich dargelegt werden, denn wir mögen Vielfalt der Auffassungen – wenden wir uns nun der kaum weniger komplexen Frage zu, was ein Auto eigentlich zum Klassiker macht.

Wie so oft pflege ich es mir einfach zu machen und sage: Klassisch ist alles, was sich zeitlos in jedem Umfeld einfügt, ohne als fremd empfunden zu werden.

Ein klassischer Konzertflügel adelt jeden noch so banalen Bauhaus-Betonbunker. Es gibt daran nichts zu verbessern (an dem Flügel, vesteht sich) und wohl niemand hätte etwas an seiner Formgebung auszusetzen – und wenn er auf einer Blumenwiese stünde.

Ok, mögen Sie jetzt sagen – so ein Flügel ist ja auch das Ergebnis von Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten der Entwicklung, kein Wunder, dass sich in seiner Form zeitlose Prinzipien manifestieren.

Aber ist es nicht einigermaßen kühn, solches von einem banalen Großserien-PKW wie dem frühen Ford „Eifel“ von 1935-37 zu behaupten?

Ja, ich kann verstehen, wenn hier einer den Kopf schüttelt. Bin ja selbst kein Enthusiast, was dieses technisch anspruchslose 1,2 Liter-Gefährt angeht – auch wenn es die Leistung des späteren 34-PS Käfers um fast 25 Jahre vorwegnahm:

Ford Eifel (frühe Version); Nachkriegsfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Aber, Hand auf’s Herz, ist die Wiedergabe des Ford auf diesem Foto nicht bereits ein Klassiker, der mit Wagen der Moderne unmöglich wäre?

Die Dame ist nicht mehr die jüngste, aber sie hat die klassische Pose noch drauf, wie sie nur bei Vorkriegsautos funktioniert. Wohl kurz nach dem Krieg entstand (evtl. in Ostdeutschland) dieses schöne Foto, an dem der Klassikerfreund nichts vermisst.

Tja, mag jetzt einer sagen, das war halt noch die Vorkriegsgeneration, welche den Stil jener Zeit verinnerlicht hatte und so zu verkörpern wusste.

Ich will dem gar nicht widersprechen, behaupte aber, dass der klassische Look ein zeitloser ist, welcher auch der jüngeren Generation offenstand.

Und tatsächlich – ebenfalls kurz nach dem 2. Weltkrieg sehen wir hier zwei Buben, welche ebenfalls neben so einem frühen Ford Eifel posieren – freilich auf Jungsart:

Ford Eifel (frühe Version); Nachkriegsfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Das Kennzeichen „KB“ verweist auf „Kommandantur Berlin“ und ist typisch für die frühe Nachkriegszeit, aber wir werden gleich sehen, dass der Wagen irgendwo auf dem Land aufgenommen wurde – in klassischem Umfeld.

Wiederholt habe ich die These aufgestellt, dass Vorkriegsautos sich nahtlos in wirklich historische Umfelder einfügen – also solche vor dem Kulturbruch der brutalen Sachlichkeit, welcher die Seelenlosigkeit unserer nach dem Krieg aufgebauten Städte geschuldet ist.

Selbst ein teilweise mit Wellblech neu bedachtes, wohl im Krieg beschädigtes Bauernhaus basiert noch immer auf denselben Formengrundsätzen, welche über Jahrhunderte dominierten und unser Empfinden geprägt haben, was wohlgestaltete Bauten betrifft.

Und genau vor so einem klassischen Hof wurde nach dem krieg der Ford „Eifel“ in gekonnter Weise positioniert und abgelichtet:

Ford Eifel (frühe Version); Nachkriegsfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Warum harmoniert der in die Jahr gekommene Ford der Vorkriegszeit so gut mit dem schätzungsweise rund 100 Jahre älteren Hof?

Nun, weil sein Kühlerausschnitt das prächtige Holztor zu rechten wiederspiegelt oder weil seine gerundete Windschutzscheibe mit den Fenstern des Hofs korrespondiert oder weil der Karosseriekörper von abwechslunsgreich vor- und zurückspringenden Elementen geprägt ist, – anders gesagt: weil organische, gewachsene Formen dominieren anstatt plump geometrischer oder bewusst progressiv wirkender.

Das ist es aus meiner Sicht, was selbst ein so simples Massenprodukt wie den frühen Ford „Eifel“ zum Klassiker macht, der sich vollkommen in jedes Umfeld einfügt, während sein extravaganter gestalteter Nachfolger schon stärker dem momentanen Zeitgeist huldigte.

Dieser modernisierten Variante widmen wir uns wohlwollend gelegentlich wieder – denn auch sie hat durchaus ihren Reiz…

Ford Eifel (späte Version); Nachkriegsfoto aus Sammlung Michael Schlenger

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Fotorätsel des Monats: Ein „Adlomag“ Roadster?

Nachdem mein letztes Fotorätsel so vortrefflich gelöst worden ist – der mutmaßliche Raketenwagen entpuppte sich als Hansa mit extravaganter Werkssportkarosserie – hoffe ich auch dieses Mal auf das bemerkenswerte Fachwissen meiner Leser.

Bei der Gelegenheit sei daran erinnert, dass ich in dieser Rubrik nur Fotos bringen, die auch mich rätseln lassen – Ihre Mitwirkung ist also wirklich gefragt und ich schätze jeden Vorschlag sehr, denn ich selbst lerne gern und weiß, wieviel ich nicht weiß.

Heute kommen wieder die Freunde der prächtigen Manufakturaufbauten der 1930er Jahre auf ihre Kosten – das ist aber auch schon beinahe alles, was ich zu diesem schicken Roadster sagen kann:

deutscher Roadster von Mitte der 1930er Jahre; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Hier sehen wir mustergültig, was einen Roadster nach klassischer europäischer Tradition auszeichnet: zwei Sitze, mehr oder weniger tief ausgeschnittene Türen ohne Kurbelscheiben und ein nur notdürftigen Schutz gewährendes ungefüttertertes Verdeck.

Diese Eigenheiten grenzen einen solchen Aufbau von einem zweiseitzigen Cabriolet ab – jedenfalls nach der reinen Lehre…

Jetzt aber zu der augenzwinkernden Ansprache dieses Exemplars als „Adlomag“. Tatsächlich sehe ich hier gestalterische Elemente, die sich bei sportlichen Varianten sowohl aus dem Hause Adler aus Frankfurt/Main als auch von Hanomag aus Hannover finden.

Mein erster Gedanke war tatsächlich „Hanomag“, denn es sind einige Roadster auf Basis des Vierzylindermodells „Rekord“ bzw. des parallel angebotenen Sechszylindermodells „Sturm“ ab Mitte der 30er dokumentiert.

Vor allem die seitlichen Luftklappen in der Motorhaube brachten mich darauf, denn die gab es auch bei den Standard-Werksaufbauten der Hannoveraner.

Allerdings waren diese Luftklappen kein Element, das sich nur bei Hanomag findet – auch andere Hersteller machten davon Gebrauch – meist bei höherwertigen Fahrzeugen, da der Bauaufwand höher ist als bei herkömmlichen eingestanzten Luftschlitzen. Zudem fehlen hier die waageechten Chromzierleisten in der Mitte der Luftklappen, wie man sie bei den Hanomags jener Zeit meist findet.

Dann brachte mich die Ausführung der Scheibenräder und der Steinschlagschutz am hinteren Kotflügel aber darauf, dass wir es auch mit einem flotten Adler zu tun haben könnten.

Angesichts der hohen Stückzahlen der modernen und gut aussehenden Frontantriebstypen „Trumpf“ und Trumpf „Junior“ sind in der veralteten Literatur (W. Oswald, Adler Automobile 1900-1945, Motorbuch-Verlag, 1981) längst nicht alle Spezialaufbauten dokumentiert.

Auch auf der Website des sonst so rührigen Adler Motor Veteranen Clubs wird man nicht fündig – vielleicht kann man ja als Anfang dort wenigstens den seit langem inaktiven Link zur Typentafel mit Leben füllen…

Also bleibt mir nur der Aufruf an Sie, liebe Leser (Abonnenten oder Zufallsbesucher meines Blogs): Was für einen Wagen sehen wir hier genau? Vielleicht ist es ja weder ein Adler noch ein Hanomag, also lassen Sie sich von meinen Vermutungen nicht beeinflussen…

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Von Frauen, die anpacken können: Gräf & Stift MF6

Auch beim heutigen Blog-Eintrag beziehe ich meine Inspiration aus Erlebnissen bei der abendlichen Fahrradrunde.

Auf dem betonierten Feldweg aus den 1970er Jahren – als man das Geld der Bürger für solche Sachen und für Flussbegradigungen zum Fenster herauswarf – näherte sich mir entgegenkommend ein Traktor mit Anhänger.

Ich dachte zunächst, dass der mir ja mühelos ausweichen könnte, indem er einfach einen Meter auf seiner Seite ins abgeerntete Feld lenkt. Doch dann erkannte ich, dass der mir eher unwillig allenfalls etwas Platz auf meiner Seite des Feldwegs machte.

Vermutlich hätte es knapp gereicht, doch mir gefiel die Sitation nicht und so fuhr ich statt seiner rechts in die Botanik, mit Stollenreifen kein Problem, nur der Vortrieb leidet spürbar.

Ich bin dem Landwirt nicht böse, der nur seine Arbeit machte und an diesem Tag wahscheinlich schon einem Dutzend Zweiradlern begegnet war.

Weit besser gefiel mir, was ich einige Zeit später von der hiesigen Landfrauenfraktion geboten bekam. Mitten auf dem Weg stand ein Lastwagen, auf den vom Feld zur Linken gewaltige Rollen mit Stroh aufgeladen wurden. Zur Rechten war ein Mähdrescher unterwegs, obwohl das Feld längst kahl war.

Egal, vielleicht drehte auch da einer bloß seine Feierabendrunde.

Ich schaute, ob ich links an dem Laster über’s Feld fahren könnte, während ein Traktor gerade eine weitere Strohrolle in Angriff nahm. Dann sah ich neben dem Laster zwei ansehnliche Karrierefrauen, die eine in den 30ern und mit Hotpants bekleidet.

Ich nahm das wohlwollend zur Kenntnis und wünschte den Landmädels einen guten Abend – das übliche „Hallo“ vermeide ich, wenn möglich. Nichts geht über Frauen, die herzhaft zupacken können, wenn es darauf ankommt, und diese standen stellvertretend für diese rar gewordene Spezies (gilt für die deutschen Buben ebenso).

Dieses Erlebnis robuster Arbeit nicht abgeneigter Weiblichkeit bringt mich zu der folgenden Aufnahme, die mir Leser Klaas Dierks in digitaler Kopie zur Verfügung gestellt hat:

Gräf&Stift MF6; Originalfoto: Sammlung Klaas Dierks

Die Lady im Trachtenlook vor der mächtigen Limousine scheint mir genauso eine Vertreterin gewesen zu sein: Selbstbewusst, kein Hungerhaken und beim Maßstemmen oder Armdrücken vermutlich manchem tätowierten Jüngling unserer Tage haushoch überlegen.

Kommen wir noch zu dem Auto?„, mögen jetzt die Ungeduldigen unter Ihnen fragen, die meinen Blog noch nicht so lange lesen und nicht wissen, dass sie einfach nur die umständliche Einleitung ignorieren müssen.

Also: Der Löwe als Kühlerfigur mag für ein Luxusauto naheliegend erscheinen, aber meines Wissens traute sich nur Gräf & Stift aus Wien, ihn auch zu wählen. Das macht die Sache etwas einfacher, dennoch ist es keineswegs leicht, den konkreten Typ zu identifizieren.

Ich weiß nicht mehr genau, wie ich auf die Lösung gekommen bin und falls es ein Leser meiner nächtlichen Pamphlete war, der sie mir präsentierte, bitte ich um Nachsicht. Ich mache das hier nur aus Neigung nebenbei und bin kein Automobilhistoriker.

Jedenfalls scheinen wir es mit einem der letzten Personenwagen zu tun zu haben, der unter dem Namen „Gräf & Stift“ entstand. Die Kompetenz zum Bau eines zeitgemäßen Automobils scheint man Anfang der 1930er Jahre nicht mehr besessen zu haben.

Denn technisch betrachtet war der MF6 von Gräf & Stift bloß ein Lizenznachbau des 6-Zylindermodells „Rosalie“ von Citroen.

Dieser Abgang der Marke mit einem 2,5 Liter-Motor, der 55 PS leistete, aus der PKW-Geschichte mag enttäuschen, doch bleibt für uns Zeitgenossen des frühen 21. Jh. das Bild einer Frau, die vor bald 90 Jahren vor einem solchen Wagen gute Figur machte…

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Sag‘ mir, wo die Blumen sind? In einem Peugeot 201…

Bei der heutigen Runde mit dem Fahrrad im warmen Abendwind nahm ich wieder die Schönheit der Kulturlandschaft der Wetterau wahr, die seit 56 Jahren meine Heimatregion ist – von einer „Großstadt“-Episode in Wiesbaden abgesehen, die ich nicht missen will.

Grüne Ackerraine neben abgeernteten Feldern, zwei Rehe, die von der Römervilla „Am Rehberg“ kommend den Weg kreuzen, ein Storchenpaar, das sich bei Annäherung majestätisch in die Luft erhebt, dann gesunder Laubwald, der Schatten spendet, wenn es die alte Straße hinauf Richtung Münzenburg geht, welche sich noch als Ruine in unwiderstehlicher Schönheit zur Rechten darbietet, während man gen Westen der sinkenden Sonne entgegensaust…

Und weit und breit reine Landschaft, ungeschändet von der staatlichen Windindustrie, welche 100% garantierte Zerstörung mit null Prozent garantierter Leistung verbindet – wie lange noch?

Doch kam mir noch ein anderer Gedanke: „Wo sind eigentlich all‘ die Mohn- und Kornblumen geblieben„, die noch vor einigen Wochen die Ackerränder säumten? Tja, leider unweigerlich vorbei ist diese Herrlichkeit im Monat August.

Zurück am Schreibtisch und nun schon weit nach Mitternacht kam mir dann der alte Refrain in den Sinn: „Sag mir, wo die Blumen sind?

Anlass dazu gab dieses Foto, das ich schon eine ganze Weile bringen wollte. Heute ist es soweit und Sie finden die Antwort auf die Frage darin, wenn Sie genau hinsehen:

Peugeot 201 Limousine; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Selten hat man ein solches Autofoto, das keiner weiteren Kommentierung bedarf – den Hersteller des Wagens, den Typ und die vielleicht beste aller Beifahrerinnen sieht man hier – außerdem die Antwort auf die Frage, wo die Blumen sind.

Die schönste, verstörendste und zeitloseste aller Antworten darauf aber hat einst Marlene Dietrich gegeben – neben Romy Schneider das größte deutsche Talent des 20. Jh., das man im Heimatland verkannte und das so „beim Feind“ Karriere machte.

Dass ausgerechnet die deutsche Version dieses zeitlos aktuellen Klassikers international als unübertroffen gilt, das unterstreicht nur, was aus unserem Land Großartiges kommen könnte, wenn man das Herrenmenschentum, die Besserwisserei und die Kriegsbegeisterung lassen würde…

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Die sind ja alle irre! Chrysler „65“ Tourer von 1929

Die Welt ist ein Irrenhaus“ – das ist eines der Bonmots meiner Mutter, die mir einige Weisheiten auf den Weg mitgegeben hat. Besonders spöttisch pflegte sie die eitle Vorstellung zu kommentieren, der Mensch sei die Krone der Schöpfung.

Ihre persönlichen Erfahrungen mit dem Zeitgeschehen und mit den gern besungenen großartigen Familienwerten im Privaten spielten eine Rolle bei diesem Urteil.

Indessen komme ich schwerlich zu einem entgegengesetzten Ergebnis, auch wenn sich für mich so gut wie alles glücklich gefügt hat, seitdem ich mein eigener Herr bin.

Der Irrsinn unserer Tage – speziell derjenige der letzten 10 Jahre und derjeinige einer für Skeptiker glimpflich verlaufenen jüngeren Episode – dieser von oben oktroyierte und von unten begrüßte bzw. erduldete Irrsinn hat mich kaum jenseits der Schlagzeilen betroffen.

Mir ist aber auch bewusst, dass manch einer, der nicht in so selbstbestimmten Verhältnissen lebt, in den letzten Jahren allen Anlass dazu hatte festzustellen: „Die sind ja alle irre!“

Das dazu passende Foto ist mir bei der Suche nach einem unterhaltsamen Dokument der Vorkriegszeit im Fundus in die Hände gefallen.

Ich muss zugeben, dass mir diese Herrschaften (m/w/d) aufgrund ihrer bürgerlichen, aber gleichzeitig unkonventionellen Erscheinung ausgesprochen sympathisch vorkommen:

Chrysler Typ 65, Modeljahr 1929; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Speziell die Damen am Steuer bzw. auf dem Trittbrett künden von einer gespielten Geringschätzung der Konventionen, welche meine Zustimmung findet.

Die Herren bemühen sich unterdessen, gute Miene zum Treiben ihrer Gespielinnen zu machen. Gern wüsste man, wer hier so treffsicher auf den Auslöser gedrückt hat und dabei auch noch die belichtungstechnisch anspruchsvolle Situation souverän gemeistert hat.

Wie leider so oft wissen wir nichts über diese sympathischen Irren, über Ort und Anlass der Aufnahme. Nur, dass sie vermutlich in Deutschland entstand und einen Chysler 65 des Modelljahrs 1929 zeigt – das vertrete ich selbstbewusst.

Leider hat heutzutage kaum noch einer die Kompetenz in Deutschland, mir bei diesen in den 1920/30er Jahren sehr präsenten US-Automobilen im Zweifelsfall kontra zu geben, wie das bei einheimischen Fabrikaten der Fall ist – dabei lerne ich doch so gerne dazu.

So bleibt es wahrscheinlich bei meiner Ansprache dieses Chrysler als 1929er Modell mit 65 PS leistendem kleinen Sechszylinder – das stärkere Modell 75 und vor allem der über 100 PS starke Typ „Imperial“ besaßen anders gestaltete Kühlergehäuse.

Die sind ja alle irre„, so mag das Votum einiger Zeitgenossen angesichts der Leistungsentfaltung, Ausstattung und Preisgestaltung dieser US-Wagen gewesen sein.

Dabei waren sie es, die den Weg nach vorne wiesen, nicht die Verfechter winziger Mobile mit Minimalmotorisierung, aber „Stromlinienaufbau“ und aufwendigen Fahrwerken, die bei Maximaltempo 100 auf der leeren Autobahn irrelevant sind…

Die sind ja alle irre„, das wäre das richtige Votum angesichts des germanischen Größenwahns ohne entsprechende Kompetenz in der Vorkriegszeit gewesen.

Die verdiente Quittung für den besserwisserischen und massenmörderischen Irrsinn aus deutschen Landen kam dann vor 80 Jahren vor allem aus den Vereinigten Staaten – leider diesmal nicht in Form einer friedlichen Invasion auf vier Rädern…

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Knapp daneben ist auch vorbei: BMW 3/20 PS „Roadster“

Nanu, eine Analogie aus der Welt des Fußballs im Titel – sollte der Blogwart etwa Interessen in dieser Richtung hegen? Nein, weit daneben!

Ich gönne jedem seinen Spaß an dem Sport, sofern er ihn nicht nur vom Fernsehsessel aus „praktiziert“.

Tatsächlich hatte ich einige Jahre lang selbst Freude am Bolzen – entweder beim weitgehend regellosen Kicken im Freibad oder als Torwart, der die Elfmeterversuche meines Bruders mit einigem Erfolg abzuwehren wusste.

Aber das Treiben von Millionären vor der Fernsehkamera, die für meine Begriffe schnell müde werden und echten Kampfgeist vermissen lassen – also diese Sportsimulation zur Maximierung von Werbeeinnahmen interessiert mich nicht.

Meine eigene Version von „Knapp daneben ist auch vorbei“ erlebte ich heute abend beim Absolvieren meiner Fahrradrunde durch die Wetterau.

Gerade hatte ich die Römerstraße von Friedberg zum Kastell Arnsburg verlassen und war auf einen kurvenreichen Waldweg eingebogen, an dessen Ende die Doppeltürme der Münzenburg als Belohnung warten.

Aus alter Erfahrung klug geworden, hatte ich das Tempo gedrosselt, als es in eine nicht einsehbare Rechtskurve mit üppiger Randbegrünung ging. Und prompt kam mir ein Cross-Motorrad entgegen – auf meiner Seite!

Zum Glück fuhr das Teil recht langsam – offenbar hatte ein Mittvierziger sein 80er Jahre-Gerät im Zuge der Midlife-Crisis aus dem Schuppen geholt und eierte jetzt durch die Botanik. Auf seiner Seite war eine Mulde in der Fahrbahn, durch die ich auch mit dem Rad gefahren wäre – doch der „Biker“ meinte, vor diesem Hindernis ausweichen zu müssen.

Fazit dieser Begegnung: Knapp daneben ist auch vorbei! An den Wegrand ausweichend entkam ich der Kollision. Das Ganze ging so schnell, dass ich dem Möchtegern-Crosser nicht einmal einen passenden Fluch hinterherrufen konnte.

Machen Sie sich keine Sorgen deshalb – solche Situationen habe ich schon x-mal erlebt. Doch irgendetwas davon ist bei mir hängengeblieben – das ist auch gut so, dass der Kopf Erlebtes wiederholt durchgeht und Lehren daraus zieht.

Im heutigen Fall war die Konsequenz daraus, dass ich mir endlich dieses Foto aus meiner Sammlung vornahm – denn bei diesem „Roadster“ auf Basis des BMW 3/20 PS gilt zumindest gestalterisch: „Knapp daneben ist auch vorbei„.

BMW 3/20 PS „Roadster“; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Der Typ 3/20 PS aus den Anfängen der BMW-Automobilproduktion war hier schon wiederholt Gegenstand einiger Erörterungen (auch von seiten sachkundiger Leser).

Mit diesem Gerät wollte der Münchener Konzern die Tradition des bewährten Austin Seven hinter sich lassen, welche bei der 1929 übernommenen Dixi-Fabrikation in Eisenach in achtbarer Weise fortlebte.

Sicher war der Übergang zu einem kopfgesteuerten Motor ein Fortschritt zu dem bisherigen Aggregat, dessen Ventile noch seitlich neben den Zylindern standen – jedenfalls wenn man den Hubraum von rund 800ccm beibehalten wollte.

Aber was um Himmels willen hatte man sich gedacht, ausgerechnet die „Roadster“-Version des um 5 PS erstarkten Wagens dermaßen bieder zu gestalten?

Ich wüsste kaum ein Automobil der 1930er Jahre, dass einen dermaßen primitiven Aufbau aufweist. Hatte man vergessen, die Tür etwas auszuschneiden, wie das roadstertypisch ist, oder war selbst die simple Anbringung einer Zierleiste als „unnötig“ erachtet worden?

Dass es anders ging, beweist die Cabrio-Ausführung des BMW 3/20 PS, von der ich bereits das eine oder andere Exemplar vorstellen konnte (etwa hier).

Besonders kurios erscheint mir, dass dieser einfallslose Kasten von den Mercedes-Karosseriewerken in Sindelfingen gestanzt worden sein soll. Ich meine, da hätte jeder begabte Karosseriebaumeister vor Ort Raffinierteres abgeliefert.

Kein Wunder, dass vom BMW 3/20 PS in den 3 Jahren seiner Produktion (1932-34) weniger als die Hälfte seines Vorgängertyps 3/15 PS abgesetzt werden konnte. Solche Zahlen erreichte man in dieser Klasse sogar bei Hanomag, wo man Autos eher nebenbei baute.

So bleibt mit Blick auf diesen „Roadster“ auf Basis des BMW 3/20 PS festzuhalten: Knapp daneben ist auch vorbei. Der erste echte BMW ist für mich erst der Typ 303 mit 6-Zylindermotor, eigenem Gesicht dank Doppelniere und gelungenem Aufbau – aber das ist eine andere Geschichte…

Michael Schlenger, 2025. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

Macht den Sommertag perfekt: Horch 440/450 Cabriolet

Der Juli und August des Jahres 2025 war in deutschen Landen entgegen den üblichen Expertenvoten das Gegenteil eines heißen (für mich perfekten) Sommers.

Immer wieder Regen und öfters sprang morgens sogar die Heizung an – der Garten grün und üppig wie sonst nur im Frühjahr (hat allerdings auch etwas).

Doch mir steht von jeher der Sinn nach trockener Hitze, Sonnenstunden ohne Ende und Wärme bis tief in die Nacht. Letztere macht sich zwar auch heute wieder rar, doch alle übrigen Ingredienzen ergaben sich heute endlich wieder einmal – sogar ein prächtiger Horch der 1930er Jahre begegnete mir am Nachmittag!

Während ich meine Abendrunde mit dem Rad drehte – rund 20 Kilometer durch die Wetterau, teils auf alten Römerstraßen, dann die staufische Münzenburg streifend (die sehen Sie von der A5 von Süden kommend kurz nach dem Rasthoff Wetterau zur Rechten), den windradfreien Taunus vor mir liegend und zuletzt entlang der unregulierten Wetter heimwärts sausend – da dachte ich mir, dass ich in Sachen Horch etwas bringen könnte.

Was diesen Sommertag auch in historischer Hinsicht perfekt für mich macht, das ist diese Aufnahme, die mir Leser Matthias Schmidt (Dresden) aus seiner Sammlung in digitaler Form zur Verfügung gestellt hat:

Horch 440/450 Cabriolet; Originalfoto: Sammlung Matthias Schmidt (Dresden)

Hier stimmt einfach alles – die Situation am Strand, das klare Licht, die langen Schatten, die schlanke Lady gebräunt und gut gelaunt und nicht zuletzt: ein 8-Zylinder-Horch als Cabrio!

Ich will Sie gar nicht lange vom Genuss dieses zeitlos schönen Sommertags abhalten – daher nur kurz dieses: Die bis vorne durchgehenden Haubenschlitze finden sich so am Horch 440 bzw. 450 von 1931/32, wobei sich die beiden Varianten nur in der Motorisierung unterschieden: 80 oder 90 PS standen hier zur Verfügung.

Daran würden wir auch heute nichts auszusetzen finden, noch dazu in einer Situation wie dieser. Also nehmen wir einfach alles so hin wie es ist und genießen den Moment – denn so perfekt war und ist garantiert nicht jeder Sommertag…

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Jetzt wird’s ernst! Packard Custom 8 Tourer von 1929

Der heutige Gegenstand gibt mir so gar keinen Anlass zu abseitigen Betrachtungen oder billigen Scherzen – wir haben es mit einer durch und durch ernsten Angelegenheit zu tun!

Denn im Unterschied zu vielen anderen – eher konventionellen – Fahrzeugen der Vorkriegszeit befassen wir uns heute mit der Königsklasse des US-Automobilbaus der späten 1920er Jahre.

Wer da spontan an Cadillac denkt, hat den Ernst der Sache nicht erkannt – es gab auf dem Niveau bzw. darüber noch einiges anderes – den Duesenberg etwa. Von dem ist mir aber noch kein Fotoexemplar ins Netz gegangen oder von Sammlerkollegen zugetragen worden.

So müssen wir uns für heute mit der Nobelmarke Packard „begnügen“. Aber Sie werden sehen, dieses Exemplar bewegte sich einst in den höchsten Etagen, wo man beim Fototermin nicht ausgelassen lacht oder gar grinst, sondern sich angemessen ernst gibt:

Packard Custom Eight Typ 640 Tourer; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Wer hier auf den ersten Blick nur irgendeinen Tourenwagen amerikanischer Provenienz sieht, verkennt den Ernst der Lage.

Man könnte ja immerhin schon einmal registrieren, dass man es mit einem Packard zu tun hat – die Radnaben mit dem innenliegenden Sechseck und dem umlaufenden Schriftzug waren über viele Jahre markentypisch.

Auch die markante Profilierung des Kühlergehäuses, welche sich in der Motorhaube fortsetzt, ist ein Hinweis auf den Hersteller, der schon 1899 sein erstes Automobil baute.

Im Modelljahr 1929 beschränkte sich Packard ganz auf Achtzylinderwagen, gleichzeitig verbaute man schüssel- statt trommelförmige Scheinwerfer. Die Luftklappen in der Motorhaube waren Kennzeichen des großen Motors mit 6,3 Litern Hubraum und 100 PS.

Der Packard „Standard Eight“ mit kleinem Achtzylinder war an den Luftschlitzen in der Haube zu erkennen – hier ein in Deutschland zugelassener Tourer:

Packard Standard Eight Typ 626 Tourer; Originalfoto: Sammlung Marcus Bengsch

Wer sich vielleicht erinnert, war ich soweit schon einmal (hier). Doch damals hatte ich es eilig und mochte nicht auch noch die Frage klären, ob wir es bei dem eingangs gezeigten Wagen mit der Variante „Custom“ oder der „De Luxe“-Ausführung zu tun haben.

Eine so ernste Sache darf man nicht auf sich beruhen lassen, und so will ich diesen Punkt heute klären. Jetzt wird’s also ernst!

Der Literatur zufolge (Standard Catalog of American Cars, von Kimes/Clark) unterschieden sich die beiden Varianten mit dem großen Achtzylinder im Radstand: Die „Custom“-Ausführung 640 hatte einen Radstand von rund 3,55 Meter, während die „DeLuxe“-Version 645 auf knapp 3,70 Meter kam.

Schaut man sich nun Fotos von Tourern der beiden Versionen an, findet man beim längeren DeLuxe 645 vor allem die exklusive „Sport Phaeton“-Ausführung mit auch am Heck sehr niedrig bauender Karosserie von Dietrich. Beim „Custom“ 640 dagegen gab es nur den Standard-Tourer, wie er auch beim kleinen Achtyzlindertyp 626 verfügbar war (siehe oben).

Der Standardtourer unterschied sich in der Seitenansicht vom Sport Phaeton vor allem durch die anders gestaltete seitliche Zierleiste und den am Heck höheren Aufbau – beides ist bei dem Wagen auf dem heute gezeigten Foto der Fall.

Da ich vermute, dass das eingangs gezeigte Foto einen in Deutschland zugelassenen Packard zeigt, halte ich es für am wahrscheinlichsten, dass wir es mit dem Typ 640 mit großem Achtzylinder, aber kürzerem Radstand haben, also der „Custom“-Variante, nicht mit der noch exklusiveren Variante 645 mit langem Radstand.

Sie sehen, solche Finessen können Anlass zu ersthaften Bertrachtungen geben. Der Erkenntniswert dürfte für die meisten Leser null sein, aber immerhin konnte ich heute mit etwas mehr Zeit diesem bis dato „unfinished business“ widmen.

Ob ich nun deshalb besser schlafen kann, hängt davon ab, wie aufregend meine Träume sein werden – ich erlebe nachts im Schlaf oft Bemerkenswertes, was damit zu tun haben mag, das ich mich gerne abends mit Bemerkenswertem beschäftige…

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Schiff des Theseus mit Heckmotor: Mercedes-Benz 130

Die Frage „Was ist original?“ gehört zu den meist erörterten in der Klassikerszene. Und so wie bereits die alten Griechen auch sonst so ziemlich jeder zeitlosen Frage auf den Grund gegangen sind, lieferten sie in dieser Hinsicht ebenfalls bleibende Einsichten.

Auch Oldtimer kannte man damals – sogar welche mit Heckantrieb. Das vielleicht bekannteste war das „Schiff des Theseus“ – ein Segler, der im Normalfall seinen Vortrieb von hinten bekam, durch die Kraft des Windes nämlich.

Theseus war ein mythischer König der Vorzeit, der lange vor der Blütezeit Athens dort seine segensreiche Herrschaft entfaltet haben soll. Sein Schiff wurde der Legende nach aufbewahrt und im Zeitverlauf mit immer mehr Neumaterial instandgehalten.

Das warf unter den Denkern der Zeit die Frage auf, ob es sich immer noch um das originale Schiff des Theseus handele, wenn irgendwann der Großteil der Substanz ersetzt worden war.

In einem anderen Szenario wurde erörtert, ob denn ein Schiff, das mit den originalen Planken des Schiffs des Theseus neu aufgebaut worden ist, dann dessen Identität besser repräsentiere als das ursprüngliche Schiff, dem man die Teile entnommen hatte.

Wer sich hier an die Praktiken eines gewissen Mercedes-Spezialisten erinnert fühlt, dessen Produkte mir bereits „too good to be true“ vorkamen, als ich mich vor bald 40 Jahren für antike Automobile zu interessieren begann, liegt zumindest mit der Marke richtig.

Denn heute gehen wir dem Rätsel vom „Schiff des Theseus mit Heckmotor“ anhand eines Mercedes-Benz nahe – allerdings eines Modells, das nicht annähernd den Nimbus erlangte wie etwa der legendäre 300 SL (um dieses rein zufällige Beispiel zu wählen…).

Die Rede ist vom Heckmotormodell 130, das ab 1934 gebaut wurde. Einige Exemplare dieses aufgrund seines fragwürdigen Fahrverhaltens und seiner primitiven Gestaltung erwartbar erfolglosen Gefährts habe ich bereits vorgestellt.

Dieses hier wurde einst vor dem Burgtor in Friedberg/Hessen abgelichtet – nur wenige Kilometer von meinem Heimatort Bad Nauheim entfernt:

Mercedes-Benz 130 in Friedberg/Hessen; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Über die Eigenheiten dieses ohne Not entwickelten Fahrzeugs – ein moderner Fronttriebler wäre in der Klasse angebrachter gewesen – will ich keine großen Worte verlieren. Der Wagen war mit rund 4.000 Exemplaren in drei Jahren ein Flop.

Besonders irritiert mich, dass offenbar niemand bei Daimler-Benz die Gelegenheit gesehen hatte, von der traditionellen Fronthaubenform abzuweichen, die durch die Position des Motors vorgegeben war – welche hier aber irrelevant war.

Wenn man sich indessen gestalterisch an herkömmlichen Wagen orientieren wollte, wäre bei einer Marke dieses Kalibers naheliegend gewesen, wenigstens eine Kühlerattrappe anzubringen so wie das Tatra bei seinen luftgekühlten Typen 57A bzw. 75 mit sehr gefälligem Ergebnis machte.

Stattdessen mutete man der verwöhnten Mercedes-Klientel diese grobschlächtige Optik zu, die bei einem Prototypen angemessen wäre, aber unmöglich am Markt Erfolg haben konnte:

Mercedes-Benz 130; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Kurioserweise bot bei diesem unfertig wirkenden Gerät ausgerechnet die sonst meist banale Heckpartie den spannendsten Anblick am ganzen Wagen.

Damit wären wir nun endlich beim „Schiff des Theseus mit Heckmotor“ angelangt.

Das auf dem folgenden Foto abgebildete Exemplar wirft nämlich ebenfalls die Frage auf, ab welchem Grad des Wegfalls von Originalsubstanz noch die eigentliche Identität gegeben ist.

Ab sehen Sie einfach selbst, was hier Sache ist:

Mercedes-Benz 130; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Sehen Sie, womit wir es zu tun haben? Klar, der VW Käfer im Hintergrund verrät, dass dieser Mercedes-Benz 130 einige Jahre nach dem 2. Weltkrieg aufgenommen wurde.

Finden Sie die Heckpartie mit dem quasi im Kofferraum untergebrachten Motor ebenfalls sehr gelungen? Ich meine, das ist das Beste an diesem sonst missratenen Mercedes.

Schon die kiemenartigen Lufteinlasse ruinieren die ganze Linie – das löste man beim Volkswagen viel gekonnter. Immerhin bekommt man den Eindruck, dass das Auto recht geräumig war und die großen Fenster einen guten Rundumblick erlaubten.

Aber was ist mit dem Trittbrett passiert? Gewiss, der Hersteller wäre gut beraten gewesen, es wegzulassen, wie das in den 1930er Jahren öfter geschah, und den Karosseriekörper zu verbreiten.

Hier aber hat jemand das Trittbrett bis auf zwei Reste an den Kotflügeln abgesägt, vielleicht um den Wagen moderner erscheinen zu lassen.

Ganz gleich, wie dem auch sei, schließt sich analog zum Schiff des Theseus die Frage an: Ist der Wagen in dieser verstümmelten Form noch ein originaler Mercedes-Benz 130?

Wie beim Schiff des Theseus könnte man das Gedankenspiel noch weiter treiben: Ab welchem Grad der Veränderung, insbesondere Entfernen ursprünglicher Substanz, kann der Wagen noch als originaler Mercedes der 30er Jahre angesprochen werden?

Ich meine, dass sich auch diese Frage nicht eindeutig beantworten lässt – weshalb man dort wie hier von einem Paradoxon sprechen kann. Die Sache ist einfach nicht eindeutig.

Das führt einen dazu zurück, dass man erst einmal klären muss, was man unter dem Schiff des Theseus versteht bzw. unter einem originalen Mercedes 130.

Ganz eindeutig das Schiff des Theseus war nur das Schiff in der Zeit, in der Theseus selbst darauf gefahren ist. Ab dem Moment, an dem er es verlassen hat, wird die Sache unscharf.

Man sollte daher die Fragestellung anpassen: Sieht das Schiff auf den ersten Blick so aus wie das Schiff des Theseus? Dann geht es nur noch darum, wie nahe es optisch am Original ist. selbst wenn nur noch der Kiel vom ursprünglichen Schiff stammt.

Analog dazu lässt sich sagen, dass original absolut eindeutig nur ein historisches Auto sein kann, das sich genau in dem Zustand befindet, wie es einst aus der Fabrik rollte (das gibt’s praktisch nicht). Ab da unterlag es stetigen und meist immer stärkeren Änderungen bis hin zum Extremfall eines Neuaufbaus nur noch unter Verwendung des ursprünglichen Chassis.

Zwischen diesen beiden Polen gibt es unendlich viele Zwischenstadien und keines davon kann gegenüber anderen absolute Überlegenheit für sich reklamieren.

Die Sache mit der Orignalität erledigt sich damit weitgehend – es liegt im Wesen eines Paradox, das es keine eindeutige und allein richtige Lösung gibt..

Für mich besteht der Ausweg darin, eher zu fragen, ob ein Fahrzeug „historisch“ ist – also irgend ein Stadium in seinem langen Leben glaubhaft und nachvollziehbar repräsentiert oder ob es eine Neuschöpfung ist, selbst wenn dabei alte Teile verwendet wurden.

Kommen wir zum Mercedes 130 auf dem Foto der frühen Nachriegszeit zurück. So wie sich das Auto dort darstellt, ist es sicher historisch. Es wäre bei einem überlebenden Fahrzeug genau in diesem Zustand abwegig zu fordern, dass man ihm die Trittbretter zurückgeben muss, weil es sonst nicht original wäre.

Nein, denn der Wagen wird nicht dadurch „original“, dass man nachgebaute Trittbretter anbringt oder von einem anderem Exemplar welche abbaut und dranschraubt.

Letztlich plädiere ich dafür, die Sache entspannt anzugehen und erst die Begriffe zu klären, bevor man übereinander herfällt.

Ich achte einen kompletten Neuaufbau, schon wegen der handwerklichen Leistung, würde so ein Auto aber nicht geschenkt haben wollen, da es für mich historisch seelenlos ist. Will heißen: Wenig bis nichts davon hat bereits die Welt von gestern gesehen – seien es die 30er oder die 70er Jahre.

Anders betrachte ich Nachkriegsumbauten, die entweder den Zwängen einer bestimmten Zeit geschuldet waren (wie Umbauten von Limousinen in Pritschenwagen) oder die Ausdruck von Zeitgeist waren wie die Hotrods auf Basis des Ford Model A bespielsweise.

Solange erkennbar bleibt und der Besitzer klarmacht, wann und wie es zu den Modifikationen kam, ist das für mich alles gleichwertig – sofern das Ergebnis ästhetisch und technisch überzeugt.

Langer Rede kurzer Sinn: Das Schiff des Theseus schärft den Blick für die letztlich unlösbare Problematik des Originals und gibt Anlass, genauer darüber nachzudenken, worum es einem eigentlich geht bei der Oldtimerei.

Das muss und darf jeder für sich entscheiden, nur eines sollte klar sein: Dass man ehrlich ist in dem, was man macht und was man darüber sagt.

Ich gönne jedem den Spaß in einem nachgebauten Bugatti mit historisch passenden Instrumenten und Sitzen, deren patiniertes Leder von einem alten Sofa stammt – nur wenn einer ernsthaft behauptet, genau dieses Teil sei so bereits in der Vorkriegszeit unterwegs gewesen, ist er bedauernswert…

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Ist auch das Rad los, ist man nicht ratlos: Adler 5/13 PS

Es geht nichts über einen gelungenen Titel – man denke nur an den grandiosen Historienroman „Der Name der Rose“ von Umberto Eco, der einst spannende Unterhaltung und anspruchsvolle Gedankenwelten meisterhaft miteinander verwob.

Atemlos folgt man dem Geschehen über hunderte von Seiten, arbeitet sich in eine fremde Epoche ein und lernt dabei mehr über das Denken und die Konflikte des europäischen Mittelalters als in jahrelangem Schulaufenthalt.

Das Geniale am Titel „Der Name der Rose“ ist, dass der Autor es am Ende dem Leser überlässt, worauf er damit anspielt.

Anspielungen gibt es auch hier wiederholt – meist auf Aktuelles, was Purismuspriestern nicht gefällt. Aber ich störe gern den Gottesdienst, wenn mir der Sinn danach steht.

Doch zumindest, was den Titel eines neuen Blogeintrags angeht, mache ich mir durchaus ernste Gedanken, wie dieser möglichst das trifft, worum es geht. Dabei darf freilich auch gekalauert werden – so wie heute.

Je abwegiger der Humor, desto besser, das Leben ist ernst genug. Dass wir Menschen uns reinen Blödsinn ausdenken und darüber lachen können, das hätte das Zeug für einen Gottesbeweis. Meines Wissens ist aber noch keiner darauf gekommen – jedenfalls nicht in der christlichen Tradition – das Lachen ist übrigens ein Thema in „Der Name der Rose„.

Der hat doch ein Rad ab!„, mag jetzt einer denken – und hat damit vollkommen recht:

Adler Typ KL 5/13 PS; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Eine Szene wie gemalt, möchte man meinen, dabei hat hier nur einer ein verdammt gutes Gespür für Situation, Perspektive und den rechten Moment gehabt.

Heute kann jeder meisterhaft anmutende Fotos produzieren, sofern er kein Banause ist. Die Videofunktion der Kamera aktivieren, draufhalten und einen idealen Moment auswählen.

Möglich ist das, weil es keine Limitierung mehr in Form der Zahl an Negativen im Fotopapparat gibt. In der Frühzeit war das eine einzelne Glasplatte, später für lange Zeit ein Mittelformatfilm, der 12 Bilder ermöglichte. Selbst die 36 Aufnahmen der Kleinbildära stellten eine ernstzunehmende Limitierung dar, wenn man 2 Wochen Urlaub dokumentieren wollte.

Nach diesem Exkurs hat man umso mehr Respekt vor der Qualität vieler Bilder aus der Zeit vor dem Weltkrieg und die vorliegende Aufnahme ist ein perfektes Beispiel dafür.

Dass wir dieses schöne Dokument sehr genau datieren können, verdanken wir der rapiden Entwicklung des damaligen Automobilbaus. Machen wir es kurz: Das aufsteigende Windlaufblech zwischen Motorhaube und Windschutzscheibe taucht im Serienautobau erst 1910 auf – nur im Sport ist es bereits ab 1907/08 zu finden.

Die trommelförmigen Gasscheinwerfer waren nach dem 1. Weltkrieg – von einfachen Cyclecars der Einsteigerklasse abgesehen – ebenso Geschichte wie die bodenlangen und hochgeschlossenen Kleider der Damen.

Insofern finden wir auf dieser Aufnahme genügend Evidenz dafür, das Foto auf 1910-14 einzugrenzen. Doch meine ich, dass es noch ein wenig genauer geht, zumindest was die Entstehung des vorderen Wagens angeht.

Zur Erinnerung: „Radlos bedeutet nicht ratlos!

1911-13 nämlich baute Adler aus Frankfurt am Main den kompakten Typ KL 5/13 PS, der den markentypischen quadratischen Kühler (mit abgerundeten Ecken und ganz leicht geschwungenem Oberteil) und genau solche filigranen Drahtspeichenrädern besaß.

Die stärkeren Modelle dieses damals bedeutenden deutschen Herstellers besaßen in der Regel Holzspeichenräder, sahen davon abgesehen genau so aus, waren nur größer.

Hier habe ich mich dem Adler KL 5/13 PS schon einmal gewidmet. Doch anstatt die Bilder von damals aufzuwärmen, kann ich heute mit einem weiteren „neuen“ aufwarten – nicht schlecht nach über 100 Jahren – wo sonst findet man so etwas frei verfügbar?

Adler Typ KL 5/13 PS; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

1921 ist diese Aufnahme entstanden – der Adler war damals schon rund 10 Jahre alt – aber im damaligen Deutschland war das Auto im Kleinwagensegment noch konkurrenzfähig. Bekanntlich brachte Opel seinen Erfolgstyp 4/12 PS erst 1924 heraus.

Der Star ist für mich ohnehin die selbstbewusste Lady mit dem breitkrempigen Hut – und weil es so schön ist, bringen wir sie gleich noch einmal.

Man sieht hier: unsere Urgroßmütter waren offenbar nicht alle unterdrückte Hascherl, welche an den Herd gekettet waren:

Adler Typ KL 5/13 PS; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Das Fehlen von Scheinwerfern erkläre ich mir hier damit, dass man aus irgendwelchen Gründen die dazu erforderliche Karbidgasanlage entfernt hatte und den alten Adler nur noch bei Tag bewegte – offenbar störte das resultierende Beleuchtungsdefizit damals keinen.

Nachdem wir der Identität des eingangs abgebildeten Wagens ziemlich nahegekommen sind – sollte jemand anderer Meinung sein, ist seine Einschätzung willkommen – müssen wir aber noch einmal an den ursprünglichen „Tatort“ zurückkehren.

Denn in einer Hinsicht lässt mich die Aufnahme nicht nur „radlos“, sondern auch „ratlos“ zurück. Wo entstand dieses Foto? Ich tippe hier auf Süddeutschland, insbesondere Bayern, aber genau kann ich es nicht sagen:

Adler Typ KL 5/13 PS; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Das Wappen über dem Türbogen dieser frühen „Tankstelle“ ganz rechts mag den Schlüssel dazu liefern. Und jetzt sind Sie dran, liebe Leser.

Ich werfe mir jetzt noch etwas Musik ein, die mich ratlos zurücklässt – Mozarts Klaviersonate KV 570, eingespielt von Friedrich Gulda anno 1978.

Wie kann etwas auf dem Papier so Einfaches in der Praxis so schön und zugleich so schwer zu reproduzieren sein, dass wir immer wieder auf die alten Meister zurückkommen müssen?

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Rekord auch ohne Reifen: Apollo Typ F 8/28 PS

Gibt es das heute eigentlich noch, dass ein Auto schon im Stand rekordverdächtig schnell erscheint?

Mir fällt in der Nachkriegszeit da nur der Jaguar XK120 ein, dessen Silhouette nicht zufällig der einer sprungbereiten Raubkatze ähnelt.

Dabei war dieser Wagen anno 1948 eigentlich nur als Showcar gedacht – ein Beispiel dafür, dass Spitzenleistungen oft unter großem Druck und ohne detaillierte Planung entstehen.

Hier hier das Exemplar eines befreundeten Enthusiasten:

Jaguar XK 120 in Butzbach (Hessen), 2024; Bildrechte: Michael Schlenger

Die demgegenüber eklatante Hässlichkeit der allermeisten Wagen unserer Tage – von Retromobilen wie Fiat 500 oder Mini abgesehen – ist nach meiner Überzeugung auch dem Umstand geschuldet, dass zuviele Leute zulange an den Entwürfen herumdoktern dürfen.

Mir ist kein großer Entwurf der Vergangenheit bekannt, der von einem Kollektiv in monatelanger Arbeit und unter Eingehen endloser Kompromisse zustandegekommen wäre.

Man muss ja nicht wie einst Jack Kerouac sein Opus „On the Road“ an einem Stück herunterschreiben – unter Zuhilfenahme von Substanzen, welche der Kreativität oder zumindest der Ausdauer auf die Sprünge helfen.

Doch der Grobentwurf sollte so spontan entstehen und bereits nahe am Endergebnis liegen, wie das ein gewisser Mozart beim Komponieren seiner Klavierkonzerte zu tun pflegte.

Wobei es bei ihm oft nur für den Notensatz für’s Orchester reichte – den Pianopart lieferte der Meister erst „live“ dazu. Heute unvorstellbar diese Arbeitsweise.

So bleibt uns oft genug nur, fassungslos dem Sturm und Drang unserer Vorfahren beizuwohnen – auch auf dem automobilen Sektor. Speziell in der Frühzeit vor dem 1. Weltkrieg hatte man es dabei mitunter so eilig, dass man bereits dann zum Rekord eilte, wenn die Reifen noch nicht geliefert worden waren.

Wie dieses Ding der Unmöglichkeit sein konnte, das illustriere ich heute anhand des Fotos eines Automobils, von dem nur die allermeisten je gehört haben oder gar ein Foto gesehen haben, auch wenn es in der Standardliteratur zu deutschen Wagen Erwähnung findet.

Immerhin der Hersteller – die Apollo-Werke aus Apolda in Thüringen – ist Vorkriegskennern durchaus geläufig und er ist ein gern gesehener „Gast“ in meinem Blog.

Speziell nachdem man das Konstrukteursgenie Karl Slevogt angeheuert hatte, mutierte die zuvor noch als Ruppe & Sohn bekannte Firma aus einem Hersteller relativ primitiver Fahrzeuge zu einem der fortschrittlichsten Autobauer Deutschlands.

Hier haben wir nun das vielleicht beste Beispiel dafür aus der Zeit vor 1914:

Apollo „Record“ Typ F 8/28 PS; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Anhand der schräggestellten, mittig unterteilten Frontscheibe und der Gesamterscheinung könnte man hier einen sportlichen Tourer von Anfang der 1920er Jahre vermuten.

Doch die trommelförmigen Gasscheinwerfer sind ein starkes Indiz dafür, dass wir uns noch in der Zeit kurz vor dem 1. Weltkrieg bewegen.

Die durchgehende Linie von Motorhaube und Windlauf (der Karosseriepartie vor der Frontscheibe) sowie die elektrischen Parkleuchten an der Seite sagen uns, dass wir es sehr wahrscheinlich mit einem Wagen von 1913/14 zu tun haben.

Auch das oben leicht vorkragende Kühlergehäuse unterstützt diese Datierung – früher als 1913 ist mir dieses Detail jedenfalls im deutschen Serienbau noch nicht begegnet.

Wie aber komme ich überhaupt darauf, in diesem modern anmutenden Tourer einen Apollo zu sehen? Nun, besonderer Markenkenntnis bedurfte es in diesem Fall nicht – der Herstellername ist nämlich auf dem Abzug vermerkt, außerdem der wichtige Zusatz „mit Record-Motor“.

Das ist nun bei aller Liebe zum Verbrenner ein in willkommener Weise elektrisierender Hinweis.

Denn den Zusatz „Record“ verpasste Apollo zwischen 1912 und 1914 seinem sportlichen 2-Liter-Modell, welches im Unterschied zum gängigen Typ desselben Hubraums über im Zylinderkopf hängende Ventile verfügte.

Damit einher ging eine weit größere Effizienz und Drehfreude, die durch einen Spezialvergaser unterstützt wurde. Das Ergebnis gegenüber dem 20 PS leistenden Standardtyp mit seitlich stehenden Ventilen war ein Leistungsplus von 40 %!

Die sich so ergebende Spezifikation 8/28 PS statt 8/20 PS war für damalige Verhältnisse sensationell – noch Anfang der 20er Jahre war in dieser Klasse eine 8/25 PS-Motorisierung üblicher Standard.

Mit dem Apollo „Record“ war eine Spitze von 95 km/h erreichbar, sofern man sich das auf den damals kaum befestigten Straßen traute – der Standardtyp schaffte bloß 75 km/h.

Und dieser Rekord war bereits ohne Reifen gesichert – das ist jedenfalls die Botschaft des heutigen Fotodokuments. Im Ernst: Solche Werksfotos frisch fertiggestellter Wagen noch vor Montage der Reifen sind nicht selten – jedenfalls vor dem 1. Weltkrieg.

Man sieht daran wieder einmal, wie sehr sich einerseits die Welt verändert hat und wie andererseits das Streben nach „schneller, höher, weiter“ gleichgeblieben ist – in weiten Teilen der Welt jedenfalls.

Die mutige Mentalität dazu – oder auch: das unternehmerische Draufgängertum – sind der hiesigen Population indessen abhanden gekommen. Die will immer weniger arbeiten, unter anderem damit sie mehr Zeit für ihre Neurosen und dafür hat, ihre Sprösslinge bereits auf dem Dreirad mit Sturzhelm auszustaffieren…

Warum nicht das Ganze gleich ohne Reifen und im Stand – das ist noch sicherer und ging doch einst auch, oder?

Michael Schlenger, 2025. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

Vorkriegsspaß pur! Bilder von den „Classic Days“ 2025

Heute mute ich Ihnen im Blog eine Abweichung vom üblichen Schema zu – statt Vorkriegsfotos in Schwarzweiß gibt es heute Vorkriegsautos ganz in Farbe!

Denn am letzten Sonntag habe ich die Wiederauflage der seit 2006 abgehaltenen „Classic Days“ besucht, die an einem neuen Ort stattfand.

Wer mit den Classic Days noch die schönen Jahre auf Schloss Dyck bei Düsseldorf verbindet, wurde – was das Atmosphärische betrifft – nicht enttäuscht.

Das unweit gelegene Rittergut Birkhof mit seinem Englischen Garten und dem Charme eines alten Gutshofs mit Herrenhaus bietet wieder ein absolut würdiges Ambiente für edle und eigenwillige Karossen von den Anfängen bis in die Neuzeit:

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Gut zwei Stunden dauerte die Anfahrt aus der heimischen Wetterau, das Alltagsauto wurde auf dem weitläufigen Besucherparkplatz abgestellt und nach nur wenigen Minuten konnte man in eine andere Welt eintauchen – willkommen bei den Classic Days!

Entlang der Allee mit alten Bäumen, die Teil der 2,5 Kilometer langen Rundstrecke um das Rittergut ist, hatten bereits viele Gäste die begehrten Picknickplätze okkupiert und da stand auch schon das erste Vorkriegsauto!

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Ok, das war die Nachkriegsausführung des Citroen Traction Avant, aber das ist nur an kleinen Details zu erkennen – Konstruktion und Karosserie sind lupenreine Vorkriegszeit.

Die berühmte Gangster-Limousine war vielleicht das beste und zugleich eleganteste europäische Auto seiner Klasse der 1930er Jahre – ein vielversprechender Auftakt, fand ich.

Zwischen jeder Menge Wagen aller nur denkbarer Marken ging es schnurstracks und voller Vorfreude Richtung Fahrerlager, wo gerade eine Horde früher Rennsportwagen warmlief.

Auf dem Weg dorthin entdeckte ich das wohl älteste Fahrzeug vor Ort – einen Daimler „Mercedes“ von ca. 1910, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, vielleicht war es auch 1912. Hinter dem Steinschlaggitter sieht man den Mercedes-Stern – noch ohne Lorbeerkranz, denn der kam erst nach der späteren Fusion mit Benz hinzu:

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Von nun an geht es halbwegs chronologisch weiter – irgendeine Struktur braucht der Mensch, an der er sich festhalten kann – gerade wenn man von Sinneseindrücken überflutet wird.

Das gilt speziell, wenn man am Morgen von heißen Abgasen umwabert wird und die Luft vibriert, während einer seinen 1914 Premier-Rennwagen aus der Box holt und mit Bärenkräften am servofreien Lenkrad wuchtet:

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Hier bekommt man einen ersten Eindruck davon, was die Classic Days – neben vielen Attraktionen – so einzigartig macht. Denn hier werden die alten Eisen wirklich gefahren, und man kann das hautnah miterleben, von der Box bis auf die Strecke.

Während die Motoren warmlaufen, stehen die Besitzer gerne Rede und Antwort und man kommt direkt an die Fahrzeuge heran – das kenne ich so nur vom Goodwood Revival in England, wo eine ähnliche hochverdichtete Atmosphäre herrscht:

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Hier haben wir einen als Rennsportversion zurechtgemachten „Elgin“ von 1917 – einer erst im Vorjahr gegründeten US-Automarke.

Solche auf Serienmodellen basierende Fahrzeuge dieses kurzlebigen amerikanischen Herstellers kamen unter anderem in Indianapolis zum Einsatz.

Dieses Exemplar mit Reihensechszylinder und offenem Ventiltrieb repräsentiert das recht eindrucksvoll, wenn auch mit späteren Anbauteilen wie dem wohl britischen SU-Vergaser:

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Von hier aus geht es weiter in den Innenhof des Ritterguts, wo das Herrenhaus noch sehr authentisch mit den früheren Betriebsgebäuden verbunden ist.

Man sieht hier neben der repräsentativen Fassade auch die Nutzbauten und bekommt eine schöne Vorstellung davon, wie sich so ein Gut einst für den Besucher darstellte.

Wäre der Hof kopfsteingepflastert, wäre das Idyll für mich vollkommen, aber man kann nicht alles haben. Jedenfalls ergeben bei den Classic Days auf Gut Birkhof historische Achitektur und klassische Automobile ein gelungenes Gesamtkunstwerk:

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Der Innenhof ist wie einst auf Schloss Dyck für die Sportwagen der Zwischenkriegszeit reserviert – und wieder sind alle Zutaten für eine echte Zeitreise vorhanden, wenn auch noch Platz für weitere Exemplare wäre.

Doch schon diesmal warteten einige Überraschungen auf den Vorkriegsenthusiasten.

Wann bekommt man neben den üblichen britischen Verdächtigen einen französischen „Rally“ in deutschen Landen zu Gesicht? Die Classic Days und langjährige Freunde in der Vorkriegsszene (Gruß an Michael Buller) machen’s möglich:.

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

„Rally, Rally…“, mögen jetzt manche denken – das sagt mir doch etwas. Stimmt, diese feine französische Marke der zweiten Reihe hatte ich bereits in den Anfängen meines Blogs vor rund 10 Jahren besprochen (hier).

So vergeht die Zeit – aber die guten Dinge, sie bleiben (wenn wir auf sie achten und etwas dafür tun).

So können wir auch anno 2025 wieder einen Rally bewundern, der im Stil den Bugattis seiner Zeit nahekam, wenn auch weniger leistungsstark war.

Ich würde trotzdem einen nehmen, denn hier man muss sich damit nicht fragen lassen: „Ist der echt oder ein Nachbau aus Argentinien?“

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Ein tolles Gerät, nicht wahr? Wir begegnen dem Rally noch ein weiteres Mal bei unserem Rundgang – und dann in Fahrt!

Erst schauen wir uns noch eine Weile im Innenhof um, es gibt da einiges zu sehen, was das Herz höherschlagen lässt, wobei sich immer wieder reizvolle Momente ergeben.

Dabei ist es gar nicht immer so wichtig, um was für ein Fahrzeug genau es sich handelt – als unverbesserlicher Ästhet ist mir oft die reine Wirkung wichtiger als das penible Vermerken von Marke, Typ, Baujahr usw. – etwa in diesem Fall:

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Mitunter ist aber auch unübersehbar, womit man es zu tun hat.

Nein, ich meine ausnahmsweise nicht den schönen MG von Michael Buller links im Bild, den viele in der Szene kennen.

Vielmehr gefällt mir hier die stilvolle Begegnung der Zweibeiner am Rande, ebenfalls typisch für die Classic Days, wo auch etliche Teilnehmer selbst Darsteller in der Zeitreise sind:

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Zu einem Retrotrip in die Sportszene der Zwanziger gehört natürlich auch einer der einst allgegenwärtigen Amilcars aus Frankreich – vielleicht das Cyclecar schlechthin und auch bei deutschen Enthusiasten damals sehr beliebt.

Hier haben wir (rechts) ein frühes Exemplar noch mit alter französischer Kennung auf dem Kühler, aber mit neu aufgebauter Karosserie nach eigenem Gusto – erlaubt ist, was gefällt, das war schon vor 100 Jahren nicht anders:

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Daneben sind als Kontrastprogamm natürlich einige großvolumige Bentleys zu besichtigen, die auch regelmäßig zur Ausfahrt auf die Rundstrecke gehen.

Gäste aus Großbritannien sind wie immer ebenso dabei wie eingefleischte Markenfreunde aus deutschen Landen.

Sie vereint die Begeisterung für die „schnellsten Lastwagen der Welt“, ein ironisches Bonmot, das Ettore Bugatti zugeschrieben wird:

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Man bekommt bei den Classic Days immer wieder einen anderen Blickwinkel auf vermeintlich Bekanntes präsentiert – die Vielfalt der Vorkriegsautos ist unermesslich und stellt die Moderne mühelos in den Schatten.

Neben den aufgeladenen PS-Monstern von Bentley, bei denen das Auspuffgrollen von schieren Kraft kündet, findet sich von derselben Marke und aus derselben Zeit auch etwas so Filigranes und kultiviert Laufendes wie dieser originale Tourenwagen:

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Eine klassische Karosserie wie diese ist bei den überlebenden Bentleys seltener anzutreffen als die mit späteren Sportaufbauten versehenen Specials, so faszinierend diese oft sind.

Bei der Gelegenheit meine übliche Behauptung: „Tourer sind langweilig – außer wenn das Verdeck montiert ist“, dann sind sie im wahrsten Sinne des Wortes optisch überaus spannende Exemplare.

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Bevor es bzb gleich zu den Concours-Autos – den „Jewels in the Park“ – geht, schauen wir noch, was unterdessen aus dem Fahrerlager auf die Rundstrecke geht.

Der Kurs rund ums Rittergut und mitten hindurch erlaubt den Zuschauern viele reizvolle Blicke auf die Wagen in Bewegung – beim Start, in voller Fahrt und beim gepflegten Defilee kurz vor der Rückkehr:

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger
Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger
Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger
Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger
Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Die Wirkung dieser Sportwagen in Aktion gehört zu den besonderen Reizen der Classic Days. Dabei wird dem jeweiligen Streckenverlauf angemessen gefahren – aber durchaus engagiert, das ist kein bloßes Rollen knapp über Leerlaufdrehzahl.

Wenig ist so atemberaubend, wie wenn ein mächtiger Kompressor-Mercedes der 1920er Jahre um die Kurve kommt und er für einen Moment direkt auf einen zuhält.

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Nach diesem von Staub und Benzindust geadelten Spektakel, das man den Tag über mehrfach erleben kann – auch mit Nachkriegsautos – begibt man sich zur Einkehr in den Schatten der majestätischen Baumriesen im Englischen Garten, wo zwanglos die schönsten Karossen wie Skulpturen arrangiert sind – ganz ohne Absperrungen.

Was könnte hier stimmiger sein als eine Auswahl herrschaftlicher Rolls-Royce oder Bentleys mit enorm großzügigen Limousinen- oder Cabrio-Aufbauten?

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger
Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger
Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger
Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger
Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

An diesen Zeugen einer untergegangenen Welt kann man sich kaum sattsehen.

Schlicht meisterhaft zu nennen ist die Kunst, diese riesigen Automobile mit ihrem unerreichten Platz im Innenraum so gestalten, dass man ihre Größe nicht als unangenehm wahrnimmt – im Gegenteil hat man den Eindruck, dass die Proportionen perfekt sind.

Gegen diese Giganten wirkt auf einmal sogar ein US-Vertreter der Vorkriegszeit beinahe kompakt – wobei wir es hier auch nicht mit einem Amiwagen der üblichen Verdächtigen zu tun haben. Vielmehr sehen wir hier ein technisch wie ästhetisch außergewöhnliches Fahrzeug – den frontgetriebenen Cord L-29, der von 1929-31 gebaut wurde:

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Leider kam diesem spektakulären Wagen mit modernem Fahrwerk und 125 PS-Achtzylindermotor der Börsencrash und die Weltwirtschaftskrise in die Quere.

Umso eindrucksvoller, dass ein derartiges Juwel bei den Classic Days einfach so am Wegesrand unter freiem Himmel zu finden ist. Das ist auch im Stillstand ein wichtiger Unterschied zur Präsentation bei Kunstlicht in Museen mit bisweilen sich störend aufdrängender moderner Architektur.

Leider nähern wir uns nun schon dem Ende unseres Rundgangs über das Gelände der Classic Days mit der Vorkriegsbrille. Doch einen Höhepunkt kann ich noch bieten und das ist die Rotte von Specials auf Basis von American La France-Chassis.

Diese opulent motorisierten Geräte dienten in ihrem ersten Leben als Feuerwehrautos, bevor sie als ideale Basis für spektakuläre Umbauten im Stil historischer Rennwagen der Zeit vor dem 1. Weltkrieg entdeckt wurden.

Auch in Deutschland finden sich Anhänger dieser keine Furcht kennenden und fantasiebegabten Fraktion. Sie waren mit ihren Fahrzeugen auf eigener Achse aus dem Süden der Republik angereist:

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger
Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger
Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger
Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Kurz vor Ende der Classic Days am Sonntag machte sich die Meute wieder auf den Heimweg, nicht ohne noch drei Ehrerunden auf der Hausstrecke von Rittergut Birkhof zu drehen – zur grenzenlosen Begeisterung des Publikums:

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Damit sagen wir „adieu“ den Classic Days 2025, nicht ohne dem Team von Marcus Herfort für die großartige Veranstaltung zu danken, bei der die Vorkriegsfreunde in einer Weise auf ihre Kosten kommen wie kaum anderswo in Deutschland.

Mein Fazit ist positiv, der Termin im nächsten Jahr ist schon vermerkt – wir kommen wieder in der Hoffnung, dass noch mehr Vorkriegswagen den Weg dorthin finden und die Tradition der Classic Days auf Schloss Dyck fortschreiben!

Classic Days 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Michael Schlenger, 2025. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

Fund des Monats: Ein „Komet“ 4/12 PS Sport-Zweisitzer

Das Auto, dessen fotografisches Konterfei ich als Fund des Monats Juli 2025 präsentiere, zählt zu den vielen kurzlebigen deutschen Konstruktionen der frühen 1920er Jahre, von denen außer dem Namen, dem Hersteller und der Motorisierung nahezu nichts bekannt ist.

Die Firma, die den fraglichen Wagen einst baute – Buchmann & Co. aus Leisnig in Sachsen – hatte zwar wie alle diese Nischenproduzenten keinerlei Gespür für den Markt und die Absatzchancen eines Manufakturwagens mit zugekauftem Fremdaggregat.

Immerhin fand sie aber unfreiwillig einen treffenden Namen für ihr Gefährt. Denn ein Komet ist ein Bote aus der Frühzeit unseres Sonnensystems, begegnet uns typischerweise auf exzentrischer Bahn für nur kurze Zeit und verliert in Sonnennähe zunehmend an Substanz, bevor er wieder im ewigen Dunkel verschwindet.

Manche davon tauchen jedoch irgendwann wieder auf, wobei der Zufall in Form des Einflusses der Planetenbahnen eine erhebliche Rolle spielt. Das Wiederscheinen des Halleyschen Kometen alle 80 Jahre etwa ist seit über 2.000 Jahren dokumentiert.

Ganz so weit geht es im Fall des heute präsentierten Kometen zwar nicht zurück, aber der Zyklus ist ein ähnlicher. So ist rund 100 Jahre, nachdem der Komet 4/12 PS für kurze Zeit erschien – das war 1922-24 – immerhin sein Abbild wieder aufgetaucht:

Komet 4/12 PS; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Eine hübsche Erscheinung ist dieser Komet, nicht wahr? Dass man ihn der Gattung der Cyclecars zuordnen würde, die Anfang der 1920er Jahre ausgehend von Frankreich für kurze Zeit einen Lauf in Europa hatte, steht außer Frage.

Die schmalen Räder im Motorradformat, die Gasscheinwerfer, das Notverdeck und die überwiegend auf der Abkantbank entstandene Karosserie verraten, dass wir es mit einem Automobil einfachster Machart zu tun haben.

Allerdings sorgen die Zweifarblackierung und die v-förmige Windschutzscheibe für eine durchaus sportliche Wirkung. Auch der von Steudel zugekaufte 12 PS-Motor könnte dem kleinen Komet einen achtbaren Vortrieb verliehen haben.

Warum auch sonst sollt man einen solchen Sport-Zweisitzer kaufen wollen, außer damit Spaß auf der Landstraße zu haben? Ob das grundsätzlich vielversprechende Rezept in der Praxis aufging, dürfte davon abhängig gewesen sein, ob der Hersteller dem Wagen ein der Fahrdynamik zuträgliches Chassis und Fahrwerk verpassen konnte.

Immerhin müssen einige dieser Komet-Wagen für eine gewisse Zeit in der irdischen Sphäre unterwegs gewesen sein, denn sonst hätte kein Kühleremblem dieser Marke überlebt – Spezialist Claus Wulff aus Berlin hat tatsächlich eines auftreiben können (siehe hier).

Vielleicht bringt ja noch jemand das Kunststück zustande herauszufinden, was auf dem Schild im Hintergrund steht – eventuell ergibt sich daraus ein lokaler Bezug:

Als Fahrer dieses Komet ist übrigens ein gewisser Rasmus Gruber überliefert – auch das mag Anlass zu weiterführenden Recherchen geben, ich selbst bin in der Hinsicht nicht fündig geworden.

Für dieses Mal begnüge ich mich damit, diesen Komet angemessen ins Licht zu rücken, nachdem er rund 100 Jahre im Dunkel geschlummert hat.

Sollte ich die Wiederkehr des Halleyschen Kometen anno 2061 noch erleben – dann wäre ich 92 – und sollte es diesen Blog oder ein Nachfolgeformat dann noch geben, grabe ich den Komet 4/12 PS gern wieder aus – eventuell gibt es dann ja „neue“ Dokumente davon…

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Das Vorkriegsauto als „Wayback Machine“: Amilcar CGS

Das historische Auto als Überbleibsel und Repräsentant längst vergangener Epochen hat etwas von einer Zeitmaschine, wenn man überlebenden Exemplaren heute begegnet oder gar selbst darin unterwegs ist. Nur wenige menschliche Schöpfungen vermögen dasselbe Gefühl zu vermitteln, genau das zu erleben, was ihre einstigen Besitzer erlebten.

Doch alte Autos können noch mehr als „nur“ eine Zeitmaschine sein, die uns in die Welt zurücktransportiert, in der sie entstanden. Sie können auch unterschiedliche Phasen ihres eigenen, viele Jahrzehnte umspannenden Daseins illustrieren, von denen übrigens jede auf ihre Weise historisch und original ist – keineswegs nur der Moment der Auslieferung.

Damit wären wir beim Auto als analoge „Wayback Machine“. Das sagt Ihnen nichts? Nun, die Wayback-Machine ist quasi das Gedächtnis oder Museum des Internets.

Dort sind die allermeisten Websites in unterschiedlichen Stadien ihrer historischen Erscheinung gespeichert – man findet dort also auch vermeintlich gelöschte Präsenzen im Netz bzw. frühere Versionen noch existierender Websites – nicht alle, aber sehr viele.

So hat die Wayback Machine von meinem Blog seit seiner Entstehung über 100 Schnappschüsse erstellt. Einer davon wurde Ende Juli 2021 aufgenommen und sah so aus.

Jetzt können Sie sagen, dass doch das Archiv in meinem Blog selbst enthalten ist. Das stimmt, aber nur weil ich keinen Eintrag gelöscht habe. Allerdings habe ich einige überarbeitet, während die Wayback Machine ggf. die Ursprungsversion gespeichert hat.

Letztlich lassen sich die Spuren nicht völlig verwischen, die man als Inhaber einer Website hinterlassen hat – wertvoll für Forscher, Journalisten und Zeitgenossen, die sich ihr Urteil selber bilden. Bei der Recherche zu einem „kontroversen“ Thema der letzten fünf Jahre griff ich kürzlich auf die Wayback Machine zurück – erstaunlich, was man da so alles findet…

Das brachte mich auf die Idee, inwieweit auch alte Autofotos als gewissermaßen analoge Wayback Machine fungieren, indem sie Momentaufnahmen eines historischen Fahrzeugs darstellen und unterschiedliche Phasen seines Daseins illustrieren.

Als Anschauungsobjekt habe ich den Typ CGS des französischen Sportwagenherstellers Amilcar aus den 1920er Jahren ausgewählt. lm Oktober 1923 wurde das 1,1-Liter Modell vorgestellt, das mit 115 km/h Spitze den Vorgängertyp CS deutlich übertraf.

Einige Exemplare mit teils unterschiedlichen Karosserien habe ich im Blog bereits präsentiert – Sie finden alle in meiner Amilcar-Galerie. Nur zwei „neue“ will ich Ihnen heute zur Veranschaulichung meiner Wayback Machine-These vorstellen.

Hier haben wir das erste Foto, das in der Tschechoslowakei entstand und einen Amilcar CGS irgendwo auf dem Land zeigt:

Amilcar Typ CGS; nach originalem Negativ aus Sammlung Michael Schlenger

Tatsächlich ist das ein besonders gutes Beispiel dafür, wie ein historisches Foto als Wayback Machine fungieren kann.

Denn das, was Sie hier sehen, ist ein von mir kreiertes Foto auf Basis des Negativs, das sich vor 100 Jahren in der Kamera befand, mit der diese Situation festgehalten wurde. Noch näher kann so ein Dokument nicht ans Original und den Aufnahmeort herankommen.

Zu dem Auto selbst will ich hier keine weiteren Worte verlieren – Sie werden ihm gleich wiederbegegnen und selbst alles wiedererkennen, was diese halbwegs „zivile“ Ausführung des sportlichen Amilcar CGS äußerlich auszeichnete.

Bloß sehen wir jetzt beinahe dasselbe Auto an einem anderen Ort zu einer ganz anderen Zeit und mit einigen Änderungen – alles festgehalten wiederum mittels analogem Film, der Wayback Machine des prädigitalen Zeitalters:

Amilcar Typ CGS; Originalfoto aus Sammlung Michael Schlenger

Fast 40 Jahre liegen zwischen den beiden Fotos eines Amilcar CGS.

Das tschechische Nummernschild ist ebenso verschwunden wie der Spritzlappen am Vorderkotflügel und das Notverdeck. Hinzugekommen ist eine Ballhupe und ein spezielles Kennzeichen, das auf eine Registrierung als historisches Fahrzeug in der DDR hinweist, wo es bereits in den 1960er Jahren eine große Vorkriegsautoszene gab.

In dieser Zeit – vielleicht auch Anfang der 1970er Jahre – entstand diese Momentaufnahme eines Amilcar CGS, der im Osten unseres Landes überlebt hatte. Auf der Rückseite des Originalabzugs ist der mutmaßliche Fotograf vermerkt: „Klaus-Jürgen Mertink, Berlin“.

Seiner gedenken wir heute mit Dankbarkeit, denn er hat diesen Beitrag zur Wayback Machine in Sachen Vorkriegsauto ermöglicht. Das bringt mich zum Schlussgedanken:

Wenn ich eines Tages den Blog schließe, so wie jedes Tagebuch seinen letzten Eintrag hat – sei es geplant oder durch Ablauf der biologischen Uhr – dann werden die Inhalte zum Gutteil verfügbar bleiben, solange es die Wayback Machine gibt…

So, jetzt lausche ich noch ein wenig Gustav Leonhardt, der – obwohl 2012 verstorben – auf CD die Französischen Suiten von Bach auf dem Cembalo meisterlich darbietet. Nach diesem für heute letzten Lauf der Wayback Machine steht morgen der Fund des Monats an.

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Kühler, kaum überraschend: Benz 11/40 bzw. 16/50 PS

Meinungsmache in den Mainstream-Medien hat – unabhängig vom Thema – einen Vorteil: hat man einmal die Absicht erkannt, kann man zuverlässig vom Gegenteil des Behaupteten ausgehen und liegt damit meist richtig.

Je wilder die Prognosen für den Sommer 2025 hierzulande ausfielen, je dunkelroter die Wetterkarten bei völlig normalen Temperaturen eingefärbt wurden und je absurder die Warnungen vor Sonne, Wärme und Betätigung im Freien, desto wahrscheinlicher, dass das Ganze mit der Realität nichts zu tun hat.

Wer seinen eigenen Erfahrungshorizont zugrundelegt und sich ein eigenes Bild von den Dingen zu machen pflegt, für den lautet das bisherige Fazit des diesjährigen Sommers in weiten Teilen Deutschlands: „Kühler, kaum überraschend.“

Das Wettergeschehen ist erratisch, chaotisch und bestenfalls zyklisch, von daher ist es kaum überraschend, dass es auch mal wieder kühler und regnerischer wird mitten im Hochsommer. Kein Grund zur Veranlassung, wie Spötter zu sagen pflegen.

Man muss sich halt passend kleiden, wenn die Wetterprognosen wieder mal danebenliegen und man dennoch einen Ausflug unternimmt. Dazu liefere ich heute das passende Foto:

Benz 11/40 PS Chauffeurlimousine; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Auch hier ist mit Blick auf die Frontpartie dieser Chauffeurlimousine festzustellen: „Kühler, kaum überraschend“.

Denn der Kenner deutscher Wagen der Zwischenkriegszeit wird hier sogleich einen Benz der ersten Hälfte der 1920er Jahre erkennen, noch also vor der Fusion mit Daimler.

Den markanten Spitzkühler gab es bei Benz wahlweise zwar schon ab 1913/14, doch die Kombination mit elektrischen Scheinwerfern lässt eher auf eine Entstehung nach dem 1. Weltkrieg schließen, als diese zum Standard geworden waren.

Die Proportionen der Motorhaube lassen vermuten, dass darunter ein 6-Zylinderaggregat sein Werk verrichtete. Das hat mich zu der Annahme veranlasst, dass wir hier einen Benz Typ 11/40 PS sehen – eventuell auch einen 16/50 PS.

Beide waren in der ersten Hälfte der 1920er eingeführt worden und gehörten damals zu den wenigen 6-Zylindern aus Deutschland. Eigentlich ist es aber auch egal, was für ein Motor genau verbaut war – denn der eigentliche Reiz dieses Fotos liegt für mich im Personal.

Von bunten Polyester-Fummeln unserer Tage denkbar weit entfernt ist man hier gewandet. Bei diesen Herrschaften (m/w/d usw.) ist zudem nichts von der Stange zu sehen, man ließ sich die Sachen auf den Leib schneidern oder zumindest entsprechend anpassen.

Das Ergebnis sind typgerecht gekleidete Zeitgenossen, die zwar damals wie heute keinen Schönheitspreis gewinnen würden – aber wer würde das heute? Verwegene Tätowierungen und kühne Bärte helfen nun einmal nicht, wenn einer dumm aus der Wäsche schaut.

Die Welt ist ungerecht, auch was die Verteilung von Schönheit betrifft. Umso schöner, wenn man ihr in so bezaubernder Form begegnet wie im Fall der jungen Dame am Steuer, die uns als einzige mit klarem und konzentriertem Blick begegnet.

Allein dafür lohnt sich schon das Studium dieser Aufnahme, über die wir sonst nichts wissen. Aber auch das nehmen wir als abgeklärte Betrachter solcher Zeugnisse längst vergangenen Lebens kühl zur Kennntis, kaum überrascht – oder doch nicht?

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Im Blick das Wesentliche: Ein 1926er Nash „Light Six“

Es fällt nicht immer light, ich meine: leicht, in einem Ozean aus Informationen, Meinungen und Einflüssen den Blick auf’s Wesentliche und damit den eigenen Kurs zu halten.

Unterwegs hält das Dasein jede Menge Ablenkungen, Verführungen und Verirrungen bereit – das ist schon das Thema der „Odyssee“ am Anfang der europäischen Literaturgeschichte.

Feste Prinzipien und das Vertrauen auf die eigenen Fähigkeiten sowie das eigene Urteilsvermögen waren und sind das A und O für ein gelungenes, selbstbestimmtes Leben.

Das beginnt bereits bei so banalen Dingen wie dem Wetter. Für den heutigen Sonntag war für den Raum Bad Nauheim eine Abfolge leichter Schauer „vorhergesagt – mit einer ans Magische grenzenden Genauigkeit, was deren Beginn und Ende betrifft.

Der Einheimische begegnet diesen modellbasierten Prognosen schon deshalb mit Skepsis, weil sich an den Taunusausläufern und der angrenzenden Ebene oft Mikroklimata etablieren – auf gut deutsch: Während es in Nauheim schüttet – kann in den Ortsteilen wenige Kilometer östlich die Sonne scheinen oder es kommen nur ein paar Tropfen herunter.

Im Ergebnis ist der Garten der Schwiegereltern in der Kernstadt Ende Juli von sattem Grün geprägt, während das Gras beim Blogwart außerhalb verdorrt ist. Daraus zu schließen, dass sich wenigstens darin der wie jedes Jahr angekündigte Hitzetod manifestiert, ist einigermaßen verfehlt – am frühen Abend zeigte das Außenthermometer 17 Grad an.

Ach ja, die leichten Schauer erwiesen sich in der Kernstadt als stundenlanger Dauerregen. Der eigene Blick zum Himmel war wie so oft wertvoller als die Fantasieprodukte der IT-gestützten Wetterklempner ohne eigenes, erfahrungsbasiertes Urteil.

Was diese Vorrede mit Vorkriegsautos auf alten Fotos zu tun hat? Wie immer alles und nichts, ganz wie Sie mögen.

Ich jedenfalls mag solche manchen abwegig oder lästig scheinende Herleitungen aus dem Erleben des Alltags – speziell wenn ich das dazu passende Dokument präsentieren kann:

Nash Landaulet von 1926; Originalfoto Sammlung Michael Schlenger

„Im Blick das Wesentliche“ – das gilt hier gleich in mehrfacher Hinsicht.

Beginnen wir mit dem Kennzeichen – die Kombination aus römisch „1“ und „A“ stand in der Vorkriegszeit stets für den Großraum Berlin.

Auch am anderen Ende des Wagens offenbart ein kurzer Blick Wesentliches in Form des niedergelegten Verdecks eines Landaulets, also eines Wagens, bei dem nur die Passagiere auf der hinteren Sitzbank die Möglichkeit hatten, unter freiem Himmel unterwegs zu sein und so sich ein Bild von der Welt (nicht nur vom Wetter) zu machen.

Man darf anhand dieser Indizien die Aussage wagen, dass man es sehr wahrscheinlich mit einer Droschke aus Berlin zu tun hat.

Der Blick auf’s Wesentliche erschließt einem dann auf dem Kühlergrill nicht nur den Hersteller des Wagens – Nash aus den USA – sondern obendrein die Zylinderzahl 6.

In den Staaten war jedem Kind klar, dass dieser Nash, dessen Frontpartie so nur 1926 aussah, einen Sechszylindermotor besaß – denn Vierzylinder baute man zuletzt 1924. Interessanter wäre die Information gewesen, welche der drei verfügbaren Versionen dieser „Nash Six“ nun genau repräsentierte.

So gab es die Varianten „Advanced Six“ mit 60 PS, den „Special Six“ mit knapp 50 PS und den „Light Six“ mit 40 Pferdestärken – zuvor übrigens als Ajax angeboten.

Ich gehe davon aus, dass anno 1926 ein Taxi im topografisch wenig anspruchsvollen Berlin mit der schwächsten Motorisierung auskam. Die einheimische Konkurrenz bewegte sich leistungsmäßig in derselben Liga, kam aber meist nur vierzylindrig daher.

Dergleichen Details sind es aber gar nicht einmal unbedingt, die mich an dieser Aufnahme so faszinieren. Vielmehr ist es der Blick des Fahrers neben dem Nash, in dem ich alles Wesentliche zu erkennen meine: Ernsthaftigkeit, Selbstbewusstsein, Entschlossenheit – alles Eigenschaften, die für ein Überleben als freier Fahrer am Markt notwendig waren.

Hinzukommen musste jedoch noch etwas weiteres Wesentliches: Der Wille, den Passagier zufriedenzustellen, vielleicht sogar zu einem Stammkunden zu machen.

Auf eigene Faust eine Leistung anzubieten, für die ein Fremder freiwillig zu zahlen bereit ist, das erfordert mehr als nur jeden Morgen ins Büro zu gehen, um dort genau definierte Arbeiten zu verrichten, deren Abnehmer man nicht kennt, die vielleicht sogar überflüssig sind. Dafür muss man das Wesentliche im Blick haben – nämlich sich das Interesse des Kunden zueigen zu machen, ihm im besten Fall mehr zu bieten, als er erwartet hat.

Das erfordert besondere Anstrengung und wenn Sie genau hinschauen, erkennen Sie an den Händen unseres Nash-Fahrers eine beträchtliche Anspannung. Der Mann war zum Erfolg verdammt und er wusste das.

Man mag ihn um seinen Job nicht beneiden, aber hätte er lieber in einer Fabrik, im Kontor oder gar in der Landwirtschaft arbeiten wollen? Wohl kaum. Hier wollte einer auf eigenen Beinen stehen, vielleicht hatte er Pläne für einen eigenen Betrieb, eventuell eine Werkstatt oder einen Autosalon – im Berlin war einst alles möglich mit dem Wesentlichen im Blick…

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Meine Burg, meine Jungs, mein Auto: Stoewer R-150

Wenn Sie hier heute einem alten Bekannten begegnen, dann wird das nicht zu Ihrem Nachteil sein – denn so wie ich Ihnen den frontgetriebenen Stoewer Typ R-150 von 1934/35 diesmal präsentiere, haben Sie ihn garantiert noch nicht gesehen.

Gleich drei Ansichten davon erwarten Sie – nicht schlecht bei nur 1.150 gebauten Exemplaren dieses 1,5-Liter-Autos mit 35 PS der Stettiner Traditionsfirma, die wohl als einzige das Kunststück fertigbrachte, mit reinen Kleinserien so lange zu überleben.

Während ich die Fotos noch etwas bearbeitete – d.h. Flecken entfernte und den Ausschnitt nach meinem Gusto anpasste – stellte ich mir die Frage, was für ein Titel sich dafür eignen könnte.

Ein paar spontane Assoziationen stellten sich ein, darunter solche, die mit Buben in Strumpfhosen zu tun haben. Das war zwar naheliegend, wie Sie noch sehen werden, war mir aber zu heikel – denn wer weiß, was irgendein Suchalgorithmus damit anstellt.

Also griff ich zu der alten Kreativtechnik, nicht angestrengt über ein Problem nachzudenken, sondern es an eine nachgelagerte Instanz im Kopf zu delegieren und derweil etwas anderes zu erledigen – ein brauchbares Ergebnis stellt sich dann unter Umgehung des aktiven Monitors namens Bewusstsein oft von selbst ein.

Dabei arbeiten fleißige Geister im Hintergrund an der Aufgabe – ähnlich einem KI-Agenten, dem man Aufgaben übertragen kann, für die man keine Zeit oder auf die man keine Lust hat.

Das hat heute wieder geklappt – zu meiner Zufriedenheit jedenfalls. Der Titel „Meine Burg, meine Jungs, mein Auto“ ist für mich das, was Friedrich Nietzsche so formuliert hat: „Alle guten Dinge haben etwas Lässiges und liegen wie die Kühe auf der Wiese„.

Wenn jetzt einer zusammenzuckt, die innere Gedankenpolizei aktiv wird und warnt: „Nietzsche, das war doch der schlimme Erfinder des Übermenschen und Frauenverächter„, dann empfehle ich auch hier Gelassenheit und den Mut zum eigenen Urteil.

Nietzsche war ein hochsensibler Mensch, ein Künstler und Poet – kein Philosoph im klassischen Sinne. Es lohnt sich, sich mit ihm und seinem vielschichtigem Werk auseinanderzusetzen – ich halte ihn mit Luther, Goethe und Hölderlin für das größte deutsche Sprachgenie.

Nach diesem überflüssigen, aber notwendigen Exkurs – die beste Verbindung zwischen zwei Punkten ist eine Kurve – geht es endlich zur Sache.

Hier haben wir nun den Burgherrn, seine Jungs und seinen Wagen:

Stoewer R-150; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Zur Identifikation des Wagens ist nicht viel zu sagen:

Die Kühlerfigur – ein stilisierter Greif – verweist auf Stoewer und der schrägstehende Kühlergrill mit den schmalen, in enger V-Formation angebrachten Lamellen ist zusammen mit den horizontalen Luftschlitzen in der Motorhaube typisch für die 1934/35 gebaute Ausführung R-150 des bereits 1931 vorgestellten Frontantriebswagens von Stoewer.

Zugelassen war dieses Exemplar im Raum Leipzig und es stellt sich die Frage, ob auch die Burganlage im Hintergrund in dieser Gegend zu verorten ist.

Leider bietet die Ansicht wenig Spezifisches – einen mittelalterlichen Rundturm mit typischen Schießscharten für Bögen und Armbrüste sowie einen schönen Renaissancegiebel über dem Tor links davon. Vielleicht erkennt ja doch jemand die Anlage.

Dass wir es hier tatsächlich mit dem Burgherrn, seinen Jungs und seinem Wagen zu tun haben, dafür sprechen die beiden weiteren Aufnahmen, die vermutlich ebenfalls auf dem Gelände der historischen Anlage entstanden sind.

Hier sehen wir den Stoewer vor einem Nebengebäude aus seltener Perspektive von hinten links, wahrscheinlich neben seiner Garage:

Stoewer R-150; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Ganz klassisch bietet sich der Stoewer hier dar – so als sei Ende der 1920er Jahre für ihn die Zeit stehengeblieben. Vom Frontantrieb abgesehen, weist hier nichts auf Mitte der 1930er Jahre hin – es fehlen sogar die damals längst üblichen seitllichen „Schürzen“ an den Vorderkotflügeln.

Fast scheint es, als wollte man bei Stoewer damals zwar technisch weiterhin vorne sein, aber stilistisch sich der Mode entziehen – ein durchaus sympathischer Ansatz. Tatsächlich ging damals die Zeit der von den Gebrüdern Stoewer geprägten Firmenhistorie zuende, die sich in Sachen Automobil bis 1899 zurückverfolgen lässt – einzigartig am deutschen Markt.

Doch lassen wir uns nicht von der Nostalgie ablenken, es gibt nämlich noch das dritte Foto desselben Wagens zu studieren, welches abermals zeigt, wie zeitgemäß man bei Stoewer zu konstruieren und gestalten wusste:.

Stoewer R-150; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Den ohne Mittelpfosten auskommenden Limousinenaufbau kennt man vom Fiat 1500 beispielsweise – ein enorm komfortabler Einstieg war so möglich.

Interessant finde ich hier aber auch die leichten Klappsitze mit stoffbespanntem Rohrgestell – das meine ich so zuerst beim Citroen „Traction Avant“ gesehen zu haben. Vielleicht weiß es jemand besser, wer der Erfinder dieser funktionellen Sitze war.

Damit wäre ich auch schon am Ende der heutigen Betrachtung. Dass die kurzbehosten Buben in der kühlen Jahreszeit, in welcher diese Fotos offenbar entstanden, tatsächlich Strumpfhosen trugen, werden Sie selbst bemerkt haben.

Ich kann mir dieses Kuriosum, dem ich auf alten Fotos schon einige Male begegnet bin und das ich auch aus Erzählungen meiner Mutter kenne, die noch in der Vorkriegszeit ihre ersten Lebensjahre verbrachte, nur damit erklären, dass man die Jungs für ebenso kälteempfindlich hielt wie die Mädels und man die Kosten langer Hosen in der Wachstumsphase scheute.

Aber auch dazu werden uns im Strumpfhosenfach bewandertere Leser Aufklärung geben – meine Kompetenz will ich für heute auf die Datierung historischer Bauten, die Identifikation alter Kennzeichen und die Ansprache deutscher Vorkriegswagen beschränken.

Spät ist es wieder einmal geworden, draußen fällt der Regen, der Sommer scheint in Urlaub zu sein, bald sollte meine vierbeinige Freundin Ellie wieder heimkehren und sich über das nasse Fell beklagen – so hat sie sich den Abend nicht vorgestellt.

Bis dahin höre ich noch den Rest der Goldberg-Variationen von Bach in der „umstrittenen“ und genau deshalb beachtlichen Interpretation von Glenn Gould auf dem ahistorischen Flügel.

Ich liebe das Stück ebenso auf dem Cembalo und kann mich nicht entscheiden, was besser ist. Darum geht es letzlich auch nicht, beides kann von Könnern so lässig dargeboten werden, wie das Meister Nietzsche mit den Kühen auf der Wiese meinte…

Michael Schlenger, 2025. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

Via Benz nach Böhmen: Laurin&Klement G4 um 1910

Die heutige Reisebeschreibung mutet merkwürdig an – sollte es einst eine „Via Benz“ gegeben haben, die nach Böhmen führte? Und auf der soll ein Wagen der Marke Laurin & Klement unterwegs gewesen sein?

Wie immer ist etwas dran an der Sache, auch wenn es etwas anders gemeint ist, als es auf den ersten Blick scheint.

Den Weg nach Böhmen fand einst nicht der Wagen selbst, um den es heute geht, denn der kam ja von dort – aus Jungbunzlau im Österreichisch-Ungarischen Imperium, zu dem bis 1918 auch die böhmische Region gehörte.

Laurin & Klement war dort seit 1905 im Automobilbau tätig und bot wie viele Konkurrenten jener Zeit Fahrzeuge in allen Leistungsklassen an. Schon 1907 zeigte man sogar einen Achtzylinderwagen, den ein gewisser Karl Slevogt konstruiert hatte – wir kennen ihn unter anderem von seiner produktiven Tätigkeit bei Apollo ab 1910.

Slevogt hatte die Motorenpalette von Laurin & Klement auf eine solide Grundlage gestellt und auch motorsportliche Aktivitäten ermöglicht (lesenswerte ausführliche Darstellung hier).

Nachfolger von Slevogt wurde ab 1908 Otto Hieronimus, ein junger Mann mit Benzin im Blut. Bereits mit 14 Jahren hatte er das Autofahren erlernt – kein Wunder, denn sein Vater besaß eine Niederlassung der Marke Benz. Hieronimus arbeitete mehrere Jahre in der Benz-Fabrik, bevor er eine Karriere als Konstrukteur einschlug.

So gelangte er via Benz letztlich nach Böhmen zu Laurin & Klement, wo er wie zuvor bereits Karl Slevogt seinerseits eine neue Fahrzeuggeneration konstruierte. Außerdem intensivierte er mit persönlichem Einsatz das Rennengagement der noch jungen Marke.

Für uns interessant ist aber vor allem diese Schöpfung von Otto Hieronimus:

Laurin & Klement Tourenwagenum 1910; Originalfoto: Sammlung Matthias Schmidt (Dresden)

Diese Aufnahme, die wir Leser Matthias Schmidt aus Dresden verdanken, entstand offensichtlich bei einem Ausflug ins Gebirge, leider ist zu Ort und Zeit nichts überliefert.

Dass es sich bei dem abgebildeten Tourenwagen (vor dem 1. Weltkrieg meist als Phaeton bezeichnet), um einen Laurin & Klement handelt, das ergibt sich aus dem charakteristischen Kühleremblem, das die Buchstaben L&K nebeneinander zeigt.

Die geringe Größe des Wagens weist auf das G-Modell hin, das Hieronimus als Nachfolger der kleinen 2-Zylindermodelle entwickelt hatte, die noch auf Karl Slevogt zurückgingen.

Von 1908 bis 1911 wurde der G-Typ mit zunächst 1,6 Litern, später 1,8 Litern Hubraum gebaut – gut 15 PS bzw etwas mehr waren damit drin.

Stilistisch bewegt sich „unser“ Exemplar genau am Übergang von der ersten Ausführung von 1908/09 zum etwas stärkeren Nachfolger. Die Gestaltung mit schwingenartigen Vorderkotflügeln und mit Lederspritzschutz zwischen Trittbrett und Chassisrahmen verweist auf den ersten Blick noch auf ein frühes Entstehungsdatum.

Doch der Windlauf (auch Windkappe genannt), der hinter dem Ende der Motorhaube ansteigt – ein Detail aus dem Motorsport – verrät uns, dass dieses Exemplar so nicht vor 1910 entstanden sein kann.

Mir ist jedenfalls kein Beispiel eines früheren Serienwagens bekannt, welches dieses Detail bereits ab Werk besaß, auch wenn das so in der Literatur nirgends zu lesen ist.

Apropos Serie: Das G-Modell war das erste von Laurin & Klement, von dem über 300 Exemplare gefertigt wurden. Auch die stärkere Ausrichtung auf größere Serien gehörte zu den Verdiensten von Otto Hieronimus, der Laurin & Klement 1911 wieder verließ, um sich seiner Sportkarriere zu widmen. 1922 kam er beim Training für ein Rennen ums Leben.

So kurz wie der Lebensweg von Hieronimus insgesamt war auch sein Weg via Benz nach Böhmen. Doch bleibt sein Name eng mit dem von Laurin & Klement verwoben und so bietet das heute vorgestellte Foto auch die Gelegenheit, seiner und seines durchaus beachtlichen Beitrags zur Automobilgeschichte zu gedenken.

Michael Schlenger, 2025. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.