Kühler, kaum überraschend: Benz 11/40 bzw. 16/50 PS

Meinungsmache in den Mainstream-Medien hat – unabhängig vom Thema – einen Vorteil: hat man einmal die Absicht erkannt, kann man zuverlässig vom Gegenteil des Behaupteten ausgehen und liegt damit meist richtig.

Je wilder die Prognosen für den Sommer 2025 hierzulande ausfielen, je dunkelroter die Wetterkarten bei völlig normalen Temperaturen eingefärbt wurden und je absurder die Warnungen vor Sonne, Wärme und Betätigung im Freien, desto wahrscheinlicher, dass das Ganze mit der Realität nichts zu tun hat.

Wer seinen eigenen Erfahrungshorizont zugrundelegt und sich ein eigenes Bild von den Dingen zu machen pflegt, für den lautet das bisherige Fazit des diesjährigen Sommers in weiten Teilen Deutschlands: „Kühler, kaum überraschend.“

Das Wettergeschehen ist erratisch, chaotisch und bestenfalls zyklisch, von daher ist es kaum überraschend, dass es auch mal wieder kühler und regnerischer wird mitten im Hochsommer. Kein Grund zur Veranlassung, wie Spötter zu sagen pflegen.

Man muss sich halt passend kleiden, wenn die Wetterprognosen wieder mal danebenliegen und man dennoch einen Ausflug unternimmt. Dazu liefere ich heute das passende Foto:

Benz 11/40 PS Chauffeurlimousine; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Auch hier ist mit Blick auf die Frontpartie dieser Chauffeurlimousine festzustellen: „Kühler, kaum überraschend“.

Denn der Kenner deutscher Wagen der Zwischenkriegszeit wird hier sogleich einen Benz der ersten Hälfte der 1920er Jahre erkennen, noch also vor der Fusion mit Daimler.

Den markanten Spitzkühler gab es bei Benz wahlweise zwar schon ab 1913/14, doch die Kombination mit elektrischen Scheinwerfern lässt eher auf eine Entstehung nach dem 1. Weltkrieg schließen, als diese zum Standard geworden waren.

Die Proportionen der Motorhaube lassen vermuten, dass darunter ein 6-Zylinderaggregat sein Werk verrichtete. Das hat mich zu der Annahme veranlasst, dass wir hier einen Benz Typ 11/40 PS sehen – eventuell auch einen 16/50 PS.

Beide waren in der ersten Hälfte der 1920er eingeführt worden und gehörten damals zu den wenigen 6-Zylindern aus Deutschland. Eigentlich ist es aber auch egal, was für ein Motor genau verbaut war – denn der eigentliche Reiz dieses Fotos liegt für mich im Personal.

Von bunten Polyester-Fummeln unserer Tage denkbar weit entfernt ist man hier gewandet. Bei diesen Herrschaften (m/w/d usw.) ist zudem nichts von der Stange zu sehen, man ließ sich die Sachen auf den Leib schneidern oder zumindest entsprechend anpassen.

Das Ergebnis sind typgerecht gekleidete Zeitgenossen, die zwar damals wie heute keinen Schönheitspreis gewinnen würden – aber wer würde das heute? Verwegene Tätowierungen und kühne Bärte helfen nun einmal nicht, wenn einer dumm aus der Wäsche schaut.

Die Welt ist ungerecht, auch was die Verteilung von Schönheit betrifft. Umso schöner, wenn man ihr in so bezaubernder Form begegnet wie im Fall der jungen Dame am Steuer, die uns als einzige mit klarem und konzentriertem Blick begegnet.

Allein dafür lohnt sich schon das Studium dieser Aufnahme, über die wir sonst nichts wissen. Aber auch das nehmen wir als abgeklärte Betrachter solcher Zeugnisse längst vergangenen Lebens kühl zur Kennntis, kaum überrascht – oder doch nicht?

Michael Schlenger, 2025. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

Im Blick das Wesentliche: Ein 1926er Nash „Light Six“

Es fällt nicht immer light, ich meine: leicht, in einem Ozean aus Informationen, Meinungen und Einflüssen den Blick auf’s Wesentliche und damit den eigenen Kurs zu halten.

Unterwegs hält das Dasein jede Menge Ablenkungen, Verführungen und Verirrungen bereit – das ist schon das Thema der „Odyssee“ am Anfang der europäischen Literaturgeschichte.

Feste Prinzipien und das Vertrauen auf die eigenen Fähigkeiten sowie das eigene Urteilsvermögen waren und sind das A und O für ein gelungenes, selbstbestimmtes Leben.

Das beginnt bereits bei so banalen Dingen wie dem Wetter. Für den heutigen Sonntag war für den Raum Bad Nauheim eine Abfolge leichter Schauer „vorhergesagt – mit einer ans Magische grenzenden Genauigkeit, was deren Beginn und Ende betrifft.

Der Einheimische begegnet diesen modellbasierten Prognosen schon deshalb mit Skepsis, weil sich an den Taunusausläufern und der angrenzenden Ebene oft Mikroklimata etablieren – auf gut deutsch: Während es in Nauheim schüttet – kann in den Ortsteilen wenige Kilometer östlich die Sonne scheinen oder es kommen nur ein paar Tropfen herunter.

Im Ergebnis ist der Garten der Schwiegereltern in der Kernstadt Ende Juli von sattem Grün geprägt, während das Gras beim Blogwart außerhalb verdorrt ist. Daraus zu schließen, dass sich wenigstens darin der wie jedes Jahr angekündigte Hitzetod manifestiert, ist einigermaßen verfehlt – am frühen Abend zeigte das Außenthermometer 17 Grad an.

Ach ja, die leichten Schauer erwiesen sich in der Kernstadt als stundenlanger Dauerregen. Der eigene Blick zum Himmel war wie so oft wertvoller als die Fantasieprodukte der IT-gestützten Wetterklempner ohne eigenes, erfahrungsbasiertes Urteil.

Was diese Vorrede mit Vorkriegsautos auf alten Fotos zu tun hat? Wie immer alles und nichts, ganz wie Sie mögen.

Ich jedenfalls mag solche manchen abwegig oder lästig scheinende Herleitungen aus dem Erleben des Alltags – speziell wenn ich das dazu passende Dokument präsentieren kann:

Nash Landaulet von 1926; Originalfoto Sammlung Michael Schlenger

„Im Blick das Wesentliche“ – das gilt hier gleich in mehrfacher Hinsicht.

Beginnen wir mit dem Kennzeichen – die Kombination aus römisch „1“ und „A“ stand in der Vorkriegszeit stets für den Großraum Berlin.

Auch am anderen Ende des Wagens offenbart ein kurzer Blick Wesentliches in Form des niedergelegten Verdecks eines Landaulets, also eines Wagens, bei dem nur die Passagiere auf der hinteren Sitzbank die Möglichkeit hatten, unter freiem Himmel unterwegs zu sein und so sich ein Bild von der Welt (nicht nur vom Wetter) zu machen.

Man darf anhand dieser Indizien die Aussage wagen, dass man es sehr wahrscheinlich mit einer Droschke aus Berlin zu tun hat.

Der Blick auf’s Wesentliche erschließt einem dann auf dem Kühlergrill nicht nur den Hersteller des Wagens – Nash aus den USA – sondern obendrein die Zylinderzahl 6.

In den Staaten war jedem Kind klar, dass dieser Nash, dessen Frontpartie so nur 1926 aussah, einen Sechszylindermotor besaß – denn Vierzylinder baute man zuletzt 1924. Interessanter wäre die Information gewesen, welche der drei verfügbaren Versionen dieser „Nash Six“ nun genau repräsentierte.

So gab es die Varianten „Advanced Six“ mit 60 PS, den „Special Six“ mit knapp 50 PS und den „Light Six“ mit 40 Pferdestärken – zuvor übrigens als Ajax angeboten.

Ich gehe davon aus, dass anno 1926 ein Taxi im topografisch wenig anspruchsvollen Berlin mit der schwächsten Motorisierung auskam. Die einheimische Konkurrenz bewegte sich leistungsmäßig in derselben Liga, kam aber meist nur vierzylindrig daher.

Dergleichen Details sind es aber gar nicht einmal unbedingt, die mich an dieser Aufnahme so faszinieren. Vielmehr ist es der Blick des Fahrers neben dem Nash, in dem ich alles Wesentliche zu erkennen meine: Ernsthaftigkeit, Selbstbewusstsein, Entschlossenheit – alles Eigenschaften, die für ein Überleben als freier Fahrer am Markt notwendig waren.

Hinzukommen musste jedoch noch etwas weiteres Wesentliches: Der Wille, den Passagier zufriedenzustellen, vielleicht sogar zu einem Stammkunden zu machen.

Auf eigene Faust eine Leistung anzubieten, für die ein Fremder freiwillig zu zahlen bereit ist, das erfordert mehr als nur jeden Morgen ins Büro zu gehen, um dort genau definierte Arbeiten zu verrichten, deren Abnehmer man nicht kennt, die vielleicht sogar überflüssig sind. Dafür muss man das Wesentliche im Blick haben – nämlich sich das Interesse des Kunden zueigen zu machen, ihm im besten Fall mehr zu bieten, als er erwartet hat.

Das erfordert besondere Anstrengung und wenn Sie genau hinschauen, erkennen Sie an den Händen unseres Nash-Fahrers eine beträchtliche Anspannung. Der Mann war zum Erfolg verdammt und er wusste das.

Man mag ihn um seinen Job nicht beneiden, aber hätte er lieber in einer Fabrik, im Kontor oder gar in der Landwirtschaft arbeiten wollen? Wohl kaum. Hier wollte einer auf eigenen Beinen stehen, vielleicht hatte er Pläne für einen eigenen Betrieb, eventuell eine Werkstatt oder einen Autosalon – im Berlin war einst alles möglich mit dem Wesentlichen im Blick…

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Meine Burg, meine Jungs, mein Auto: Stoewer R-150

Wenn Sie hier heute einem alten Bekannten begegnen, dann wird das nicht zu Ihrem Nachteil sein – denn so wie ich Ihnen den frontgetriebenen Stoewer Typ R-150 von 1934/35 diesmal präsentiere, haben Sie ihn garantiert noch nicht gesehen.

Gleich drei Ansichten davon erwarten Sie – nicht schlecht bei nur 1.150 gebauten Exemplaren dieses 1,5-Liter-Autos mit 35 PS der Stettiner Traditionsfirma, die wohl als einzige das Kunststück fertigbrachte, mit reinen Kleinserien so lange zu überleben.

Während ich die Fotos noch etwas bearbeitete – d.h. Flecken entfernte und den Ausschnitt nach meinem Gusto anpasste – stellte ich mir die Frage, was für ein Titel sich dafür eignen könnte.

Ein paar spontane Assoziationen stellten sich ein, darunter solche, die mit Buben in Strumpfhosen zu tun haben. Das war zwar naheliegend, wie Sie noch sehen werden, war mir aber zu heikel – denn wer weiß, was irgendein Suchalgorithmus damit anstellt.

Also griff ich zu der alten Kreativtechnik, nicht angestrengt über ein Problem nachzudenken, sondern es an eine nachgelagerte Instanz im Kopf zu delegieren und derweil etwas anderes zu erledigen – ein brauchbares Ergebnis stellt sich dann unter Umgehung des aktiven Monitors namens Bewusstsein oft von selbst ein.

Dabei arbeiten fleißige Geister im Hintergrund an der Aufgabe – ähnlich einem KI-Agenten, dem man Aufgaben übertragen kann, für die man keine Zeit oder auf die man keine Lust hat.

Das hat heute wieder geklappt – zu meiner Zufriedenheit jedenfalls. Der Titel „Meine Burg, meine Jungs, mein Auto“ ist für mich das, was Friedrich Nietzsche so formuliert hat: „Alle guten Dinge haben etwas Lässiges und liegen wie die Kühe auf der Wiese„.

Wenn jetzt einer zusammenzuckt, die innere Gedankenpolizei aktiv wird und warnt: „Nietzsche, das war doch der schlimme Erfinder des Übermenschen und Frauenverächter„, dann empfehle ich auch hier Gelassenheit und den Mut zum eigenen Urteil.

Nietzsche war ein hochsensibler Mensch, ein Künstler und Poet – kein Philosoph im klassischen Sinne. Es lohnt sich, sich mit ihm und seinem vielschichtigem Werk auseinanderzusetzen – ich halte ihn mit Luther, Goethe und Hölderlin für das größte deutsche Sprachgenie.

Nach diesem überflüssigen, aber notwendigen Exkurs – die beste Verbindung zwischen zwei Punkten ist eine Kurve – geht es endlich zur Sache.

Hier haben wir nun den Burgherrn, seine Jungs und seinen Wagen:

Stoewer R-150; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Zur Identifikation des Wagens ist nicht viel zu sagen:

Die Kühlerfigur – ein stilisierter Greif – verweist auf Stoewer und der schrägstehende Kühlergrill mit den schmalen, in enger V-Formation angebrachten Lamellen ist zusammen mit den horizontalen Luftschlitzen in der Motorhaube typisch für die 1934/35 gebaute Ausführung R-150 des bereits 1931 vorgestellten Frontantriebswagens von Stoewer.

Zugelassen war dieses Exemplar im Raum Leipzig und es stellt sich die Frage, ob auch die Burganlage im Hintergrund in dieser Gegend zu verorten ist.

Leider bietet die Ansicht wenig Spezifisches – einen mittelalterlichen Rundturm mit typischen Schießscharten für Bögen und Armbrüste sowie einen schönen Renaissancegiebel über dem Tor links davon. Vielleicht erkennt ja doch jemand die Anlage.

Dass wir es hier tatsächlich mit dem Burgherrn, seinen Jungs und seinem Wagen zu tun haben, dafür sprechen die beiden weiteren Aufnahmen, die vermutlich ebenfalls auf dem Gelände der historischen Anlage entstanden sind.

Hier sehen wir den Stoewer vor einem Nebengebäude aus seltener Perspektive von hinten links, wahrscheinlich neben seiner Garage:

Stoewer R-150; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Ganz klassisch bietet sich der Stoewer hier dar – so als sei Ende der 1920er Jahre für ihn die Zeit stehengeblieben. Vom Frontantrieb abgesehen, weist hier nichts auf Mitte der 1930er Jahre hin – es fehlen sogar die damals längst üblichen seitllichen „Schürzen“ an den Vorderkotflügeln.

Fast scheint es, als wollte man bei Stoewer damals zwar technisch weiterhin vorne sein, aber stilistisch sich der Mode entziehen – ein durchaus sympathischer Ansatz. Tatsächlich ging damals die Zeit der von den Gebrüdern Stoewer geprägten Firmenhistorie zuende, die sich in Sachen Automobil bis 1899 zurückverfolgen lässt – einzigartig am deutschen Markt.

Doch lassen wir uns nicht von der Nostalgie ablenken, es gibt nämlich noch das dritte Foto desselben Wagens zu studieren, welches abermals zeigt, wie zeitgemäß man bei Stoewer zu konstruieren und gestalten wusste:.

Stoewer R-150; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Den ohne Mittelpfosten auskommenden Limousinenaufbau kennt man vom Fiat 1500 beispielsweise – ein enorm komfortabler Einstieg war so möglich.

Interessant finde ich hier aber auch die leichten Klappsitze mit stoffbespanntem Rohrgestell – das meine ich so zuerst beim Citroen „Traction Avant“ gesehen zu haben. Vielleicht weiß es jemand besser, wer der Erfinder dieser funktionellen Sitze war.

Damit wäre ich auch schon am Ende der heutigen Betrachtung. Dass die kurzbehosten Buben in der kühlen Jahreszeit, in welcher diese Fotos offenbar entstanden, tatsächlich Strumpfhosen trugen, werden Sie selbst bemerkt haben.

Ich kann mir dieses Kuriosum, dem ich auf alten Fotos schon einige Male begegnet bin und das ich auch aus Erzählungen meiner Mutter kenne, die noch in der Vorkriegszeit ihre ersten Lebensjahre verbrachte, nur damit erklären, dass man die Jungs für ebenso kälteempfindlich hielt wie die Mädels und man die Kosten langer Hosen in der Wachstumsphase scheute.

Aber auch dazu werden uns im Strumpfhosenfach bewandertere Leser Aufklärung geben – meine Kompetenz will ich für heute auf die Datierung historischer Bauten, die Identifikation alter Kennzeichen und die Ansprache deutscher Vorkriegswagen beschränken.

Spät ist es wieder einmal geworden, draußen fällt der Regen, der Sommer scheint in Urlaub zu sein, bald sollte meine vierbeinige Freundin Ellie wieder heimkehren und sich über das nasse Fell beklagen – so hat sie sich den Abend nicht vorgestellt.

Bis dahin höre ich noch den Rest der Goldberg-Variationen von Bach in der „umstrittenen“ und genau deshalb beachtlichen Interpretation von Glenn Gould auf dem ahistorischen Flügel.

Ich liebe das Stück ebenso auf dem Cembalo und kann mich nicht entscheiden, was besser ist. Darum geht es letzlich auch nicht, beides kann von Könnern so lässig dargeboten werden, wie das Meister Nietzsche mit den Kühen auf der Wiese meinte…

Michael Schlenger, 2025. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

Ideales Nachkriegsauto: 1934er Chevrolet „Master 6“

Mit den meisten europäischen Autos der frühen Nachkriegszeit kann ich wenig anfangen. Erst in den 60ern finden sich für meinen Geschmack jede Menge Modelle mit hinreißender Linienführung und guter Motorisierung, vor allem in Italien und England.

Ausnahmen für mich sind zum einen der Peugeot 203, der 1948 wohl das modernste Automobil europäischer Provenienz war, zugleich der einzige Franzose, welcher US-Styling gekonnt in die Alte Welt transportierte, zum anderen der britische MG Y-Type von 1947, der völlig wie ein Vorkriegsauto aussah, aber bereits die Einzelradaufhängung erhielt, die auch mein 1974er MGB GT besitzt und an der ich nichts auszusetzen wüsste.

Aber als gewohnheitsmäßiger Altautokäufer wären mir diese neu entwickelten Wagen nach dem 2. Weltkrieg vielleicht fragwürdig vorgekommen. Hätte ich in den 50ern gelebt und das nötige Kleingeld gehabt, wäre es wohl ein gut motorisierter Vorkriegs-Ami geworden.

Natürlich hätte es ein bewährtes Modell sein müssen, an dem man alle wichtigen Arbeiten selbst erledigen kann und an dem auch nach 25 Jahren nichts wirklich kaputtgehen kann.

Ein Ford V8 hätte in das Schema gepasst, der ja auch in Deutschland gebaut worden war und viele Käufer gefunden hatte. Aber es gab einen Konkurrenten, der zwar nur einen Reihensechszylinder besaß, aber für mich klassischer wirkte – der 1934er Chevy.

Wie, unser Blogwart hätte sich für so ein US-Massenfabrikat begeistert, das in den Staaten sich jeder leisten konnte, der irgendeiner ehrlichen Arbeit nachging?

Nein, nein, liebe Leser, ich rede nicht vom braven 1934er Chevrolet „Standard Six“ mit lediglich 60 PS und begrenzter Auswahl an Aufbauten (fünf). Mein Favorit wäre die Mittelklasseausführung „Master Six“ gewesen, von der wir hier ein Beispiel sehen:

Chevrolet „Master Six“ Limousine von 1934; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Die verchromten Lampengehäuse und die schmalen Kühlerstreben verraten uns, dass dieser 1934er Chevrolet ein „Master Six“ war. Der verfügte über ein in der Tat meisterliches Aggregat mit kopfgesteuerten Ventilen (ohv), das aus 3,4 Litern Hubraum 80 PS holte.

Damit wäre die souveräne Leistung gesichert gewesen, die ich für meine Reiseaktivitäten als ideal angesehen hätte. welche regelmäßig die Überquerung der Alpen beinhalten.

Alles schön und gut, werden Sie jetzt denken, aber so eine brave Familienkutsche wie auf obigem Bild aus deutschen Landen würde der Blogwart doch sicher nicht favorisiert haben. Da haben Sie vollkommen recht.

Aber seien Sie nicht zu streng mit der abgebildeten Limousine – sie liefert mit den drei horizontalen Luftschlitzen in der Haube, die von oben nach unten kürzer werden, wichtige Hinweise zur Identifikation des 1934 Chevrolet, für den ich – sagen wir Ende der 50er Jahre, als dieses Foto entstand – alles andere hätte stehengelassen:

Chevrolet „Master Six“ Cabriolet von 1934; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Was sagen Sie jetzt? So eine offene Version des 1934er Chevy mit 80 PS unter der Haube war doch auch Ende der 50er schwer zu schlagen gewesen, oder?

Nimmt man an, dass dieses Exemplar als Extra nicht nur die seitlich montierten Reserveräder hatte, sondern auch die ab Werk optional verfügbare Heizung und das Radio, hätte man 25 Jahre nach der Produktion nichts Wesentliches vermissen müssen.

Und wenn einem später so ein Vorkriegs-Chevy dann doch untermotorisiert und zu wenig komfortabel vorgekommen wäre, dann hätte man ihm ja doch noch einen V8 mit rund 5 Liter Hubraum und Drehmoment ohne Ende, eine Automatik und eine gediegene Innenausstattung verpassen können.

Wie das ausssehen kann, das zeigt dieses äußerlich wie technisch modernisierte Exemplar, dem man aber immer noch ansieht, das es einmal ein 1934er Chevrolet „Master Six“ war.

Ich weiß, das Ergebnis ist nicht jedermanns Sache, aber die Amis sind auch in Sachen „Oldtimer“ ultraliberal – jeder kann mit seinem Auto machen, was er will, nur gut machen sollte er es…

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Anhalten und die Zeit anhalten: Hansa 1100 Limousine

Beim heutigen Radeln in Umbrien ging mir wie so oft durch den Kopf, wie einfach es doch sein kann, einen uralten Traum wahrwerden zu lassen: die Zeit anzuhalten, wenn es gerade am schönsten ist.

Hier scheint das vorzüglich gelungen zu sein – so bietet sich die Kulturlandschaft in der Valle Umbra seit gut 2000 Jahren dar:

Val di Chiona, Juli 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Die Umbrer sind ein stolzer und im besten Sinne konservativer Menschenschlag – die Moderne hat bei ihnen nur eine Chance, wo sie wirklich eine Verbesserung mit sich bringt: Mobilität, Kommunikation und Zahnbehandlung vor allem.

Ansonsten hält man die Zeit an, soweit es geht und das sogar, wenn einer etwas ganz Neues macht.

So verfolge ich seit letztem Jahr mit Sympathie den Baufortschritt bei diesem Anwesen, das im Chiona-Tal etwas erhöht in Sichtweite von Spello liegt:

Val di Chiona, Juli 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Viel mehr als ein paar verfallene Mauern werden dort nicht gestanden haben, bevor dieser Neubau entstand – ich kann mich nicht erinnern, bei meinen regelmäßigen Radtouren früher dort etwas Nennenswertes gesehen zu haben.

Stück für Stück entstand dann ein Haus im lokalen Stil, nur der niedrige Anbau geht etwas in die Neuzeit hinein. Gemauert wird mit dem örtlichen beige- bzw- rosafarbenen Kalkstein, den es nur hier am Monte Subasio gibt. Auch die betonierte Einfahrt vorne wird noch mit Naturstein verblendet, da bin ich zuversichtlich.

Hier nimmt sich einer die Zeit, dieselbe anzuhalten – jedenfalls in stilistischer Hinsicht. Auch für Fensterläden und Echtholzfenster nach Maß ist gesorgt, beides ein Standard in der Region bis heute – die entsprechenden Handwerke florieren und die Leute können sich das dank soliden Wohlstands auch in der Mittelschicht leisten.

Um solche Momente zu genießen, in denen die Zeit gewissermaßen angehalten wird, muss man sich freilich selbst die Zeit nehmen anzuhalten. Im vorliegenden Fall bediente ich mich dabei dieser Zeitmaschine aus dem englischen Hause Raleigh:

Val di Chiona, Juli 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Das etwas modifizierte Gerät aus den 1980er Jahren erinnert mich an eine Zeit, die von mir aus trotz Kalten Kriegs in vielerlei Hinsicht hätte anhalten können. Außer den digitalen Geräten fällt mir nichts ein, was sich seither für den Normalbürger verbessert hätte.

Die Freiheit, das Stilbewusstsein, die Kompetenz und Ordnung im Alltag von damals hätte man ruhig konservieren können, meine ich als Kind der 70/80er Jahre.

Bemerkenswert, dass man einst mit einem Bruchteil des heutigen Abgabenaufkommens die staatlichen Kernaufgaben wie Verteidigung und Infrastruktur auf heute undenkbarem Niveau wahrnehmen konnte – auch von Armutsrenten und Bildungsdefiziten war kaum die Rede.

Erst recht die Damen aus Schlesien auf dem folgenden Foto hätten gewiss gern die Zeit angehalten, zumindest was die privaten Verhältnisse angeht, wenn sie gewusst hätten, was ihnen wenige Jahre nach dieser Aufnahme blühen sollte:

Hansa 1100 Limousine; Originalfoto Sammlung Michael Schlenger

Sie nahmen sich auf einer Nebenstraße in einer unbekannten Gegend Zeit anzuhalten. Und mit dieser Momentaufnahme haben sie zugleich für uns die Zeit angehalten.

Gewiss, der hübsche Hansa 1100 (1934-39) in der späteren Ausführung mit gerundetem Frontscheibenrahmen und profilierten Radkappen ist uns schon einige Male begegnet.

Ich halte ihn für einen der markantesten und gelungensten deutschen Wagen seiner Klasse in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre und mit der Sechszylinderversion 1700 war zugleich eine gediegen motorisierte Alternative verfügbar.

Im Fotoalbum einer der Damen – vielleicht der jungen Blondine auf dem Beifahrersitz – ist die Aufnahme einst im Fluchtgepäck anno 1945 nach Westen gelangt. Heute ist dieses Foto vielleicht alles, was an den Moment von einst, die untergegangene Heimat dieser Frauen und an das erinnert, was sie damals beschäftigt oder für die Zukunft inspiriert hat.

Die Fotografie ist zusammen mit alten Handschriften, Musiknoten oder auch einem historischen Haus ein wunderbares Medium dafür, um die Zeit anzuhalten. Dafür nehmen wir uns hier immer wieder gerne Zeit, um innezuhalten, und werden immer wieder auf’s Neue belohnt, obwohl es doch vordergründig bloß um alte Autofotos geht…

Jetzt habe ich glatt vergessen, dass erst der letzte Blog-Eintrag einen Hansa zum Gegenstand hatte. Muss ich das bedauern?

Michael Schlenger, 2025. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

Fotorätsel des Monats: Ein Hansa „Raketenauto“?

Eine gründliche Erziehung wird nicht immer als angenehm empfunden, doch bringt sie hinreichend Struktur und Disziplin ins Leben, die man immer wieder abrufen kann, wenn man sie braucht. Und wenn nicht, kann man ja alle Fünfe gerade sein lassen, wenn man will. Nur ganz ohne gewissen Ordnungssinn wird man sich zeitlebens schwertun.

In meinem Blog geht es dementsprechend meist anarchistisch zu, weil ich am Ende eines diszipliniert zugebrachten Arbeitstags nur noch tun will, was mir gerade in den Sinn kommt.

Das müssen Sie, liebe Leser, regelmäßig ausbaden, aber Sie wissen auch: Etwas Struktur hat der abendliche Ausflug in die automobile Welt von gestern dann doch bisweilen.

Neben dem Fund des Monats, den ich mit bislang schöner Regelmäßigkeit präsentiere, gibt es zum 15. das erst dieses Jahr eingeführte Fotorätsel des Monats. Dass ich damit einen Nerv getroffen habe, zeigen mir die vielen Reaktionen darauf.

Bei der letzten Gelegenheit waren es mehrere Leser, die mich auf die Lösung brachten – ein umkarossierter Simson! Ich wäre nie darauf gekommen, wenngleich meine These, dass der Hersteller des expressiven Aufbaus eine tschechische Firma war, Unterstützung fand.

Heute steuert Leser Klaas Dierks das Fotorätsel des Monats bei – er zählt mit Matthias Schmidt, Marcus Bengsch, Jürgen Klein und Helmut Kasimirowicz zu den großzügigen Sammlerkollegen, ohne die mein Blog nur halb so interessant wäre.

Hier haben wir also den im Titel nicht ganz ernst, aber doch irgendwie begründet angekündigten „Raketenwagen“:

Sport-Zweisitzer mit Spezialaufbau um 1920; Originalfoto: Sammlung Klaas Dierks

Irres Teil, nicht wahr? Dabei wirkt der Fahrer eigentlich ganz vernünftig, aber am Steuer mutiert mancher braver Bürger bekanntlich zur Bestie, wenn es die Umstände erlauben.

Eine solche radikale Granate auf vier Rädern ist nur auf Basis eines Vorkriegswagens möglich, dessen Chassis mit Leiterrahmen fast beliebige Aufbauten erlaubt.

Was sich darunter verbirgt, ist fast bis zur Unkenntlichkeit verändert, doch meine ich, den wahrscheinlichen „Spenderwagen“ identifiziert zu haben. Schärfen wir zunächst den Blick für das, was trotz des futuristisch anmutenden Aufbaus erkennbar ist:

Der Radstand ist gemessen am Raddurchmesser – klingt kurios, trifft es aber – der eines sportlichen Zweisitzers. Dessen kurzes, gerundetes Heck ist recht gut zu erkennen, das behalten wir im Hinterkopf, die aufgeschnallten Ersatzreifen ignorieren wir.

Auch die eckigen Vorderkotflügel, eine kurzlebige Modeerscheinung am deutschen Markt nach dem 1. Weltkrieg (der AGA-Wagen lässt grüßen) blenden wir aus – sie sind nicht modellspezifisch.

Schon eher auf die Serienbasis schließen lässt der Kühler mit vorkragender „Nase“, auch das ein in vielen Varianten zu beobachtendes vorübergehendes Phänomen zwischen 1913/14 und 1920.

Auf eine Basis aus der Zeit vor dem 1. Weltkrieg schließen lassen die Karbidgasscheinwerfer, wenngleich sie bis etwa 1920 noch vereinzelt weitergenutzt wurden.

Zum Eindruck der „Rakete“ trägt nicht nur die schnurgerade ansteigende Linie von Motorhaube und Windlauf bis zur nicht vorhandenen Frontscheibe bei. Auch meint man am Chassis zwei Druckbehälter wahrzunehmen, welche die für Raketentreibstoff benötigten Gase beherbergt haben könnten, nicht wahr?

Nun, Jules Verne wäre sicher begeistert gewesen und hätte hier ein weiteres Automobil von Käpt’n Nemo gesehen, wenn der aus dem Uboot Nautilus zum seltenen Landgang antrat.

Doch bei allen phantastischen Assoziationen werden wir es hier eher mit einem Kraftstoffbehälter (oben) und einem Schalldämpfer (unten) zu tun haben.

Schade, das mit dem Raketenauto wird wohl doch nichts, mögen Sie jetzt denken. Aber enorm rasant sieht dieses Gerät allemal aus und das galt auch schon für die Serienbasis, die ich unter dieser kompromisslosen Karosse vermute:

Hansa Typ D 10/30 PS Sport-Zweisitzer von 1913/14; Originalfoto: Sammlung Klaas Dierks

Ich will Sie nicht über Gebühr beeinflussen, aber ich meine, dass dieser Hansa Sport-Zweisitzer des Typs D 10/30 PS von 1913/14 die Grundlage für das „Raketenauto“ im heutigen Fotorätsel lieferte.

Kurios, aber vielleicht nicht zufällig ist der Umstand, dass auch diese Aufnahme aus dem Fundus von Leser Klaas Dierks stammt. Manche haben einen Blick für Qualität, vor dem man nur neidlos den Hut ziehen kann.

Gern stelle ich die Plattform für die Verbreitung und Diskussion solcher genialen Dokumente bereit, lehne mich bei der Interpretation unerschrocken aus dem Fenster, habe gerne recht mit meiner Interpretation, kann aber auch völlig danebenliegen.

Damit wäre die Diskussion eröffnet – meine These kennen Sie. Scheuen Sie sich nicht, sie gründlich zu zerlegen, oder liefern Sie weitere Indizien zugunsten meiner Sicht. Ich bin gespannt, was vom „Raketenwagen“ aus dem Hause Hansa am Ende übrigbleibt…

Michael Schlenger, 2025. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

Montags ans Meer mit Peugeot 201 von 1934/35

Montags ans Meer – das ist ein Privileg von Urlaubern und Rentnern. Ich bin weder das eine noch das andere, auch wenn ich derzeit in Umbrien in Mittelitalien weile.

Der heutige, herrlich sommerliche Montag lud zwar zu einem Ausflug ans Meer ein, das rund eine Stunde Fahrtzeit entfernt liegt.

Doch zum einen galt es bis zum frühen Nachmittag noch einiges an Schreibtischarbeit zu erledigen – das ist der moderate Preis, den mal als digitaler Nomade zu entrichten hat. Zum anderen zieht es mich nicht sonderlich ans Meer – Umbrien bietet mit uralter Kulturlandschaft und endlosen Eichenwäldern viel mehr, wenn der Kalauer erlaubt ist.

Also setzte ich mich unvernünftig wie stets gegen 15 Uhr im prallen Sonnenschein auf das über 40 Jahre alte „Raleigh“-Tourenrad und sauste im warmen Wind die 300 Höhenmeter ins Tal zum Endpunkt des römischen Aquädukts, der einst Spello versorgte und wo die Leute heute noch bestes Quellwasser aus den Bergen für den Hausgebrauch abfüllen.

Ab dort ging es entschieden langsamer wieder zurück und hinauf, ohne eine Menschenseele zu treffen. Montags sind die Leute hier entweder bei der Arbeit oder fahren lieber ans Meer, anstatt sich nach dem Wochenende erneut auf dem Rennrad zu quälen.

Mir war das recht, denn gegen die trainierten Lokal-Amateure alter Altersklassen bis hoch ins Rentenalter bin ich mangels Training an dem sechs Kilometer langen Anstieg chancenlos.

Dafür erlaube ich mir auf dieser atemberaubenden Tour den einen oder anderen Fotohalt.

Blick auf die Valle Umbra Richtung Süden, Juli 2025; Bildrechte: Michael Schlenger

Erst abends ging es dann doch zu meiner eigenen Überraschung ans Meer. Auf die Idee kam ich anhand noch unveröffentlichter Fotos von Autos, an denen es nicht viel zu rätseln gibt und auch über die es auch wenig Bemerkenswertes zu erzählen gibt.

Auf solche Aufnahmen aus meinem Fundus greife ich auf Reisen zurück, wenn ich nicht die gewohnte Literatur bei mir habe. Die Peugeot-Modelle der 1930er Jahre sind in der Hinsicht eine sichere Bank, denn sie haben zwar viel Charakter, sind aber zugleich so konventionell, dass es keine Sensationen dazu vermelden gibt.

Mit seinen robusten Großserienwagen trug Peugeot mit Citroen und Renault sowie einigen vergessenen Marken wie Berliet oder Licorne zu dem enormen Motorisierungsgrad der Franzosen bei, der damals um ein Mehrfaches über dem deutschen Landen lag.

Mit so einem Brot-und Butter-Gerät wie diesem expressiv gestalteten Peugeot 201 von 1934/35 konnte man sich durchaus bei den Eingeborenen oder Rentiers am Meer blicken lassen, die selbiges wenigstens am Montag für sich zu haben glaubten:

Peugeot 202 von 1934/35; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Das Foto gefällt mir in mehrfacher Hinsicht:

So wirkt die markante Frontpartie des Peugeot, die es nur 1934/35 so gab , aus dieser Perspektive besonders repräsentativ, auch wenn sich hinter dem Kühler und unter der hohen Haube nur ein Vierzylinder mit 1,3 Litern Hubraum und knapp 30 PS verbarg.

Daneben finde ich die Perspektive gelungen, die den Blick auf eine Dünenlandschaft freigibt – so verkörpert der Wagen für den Betrachter perfekt die Funktion, einen mühelos hinaus aus dem Alltag und an ersehnte Orte transportieren zu können.

Das Automobil wird ja gern als Plage betrachtet, die es auch sein kann – speziell wenn es von inkompetenten oder sich überschätzenden Zeitgenossen bewegt wird. Aber das große Freiheitsversprechen im Sinne der Überbrückung von Raum und Zeit erfüllt es immer noch. Ich denke bei jeder meiner Trips in den Süden daran.

Nicht zuletzt sind es die schönen Holzhäuser im Hintergrund, deren verspielte Details von solidem Wohlstand und der Liebe zur schönen Form kündet, mit der sich der Mensch über die Barbarei der bloßen Funktion seiner Schöpfungen zu erheben vermag.

Ich habe keine Ahnung, wo diese Ferienhäuser einst standen – vielleicht ist ihr Stil ja regionalspezifisch und unter meinen Leser sind ja auch einige Frankophile. Wenn uns dann noch jemand anhand des Kennzeichens darüber unterrichtet, von woher einst der wackere Peugeot 21 kam, dann ist dieser Montag am Meer auch für mich perfekt…

Michael Schlenger, 2025. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

Endlich groß rauskommen! Horch 400 Sport-Cabriolet

Wer wollte nicht einmal ganz groß rauskommen? Nun, vielleicht nicht auf einer Bühne, der man nicht gewachsen ist, weil es einem an der nötigen Ausbildung und Erfahrung mangelt.

Ein kluger Mensch wird doch keine Position anstreben, der er nicht gewachsen ist, wo man doch sonst schon für alles Mögliche einen Befähigungsnachweis benötigt – mit Ausnahme eines speziellen Bereichs, in dem jedem Banausen alles offensteht.

Das zu konkretisieren, ist hierzulande riskant geworden, aber kluge Köpfe wissen zwischen den Zeilen zu lesen. Also lassen wir es bei der Andeutung auf’s Aktuelle und wenden uns der Welt von Gestern zu, in der man sich in der Retrospektive risikolos bewegen kann – ein Privileg, das wir den Zeitgenossen von damals voraus haben.

Die bewegten sich zwar im Einzelfall mit einem exklusiven Fahrzeug fort, aber das in einem Umfeld, das in nichts Gutes mündete. Dabei wirkt hier doch alles ganz idyllisch, nicht wahr?

Horch 400 Sport-Cabriolet; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Mit so einem Achtzylinder-Horch des Typs 400 – erkennbar an den nach Cadillac-Vorbild nach hinten versetzten Luftschlitze in der Motorhaube in Verbindung mit einer Doppelstoßstange – kam man im Deutschland der 1930er zunächst groß heraus.

Der 80 PS starke Motor und der zweitürige Aufbau als Sport-Cabriolet aus dem Hause Gläser (Dresden) ließen keinen Zweifel – wer darin unterwegs war, bewegte sich am oberen Ende des automobilen Spektrums und machte entsprechend Eindruck.

Doch dann bemerkt man die matte Lackierung und das Kennzeichen mit dem Kürzel „WL“, das für „Wehrmacht Luftwaffe“ stand. Deutschland rüstete damals rasant auf, man wollte das stärkste Militär in Europa werden. Ähnliches war kürzlich in der Zeitung zu lesen, auch manches Vokabular der 30er Jahre wird reaktiviert – aber sicher nur ein Zufall.

Groß rauskommen wollte man damals nach der Schmach des 1. Weltkriegs und dem desaströsen Versailler „Vertrag“, der mal als kolossale Dummheit, mal als kalkulierte Provokation der Kriegsgewinner interpretiert wird.

Egal, wir wissen, was sich aus der Melange aus alliierter Arroganz und deutscher Selbstüberschätzung später ergab. Kluge Köpfe ziehen ihre Schlüsse daraus in diesen Tagen und plädieren für wachsame und wehrhafte Selbstbeschränkung.

Dabei kann man auch auf sympathische Weise groß herauskommen, wenn man sich seiner selbst gewiss ist und den Nachbarn nur im rein touristischen Kontext begegnet:

Horch 400 Sport-Cabriolet; Originalfoto: Sammlung Matthias Schmidt (Dresden)

Der Oberleitung im Hintergrund nach zu urteilen, ist diese schöne Aufnahme, die wir Leser Matthias Schmidt aus Dresden verdanken, in den 1930er Jahren in der Schweiz entstanden, wo die Bahn damals bereits elektrifiziert war.

Das Auto mit Zulassung in Westfalen (Raum Bielefeld) ist leicht als ein weiteres Exemplar des Horch 400 identifiziert, der zwischen 1930 und 1932 rund 950mal gebaut wurde. Und wieder haben wir es mit dem Sport-Cabriolet von Gläser zu tun.

Mit diesem fahrbaren Untersatz war es nicht schwer, endlich einmal auch im Ausland groß herauszukommen, ohne Anstoß zu erregen – vorausgesetzt man verfügte über die Maße der freundlichen Dame an Bord.

Leider wissen wir wie so oft nichts über sie und darüber, was aus dem prächtigen Wagen wurde. Aber manches spricht eben vollkommen für sich wie dieses schöne Zeugnis…

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Hinein ins Vergnügen! BMW Cabriolet 319

Was ist nur mit dem Blogwart los? Seit wann begeistert er sich für Cabriolets? Preist er sonst nicht Wagen mit geschlossenen Aufbauten als die vollkommeren, was die Linienführung angeht?

Oder hat es ihm heute einfach nur die Motorisierung des vor 90 Jahren eingeführten BMW 319 angetan?

Sollte der gediegene 6-Zylindermotor mit im Zylinderkopf hängenden Ventilen, entsprechend drehfreudiger Charakteristik und 45 PS bei nur 850 kg Gewicht nicht seiner Neigung für eine ordentliche Motorisierung entgegenkommen?

Nun, nach über 1.500 Blog-Einträgen muss man als Chef vom Janzen die Leserschaft bei Laune halten und dazu gehört immer wieder auch, nicht genau das zu liefern, was erwartet wird oder der Titel vermuten lässt.

Mit einer Sache haben Sie aber recht – der BMW 319 kommt grundsätzlich meiner Vorstellung schon nahe, was einen solide motorisierten Wagen der Mittelklasse am deutschen Markt in den 1930er Jahren betrifft.

Allerdings hätte ich mir von BMW bei einem solchen knapp 2 Liter großen Motor eine standfest machbare Leistung von an die 60 PS gewünscht. Die 45 Pferde lieferte Fiat damals ja schon mit seinem 1500er Sechszylinder in Großserie ab.

Zur Ehrenrettung von BMW sei angemerkt, dass es parallel eine Sportversion des 319 mit 3 statt 2 Vergasern gab, welche ziemlich genau die Leistung abwarf, die bei einem derartigen Aggregat damals wirklich drin war.

Ein solches Gerät konnte ich anno 2014 bei den legendären Classic Days auf Schloss Dyck dingfest machen:

BMW 319/1; Bildrechte: Michael Schlenger

Damit zog man dann auf der Autobahn an fast allen vorbei – wobei das ohnehin nicht viele waren, denn im Deutschland der 30er Jahre war ein Automobil für den Durchschnittsbürger immer noch unerreichbar. Das gigantische Aufrüstungsprogramm der damaligen Regierung fraß sämtliche sonst möglichen Wohlstandszuwächse für den Normalbürger auf.

So blieb auch der kompakte, aber einigermaßen flott motorisierte BMW 319 trotz dreijähriger Bauzeit ein Luxusobjekt für ein paar tausend gut situierte „Volksgenossen“. Immerhin findet man ihn bisweilen auf alten Fotos, und wie es scheint, wurde er gern als Cabriolet gefahren.

Leider trifft die 4-fenstrige offene Version überhaupt nicht meinen Geschmack. Das Heck ist verunglückt und das Verdeck war entweder eine Fehlkonstruktion oder es war hier nicht korrekt zusammengefaltet – jedenfalls weckt dieses Exemplar keine Begeisterung:

BMW 319 Cabriolet; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Etwas besser kommt der BMW 319 weg, wenn das Verdeck aufgespannt ist, aber das merkwürdige Stummelheck mit dem angesetzten Kofferraum und unglücklich hoch angebrachten Reserverad ruiniert für mich auch hier das Bild – da kann das Fotomodell daneben noch so gute Figur machen.

BMW 319 Cabriolet; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Immerhin kommt man hier in den Genuss der vollverchromten großen Scheinwerfer, die noch nicht der rüstungsbedingten Rohstoff-Planwirtschaft zum Opfer gefallen waren – eventuell haben wir es mit einem frühen Exemplar des Typs 319 zu tun.

Nachdem der Wahn von der Weltgeltung des kleinen, ressourcenarmen Deutschland vorbei war und das Land unter den beiden einzigen Siegern des 2. Weltkriegs – den USA und der Sowjetunion – aufgeteilt worden war, begegnete man dem BMW 319 mit etwas Glück in Form eines Überlebenden wie auf dieser Ansichtskarte aus DDR-Zeiten:

BMW 319 Cabriolet in Sitzendorf (Thüringen); Ansichtska aus Sammlung Michael Schlenger

Von der für Mensch, Wirtschaft, bauliches Erbe und Umwelt zersetzenden Wirkung staatlicher Planwirtschaft ist hier noch nichts zu sehen. Das schöne „Hotel zur Linde“ in Sitzendorf (Thüringen) steht noch in alter Pracht dar.

Sieht man von dem Zusatz „HO“ ab, der auf die nunmehrige Zugehörigkeit des einst privaten Hotels zur gesichtslosen Staatswirtschaft (Handelsorganisation) verweist, könnte man die Szene glatt als idyllisch ansehen.

Auch der heutige Hauptdarsteller BMW 319 hat hier einen durchaus ansprechenden Auftritt – weniger aufgrund der nachgerüsteten Scheinwerferblenden und Rückspiegel als infolge der Tatsache, dass seine problematische Heckpartie verdeckt ist:

BMW 319 Cabriolet in Sitzendorf (Thüringen); Ansichtska aus Sammlung Michael Schlenger

Die matt erscheinende Lackierung könnte auf ein ehemaliges Armee-Fahrzeug hindeuten, doch bezweifle ich, dass man sich mehrere Jahre nach Kriegsende noch mit der Lackierung der einstigen „Wehrmacht“ sehen lassen konnte.

Das Auto war entweder eingestaubt oder war mit einem matten neuen Lack versehen. Bei der Gelegenheit sei angemerkt, dass die drei gegeneinander versetzt angebrachten Zierleisten auf der Motorhaube das Erkennungsmerkmal des BMW 319 waren.

Mit dieser dürftigen Erkenntnis ausgestattet werden Sie sich jetzt fragen: „Wo bleibt denn nun das vollmundig angekündigte Vergnügen, in das wir uns heute stürzen dürfen?

Keine Sorge – abgesehen vom herrlichen Sommerwetter haben viele Landsleute zwar sonst wenig Anlass zum Vergnügen – aber dieses eine gibt es kostenlos und ohne dass man sich irgendetwas daran zwanghhaft schönsehen müsste.

Also vergessen Sie alles, was Sie sonst belastet, was ich über das verunglückte Heck des BMW 319 erzählt oder sonstwie Anstößiges von mir gegeben habe. Bedenken Sie für einen Moment, was das für ein Wagen war, in welchen Zeiten das Foto entstanden sein muss und ziehen Ihre eigenen Schlüsse für’s Hier und Jetzt daraus – hinein ins Vergnügen!

BMW 319 Cabriolet; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

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Es gibt Eis, Baby! Ein Aero 662 Roadster

Wem die aktuelle herrlich trockene Wärme, deretwegen man sich sonst als Germane gewohnheitsmäßig in den Süden aufmacht, schon wieder zuviel ist – vielleicht Symptom einer körperlich immer weniger belastbaren autochthonen Population – für diejenigen also gibt es hier eine Erfrischung.

Frei nach dem Großmeister des neuzeitlichen Dada-Humors Helge Schneider (nebenbei ein formidabler Jazz-Musiker, aber das sagt vielen nichts) heißt es wie immer das Thema trefflich verfehlend: „Es gibt Eis, Baby“.

Auf die Idee kam ich heute am frühen Nachmittag nach getaner Gartenarbeit – unter anderem auf des japanischen Nachbars Grundstück, der mich stets freundlich lächelnd dort das wuchernde Unkraut wegmachen lässt, das auf unsere Seite herüberwächst.

Nach dieser Arbeit setzte ich mich ins Auto und besorgte im Supermarkt ein Zitronensorbet-Eis und kehrte zurück mit dem Schlachtruf „Es gibt Eis, Baby!

Selbiges genossen wir dann unter dem prächtigen alten Maronenbaum, der mit seinem weit auskragenden Blätterdach ein perfektes Mikroklima für solche Situationen schafft.

Jetzt am Abend sind alle Fenster geöffnet, angenehm kühle Luft weht aus der Au durchs Haus und gegen unerwünschten Besuch ist die französische „Berger“-Lampe angezündet, die einen zuverlässig gegen alle Bestechungsversuche immunisiert.

Doch mag mancher Großstadtbewohner auf dergleichen verzichten müssen und schmort deweil zwischen vom Sonnenschein erhitzten Mauern ohne Aussicht auf Abkühlung.

Wirklich helfen kann ich diesen urbanen Zeitgenossen nicht, aber zumindest visuell habe ich heute jede Menge Abkühlung und erfrischende Perspektiven im Angebot:

Aero Typ 662; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Mag sein, dass sich die Vertreter der „Mir ist so heiß„-Fraktion gerade einen Schneehaufen wie hier im Hintergrund herbeiwünschen, doch nach dem ersten Kontakt wär’s dann vermutlich auch nicht recht: „Puuh, ist das kalt!

Das ist mir aber egal, denn mir gefällt hier vor allem die Situation, die auf einem Foto festgehalten ist, welches einst vom Fotohaus Görner am Bismarckplatz in Dresden entwickelt wurde – mehr wissen wir leider nicht dazu.

Der abgebildete Wagen ist trotz des Kühlerüberzugs, der bei kaltem Wetter den Kühlluftduchsatz regulierte und so den Motor schneller warmwerden ließ, als „Aero“ aus tschechischer Produktion erkennbar.

Ich vermutete bereits etwas in der Richtung, bevor ich den nicht gut lesbaren Markenschriftzug am unteren Ende des Kühlers entdeckte.

Ganz sicher bin ich mir nicht, aber ich meine, dass es sich um den Zweizylinder-Zweitakt-Typ 662 handelt, der von 1931-34 gebaut wurde. Die Typbezeichnung bezog sich auf den Hubraum in Kubikzentimeter – der Motor leistete 18 PS.

Man fühlt sich ein wenig an die DKWs jener Zeit erinert, doch dieser Aero besaß Heckantrieb und war auch nicht so elegant gestaltet. Dafür hatte der Roadster eine gewisse britische Anmutung und mit Spitze 80km/h ließ sich die nur 500 kg „schwere“ offene Version auf der Landstraße durchaus flott bewegen.

Aero bot daneben die 1 Liter-Version „1000“ an, die mit 26 PS dann ein echtes Sportwagen-Erlebnis bot. Diese seltenere Variante besaß aber eine etwas andere Kühlergestaltung.

Viel mehr vermag ich dem kleinen Aero für heute nicht abzugewinnen, außer dass er der bislang früheste Vertreter seiner Art in meinem Blog ist. Wie immer sind sachkundige Kommentare zu diesen interessanten, aber heute hierzulande wenig bekannten tschechischen Roadstern willkommen.

Ansonsten empfehle ich für weitere erfrischende Momente einen Blick ins Kühlfach. Vielleicht findet sich da ja was, denn für jedes Problem gibt es eine Lösung (wenn man will…) und es heißt dann auch bei Ihnen wie auf diesem Foto: „Es gibt Eis, Baby!“

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Ein gelungener Auftritt! Buick „Eight von 1934/35

Ob einem der Auftritt gelungen ist oder ein peinlicher Eindruck zurückbleibt, das kann mitunter von Kleinigkeiten abhängen.

Wer sich im Italienischen als „traditore“ (Verräter) anstatt als „tradutore“ (Übersetzer) vorstellt, hat immerhin noch die Lacher auf seine Seite. Alten Lateinern wird dieser Lapsus übrigens nicht widerfahren, so wie sie auch wissen, dass „der Schlüssel“ südlich der Alpen weiblich ist, weil das schon bei den alten Römern so war (clavis, f).

Nichts zu lachen hatte ich kürzlich bei einem Fehltritt anderer Art. So lief ich wie jeden Morgen durch den Hof, um die schöne alte Lampe an der Autohalle auszuschalten, die ich vor Jahren als eine der ersten Verschönerungen anstelle der schnöden Neonröhre der Vorbesitzer installiert hatte.

Dummerweise kreuzte ich den Weg einer Wespe, die ebensowie ich schön früh zu tun hatte. Ein Stich in den blanken Fuß, noch dazu an der Sohle, gehört in der Tat zu den peinlichen Momenten, die ich niemandem wünsche.

Das winzige Geschöpf überlebte die Konfrontation sogar und ich war ihm nicht böse. Wer läuft auch am frühen Morgen noch vor dem Kaffee barfuß durch die Gegend?

Immerhin hatte ich dank einer hübschen Schwellung einige Tage das fragwürdige Vergnügen, auf großem Fuß zu leben. Nicht dass ich meinte, ein Überfluss an Geld könne irgendwie unglücklich machen, man hört eher die gegenteilige Klage. Aber wenn einem der schicke Slipper aus Italien nicht mehr passt, ist das für mich schon ein echtes Unglück.

Sie sehen, auch heute beziehe ich meine Inspiration aus den Erlebnissen des Alltags, diesmal ganz bodenständigen. Das scheint mir die perfekte Überleitung zu dem folgenden Foto zu sein, dass treue Leser unter Ihnen sicher noch kennen:

Buick „Eight“, Modeljahr 1934/35; Originalfoto: Sammung Michael Schlenger

Dieses Paar aus dem kolumbianischen Bogota steht hier zwar mit beiden Beinen im Leben und ist ganz auf dem Boden geblieben, wie man zu sagen pflegt.

Aber man merkt den beiden schon an, dass es davon abgesehen, nicht ganz so bodenständig zuging.

Das verrät auf jeden Fall der Buick des Modelljahrs 1934/35, der sich zwischen die beiden gedrängt hat, denn natürlich gehörte er zu einem gelungenen Auftritt für die Verwandten im fernen Deutschland, an die einst diese schöne Aufnahme versandt wurde.

Den Buick gab es „nur“ mit Achtyzlindermotor, davon aber gleich drei Varianten zur Auswahl – 90, 100 und 110 PS. Das Aggregat war übrigens keiner der in den Staaten üblichen Seitenventiler, sondern besaß im Zylinderkopf hängende Ventile.

Auch das synchronisierte Getriebe mit Schrägverzahnung unterstrich den Anspruch dieses Wagens, der in den USA in der Mittelklasse angesiedelt war. In Kolumbien war er dagegen ein für die Masse der Bevölkerung unerreichbares Luxusfahrzeug.

Das gilt auch für den deutschen Markt, der in den 1930er Jahre selbst im Vergleich zu England oder Frankreich immer noch stark unterentwickelt war, was den Besitz von Automobilen in der Breite angeht.

Hätte man den deutschen Bürgern die gigantischen Abgaben erspart, die vom damaligen Regime in Autobahnen ohne Autos und einer Kriegsflotte ohne jeden strategischen Wert versenkt wurden, hätte das vielleicht anders ausgesehen…

Doch immerhin einen Buick „Eight“ des Modelljahrs 1934/35 konnte ich auch in deutschen Landen dingfest machen – auch wenn sein Auftritt vielleicht in fototechnischer Hinsicht als nicht ganz gelungen bezeichnet werden darf:

Buick „Eight“, Modeljahr 1934/35; Originalfoto: Sammung Michael Schlenger

Für unsere Zwecke genügt dieses Dokument jedoch vollauf – denn es erlaubt das Studium einiger für den Buick von 1934/35 typischer Elemente: die exaltierte Kühlerfigur, die drei Chromleisten entlang der Luftschlitze in der Motorhaube und die gelochten Stahlfelgen mit großer Radkappe.

Diese drei Elemente begegnen uns gleich wieder in wünschenswerter Genauigkeit, auch wenn der mächtige Buick „Eight“ hier nur eine Statistenrolle spielt.

Er macht seine Sache aber ganz ausgezeichnet und wer auch immer dieses Foto gemacht hatte, wusste genau, wie man ein repräsentatives Auto in eine solche Szene einbezog:

Buick „Eight“, Modeljahr 1934/35; Originalfoto: Sammung Michael Schlenger

Was meinen Sie? Diesen Auftritt darf man doch als gelungen bezeichnen, oder?

Mir ist nicht ganz klar, ob hier ein nicht mehr ganz junges Paar anlässlich der Hochzeit zu sehen ist – nach meiner Beobachtung ist die zweite Ehe oft die bessere – oder ob wir es mit bekannten Vertretern der „Gesellschaft“ oder aus der Kulturszene zu tun haben.

Die Interpretation liegt bei Ihnen in guten Händen, liebe Leser, und ich bin gespannt, was Ihnen dazu einfällt. Vielleicht ergibt sich sogar ein Bezug zu dem zuvor gezeigten Buick mit dem auffallenden Kennzeichen aus dem Raum Wuppertal…

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Erfrischung gefällig? Ein Stoewer „Marschall“-Cabrio

Na, wie war Ihr Tag heute? Fanden Sie die 15 Stunden strahlenden Sonnenschein zuviel für die Jahreszeit? Waren Ihnen die herrlich warmen Temperaturen zu „heiß“? Fanden Sie den Aufenthalt im Freien unter stahlblauem Himmel irgendwie „gefährlich“?

Dann sollten Sie Ihren Medienkonsum drosseln und sich vom eigenen Gefühl und der eigenen Erfahrung leiten anstatt sich einreden zu lassen, dass man sich über einen prächtigen Sommertag wie diesen in unseren Breiten nicht freuen darf.

Zu meiner Schulzeit hätte es geheißen „Hurra, Hitzefrei“ und dann wäre es bis abends raus zum Badesee oder ins Schwimmbad gegangen. Mancher hätte es sich auch im Garten gemütlich gemacht – auf jeden Fall mit reichlich Vorräten zur Erfrischung.

Man wusste im Sommer schon selbst, was man verträgt, ob man in der Sonne arbeiten oder Sport machen kann oder eher nicht, und dass man viel von dem trinkt, was man mag.

Für die Erfrischung nach einigen Stunden Arbeit im Garten bzw. beim Basteln an Zweirädern im Hof sorgte heute eine Ausfahrt mit der Fiat 500 Cabriolimousine.

Das Dach bis zum Anschlag geöffnet, eine Scheibe der „Castellows“ in den nachgerüsteten CD-Player eingelegt und zur US-Car Show „Rumbling Engines“ im Nachbarort gefahren.

Dort gab es dann erfrischend andere Eindrücke in Form von „Hotrods“ auf Basis von Vorkriegs-Fords, Buicks der 50er, Chevelles der 60er, Camaros und Corvettes der 70er und Limousinen der 80er – nicht zuletzt Pickup-Trucks, deren Reiz ich erst heute verstehe.

So, jetzt haben Sie’s überstanden, sich eine Erfrischung verdient. Für die sorgt diesmal Leser Klaas Dierks, dessen Fundus immer für eine Überraschung gut ist.

Diesmal hat er ein Feuerwehrauto für uns ausgesucht – und wer könnte schon besser für Erfrischung im Sommer sorgen, als die Jungs von der „Fire Brigade“?

Stoewer „Marschall“ der Feuerwehr im Raum Leipzig; Originafoto: Sammlung Klaas Dierks

Entstanden ist diese erfrischend andere Aufnahme in den frühen 1950er Jahren. Damals wurde in jeder Hinsicht aufgebraucht, was an Material den 2. Weltkrieg überstanden hatte.

Die Helme der Männer waren allerdings keine Wehrmachts-Modelle, auch wenn es auf den ersten Blick so aussehen mag. Die Grundform ging auf den Stahlhelm des 1. Weltkriegs zurück und findet sich ähnlich auch in der frühen Bundesrepublik.

Um das Zugfahrzeug identifizieren können, blenden wir in einen prächtigen Sommer der Vorkriegszeit zurück – auch dafür hatte Klaas Dierks schon hier das perfekte Foto in petto:

Stoewer „Marschall“; Originafoto: Sammlung Klaas Dierks

Das ist ein Stoewer des Achtzylinder-Typs „Marschall“ mit 60 PS Leistung aus 3 Litern Hubraum.

Nur 280 Exemplare davon entstanden in Manufaktur von 1930 bis 1934. Die geringe Stückzahl dieser Stoewer-Wagen mag erklären, weshalb man sie kaum als für das Militär requirierte Autos im 2. Weltkrieg findet – auch wenn die chronisch unterausgestattete Wehrmacht in der Hinsicht sonst nicht wählerisch war.

Jedenfalls muss zumindest einer dieser einst so exklusiven Wagen den Krieg unbeschadet überstanden haben. Irgendwie und irgendwann gelangte er zu Feuerwehr im Raum Leipzig, wobei er hier interessanterweise noch den während des Kriegs vorgeschriebenen Tarnscheinwerfer auf dem linken Vorderkotflügel trägt:

Dass wir es erneut mit einem Stoewer des Typs „Marschall“ zu tun haben, können wir an zwei Details ablesen, welche die vorherigen Achtzylinderwagen von Stoewer nicht besaßen:

Das eine ist die geschwungene Stange zwischen den Scheinwerfern, sie war zuvor stets waagerecht ausgeführt, das legen jedenfalls die mir vorliegenden Bilder nahe.

Das zweite Detail sind die Scheibenräder mit den großen Radkappen – sie lösten die bis dato üblichen Speichenräder mit kleinen Nabenkappen ab.

Viel mehr, liebe Leser fällt mir heute zu dieser erfrischend anderen Aufnahme nicht ein. Doch Leser Klaas Dierks, dem wir diese schöne Abwechslung verdanken, hat noch eine drängende Frage, die vielleicht jemand von Ihnen beantworten kann.

Existiert dieser Stoewer eigentlich noch?

An sich standen die Chancen doch gut für ihn, er hatte den Krieg intakt überstanden, die Feuerwehr pflegt ihre Fahrzeuge sehr sorgfältig und im Osten unseres Landes formierte sich die „Oldtimer“-Fraktion bereits sehr früh und vermochte weit mehr Vorkriegsautos in die Gegenwart zu retten als die meist erst spät aufwachenden Kollegen im Westen.

Das wäre doch einer dieser erfrischenden Momente im Dasein, wenn sich ein Zeuge der Vorkriegszeit in die Gegenwart gerettet hätte – mit tüchtiger Hilfe von Menschen, die den überzeitlichen Wert dieser Dinge aus der Welt unserer Vorfahren zu schätzen wissen…

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Fotorätsel des Monats: Ein Lehrling und „sein“ Cabrio…

Befasst man sich mit den Meisterwerken der Vergangenheit in den Bereichen Malerie, Musik oder auch Technologie, bemerkt man immer wieder, wie früh ihre Schöpfer einst ein Niveau erreichten, das ihre Vorgänger in den Schatten stellte.

Wer als Lehrling begann, hatte indessen nichts zu lachen und nichts zu melden, es galt zunächst, sich das Handwerkszeug anzueignen, das die Altvorderen über Generationen entwickelt hatten. Da wurde kein Kompromiss gemacht und diskutiert wurde schon gar nicht.

Dem lag die Erfahrung zugrunde, dass das über unzählige Generationen gereifte Können und Wissen sehr wahrscheinlich weit über das hinausgeht, was ein zufälliger Einzelner der nachwachsenden Generationen zuwegebringt.

Wer nicht mindestens das etablierte Niveau erreichte, konnte als gescheitert oder zumindest ungeeignet angesehen werden.

Die strikte Hierarchie und Disziplin mochten für das sich besonders begabt wähnende Individuum ihre Schattenseiten haben, aber sie brachten in der Breite eine Qualität hervor, die praktisch nichts Minderwertiges kennt. Man vergleiche nur einmal die Schulen oder Bahnhöfe der Gründerzeit mit den Baracken der Moderne.

Der wirklich geniale Neuerer – der echten Fortschritt und nicht lediglich Anarchie verkörpert – wird sich auch in einem zunächst Unterordnung und Anpassung fordernden Umfeld durchsetzen, selbst wenn das ein schmerzhafter Prozess sein kann.

Der vollausgebildete und am Vorbild des Meisters geschulte, wahrhaft begabte Lehrling wird diesen überflügeln, wenn er sich am Ende von den Fesseln der Tradition freimacht. Vor allem in der Kunstgeschichte gibt es unzählige faszinierende Beispiele dafür.

Was die Technikgeschichte angeht, gibt es zwar jede Menge Autodidakten, aber ich meine, dass auch von diesen jeder in irgendeiner Form eine Ausbildung durchlaufen hatte, deren inhaltlichen Anspruch und rigorose Härte man heute außer in Asien kaum mehr findet.

Die Freunde der antiautoritären Erziehung (also: keiner Erziehung) mögen es schlimm finden, wie Jugendliche andernorts auf Leistung gedrillt werden. Dann müssen sie aber die gesamte abendländische Kunst und Kultur, Wissenschaft und Technik verwerfen.

Vor allem aber dürfen sie sich auf keinen Fall an so etwas wie dem folgenden Automobil erbauen, das Ergebnis höchster Meisterschaft war, auch wenn uns hier bloß der Lehrling vermeintlich die Tür zu „seinem“ Wagen öffnet:

unbekanntes Cabriolet der 1930er Jahre; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Wir dürfen davon ausgehen, dass der Bub in Arbeitsmontur noch weit davon entfernt war, mehr als nur ein kleines Bauteil dieses atemberaubend gestalteten Wagens anzufertigen.

Aber: Der junge Mann wusste schon ganz genau, was höchste Qualität ist, und wird den Ehrgeiz besessen haben, dereinst eines der vielen Handwerke vollkommen zu beherrschen, die an der Schöpfung eines derartigen Manufakturwagens beteiligt waren.

Was aber war das für ein Wagen mit der expressiven Kühlerfront, den Luftklappen in der Motorhaube und der niedrig gehaltenen Frontscheibe, die zwar unpraktisch war, aber zur Optik eines sportlich wirkenden Cabriolets der 30er Jahre gehörte?

Mit diesem aufregenden Gefährt, das wir anhand der seitlichen Kotflügel“schürzen“ auf frühestens 1933 datieren können, habe ich mich wiederholt beschäftigt.

Den Kühlergrill findet man ähnlich beim Wanderer der Typen W21/22 – vielleicht das großartigste Design dieser eher konservativen Marke überhaupt:

Wanderer W21 Limousine (4-Fenster), Baujahr: 1933; Originalfoto: Sammlung Marcus Bengsch

Die Gestaltung des Kühlergrills ist beim „Meisterstück“ unseres Lehrlings aber nochmals progressiver und ansonsten weisen die beiden Wagen keinerlei Gemeinsamkeiten auf.

Mein Verdacht ist, dass wir es auch nicht mit einem deutschen Fabrikat zu tun haben. Den Schlüssel sollten die Kühlerfigur und der Markenschriftzug auf dem Grill liefern.

Leider bin ich daran gescheitert, hier etwas Konkretes zu erkennen, was mich der Lösung weiterbringt. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass wir es mit einem tschechischen Manufakturwagen zu tun haben.

Tatsächlich hoben sich tschechische Autohersteller und Karosseriebauer in den 1930er Jahren durch eine hochexpressive Formensprache vom mitteleuropäischen Mainstream ab, die oft in meisterhaften Aufbauten mündete, welche als skulpturengleiche Schöpfungen angesprochen zu werden verdienen.

Dieser Stil war ein ganz eigener wie auch der italienische jener Zeit, doch basierte er auf derselben Grundlage, wie sie damals universell war: vollkommener Beherrschung der formalen wie handwerklichen Voraussetzungen zum Bau eines individuellen, einen bestimmten Stil perfekt verkörpernden Automobils.

Das meisterhafte Ergebnis, das uns hier vom Lehrling einer Autowerkstatt oder Karosseriebaufirma präsentiert wird, werden hoffentlich Sie, liebe Leser, auf Anhieb einem bestimmten Hersteller zuordnen.

Ich kann mir nur vorstellen, dass ich diesmal schlicht „auf dem Schlauch stehe“, wie man so schön sagt, wenn die naheliegende Erkenntnis einfach nicht den Weg aus dem Hinterstübchen des Hirns ins Vorzimmer des Bewusstsein finden will.

In der Hinsicht werde ich wohl ewig Lehrling bleiben, wenn ich mir die schiere Masse der Fotos betrachte, die mir Rätsel aufgeben. Aber eines möchte ich selbstbewusst feststellen: Ich erkenne herausragende Qualität, wenn sie sich darbietet.

Dafür bin ich durch eine lange Phase der Selbstschulung gegangen. Denn in Sachen Ästhetik oder gar Technikhistorie habe ich in 13 Jahren Schule exakt nichts beigebracht bekommen, was über die banale Unterscheidung romanischer und gotischer Bögen oder die Funktionsweise eines 0815-Verbrennungsmotors hinausgeht.

A bisserl wenig für den großspurigen Anspruch, den man hierzulande pflegt.

Aber herrje, warum nicht noch einmal in die Lehre gehen, wenn’s denn sein muss? Gerne dazuzulernen, echte Autorität anzuerkennen und sich immer weiterzuentwickeln, das gehört zu den wunderbar abwechslungsreichen Konstanten des Daseins.

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Nichts geschieht zufällig, oder doch? Fiat 508A

Ob in unserer Welt der Zufall eine Rolle spielt oder ob alles determiniert ist, weil alles naturgesetzlicher Kausalität folgt und der „freie Wille“ eine menschliche Illusion ist – dieser alten Frage gehen wir heute nicht wirklich auf den Grund, streifen sie aber.

Als Skeptiker stehe ich auf dem Standpunkt, dass wir wahrscheinlich nicht imstande sind, das zu verstehen, was über die Erfordernisse unseres Daseins hinausgeht – das zu erwägen, hätte uns in der Evolution unserer Gattung nämlich keinen Vorteil gebracht.

Gibt man dem Zufall jedoch Raum als Möglichkeit, ist nicht auszuschließen, dass wir zufälligerweise mehr zu erkennen vermögen, als wir müssen.

Die Katzen können ja auch mit uns Menschen kommunizieren, obwohl es sie schon viel länger gibt als uns. Sie brauchen uns nicht, suchen aber unsere Gesellschaft, wenn es ihnen gefällt und teilen ohne Not ihr ganzes Leben mit uns. Ein zauberhafter Zufall.

Also könnte es doch zumindest theoretisch sein, dass wir die Grundfragen des Daseins dereinst zufällig lösen können. Heute wollen wir uns mit der Arbeitshypothese begnügen, dass nicht alles determiniert ist, sondern der Zufall mitunter eine reizvolle Rolle spielt.

Um diese zu illustrieren, kehren wir zu einem auf den ersten Blick wenig aufregenden Auto der 1930er Jahre zurück, das ich schon öfters anhand geeigneter Bilder vorgestellt habe.

Wie unscheinbar der Wagen sein kann, von dem die Rede ist, sieht man auf der folgenden Aufnahme, die in den 1950er Jahren vermutlich in Frankreich (wo?) entstanden ist:

Fiat 508A; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Da steht er unscheinbar ganz links – der 1934 eingeführte Fiat 508A, in Italien auch als „Nuova Balilla“ oder 508.4m beworben.

Der Zusatz „4m“ bedeutete „quattro marce“ und verwies auf das nunmehr verfügbare Vierganggetriebe bei dem seit 1932 gebauten Typ 508 – damals ungewöhnlich bei einem 1-Liter-Wagen.

In Verbindung mit einer Leistung von 24 PS war der kleine Fiat auf der Straße für europäische Verhältnisse durchaus erwachsen – und das sah man ihm auch an:

Fiat 508A; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Der leistungsmäßig annähernd vergleichbare Opel 1,2 Liter wirkte nicht annähernd so ansprechend, war aber auch merklich billiger, was im autobezogen rückständigen Deutschland der 1930er Jahre das Hauptargument war.

Fiat baute vom 508A weit über 70.000 Exemplare, darunter zahlreiche auch im einstigen NSU-Autowerk in Heilbronn. Diese Fahrzeuge wurden als NSU-Fiat 1000 verkauft und fanden bei einer anspruchsvolleren Kleinwagen-Klientel einigen Anklang.

Der internationale Erfolg von Fiat in der 1-Liter-Klasse war kein Zufall, die Turiner hatten bereits ab 1925 mit dem Typ 509 gezeigt, dass ihnen auf dem Sektor weltweit kaum einer das Wasser reichen konnte.

Besonders aufregend war die ab 1935 verfügbare leistungsgesteigerte Version des Fiat 508, die bei gleichem Hubraum (aber mit nun im Zylinderkopf hängenden Ventilen) mit 34 PS aufwartete. Diese heiße Version war auch mit den Standardaufbauten verfügbar.

Streng genommen kann man daher nicht sicher sein, was sich für ein Aggregat unter der Haube eines ansonsten konventionell daherkommenden Fiat 508 A verbarg:

Fiat 508A am Wolfgangsee; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Diese nette Familienaufnahme entstand einst am Wolfgangsee in Österreich.

Es mag sein, dass das Nationalitätskennzeichen auf dem Wimpel der Vorschrift bei Auslandsfahrten in Deutschland zugelassener Wagen geschuldet war. Ob dabei auch Sympathie für die nationalsozialistische Ideologie eine Rolle spielte, wissen wir nicht.

Bekanntlich genügt eine Minderheit gut organisierter, entschlossener und hinreichend militanter Kräfte, um ein ganzes Land in Geiselhaft zu nehmen. Allerdings müssen die absolut gesehen sehr vielen Täter jener Zeit ja auch irgendwo gewesen sein.

Die immer wieder sprachlos machenden Verbrechen der NS-Zeit bleiben Teil der deutschen Geschichte und verpflichten zu besonderer Wachsamkeit, was Übergriffe eines sich über die Bürger- und Menschenrechte erhebenden Staatsapparats im Verein mit Militarismus und eifrigen Erfüllungsgehilfen angeht.

Verlassen wir dieses Gebiet, welches wir bei der Beschäftigung mit Vorkriegsautos immer wieder streifen und wenden uns noch einmal jenseits der ideologischen Sphäre der Frage zu, ob sich bestimmte Dinge nur zufällig an bestimmten Orten ereignen.

Hatten wir nicht erst kürzlich mit einem anderen Gefährt ebenfalls einen Ort am Wolfgangsee angesteuert? Ja, das war im Zusammenhang mit der Bildergeschichte zum einem Steyr des Typs XII, der einer Familie aus Niederösterreich gehörte.

Bei einem Ausflug mit diesem Wagen ergab sich anno 1935 auch die Gelegenheit zu einer Motorbootfahrt auf dem Wolfgangsee – hier bei der Annäherung an St. Gilgen:

Natürlich ist es nur ein Zufall, dass wir in so kurzer Folge zwei Aufnahmen vom Wolfgangsee von Mitte der 1930er Jahre finden, oder?

Ja und nein. Die Aufnahme des Fiat 508A vom Wolfgangsee habe ich erst dieser Tage erworben, ohne dass ich gleich wusste, was der Aufnahmeort war. Den Rest habe ich so eingerichtet, dass die Sache nicht nach Zufall aussieht. Denn es gibt einen kuriosen Zusammenhang zwischen den beiden Dokumenten vom Wolfgangsee.

Auch die 1935 dort mit einem Steyr reisende Familie hatte nämlich einen Bezug zum Fiat 508A. Der ergab sich aber erst 1937, als man statt des Steyr einen Tatra 57A fuhr. Den haben wir uns hier ausführlich zu Gemüte geführt.

Der Tatra findet sich zur Erinnerung auf der folgenden Aufnahme am linken Bildrand. Im Mittelpunkt steht ein Fiat 508A – nun in der Ausführung als 4-türige Limousine – doch wieder begegnen uns einige alte Bekannte aus den jüngsten Steyr- und Tatra-Stories:

Tatra 57A (links) und Fiat 508A, aufgenommen 1937; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Erkennen Sie das Mädchen wieder, das uns schon auf den Fotos mit dem Tatra und dem Steyr der Familie soviel Freude gemacht hat?

Hier ist sie inzwischen sieben Jahre alt und turnt selbstbewusst auf der Motorhaube des Fiat herum. Ich muss zugeben, dass ich selbst überrascht war, ihr noch einmal zu begegnen, hatte ich doch die einst zusammengehörigen Fotos ihrer Familie nach Fahrzeugtypen getrennt abgespeichert und den ursprünglichen Zusammenhang vergessen.

Nun hat sich alles wieder zusammengefügt, wie es einst war. Zufall oder Vorsehung? Intuition oder Ergebnis des Wirkens höherer Mächte? Sitzt die Kleine aus nunmehr drei Blogeinträgen irgendwo auf Wolke Nr. 7 und lacht sich einen?

Ganz gleich, was Sie glauben – nichts geschieht zufällig oder doch? – wir alle können uns glücklich schätzen, uns am Spiel mit solchen Relikten vergangenen Lebens so erfreuen zu dürfen, so als ob das Vergehen der Zeit nur eine weitere Einbildung wäre…

Michael Schlenger, 2025. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

Ist etwa schon Herbst? Steyr XII Tourer anno 1935

Erst kürzlich warf ich hier die Frage auf, ob wir denn einen sorgenfreien Sommer vor uns haben, da hat es uns schon kalt erwischt und das Wetter gibt sich untypisch herbstlich für den Monat Juni.

Was ist davon zu halten? Nun, ich bin zwar alles andere als begeistert, würde das aber einfach unter „Wetterkapriolen“ verbuchen.

Auch in meinem Blog ist all‘ das möglich, nicht nur ein Sprung in den Herbst, sondern auch einer zurück in der Zeit. Es klingt paradox, doch der heutige Sprung führt uns nur ein Jahr retour und zugleich vom Sommer in den Herbst.

Wie so alles in unserem Dasein ist das nur eine Frage der Perspektive und des Ausgangspunkts. Nehmen wir einfach den vorletzten Blogeintrag als Basis, der uns in den Sommer 1936 transportierte.

Abgesehen von dem dabei präsentierten Tatra 57A finden sich alle wesentlichen Darsteller dieser Episode auch heute wieder:

Familie aus Niederösterreich, Herbst 1935; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Kommen Ihnen diese Herrschaften (m/w/d…) bekannt vor? Nun, auch heute werden Sie uns wieder in automobiler Gesellschaft begegnen, allerdings nicht im Sommer 1936, sondern im Herbst 1935.

Dieser merkwürdige Zeitsprung ergab sich, da ich ganz vergessen hatte, dass ich aus demselben Album, aus dem die Tatra-Bilder stammten, eine zweite Fotoreihe erworben hatte – diese fand sich gestern abend bei der Durchsicht des Stapels an Originalabzügen auf meinem Schreibtisch, der sich teils aus Neuzugängen, teils aus vorausgewählten älteren Blogkandidaten speist.

Meist weiß ich ich nicht mehr, was sich zuunterst in dem Stapel befindet, weshalb ich ihn immer wieder durchsehe, um Material für den nächsten Blogeintrag zu finden.

So kommen Sie heute in den Genuss einer Fortsetzung der kürzlichen Bilderreihe mit der reizvollen Begleiterscheinung, dass wir ein weiteres Jahr zurück in die Vergangenheit zurückreisen bzw. rund fünf bis zehn Jahre, wenn man die Bauzeit des abgebildeten Automobils als Basis der Betrachtung wählt:

Steyr Typ XII, aufgenommen im Herbst 1935; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Während die Grundform dieses Tourenwagens völlig beliebig ist und sich so bei unzähligen Herstellern im deutschsprachigen Raum ab Mitte der 1920er Jahre findet, geben uns zwei Details einen klare Hinweis auf Hersteller und Typ.

Die Scheibenräder mit dem großem Lochkreis und ebenfalls großzügig dimensionierter Nabenkappe sind typisch für die österreichische Marke Steyr in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre. In Verbindung mit den in zwei Reihen angeordneten Luftschlitzen hat man es in den allermeisten Fällen mit dem Mittelklassetyp XII zu tun.

Dieser mit einem 6-Zylindermotor (ohc) ausgestattete Wagen der 1,6 Liter-Klasse erfreute sich sich einst auch in Deutschland einiger Beliebtheit, spielt aber in der hiesigen „Oldtimer“szene leider keine Rolle.

Auch deshalb zeige die die ausgezeichneten Wagen aus Österreich so gern in meinem Blog, vor allem wenn sie sich in Verbindung mit soviel Zeugnissen einstigen Lebens präsentieren lassen wie in diesem Fall:

Familie aus Niederösterreich, Herbst 1935; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Man sieht hier wie auch bei den noch folgenden Bildern, dass der Steyr zu ausgiebigen Ausflügen im Alpenraum genutzt wurde.

Der Motor war zwar für einen „Bergsteiger“ recht klein dimensioniert, aber er ließ sich dank der obenliegenden Nockenwelle und der entsprechend präzisen Ventilsteuerung höher drehen als die damals gängigen und weniger effizienten Seitenventiler.

Noch im Herbst 1935 – also 10 Jahre nach Einführung des Typs XII – wurde dieser Steyr von seinen Besitzern und Passagieren geschätzt und das gewiss nicht nur, da er noch über ein hinreichend dimensioniertes Trittbrett für vier Personen verfügte:

Steyr Typ XII, aufgenommen im Herbst 1935; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Mir gefallen hier neben dem Typ XII aus dem Hause Steyr besonders die so unterschiedlichen Typen der Gattung Homo Sapiens.

Sie begegnen uns dank wohlgewählter und auf die Figur zugeschnittener Kleidung alle vollkommen individuell. So abwechslungsreich kann Konvention sein, wenn sie Uniformität vermeidet.

Getreu der alten Weisheit, dass Abwechslung die Sinne erfreut, wechseln wir auf der folgenden Aufnahme das Thema und das Fortbewegungsmittel – was uns wiederum neue reizvolle Perspektiven auf die Welt eröffnet:

St Gilgen am Wolfgangsee in Österreich, Herbst 1935; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Dieser Ausschnitt hat sich mit etwas Glück nicht geändert, sicher findet ein Leser heraus, auf welchen Ort am Seeufer wir hier schauen. Nachtrag: Hab’s inzwischen selbst ermittelt – wir schauen hier auf St. Gilgen am Wolfgangsee!

Sollte jemand sachkundig sein, was das hier mit abgebildete Motorboot angeht, sind daran anknüpfende Informationen ebenfalls willkommen.

So leicht, wie ich zu Abschweifungen aller Art neige, genießen auch Ihre Assoziationen, Erinnerungen und Überlegungen meine unbedingte Sympathie. Scheuen Sie sich nicht, in den Kommentaren festzuhalten, was Ihnen dazu einfällt.

Selbst fachkundige Anmerkungen zu den Güterwagen im Hintergrund der folgenden Aufnahmen sind erlaubt – denn ich kann nicht wissen, was sich auf diesen alten Fotos sonst noch alles Spannendes verbirgt:

Steyr Typ XII, aufgenommen im Herbst 1935; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Mich reizt hier neben dem fesch sitzenden Barett unserer schon wohlbekannten Dame auch die Frage nach dem Inhalt der Kameratasche, die sie trägt.

Im Bücherregal hinter mir befindet sich genauso ein Teil aus Leder mit vernickeltem Verschluss. Darin befindet sich eine schön erhaltene Balgenkamera von Zeiss Ikon der 1930er Jahre mit dem enormen Negativformat 6×9 cm.

Bei diesen Kameras wurden die Abzüge meist ohne Vergrößerung direkt im Negativformat angefertigt, was ihre häufig phänomenale Qualität erklärt. Die hier wiedergegebenen Fotos dürften auf dieselbe Weise entstanden sein, kommen aber natürlich aufgrund der stark reduzierten Auflösung zwecks Online-Publikation nicht an das Original heran.

Wundern Sie sich also nicht, wenn Sie hier die Schärfe im Detail vermissen. Vielleicht vermissen Sie aber auch etwas anderes – das junge Mädchen, das auf den Fotos der ersten Bilderreihe von Sommer 1936 so bezaubernde Figur gemacht hatte.

Nun, hier haben wir sie wieder, bloß ein Jahr früher noch als Fünfjährige, dafür mit den mutmaßlichen Großeltern:

Steyr Typ XII, aufgenommen im Herbst 1935; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Der Steyr ist nun mit aufgespannntem Verdeck und seitlichen Steckscheiben zu sehen – hier sieht es noch mehr nach Herbst aus als auf den bisherigen Aufnahmen.

Doch ein Idyll ist diese Szene allemal, zwei friedlich grasende Kühe vor einem Bauernhaus runden es ab. Die selbstbewusste Würde der älteren Leute tut ein übriges.

Die Ruine im Hintergrund wirkt ein wenig düster, aber sie ist bewusst einbezogener Teil der Inszenierung wie der schräg ins Bild hineinragende, doch nur als Staffage dienende Steyr. Gerne wüsste man, wer die besten Fotos dieser Serie gemacht hat.

Eine Aufnahme fällt indessen aus dem Rahmen, denn sie zeigt tatsächlich nur den Steyr, und hier lässt sich der Wagen endlich einmal im selten zu findenden Gewand mit vollem Tourenwagen-Outfit studieren:

Steyr Typ XII, aufgenommen im Herbst 1935; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

A bisserl langweilig ist das aber schon nach all dem Leben in den zuvor gezeigten Fotos, nicht wahr? Stimmt und das ist alleine meine Schuld, denn diese Aufnahme habe ich selbst „gemacht“.

Es handelt sich um einen Ausschnitt aus dem folgenden Original und ich meine, dass dieses Beispiel meine oft geäußerte These illustriert, dass ein gelungenes Autofoto von der Anwesenheit des Menschen „lebt“.

Steyr Typ XII, aufgenommen im Herbst 1935; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Sehen Sie, was ich meine? Das Automobil ist hier kein Selbstzweck mehr, es ist Diener des Menschen, der mit ihm seinem Dasein Räume und Perspektiven öffnet, die ihm sonst kaum zugänglich wären.

Hier haben wir auch noch einmal unser kleines Fräulein, das sich gar nicht kamerascheu uns zuwendet. Fünf Jahre war das Mädchen damals alt und es hatte noch sein ganzes Leben vor sich.

Dass sie in der Gesellschaft von Automobilen ihre Kindheit verbringen konnte, war gewiss ein Privileg und diese Fotos erzählen davon. Doch wie sich ihr weiterer Lebensweg gestaltete, davon wissen wir nichts. Frühling, Sommer, Herbst und Winter folgen ihrem eigenen Gesetz, auch bei uns Menschen.

Dennoch werden wir unserer kleinen Freundin noch einmal begegnen, aber dann wirklich zum letzten Mal…

Michael Schlenger, 2025. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

Keine Gnade der Gerade(n): Studebaker „Big Six Victoria“

Getreu dem Motto eines deutschen Pressemoguls, dass man Ironie besser lassen solle, da sie meist doch nicht bemerkt werde, habe ich mich dazu entschieden, die Überschrift wenigstens in Klammern grammatikalisch korrekt zu fassen.

Tippfehler mache ich zwar zuhauf, weshalb ich über die Ausgangsfassung später immer noch einmal drüberbügele, aber in der Überschrift hätten Sie mir das nicht durchgehen lassen – also konnte ich „Keine Gnade der Gerade“ so nicht stehen lassen.

Inhaltlich meine ich es aber wie immer ernst. Dass die Gerade aus Sicht des Autoliebhabers keine Gnade verdient, das bezieht sich nicht nur auf die Kurve als ideale Verbindung zwischen zwei Punkten.

Auch sonst ist das Geradlinige, so praktisch es mitunter erscheint, nicht unbedingt erstrebenswert, wenn man zum Ziel gelangen will. Ein Beispiel war eine Videokonferenz mit einer Kundin heute morgen. Ich dachte, wer weiß was da ansteht, doch die Dame hatte bloß eine simple Frage, war aber bereits an ihrem Urlaubsort und obwohl sie dort noch etwas Arbeit zu erledigen hatte, war sie in Plauderlaune.

Ich hatte ebenfalls etwas Zeit und so verbrachten wir rund 20 Minuten damit, an der eigentlichen Sache vorbeizureden.

Unter anderem ergab es sich, dass wir erörterten, warum in Deutschland alle Kinder in dem Augenblick, wo sie mit einem Laufrad oder Dreirad unterwegs sind (mit identischer Fallhöhe und ähnlichem Tempo wie beim Laufen) reflexartig von den Eltern mit Helmen ausstaffiert werden, die eine künftige Karriere als Motocrosser oder Downhill-Mountainbiker vorausahnen lassen.

Tatsächlich macht das in der Heimat ihrer Eltern (der Türkei) und der ihres Mannes (Montenegro) kein Mensch, und die eigenen Kinder können zumindest dort so frei herumtollen wie ich das aus meiner Kinderzeit kenne (und ich bin oft mit dem Rad gestürzt).

Aus dem mäandernden Gespräch ergaben sich weitere Perspektiven, die jemand einnimmt, der aus der Türkei stammt, in Deutschland großwurde, in London arbeitet und nun die Ferien bei der Familie des Ehemanns in Montenegro verbringt.

Wir einigten uns darauf, dass das Erleben des Andersartigen, die Infragestellung der eigenen Verhaltensweisen und Überzeugungen gerade den Reiz Europas ausmachen, nicht eine imaginierte Völkergemeinschaft, die nicht einmal eine einheitliche Sprache kennt.

Nach diesen Umwegen klärten wir am Ende kurz, worum es eigentlich ging, was wir zuvor instinktiv vermieden hatten, weil ein zwangloses Gespräch über dies und das den größeren Reiz hat, als geradewegs mit der Tür ins Haus zu fallen.

Die südländische Erzählfreude hat sich über die Jahre auch in meinem Blog breitgemacht, was nicht jedermanns Sache ist. Aber ich liefere hier auch keine bestellte Konfektionsware direkt ins Haus, sondern komme lieber auf kurvenreichen Umwegen ans Ziel.

Der Gegenstand der heutigen automobilen Betrachtung verkörpert dies auf ideale Weise. Das beginnt damit, dass wir uns erst einmal zurückbewegen anstatt nach vorn und uns nochmals an einer Aufnahme erbauen, die ich hier vorgestellt habe:

Studebaker „Big Six“ von 1927 mit Victoria-Aufbau; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Diesen wunderbar in Szene gesetzten und mit einem bärenstarken 75 PS-Sechszylinder für Reisen auf kurvigen Routen bestens motorisierten Wagen hatte ich seinerzeit als 1927 Studebaker mit ungewöhnlichem „Victoria“-Aufbau identifiziert.

Keine andere Werkskarosserie dieses Modelljahrs gab der Gerade(n) sowenig Gnade. Während Limousine und Tourer mit den von US-Fabrikaten gewohnten repräsentativen, doch klaren Linien daherkamen, erlaubte man sich beim „Victoria“ ein spannendes Spiel mit allerlei Kurven, die vom vorderen Dachabschluss bis an die Heckpartie reichten.

Was auf dieser schwer zu übertreffenden Aufnahme bereits seine ungewöhnliche Wirkung entfaltet, findet seine Ergänzung in Form des folgenden Fotos, das einen nahezu identischen Studebaker zeigt, doch nun aus ungewohnter Perspektive:

Studebaker „Big Six“ von 1927 mit Victoria-Aufbau; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Neben dem raketengleich gestalteten Reservekanister auf dem Trittbrett sind es hier die zusätzlichen Radabdeckungen, welche das Bild des Wagens anders erscheinen lassen. Dennoch haben wir es ebenfalls mit einem „Big Six“ mit Victoria-Aufbau zu tun.

Was hier noch schöner zu studieren ist, ist die vielfältige Kurvatur an der Heckpartie, welche die verspielte Anmutung des Wagens erzeugt – nur selten erfährt das Auge am Hinterteil eines Vorkriegsautos soviel Anregung, dem individuellen Kurs der Profile, Kanten und Zierleisten genüsslich zu folgen.

Ein solches Automobil war erkennbar nichts für strikt sachorientierte, geradlinige Typen und das neben dem Studebaker posierende Paar scheint das zu verkörpern.

Besonders begeistert mich hier die Beweglichkeit des Herrn auf dem Trittbrett, der auf den ersten Blick der Konvention genügt, doch sich letzlich als hochflexibler Zeitgenosse erweist, der mit der Weigerung, sich ganz der Geraden zu fügen, mit dem Studebaker wetteifert.

An der Oberfläche dem Zeitgeist zu folgen, sich nicht provokant und uncharmant zu geben, doch zugleich auf seine Eigenheiten zu beharren, ein eigenes Formgefühl und eine individuelle Linie zu entwickeln, das ist ein Ausdruck von Lebenskunst, meine ich.

Eine Sache noch: Der heutige Blog-Eintrag ist spontan aus der eingangs beschriebenen Plauderei und dem Griff zum erstbesten Foto auf dem Stapel der Neuzugänge auf meinem Schreibtisch entstanden.

Wenn sich alles so zusammenfügt, ist Direktheit doch der beste Weg zum Ziel. Ansonsten halte ich mich strikt an das Motto: Keine Gnade der Gerade!

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Sorglos durch den Sommer? Ein Tatra 57A anno 1936

Sollten wir uns Sorgen wegen des Sommers machen? Immerhin wurde am heutigen 4. Juni 2025 von besorgten Funktionären diverser selbstloser deutscher Organisationen der sogenannte „Hitzeaktionstag“ veranstaltet.

Allzu sorglose Untertanen werden dabei über die im Sommer drohenden Gefahren aufgeklärt, der wohl erstmals mit intensivem Sonnenschein und unerhörten Temperaturen jenseits der kritischen 30 Grad-Marke aufwarten soll.

Wie man sich außerdem bei sportlicher Aktivität sorgfältig auf das Extremzenario „Hitze“ vorzubereiten hat, dafür sensiblisieren einen selbstlose Volkspädagogen mittels des „Musterhitzeschutzplans“ des Bundesgesundheitsministeriums.

Soviel Sorge um das Wohl der ahnungs- wie sorglos dem Sommer entgegentaumelnden Menschen in diesem Land (Älteren noch als „Staatsbürger“ bekannt) ist beinahe rührend.

Mich sorgt unterdessen etwas ganz anderes: Dass nämlich dieser Sommer wie schon der letzte so gar nicht den Visionen der steueralimentierten Apokalyptiker entsprechen will.

Strömender Regen bei maximal 18 Grad erfreuen aktuell zwar den Gärtner in mir, doch der in derselben Brust beheimatete Sonnenanbeter macht sich Sorgen, ob der in den prächtigen Wochen des Mai sorgsam herangezüchtete Teint bald wieder flöten geht.

Doch weder die eine noch die andere Sorge ist von Bedeutung gemessen an dem, was unsere Altvorderen vor rund 90 Jahren bewegt haben mag. Die dazu passende Bilderserie habe ich an den letzten beiden Abenden vorbereitet, weshalb Sie länger als gewohnt auf Neues aus der Welt von gestern warten mussten.

So schön und ausdrucksstark alle diese zusammengehörigen Aufnahmen auch sind, liegt doch beinahe durchgängig ein Schatten der Sorge darüber – verkörpert durch einen einzelnen Protagonisten, wie schon auf dem ersten Foto zu sehen:

Tatra 57A; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Bevor wir uns an die Identifikation des Wagens mit der ein wenig an DKW erinnernden Frontpartie machen, sei darauf hingewiesen, dass wir es mit einem Fahrzeug zu tun haben, welches eine österreichische Zulassung der frühen bis mittleren 1930er Jahre aufwies.

Die bis 1930 übliche Kombination aus Buchstabe und römischen Ziffern wich einer neuen Systematik. Ab 1931 stand zwar weiterhin vorne ein Buchstabe bzw. eine Buchstabenkombination zur Identifikation der Region – „B“ im vorliegenden Fall verweist auf Niederösterreich (ohne Wien). Doch folgte danach eine neue Zahlenkennung, in der Regel eine fortlaufende Nummer.

Im Fall von Niederösterreich war der laufenden Nummer nach meinem Verständnis eine meist ein- oder zweistellige Zahl zur Identifikation des Landkreises vorangestellt. Die „21“ stand für „Wiener Neustadt“ 50 Kilometer südlich von Wien.

Datiert ist diese Aufnahme wie die folgenden auf Sommer 1936.

Im selben Jahr wurde eine optisch überarbeitete Version des Tatra 57 eingeführt, der seit 1931 in Produktion war. An der Technik dieses Fahrzeugs mit luftgekühltem V4-Motor (ohc) an der Front wurde nichts Wesentliches geändert. Das 1,2-Liter-Aggregat leistete weiterhin gut 20 PS und ermöglichte eine Höchstgeschwindigkeit von an die 85 km/h.

Die Bauart des Wagens brachte es mit sich, dass der Kühlergrill nur eine Attrappe war, aber damit erfüllte Tatra die Erwartungen vieler Käufer an ein klassisches Erscheinungsbild. Das war auch aus der Seitenansicht gegeben, wenngleich der Tatra 57 nicht ganz die Eleganz des stärkeren Schwestermodells Tatra 75 erreichte:

Tatra 57A; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Der Bedenkenträger von der ersten Aufnahme begegnet uns hier ebenso wie sein Gegenbild in Gestalt des heiteren Mädchens, das diese Bilderfolge ebenfalls prägt.

Nicht nur der Wagen, auch die Kleidung der abgebildeten Personen verrät, dass wir es mit Zeitgenossen zu tun haben, die zumindest keine materiellen Sorgen kannten.

Wohle bei einem Besuch von Verwandten auf dem Lande entstand die folgende Aufnahme, die von einer heilen Welt und unbeschwerten Kindheit erzählt.

Vielleicht hatte der Cousin Geburtstag und wurde gebührend gefeiert und beschenkt:

Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Der Bub freut sich offenbar diebisch, zumal man ihm sein erstes eigenes Auto geschenkt hatte – da konnte man auch den Haarschnitt verkraften, den man ihm zu seinem Ehrentag verpasst hatte. Auch sein kleiner Freund in Form eines Hundes scheint mit sich und der Welt ganz im Reinen zu sein.

Das uns schon bekannte Mädchen schaut hier mit einem eigentümlichen Blick in die Kamera – ein wenig scheu, ein wenig melancholisch, mit dem Anflug eines Lächelns, ganz wunderbar eingefangen wie überhaupt die ganze Szene.

Ganz anders, beinahe besorgt erscheint sie uns auf dem nächsten Foto:

Tatra 57A; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Jedenfalls bekommt man auf diesen Fotos eine Vorstellung davon, dass in dieser Familie gerne und gut fotografiert wurde, alle sind die Anwesenheit der Kamera gewohnt und setzen sich jeweils auf ihre Weise in Szene.

Übrigens wurden diese Aufnahmen alle im derselben Format gemacht, ich habe lediglich Ausschnitt und Proportionen so angepasst, wie mir das aus meiner Erfahrung als Fotoamateur optimal erschien.

Die Hauptarbeit bestand im Beseitigen der vielen Flecken auf den Originalabzügen, die ursprünglich in einem Album einklebt waren, aber zuletzt mitsamt Teilen der Beschriftung ausgeschnitten und nachlässig behandelt wurden.

Davon sehen Sie auf den hier wiedergegebenen Bildern nichts mehr. Das ist ein Beispiel dafür, dass der Blog-Eintrag weit weniger Zeit kostet als seine Vorbereitung:

Tatra 57A; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Ich hoffe, Sie sind ebenfalls der Ansicht, dass sich dieser Aufwand lohnt.

Für mich ist das allemal der Fall, denn bei der Bearbeitung der alten Originale im Detail kommt man den darauf abgebildeten Menschen ganz nahe und entwickelt bei einer Serie wie dieser ein beinahe persönliches Verhältnis zu ihnen.

Vergessen wir nicht: Diese Aufnahmen waren einst nur für einen selbst oder enge Verwandte gedacht – wir genießen das Privileg, nach bald 90 Jahren noch einmal Zeuge längst vergangener persönlicher Momente und Erlebnisse zu sein.

Dazu zählt im Fall auch dieser bezaubernde Schnappschuss vom „1. Schultag“ unseres – gemessen am Tatra 57A – kleineren Fotomodells:

Wer gegenüber der Magie solcher Momentaufnahmen kalt bleibt oder hier die Farbe unserer bunten Fotowelt vermisst, ist ein armer Tropf.

Und noch etwas: Alle heute gezeigten Dokumente sind reine Amateurprodukte, erstellt mit einer der damals gängigen Sucherkameras ohne jede Hilfe, was Belichtungszeit und Schärfeeinstellung angeht.

Mit Übung waren solche Ergebnisse von jedermann zu erreichen, wenn man denn wollte. Übung und Erfahrung, Disziplin und Kalkül waren freilich Voraussetzung. Vielleicht mangelt es manchem heute daran bzw. die Leute werden dumm gehalten, sodass sie sich ohne externe Hilfe und Automatiken nicht mehr zurechtfinden im Leben.

Die Herausforderungen in unserem Lebensalltag sind jedenfalls ein Witz gegen das, was unseren Vorfahren bevorstand. Was davon mag sich im Sommer 1936 bereits abgezeichnet und Anlass zur Sorge ggegeben haben?

Tatra 57A; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Wenn Sie hier unser kleines Fräulein vermissen, das uns bereits ans Herz gewachsen ist, dann keine Sorge. Sie begegnet uns noch einmal.

Ich wollte Ihnen aber nicht diese Aufnahme vorenthalten, so wenig hier von dem hübschen kleinen Tatra zu sehen ist, der seinen einstigen Besitzer den Alltag versüßte.

Jede der hier abgebildeten Personen verdiente eine eigene Betrachtung, könnte Anlass zu einer Kurzgeschichte oder zumindest dem Versuch eines Psychogramms geben. Aber das erledigt das Kopfkino schon von alleine, wenn man sich darauf einlässt.

Sagen wir nun dem Sommer adieu – doch nur dem des Jahres 1936. Im Dezember jenes Jahres entstand eine letzte Aufnahme, die den Tatra 57A aus Wiener Neustadt zeigt, nun wieder mit seiner stolzen kleinen „Besitzerin“:

Tatra 57A; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Von hier an nahm die Fahrt des Daseins einen ungewissen Verlauf, doch ich bin zuversichtlich, dass unsere hier inzwischen selbstbewusste kleine Dame ihren Weg gut durch die Zeit gefunden hat.

Es dürfte ihr bis ans Lebensende gehegtes Fotoalbum gewesen sein, aus dem ich diese Zeugnisse vor einigen Jahren erwerben konnte.

So, und nachdem wir all‘ das Revue haben passieren lassen, lassen wir uns keine albernen Sorgen einreden vor Dingen, die das Dasein selbstverständlich mit sich bringt.

Ja, es gibt auch in unseren Tagen Anlass, über die eine oder andere Entwicklung besorgt zu sein. Die Aussichten auf „Hitze“ und Schwitzen im Sommer – oder auch das genaue Gegenteil davon – gehören aber nicht dazu.

Zumindest in der Hinsicht dürfen wir sorglos durch den Sommer gehen (oder mit einem Fahrzeug unserer Wahl fahren). Die schlecht gelaunten Panikprofessoren und prekär entlohnten Angstverbreiter dürfen gern bei Verdunkelung zuhausebleiben…

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Komparse im Hollywood-Film: Chrysler 6 von 1926/27

Wie immer, wenn ich Italien weile, betreibe ich mangels Literaturzugang gern etwas gehobene Resteverwertung – es wird auch heute nicht zu Ihrem Nachteil sein, liebe Leser (sofern Sie noch andere Interessen haben als alte Autos, was ich hoffe).

Bei der Gelegenheit sei Ihnen versichert, dass man von der selbstverständlich dem Klimawandel geschuldeten „Dürre“ in diesem Frühjahr hier in Italien nichts weiß. Der Po fließt in beeindruckender Breite träge dahin, und kurz bevor man von Norden kommend nach Umbrien gelangt, erblickt man den mächtigen Tiber-Stausee „Lago di Montedoglio“ so voll, dass selbst ufernahe Bäume im Wasser stehen.

Alles ist grün und steht in vollem Saft im Süden – ob die endlosen Eichenwälder oder die Olivenhaine – es wird wohl doch nur das Wetter in deutschen Landen sein, das mal wieder etwas verrückt spielt. Vielleicht sind auch mikroklimatische Effekte zehntausender schöner Windräder ein wenig schuld daran – aber das kann ja nicht sein, oder?

Jedenfalls können wir uns nun beruhigt dem eigentlichen Gegenstand der heutigen Betrachtung zuwenden – der ein wenig anders ausfallen wird, als es die Überschrift erwarten lässt, wenngleich diese wie immer präzise zutrifft (bloß etwas anders, als man denkt).

Bevor wir das Thema Hollywood-Film angehen, gilt es sich mit dem dort als Komparsen eingesetzten Chrysler des Modelljahrs 1926/27 vertraut zu machen, damit wir ihn auch nicht übersehen – er spielt wirklich nur eine kleine Nebenrolle.

Im Unterschied dazu ist der 1926/27er Chrysler hier eindeutig der Star, und das Personal drumherum dient lediglich als Staffage:

Chrysler „Four“ am Brennersee; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Dieses hübsche Foto wurde einst auf einer Reise am Brennersee in den österreichischen Alpen aufgenommen – so ist es jedenfalls umseitig überliefert.

Vermutlich haben wir es hier mit der vierzylindrigen Basisversion des Chrysler zu tun, die außerhalb der USA durchaus öfter anzutreffen war. In den Staaten galt das Hauptinteresse an diesem Mittelklassewagen dagegen den drei verfügbaren Sechszylindertypen.

Diese waren äußerlich insbesondere an den tropfenförmigen Scheinwerfern zu erkennen. Ein Foto, das einen solchen Chrysler „Six“ von 1926/27 in wünschenswerter Klarheit zeigt, habe ich Ende 2017 hier ausführlich besprochen.

Zur Erinnerung nachfolgend das Foto des in Thüringen zugelassenen Wagens, das ich seinerzeit präsentieren konnte:

Chrysler „Six“; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Wenn Sie sich nun noch die Kühlerform mitsamt dem geflügelten Helm auf dem Kühlwasserdeckel einprägen, sind Sie imstande, auch auf dem folgenden Foto genau so einen Sechzylinder-Chrysler ohne weiteres zu identifizieren.

Selbiger fristet allerdings ein eher bescheidenes Dasein am Rande des großen Staraufgebots im angekündigten „Hollywood-Film“. Dieser wird sich indessen als etwas anderes herausstellen, als Sie vielleicht erwarten.

Auch bin ich ziemlich sicher, dass Sie die Filmdiva noch nie gesehen haben, die hier einen so selbstbewussten Auftritt hat:

Chrysler „Six“; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

„Äh ja“, werden jetzt die Freunde des klassischen Hollywoodfilms sagen.

Die Lady, die uns hier so forsch entgegenschreitet, ist zwar topmodisch gekleidet (wo sind eigentlich diese figurbetonten Schnitte geblieben?), aber im echten Hollywood-Film der Vorkriegszeit hätte sie wohl wie der links am Rand geduldig wartende Chrysler Six nur eine Chance auf eine Nebenrolle gehabt.

Das US-Filmideal jener Zeit sah – und wer wird sich darüber beschweren – junge Frauen mit sehr sportlicher, fast ballerinahafter Figur vor – und demgegenüber wirkt unsere dunkelgelockte Unbekannte doch etwas zu robust.

Wir wollen uns aber nicht beschweren, denn sie sieht damit allemal besser aus als 99% dessen, was einem heute in der Öffentlichkeit oder auch in deutschen Filmen begegnet. Selbst der etwas linkisch wirkende, kleiner gewachsene Begleiter macht mit locker aufsitzendem Hut das beste aus seinen Möglichkeiten.

„War es das nun mit dem Thema Hollywood-Film?“, mögen sich jetzt einige enttäuscht fragen, auch wenn sie den Chrysler-Komparsen bei diesem Auftritt bemerkt haben.

Nein, aber das Stichwort „Hollywood-Film“ bezieht sich schlicht auf den umseitigen Stempel eines gleichnamigen Fotostudios aus der rumänischen Hauptstadt Bukarest. Ich könnte mir vorstellen, dass sich dort jemand erkühnt hatte, unter diesem Namen Fotos von heimischen Stars und Sternchen anzufertigen und unter die Leute zu bringen.

Vielleicht sieht sich jemand imstande, anhand dieser Informationen herauszufinden, ob wir hier vielleicht eine rumänische Filmschauspielerin vor uns haben – die eventuell von ihrem Manager begleitet – am Rande einer Veranstaltung dem Fotografen vor die Linse gelaufen war.

Vielleicht war es auch ganz anders – aber wer kann das wissen?

Eine Sache noch: Der zweite Wagen im Hintergrund wurde von einem Leser aus Neuseeland als 1935er Dodge identifiziert – das Foto kann also nicht früher entstanden sein.

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Erfolgreicher Beutezug gen Süden…

Was haben uns die Römer eigentlich gebracht?“ so lautet die Frage des Anführers der Judäischen Volksfront (oder war es die Volksfront von Judäa) im satirischen (und zeitlos aktuellen) Historienfilm „Life of Brian“ der britischen Komikertruppe „Monty Python“, die heutzutage von humorlosen Zeitgenossen mit Klagen überzogen würde.

Was als rhetorische Frage seitens des Chefs der Widerstandstruppe gedacht war, mündet unbeabsichtigt in eine nicht endenwollende Aufzählung der vielen Vorzüge der römischen Zivilisation durch ein besonders eifriges Mitglied.

Was haben uns die Germanen eigentlich gebracht?“ – diese Frage wäre umgekehrt aus der Perspektive der in der Spätantike über drei Jahrhunderte lang endlos heimgesuchten Bewohner des italienischen Stiefels unbeantwortet geblieben.

In der Tat – außer Plünderungen und sinnlosen Zerstörungen einer Hochkultur, die von den Barbaren aus dem Norden offenbar als Zumutung bzw. Anklage ihres eigenen Unvermögens wahrgenommen wurde, haben die Germanenzüge vom 4 bis ins 7. Jh. praktisch nichts hinterlassen.

Die einzige mir bekannte Ausnahme sind simple Flechtbandmuster bei frühromanischen Kirchen auf italienischem Boden, die wohl germanischen Vorbildern entlehnt waren. Ein Glück muss man sagen, dass Goten, Langobarden und Co. trotz jahrhundetelanger Präsenz kulturell so gut wie keine Spuren hinterlassen haben.

So war in Italien ausreichend Restsubstanz und Kompetenz vorhanden, um bereits ab dem 11. Jh. die Proto-Renaissance und dann die eigentliche Renaissance auf den Trümmern der Antike zustandezubringen – eine auf ganz Europa ausstrahlende und bis heute fortwirkende kulturelle Leistung, die sich ganz allein aus Italien speiste.

Solche Gedanken gehen mir durch den Kopf, wenn ich wieder einmal die lange Strecke über die Alpen ins über 1000 km entfernte Umbrien unter die Räder nehme.

Auch heute wüsste ich nichts, was ich als Nordländer den dort Einheimischen als Bereicherung mitbringen könnte – außer dem Interesse an ihrer uralten und immer noch lebendigen Hochkultur.

Unterwegs unternehme ich in alter Tradition einen Beutezug besonderer Art – ich schaue, was sich so alles an interessanten Automobilen dingfest machen lässt. Das Beste nördlich der Alpen war ein großartiges US-Coupé der frühen 1950er Jahre mit prächtiger Patina, das mit über 120 km/h auf der rechten Spur dahinzog – das Kennzeichen war polnisch.

In der Schweiz gab es nichts mitzunehmen, obwohl einem auch dort bisweilen US-Oldtimer begegnen. Bei Como entdeckte ich einen orangenen Lotus um 1980 – mit seiner radikalen Keilform eine rollende Anklage an das verschwurbelte Autodesign der Gegenwart.

Auf der Höhe von Milano dann der erste Fiat 500 (natürlich das Original), der auf der Autobahn sein Bestes gab. Weitere Klassiker gab es unterwegs – darunter einige Alfa Spider und Porsche 356 – der strahlend schöne Sonntag lud zur Ausfahrt mit dem alten Blech ein.

Das war es wohl, was mich zum heutigen Thema inspirierte. Die Beutetour, die ich dabei mit Ihnen absolvieren will, führt allerdings auf einer anderen Route nach Süden – über die Großglockner-Hochalpenstraße.

An deren höchsten Stelle – der Edelweißspitze auf über 2500 Meter Höhe – fand sich einst einiges an automobilem Beutegut versammelt.

Edelweißspitze an der Großglockner-Hochalpenstraße; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Auf einer zeitgenössischen Postkarte von Ende der 1930er Jahre wurde einst dieses prächtige Panorama mitsamt spannendem Auto-Material festgehalten.

Wir wollen heute schauen, was sich dort versammelt hatte und ich darf schon jetzt sagen, dass alle vier Fahrzeuge perfekt in unser Beuteschema passen, da sie unterschiedliche Stile repräsentieren und aus drei Ländern stammen.

Den Anfang machen die beiden Wagen am linken Rand:

Die Limousine ist sicher ein Mercedes-Benz – dafür spricht schon die Gestaltung der Radkappen. Ich vermute hier einen 170V (ab 1936), überlasse das Urteil den Markenkennern, zu denen ich mich in diesem Fall nicht zähle.

So klassisch der Mercedes auch anmutet, so kann er doch nicht mit der Raffinesse des Ford davor mithalten. Klingt wie ein Sakrileg – aber wer würde nicht einen solchen schicken Roadster der Dresdener Manufaktur „Gläser“ einem braven Serien-Benz vorziehen?

Die Basis war ein simpler Ford „Eifel“ (ab 1936) – aber seien wir ehrlich: der Mercedes war nicht gerade ein Musterbeispiel für souveränes Leistungsgewicht, gut möglich, dass der Eifel „Roadster“ ihm bei der Auffahrt zur Edelweißspitze frech die schöne Heckpartie mit dem flachliegenden Reserverad zeigte.

Gewiss, der Mercedes war nicht zum sportlichen Fahren gedacht, aber in einer dermaßen grandiosen Szenerie könnten bei den Insassen doch gewisse Neidgefühle aufgekommen sein. Wer will hier schon in einer Limousine den Berg hinaufschnaufen?

Kein Wunder, dass auch unsere beiden anderen „Beutewagen“ offene Aufbauten besitzen:

So unterschiedlich diese beiden Wagen äußerlich erscheinen, so sehr ähneln sie sich von der Leistungscharakteristik. Beide waren oberhalb der zuvor gezeigten Wagen angesiedelt.

Das Cabriolet im Hintergrund war ein Steyr, wahrscheinlich ein Typ 220 mit dem feinen 6-Zylindermotor, der 55 PS aus 2,3 Litern leistete. Da konnte der Meredes bei allen klassischen Qualitäten nicht annähernd mithalten.

Leider gelang es Steyr nach dem 2. Weltkrieg nicht mehr, an die Tradition dieser hervorragenden Wagen anzuknüpfen, die ganz auf der Höhe des europäischen Automobilbaus waren und in Deutschland heute zu Unrecht kaum bekannt sind.

Doch auch der deutlich ältere Fiat im Vordergrund war Ende der 30er Jahre am Berg noch konkurrenzfähig. Wie der Schriftzug auf dem Kühler verrät, haben wir es bei diesem Beutestück mit einem Typ 521 (ab 1927) zu tun.

Auch er besaß einen 6-Zylindermotor, zwar mit „nur“ 50 PS, allerdings aus einem langhubigen 2,5 Liter-Aggregat – genau das, was man sich am Berg wünscht.

Bei dieser Bestandsaufnahme unseres Beutezugs nach Süden belassen wir es für heute. Wir sparen uns auch die Überlegung, was die ab 1938 einsetzenden Feldzüge germanischer Prägung unseren Nachbarvölkern eigentlich gebracht haben außer neuerlicher Zerstörung.

Zur zivilisatorischen Leistung unserer Anrainer südlich der Alpen nur dies: Es gibt kaum einen Alpenpass, der nicht bereits von den Römern mit Straßen befestigt wurde. Auch am „Hochtor“ auf dem Scheitelpunkt der Großglockner-Hochalpenstraße haben sie ihre Spuren in Form eines archäologisch gut dokumentierten Heiligtums hinterlassen.

Und Meister des Straßenbaus sind die Italiener in ihrem Land mit anspruchsvollster Topografie heute noch. Wir könnten von ihrer Effizienz lernen, wenn wir nicht an der offenbar unausrottbaren deutschen Arroganz zugrundegingen…

Michael Schlenger, 2025. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.

Schon 1922 mit Frontantrieb? Berliet Type VH 12CV

Sorgen Sie sich auch wegen der Möglichkeiten der Bildmanipulation durch die Technologie der Künstlichen Intelligenz – und sind Sie auch schon mal auf ein Exempel hereingefallen?

Nun, wirklich neu an der Sache ist im Kern nur die ins Gigantische gesteigerte Geschwindigkeit der Datenverarbeitung und die resultierenden nahezu infiniten Kombinationsmöglichkeiten auf Basis definierter Rechenregeln – der ominösen Algorithmen.

Dabei wurde schon immer versucht, mit Bildern etwas dazustellen, was es so nicht wirklich gibt bzw. dessen Wahrheitsgehalt der Betrachter nicht ohne weiteres prüfen kann. Über Jahrhunderte waren beispielsweise Kirchenfresken mit mythologischen Themen die einzigen Abbildungen, welche überhaupt existierten.

Im Unterschied zur römischen Antike waren die allermeisten Menschen ab dem Mittelalter bis in die Neuzeit Analphabeten – und so waren gemalte Bibelszenen ihr alleiniger Zugang zur Welt außerhalb des unmittelbaren eigenen Erlebnishorizonts.

So großartig die christliche Freskenkunst auch anmutet, war sie doch in erster Linie ein brilliantes Manipulationsprogramm, was die Erklärung der Welt, die Zuordnung von Gut und Böse, die Definition von Oben und Unten angeht.

Zwar ist die Technologie der Bildkreation heute raffinierter als je zuvor, doch ist im Unterschied zu früher ein aufgeklärter, an den Mechanismen der Manipulation geschulter Mensch davor geschützt, sich von Bildern in Angst oder Aggression versetzen zu lassen.

Wird im öffentlichen Raum mit emotionalisierenden Bildern gearbeitet, anstatt – wie man es in einer modernen Gesellschaft erwarten sollte – mit rein an den Verstand gerichteten Sachargumenten, darf man sicher sein, dass man manipuliert werden soll.

Aber ich hab’s doch in den Nachrichten oder auf Youtube gesehen„, diese Ausrede kann im 21. Jh schlicht nicht mehr als Argumentationsersatz durchgehen.

Der moderne Mensch ist im Bewusstsein immer wieder neuer Versuche der Manipulation mittels Bildern mit der Haltung eines Skeptikers und Selberdenkers gut beraten. Genau in dieser ultimativen Tugend des vernunftbegabten Individuums üben wir uns heute.

Wir gehen die Sache dabei ganz entspannt an und lassen uns erst einmal zu einem Ausflug im Tourenwagen an die Loreley im Mittelrhein verführen:

Berliet Typ VH 12CV; Originalfoto: Sammlung Michael Schlenger

Ein toller Schnappschuss, nicht wahr? Der Tourer rauscht hier förmlich durchs Bild – der Fotograf hat gerade noch so rechtzeitig auf den Auslöser gedrückt, dass die Insassen scharf abgebildet sind, während sich der Vorderwagen schon im Unschärfebereich befindet.

Dass der Fahrer gerade im rechten Moment in die Kamera schaut, während sein Beifahrer begeistert den Blick in die Ferne gerichtet hält, das ist ein glücklicher Zufall, nicht wahr?

Dumm nur, dass der Markenschriftzug auf dem Kühler schwer zu entziffern ist. Doch das ist halb so wild, denn der Blogwart profitiert in diesem Fall von ein paar Jahren der Beschäftigung mit solchen Autos der Zwischenkriegszeit.

Das dürfte ein Berliet sein„, so das vorläufige Urteil, das sich von der Szene als solcher unbeeindruckt aus der Erfahrung ergibt. Der französische Lastwagenhersteller baute lange Zeit nebenher auch eine Reihe solider Personenwagen, die hierzulande heute kaum bekannt sind – und wohl auch einst Exoten in deutschen Landen waren.

Ich will Sie gar nicht lange mit der Frage behelligen, was für ein Typ genau hier zu sehen ist. Nach oberflächlichen Recherchen könnten wir hier einen 12CV mit Typbezeichnung VH von etwa 1922 vor uns haben. Das Foto ist indessen auf Pfingsten 1927 datiert.

In technischer Hinsicht gäbe es zu den konventionellen Berliet-Wagen nicht viel zu sagen, würde hier nicht etwas auf einen frühen Frontantriebstyp hindeuten. Das glauben Sie nicht?

Ich hab’s doch gesehen, die Vorderräder drehen durch, während die Hinterräder stillstehen – offenbar wurde das Foto gerade beim Kavaliersstart aufgenommen.“

Tja, so ist das mit der vermeintlichen Evidenz von Bildern, speziell im Fall von Fotografien, die nur von unbedarften Zeitgenossen als objektive Zeugnisse angesehen werden können.

Bestand die Welt damals nur als Grautönen? Natürlich nicht – und mit demselben nüchternen Blick sollte man auch das Übrige sezieren, was hier sonst zu sehen ist.

Der vermeintliche Fahrer könnte auch der Wagenbesitzer gewesen sein, während der Chauffeur zum Zweck des Fotos auf dem Beifahrerseitz Platz genommen hat – das wäre eine fast typische Situation bei solchen Motiven.

Können wir das genau entscheiden? Nein, also enthalten wir uns des Urteils, ganz gleich, was uns das Bauchgefühl in diesem Fall nahelegt.

Fest steht aber eines – das Hinterrad.

Wie kann das sein, wenn das vordere heftig zu rotieren scheint? Ist also doch etwas dran an der Frontantriebsthese? Ich bitte Sie: ganz gleich, was einem auf dem Bild als scheinbar eindeutige Wahrheit präsentiert wird, ist doch völlig unplausibel.

Sehen die Damen auf der Rückbank so aus, als würden sie sich gerade in einem Wagen mit durchdrehenden Rädern ablichten lassen? Und wie wahrscheinlich ist das, dass gerade in dem Moment einer zugegen ist und auf den Auslöser drückt?

Man erkennt die Absicht und weiß: Hier soll mit visuellen Mitteln etwas suggeriert werden, es soll ein bestimmter Eindruck erzeugt werden.

Aber man sieht’s doch auf dem Foto, wie sich die Vorderräder drehen!“ – Nein, selbst wenn man das sieht, dann ist das im Hinblick auf die Tatsachen egal:

Da mögen sich die Räder noch so drehen auf diesem Ausschnitt – denn es ist doch merkwürdig, dass der ganze Vorderwagen gleichzeitig von derselben Bewegung erfasst zu sein scheint – so als ob die Partie verwackelt wäre.

Spätestens jetzt sollte beim Betrachter der Denkapparat anfangen, plausible Erklärungen dafür zu finden, weshalb das Ganze so aussieht, wie es aussieht?

Ganz einfach: weil jemand wollte, dass es so aussieht. An dieser Stelle darf jemand in der geschätzten Leserschaft einspringen und besser erklären als ich, wie man beim Belichten eines analogen Fotoabzugs durch gezielte Bewegungen genau diesen Effekt erzielte.

Wenn dann noch jemand eine zündende Idee hat, was das merkwürdige Nummernschild angeht (evtl. ein Diplomaten-Kennzeichen), dann bin ich restlos glücklich.

Denn dann weiß ich wieder einmal, dass meine Leserschaft mit genug Erfahrung, Wissen und Verstand ausgestattet ist, um im Zweifelsfall meine subjektiv gefärbten Bildgeschichten zu korrigieren, zu ergänzen oder gegebenenfalls auch ganz über den Haufen zu werfen…

Michael Schlenger, 2025. All entries in this blog (including embedded photos) are copyrighted by the author, unless otherwise indicated. Excerpts and links may be used, provided that credit is given to Michael Schlenger and https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog with appropriate and specific direction to the original content.